Mindestens jeder 5. Diabetiker entwickelt eine DPNP, die in vielen Fällen mit Schmerzen
assoziiert ist, berichtete PD Dr. Rainer Freynhagen, Tutzing. Bedingt durch die Schmerzen
erfährt die Mehrzahl der Patienten deutliche Beeinträchtigungen von Lebensfreude,
Schlaf, Mobilität, Arbeits- und Freizeitaktivitäten [
1
]. Die Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) "Neuropathie im Erwachsenalter" empfiehlt
als realistische Behandlungsziele, eine Schmerzreduktion um 30–50 %, eine Verbesserung
von Schlaf und Lebensqualität sowie die Erhaltung sozialer Aktivitäten und der Arbeitsfähigkeit
anzustreben [
2
]. Dass die Verbesserung der Funktionsbeeinträchtigungen auch für die Patienten eine
hohe Priorität haben, belegen die Ergebnisse der EMPATHY[
1
]-Studie: Demnach erwarten die Betroffenen von einer effektiven Therapie der schmerzhaften
DPNP primär eine Zunahme der Aktivität und des Gehvermögens, gefolgt von einer Verbesserung
von Schlaf, Lebensfreude, Stimmung sowie von Arbeits- und Kontaktfähigkeit [
3
].
Angesichts des schwer behandelbaren Krankheitsbildes und der breiten Therapieziele,
die Schmerz- und Funktionsverbesserungen umfassen, sei die Therapieentscheidung für
den behandelnden Arzt eine enorme Herausforderung, so Freynhagen. Mit Duloxetin (Cymbalta®) und Pregabalin sind 2 Firstline-Medikamente für die Therapie der schmerzhaften DPNP
verfügbar und zugelassen. Im klinischen Alltag stelle sich aber die Frage, mit welcher
Substanz die Therapie begonnen werden sollte und welche Strategie bei inadäquatem
Ansprechen einzuschlagen sei – Dosiserhöhung oder Kombinationstherapie. Denn bisher
gab es keine Evidenz aus klinischen Studien, auf die sich der Arzt bei der Therapieentscheidung
stützen konnte.
COMBO-DN: Therapiestrategien im Vergleich
Antworten auf diese für die tägliche Praxis relevanten Fragen lieferten die Ergebnisse
der COMBO-DN[
2
]-Studie, der bisher größten randomisierten, doppelblinden Parallelgruppenstudie bei
schmerzhafter DPNP [
4
]. In die Studie wurden 1074 erwachsene Patienten mit DPNP eingeschlossen, die unter
ausgeprägten Schmerzen litten (24-Stunden-Durchschnittschmerz von ≥ 4 auf der modifizierten
Kurzform des Brief Pain Inventory, BPI-MSF). Zunächst erhielten die Patienten entweder
Duloxetin (60 mg/d) oder Pregabalin (300 mg/d). Nach 8 Wochen wurden die Non-Responder
(<30 % Verbesserung im BPI-MFS) entweder auf eine Kombinationstherapie mit Duloxetin
(60 mg/d) und Pregabalin (300 mg/d) umgestellt oder auf eine Monotherapie in maximaler
Dosis (Duloxetin 120 mg/d oder Pregabalin 600 mg/d).
Am Ende der initialen Monotherapiephase war Duloxetin (60 mg/d) sowohl in Bezug auf
die Schmerzreduktion als auch auf die Responderraten gegenüber Pregabalin (300 mg/d)
überlegen. Unter dem SSNRI erreichten 52,0 % der Patienten eine Schmerzreduktion ≥
30 % gegenüber 36,9 % unter Pregabalin (p < 0,001). Bei 40,3 % der mit Duloxetin
behandelten Patienten nahmen die Schmerzen sogar um ≥ 50 % ab (Pregabalin: 27,8 %;
p < 0,001). Auch in Bezug auf die patientenrelevanten Therapieziele schnitt Duloxetin
in der Initialtherapie signifikant besser ab (Abb. [
1
]). Diese Ergebnisse sprechen für einen Therapiebeginn mit Duloxetin 60 mg/d, hob
Freynhagen hervor.
Abb. 1 COMBO-DN-Studie: Signifikante Verbesserung funktioneller Beeinträchtigungen unter
Duloxetin (60 mg/d) gegenüber Pregabalin (300 mg/d) nach achtwöchiger Monotherapie
[Quelle: Wilhelm S et al. Poster Presented at 14th World Congress on Pain, Mailand,
30. August 2012].
Am Ende der zweiten Studienphase, an der ausschließlich Non-Responder teilnahmen,
zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der analgetischen Wirkung einer Kombinationstherapie
und einer maximal dosierten Monotherapie mit Duloxetin bzw. Pregabalin. Im Vergleich
zur Hochdosis-Monotherapie wurde in der Kombinationsgruppe eine nominell höhere 50
%-Responderrate dokumentiert (39,4 vs. 52,1 %; p = 0,068). Ein tendenziell besserer
Effekt der Kombination von Duloxetin und Pregabalin wurde auch bei den meisten sekundären
Outcome-Parametern beobachtet. Die Verträglichkeit der beiden Präparate war in Mono-
und Kombinationstherapie gleichermaßen gut.
Abdol A. Ameri, Weidenstetten
Quelle: Pressegespräch "Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie – Helfen neue Daten
bei der Optimierung der Behandlung?" im Rahmen des Deutschen Schmerzkongresses, am
24.Oktober 2013 in Hamburg.
Der Text entstand mit freundlicher Unterstützung durch Lilly Pharma