Der Klinikarzt 2013; 42(12): 588
DOI: 10.1055/s-0033-1364049
Forum der Industrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Depression im Alter – Individuelles Vorgehen statt starrem Behandlungsschema

Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
20. Januar 2014 (online)

 
 

    Typisch für Depressionen ist – und dies gilt auch im Alter –, dass sie häufig, multifaktoriell bedingt, unterdiagnostiziert und untertherapiert sind, erläuterte PD M. Axel Wollmer, Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie an der Asklepios Klinik Nord – Ochsenzoll Hamburg. Bis zu 20 % der über 65-Jährigen leiden an einer depressiven Störung und etwa 6 % davon erfüllen die diagnostischen Kriterien einer depressiven Episode. Häufig stehen jedoch bei dieser Klientel andere Erkrankungen im Vordergrund und die Beschwerden werden als körperliche Erkrankungen oder "normale" Alterserscheinung (Agism) fehlinterpretiert. Erschwerend kommt dazu, dass Depressionen im Alter oft atypisch bzw. subsyndromal verlaufen, d. h. die depressiven Syndrome erfüllen nicht alle Kriterien einer Depression nach den internationalen Klassifikationssystemen. So kann das Gefühl von Traurigkeit oder gedrückter Stimmung fehlen und stattdessen Schmerzen, Gedächtnisstörungen, Wahn, Reizbarkeit, Agitiertheit oder Schlafstörungen dominieren. Insbesondere bei männlichen älteren Patienten sind Schlafstörungen und Wutausbrüche Indikatoren für eine Depression, die nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollten, mahnte Wollmer. Das zeigt auch die hohe Suizidrate Älterer, die ab dem 65. Lebensjahr drastisch ansteigt.

    Veränderte Pharmakokinetik macht ältere Menschen sensibler

    Depressionen sind aber auch im Alter gut behandelbar, wenn bei der Pharmakotherapie wirksame und gut verträgliche Substanzen gewählt werden, die aufgrund der hohen Multimorbidität der Patienten ein möglichst geringes Wechselwirkungspotenzial mit anderen Medikamenten aufweisen. Ältere Menschen reagieren aufgrund der häufig beeinträchtigten Pharmakokinetik oft sensibler auf Medikamente als Jüngere. Kardiovaskuläre und anticholinerge Nebenwirkungen, z. B. Harnverhalt, Glaukom, kognitive Beeinträchtigungen und Delir, wie sie bei trizyklischen Antidepressiva auftreten können, sollten dabei sorgfältig beachtet werden. Auch unter SSRI beobachteten Castro und Mitarbeiter in einer aktuellen Studie QT-Zeit-Verlängerungen. Zudem ist die Wirksamkeit von Antidepressiva bei depressiven Patienten mit Demenz fraglich, zitierte Wollmer eine 2011 im Lancet publizierte Studie von Banerjee und Mitarbeitern. Gute Wirksamkeit und Verträglichkeit zeigt dagegen der selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin (Cymbalta®). "Duloxetin ist ein auch im höheren Lebensalter gut wirksames und verträgliches Antidepressivum, das zusätzlich zu den Kernsymptomen der Depression auch begleitende kognitive Symptome, eine Schmerzsymptomatik oder eine Stressinkontinenz günstig beeinflussen kann", fasste Wollmer die vorliegenden Studien zusammen. Vielversprechend sei auch eine Psychotherapie im Alter, mit der ein ressourcenorientierter Aktivitätsaufbau möglich ist, sodass sich die Patienten wieder von anderen anerkannt fühlen.

    Dr. Katrin Wolf, Eitorf

    Quelle: Pressegespräch "Herausforderung Depression im Alter – worauf es bei der Behandlung ankommt" im Rahmen des DGPPN-Kongresses am 27. November 2013 in Berlin. Veranstalter: Lilly Deutschland GmbH.


    #
    #