? Herr Dr. Kochanek, welche besondere Herausforderung stellt eine Candida-Infektion
bei Intensiv-Patienten dar, bei denen Nierenersatzverfahren zum Einsatz kommen?
Dr. Matthias Kochanek: Bei Nierenersatzverfahren ist es extrem wichtig, dass hier Medikamente zum Einsatz
kommen, die die Nierenfunktion nicht beeinträchtigen, eine hohe Wirksamkeit und Bioverfügbarkeit
aufweisen und nicht herausdialysiert werden. Patienten, die vor einer allogenen Transplantation
stehen, bekommen viele Medikamente und sind katecholaminpflichtig. Bei diesen Patienten
liegt häufig ein präterminales Nierenversagen vor. Sofern sie aber noch Urin ausscheiden,
ist es unser oberstes Ziel auf nierentoxische Präparate zu verzichten.
? Was ist in diesen Fällen bei der Dosierung des Antimykotikums zu beachten?
Kochanek: Für das Echinocandin Micafungin (Mycamine®) gilt eine einheitliche Dosierung, die nahezu unabhängig von der Leber- und Nierenfunktion
ist. Seit Anfang des Jahres führen wir hierzu eine Studie durch, bei der die Bioverfügbarkeit
von Micafungin bei Dialysepatienten erfasst wird. Das Medikament wird vor der Dialyse
gegeben und der Plasmaspiegel dann über mehrere Stunden hinweg gemessen, um einen
potentiellen dialysebedingten Wirkverlust zu erfassen. Die bisher erhobenen Daten
von derzeit 6 Patienten zeigen, dass die Bioverfügbarkeit so gut ist wie ohne Dialyse.
Insgesamt sollen 10 bis 15 Patienten in diese Studie eingeschlossen werden. Wir arbeiten
hier eng mit unseren Kollegen aus dem Herzzentrum zusammen und rechnen Anfang des
kommenden Jahres mit einer Publikation der Ergebnisse.
? Welche weiteren Aspekte müssen beim Einsatz eines Antimykotikums in der Intensivmedizin
berücksichtigt werden?
Kochanek: Die Aspekte Interaktionspotential, Verträglichkeit und Dosierung – z. B. bei Leberinsuffizienzen
– sind für uns generell von Bedeutung. Auch die Applikationsform des Antimykotikums
ist für uns von großem Interesse. So sind einige Pilzpräparate nur per os verfügbar,
diese finden bei unseren Intensivpatienten allerdings keine Anwendung, da in diesen
Fällen die Resorptionsrate gegen Null geht. Für uns sind daher nur Präparate, die
parenteral, also per Infusion, verabreicht werden können, interessant.
? In welchen Fällen setzen Sie Echinocandine ein? Und wann Micafungin?
Kochanek: Bei den nicht neutropenischen Patienten empfehlen die Leitlinien vornehmlich den
Einsatz von Anidulafungin. Bei den immunsupprimierten, neutropenischen Stammzelltransplantierten
sowie organtransplantierten Patienten steht der Einsatz von Micafungin an oberster
Stelle. In der Therapie von invasiven Candidosen bei organtransplantierten Patienten
hat Micafungin im Gegensatz zu Caspofungin sogar eine A-I-Empfehlung erhalten. Hinsichtlich
der prophylaktischen Anwendung hat es zwar keine derart hohe Empfehlung bekommen,
wird von uns auf der Intensivstation aber häufig zur Prophylaxe eingesetzt.
? Welche Erfahrungen haben Sie persönlich mit dem Einsatz von Micafungin bei Intensiv-Patienten
im Allgemeinen und bei Patienten mit Nierenersatzverfahren im Besonderen gemacht?
Kochanek: Patienten, bei denen wir sehr gute Erfahrungen gemacht haben, sind die allogen Transplantierten,
bei denen wir uns häufig in dem Graubereich zwischen Prophylaxe und empirischer Therapie
befinden. Hier kommt es unter der Prophylaxe mit Micafungin nur extrem selten zu Durchbruchsinfektionen.
Micafungin ist meiner Erfahrung nach außerdem sehr gut verträglich. Wir haben z. B.
nie eine Erhöhung der Leberwerte, auf die in der Fachinformation noch hingewiesen
wird, beobachtet. Dies gilt auch für Patienten mit Nierenersatzverfahren, wie unsere
bisherigen Studienergebnisse belegen.
Herr Dr. Kochanek, vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Monika Funck, Köln.
ESCMID-Empfehlungen zum Einsatz von Micafungin
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ICU-Patienten: A-I
-
Prophylaxe einer Candidose nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation
(HSZT) bei pädiatrischen Patienten: A-I
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Reduzierung der Morbidität nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation
(HSZT): A-I
-
zielgerichtete Therapie invasiver Candidiasis/Candidose bei neutropenischen Patienten:
A-II