Ätiologie
Kaninchenschnupfen wird in der Regel durch eine Mischinfektion hervorgerufen. Die Haupterreger, die
auch parallel auftreten können, sind meist:
Hinzu kommen unterschiedliche Sekundärerreger: Staphylokokken, Klebsiellen und Streptokokken sind besonders
häufig nachzuweisen. Eine Beteiligung von Viren und Mykoplasmen wird diskutiert.
Pathogenese
Die Ansteckung erfolgt:
-
durch direkten Kontakt von Tier zu Tier (oftmals bereits vom Muttertier auf die Jungtiere)
-
indirekt über Aerosole sowie seltener über Gegenstände (z. B. unzureichend gereinigte
Futternäpfe oder Tränken)
Durch die Kontagiosität unterliegen insbesondere Kaninchen in Zuchtbeständen, Tiere, die oft auf
Ausstellungen oder in Tierpensionen gebracht werden, sowie alle Kaninchen aus Beständen mit regelmäßigen
Zukäufen, Pflegetieren oder anderweitig bedingter häufiger Fluktuation (Tierheim, Zoofachhandel) einer hohen
Infektionsgefahr (▶ Abb.
[
1
]).
Abb. 1
Auf Ausstellungen besteht ein besonders hohes Infektionsrisiko für Kaninchenschnupfen.
(© B. Glöckner)
Ob und in welchem Maße ein infiziertes Kaninchen klinisch erkrankt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig:
Im Vordergrund steht die individuelle Immunkompetenz des Einzeltieres, sodass sehr junge, alte oder
durch andere Vorerkrankungen geschwächte Kaninchen besonders häufig und schwerwiegend erkranken. Hinzu
kommen verschiedene Stressfaktoren, die auch bei latent infizierten adulten Tieren zu einem klinisch
manifesten Kaninchenschnupfen führen können. Beispiele dafür sind:
-
suboptimale Haltungsbedingungen (viele Tiere auf zu engem Raum, mangelhafte Stallhygiene)
-
Ernährungsfehler
-
Umzug
-
Vergesellschaftung
-
Tod des Partnertieres
-
Trächtigkeit und Laktation
Wetterumschwünge, feuchte Kälte oder zu trockene Heizungsluft wirken ebenfalls belastend auf die
Schleimhäute des Respirationstraktes, sodass im Herbst/Winter besonders viele Neuerkrankungen und
Rezidive auftreten.
Klinik
Die klinischen Symptome variieren. Sie können ein Einzeltier ebenso wie eine gesamte Kaninchengruppe
betreffen und innerhalb der Gruppe in unterschiedlichem Maße ausgeprägt sein.
Klassisch ist eine reine Rhinitissymptomatik, die von gelegentlichem Niesen mit serösem Auswurf (▶
Abb.
[
2
]) über leicht eitrigen Nasenausfluss mit nasalen
Stridorgeräuschen (▶ Abb.
[
3
]) bis zu Maulatmung aufgrund von
mukopurulent verklebten Nasenöffnungen reichen kann.
Abb. 2
Kaninchen mit milden Rhinitissymptomen und serösem Nasenausfluss.
(© B. Glöckner)
Abb. 3
Kaninchen mit mäßigem eitrigen Nasenausfluss.
(© B. Glöckner)
Eine Verminderung der Futteraufnahme bis zur Inappetenz kann aufgrund der Einschränkungen des
Geruchs- und Geschmackssinns auftreten. Weichen Kaninchen aufgrund verlegter Nasenöffnungen auf Maulatmung
aus, stellen sie ebenfalls die Futteraufnahme ein, da der Kauvorgang die Atmung weiter behindern würde.
Zahlreiche Verlaufsformen betreffen auch den Tränennasenkanal und die Konjunktiven, sodass bei eitrigen
Dakryozystitiden und Konjunktivitiden (▶ Abb.
[4])
stets ein Kaninchenschnupfen differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden muss.
Abb. 4
Dakryozystitiden treten häufig in Verbindung mit Kaninchenschnupfen auf.
(© B. Glöckner)
Über eine Erregerstreuung durch die Eustachische Röhre kann zudem eine Otitis media oder
interna ein- oder beidseits entstehen. Betroffene Tiere zeigen Einschränkungen des Gehörs,
Gleichgewichtsstörungen, gelegentlich Nystagmus und bei einseitiger Erkrankung eine Kopfschiefhaltung.
Breiten sich Erreger in den unteren Respirationstrakt aus, so ist die Entstehung z. B. einer Tracheitis,
Bronchitis oder Bronchopneumonie möglich. Bei ungünstigstem Verlauf bilden sich Abszesse in der
Lunge. Dyspnoe und Apathie sowie wiederum Inappetenz gehören dann zusätzlich zu den Symptomen.
Durch eine Erregerstreuung können auch vom Respirationstrakt unabhängig weitere Veränderungen auftreten.
Folgendes lässt sich häufig mit Erregern des Kaninchenschnupfens in Zusammenhang bringen:
-
Abszesse oder Entzündungen in der Leber, in Lymphknoten oder im Rückenmark (insbesondere aufgrund von
Absiedlungen von Pasteurellen)
-
lokalisierte oder generalisierte Arthritiden
-
Entzündungen der Gebärmutter (beim Kaninchen ansonsten eher selten)
-
Uveitiden
Vorwiegend bei geschwächten oder sehr jungen Tieren können sich durch eine Erregerabsiedlung eine
generalisierte Pasteurellose und damit auch eine Septikämie entwickeln.
Diagnose
Die Anamnese und das klinische Bild können bereits eine Verdachtsdiagnose nahelegen. Wird ein Kaninchen mit
Nasen- und ggf. Augenausfluss sowie Sekretspuren an den Innenseiten der Vorderläufe, die durch das
Putzverhalten entstehen, vorgestellt, ist stets eine Kaninchenschnupfenerkrankung abzuklären.
Klinische Untersuchung
Im Verlauf der klinischen Allgemeinuntersuchung sollte ein Hauptaugenmerk auf die Auskultation
gelegt werden. Diese ist häufig durch den lauten nasalen Stridor erschwert und muss daher ausreichend
lange und gründlich durchgeführt werden. Bei der Untersuchung der äußeren Gehörgänge ist auf
Vorwölbungen des Trommelfells zu achten, die auf eine Entzündung im Mittelohrbereich hinweisen könnten.
Im Zuge der Augenuntersuchung ist es insbesondere bei zunächst unauffälligem Befund sinnvoll, das
untere Augenlid leicht nach unten zu ziehen und durch vorsichtige Massage rostral des Auges zu
überprüfen, ob sich Sekret aus dem Tränennasenkanal entleeren lässt.
Weiterführende Untersuchungen
Das Anfertigen von Röntgenaufnahmen des Thorax ist immer sinnvoll bei:
-
bronchialen Atemgeräuschen
-
punktueller Dämpfung der Herztöne, die durch einen Lungenabszess verursacht werden kann
Bei akuter Erkrankung sind im Blutbild in der Regel deutliche Leukozytosen festzustellen. Auch bei
chronischen Verlaufsformen können meist noch Verschiebungen des Differentialblutbildes (Neutrophilie bei
gleichzeitiger Lymphopenie) beobachtet werden.
Eine bakteriologische Untersuchung des Nasenausflusses gehört nicht zur Routinediagnostik, da die
Erreger nur unregelmäßig nachgewiesen werden können. Insbesondere bei Abstrichen aus dem Bereich der
Nasenöffnungen sind falsch negative Befunde häufig. Außerdem werden oftmals ubiquitär vorkommende Keime
aus dem Fell oder der äußeren Haut oder aber Sekundärerreger nachgewiesen, sodass die Befunde stets mit
Vorsicht zu interpretieren sind. Auch Nasenspülproben erbringen häufig kein sicher interpretierbares
Resultat.
Die bakteriologische Untersuchung des Nasenausflusses stellt kein zuverlässiges diagnostisches
Verfahren dar. Falsch negative Ergebnisse sowie die Isolierung ubiquitärer Bakterien und
Sekundärerreger kommen häufig vor.
Eine aus der Tiefe der Nasenhöhle entnommene Tupferprobe liefert in der Regel zuverlässigere Ergebnisse.
Hierzu ist jedoch eine kurze Sedation notwendig, deren Risiko je nach Zustand des Patienten sorgfältig
abgewogen werden muss. Mit einem möglichst dünnen Abstrichbesteck, wie es z. B. für Konjunktivalabstriche
eingesetzt wird, kann dann Sekret entnommen werden, in dem sich oftmals noch vermehrungsfähige Keime
befinden. Auch hier ist es jedoch möglich, einen falsch negativen Befund oder lediglich den Nachweis von
Sekundärerregern zu erhalten: Dies ist bei der Interpretation zu berücksichtigen.
Differentialdiagnosen
Sowohl für die Schnupfensymptomatik als auch für die Symptome der unteren Atemwege kommen
differentialdiagnostisch akute bakterielle Infektionen anderer Genese infrage.
Insbesondere bei eitrigem Augen- und Nasenausfluss ist eine Dakryozystitis abzuklären, die sowohl
ein- als auch beidseits auftreten kann. Die möglichen Ursachen sind:
Apikale Granulome oder Abszedierungen können zudem zu oronasalen Fisteln führen. Durch den
Einbruch in die Nasenhöhle tritt meist einseitig eitriger Ausfluss auf.
Ebenfalls überwiegend einseitig sind Veränderungen zu beobachten, die durch einen Fremdkörper
bedingt sind. Oftmals sind Heu- oder Grashalme ursächlich, die entweder direkt in die Nasenöffnung oder
retrograd über den Rachenraum in die Nasenhöhle gelangt sind.
Liegt lediglich seröser Nasen- und ggf. Augenausfluss vor, so ist auch ein allergisches Geschehen
zu berücksichtigen.
Im Falle einer Kopfschiefhaltung ist stets an eine Encephalitozoonose zu denken, die auch parallel
bei einem durch chronischen Kaninchenschnupfen immunsupprimierten Tier auftreten kann. Zudem ist eine
Otitis durch Milben (Psoroptes cuniculi) abzuklären.
Eine Erregerstreuung oder eine generalisierte Pasteurellose kann sehr vielfältige Veränderungen
verursachen: In diesen Fällen sind unterschiedliche Differentialdiagnosen abzuklären.
Therapie
Es gibt keine Therapie, die immer und bei jedem Kaninchenschnupfen-Patienten die optimale Behandlung
darstellt. Zum einen handelt es sich um eine Mischinfektion: Pasteurellen und/oder Bordetellen liegen in den
meisten Fällen der Erkrankung zugrunde, aber die jeweiligen Sekundärerreger und damit auch die Resistenzen
variieren. Zum anderen spielen zahlreiche äußere Faktoren (z. B. Haltungs- und Fütterungsbedingungen sowie
die individuelle Immunkompetenz) eine Rolle. Daher müssen die grundsätzlichen Therapieempfehlungen (▶
Tab.
[
1
]) für den jeweiligen Bestand bzw. Patienten individuell
zusammengestellt werden.
Tab. 1
Kaninchenschnupfen: allgemeine Therapieempfehlungen.
Wirkstoff
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Präparat
|
Dosierung
|
Für Kaninchen zugelassen?
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Antibiotikum
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Enrofloxacin
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z. B. Baytril®, Bayer Vital GmbH
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10 mg/kg 1 × tgl. s.c.oder p.o.
|
Ja
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Marbofloxacin
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z. B. Marbocyl®, Vétoquinol GmbH
|
4 mg/kg 1 × tgl. s.c.oder p.o.
|
Nein
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Pradofloxacin
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Veraflox®, Bayer Vital GmbH
|
7,5 mg/kg 1 × tgl. p.o.
|
Nein
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Cefovecin
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Convenia®, Zoetis Deutschland GmbH
|
8 mg/kg 1 × wöchentlich s.c.
|
Nein
|
Mukolytikum
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Bromhexin
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Bisolvon®, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG (Injektionslösung)
|
0,5 mg/kg 2 × tgl. p.o.
|
Nein
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Acetylcystein
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z.B. NAC-ratiopharm®, Ratiopharm GmbH (Injektionslösung)
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3 mg/kg 2 × tgl. p.o.
|
Nein
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Paramunitätsinducer
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Parapoxvirus ovis
|
Zylexis®, Zoetis Deutschland GmbH
|
kurweise am 1., 3. und 8. Tag je 1 ml s.c., ggf. weiter im Abstand von 1–2 Wochen
|
Nein
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Flankierende Maßnahmen
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Spülungen des Tränennasenkanals
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Sterile NaCl-Lösung, letzter Spülgang mit Floxal®, Zylexis®, oder Mucosa
compositum ad us. vet.
|
bedarfsweise
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|
Inhalationen
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NaCl-Lösung (ggf. + Mukolytikum)
Thymianaufguss (warm)
|
1 × tgl., max. 10 Minuten
|
|
Zunächst ist jedoch mit dem Besitzer zu besprechen, dass es sich um eine chronisch-rezidivierende
Erkrankung handelt.
Eine vollständige Ausheilung kann in der Regel nicht erreicht werden, jedoch sind oftmals lange
symptomfreie Intervalle bzw. lange Zeiträume mit gutem Allgemeinbefinden zu erwarten, wenn das Kaninchen
auf die Therapie gut anspricht.
Kaninchen mit eitrigem Nasenausfluss erhalten über einen Zeitraum von mindestens 10 Tagen ein Antibiotikum.
Hier haben sich Fluorchinolone als Wirkstoffe der 1. Wahl bewährt, die auch für eine langfristige
Gabe geeignet sind. Vorteilhaft sind neben der vielfach nachgewiesenen guten Wirksamkeit und Verträglichkeit
zudem die nur 1-mal tägliche Applikation sowie ein vergleichsweise geringes Applikationsvolumen bei oraler
Verabreichung, was bei Tieren mit Dyspnoe ein nicht zu unterschätzender Faktor ist.
Erscheinen Fluorchinolone in hochgradigen Erkrankungsfällen allein nicht ausreichend wirksam, so können sie
z. B. mit einem Langzeit-Cephalosporin, das ausschließlich parenteral verabreicht werden darf,
kombiniert werden (z. B. Enrofloxacin und Cefovecin). Das Cephalosporin kann auch als Einzelwirkstoff
parenteral eingesetzt werden, wenn die Antibiotika der 1. Wahl keine Wirksamkeit zeigen. Dabei ist zu
beachten, dass die Wirkdauer des Depot-Präparats deutlich kürzer ist, als für Hund und Katze angegeben.
Als Alternative ist in hartnäckigen Fällen der Einsatz von Penicillinen parenteral unter
Unterstützung der Darmflora möglich. Liegt ein Antibiogramm vor, so ist dieses vorrangig zu
berücksichtigen.
Außer bei akuten Verschlechterungen oder bei Unverträglichkeitsanzeichen sollte ein Antibiotikum stets
mindestens 5 Tage verabreicht werden, bevor die Therapie umgestellt wird.
Zusätzlich ist ein Mukolytikum zu verordnen (z. B. Bromhexin oder Acetylcystein). Viele Kaninchen
sprechen zudem sehr gut auf die Gabe eines Paramunitätsinducers an, der entweder parallel zur
antibiotischen Therapie oder in leichteren Erkrankungsfällen auch als alleinige Unterstützung kurweise
verabreicht werden kann. Der positive Effekt nach einer Kur kann oftmals durch eine weitere längerfristige
Verabreichung im Abstand von 1–2 Wochen aufrechterhalten werden.
Sehr hilfreich sind auch Inhalationen, die der Besitzer zu Hause durchführen kann. Als besonders
vorteilhaft haben sich hierbei Inhalationsgeräte aus der Kleinkindmedizin erwiesen (z. B. Modelle des
PariBoy®), mit denen entweder eine reine NaCl-Lösung vernebelt werden oder auch ein Mukolytikum
zugesetzt werden kann. Die Inhalationsdauer sollte 10 Minuten nicht überschreiten. Gleiches gilt auch für
Warminhalationen, bei denen beispielsweise die mukolytische Wirkung eines Thymianaufgusses genutzt wird.
Sowohl Warm- als auch Kaltinhalationen werden meist unproblematisch toleriert und können besonders leicht in
einer abgedeckten Transportbox durchgeführt werden, vor die das Inhalat gestellt bzw. an der der Inhalator
befestigt wird.
Sind die Nasenöffnungen des Patienten mit Sekret verklebt, so sollten sie regelmäßig mit lauwarmem Wasser
gereinigt werden. Größere Sekretmengen können ggf. mit einer Spritze abgesaugt oder vorsichtig ausgespült
werden. Hierbei sollte eine feine, weiche Ernährungssonde oder eine flexible Zitzenkanüle aus Kunststoff aus
der Großtiermedizin aufgesetzt werden. Auch Meerwasser-Nasentropfen für Kleinkinder können Linderung
bringen.
Zur weiteren Unterstützung des Immunsystems und der Regeneration der Schleimhäute haben sich verschiedene
homöopathische Komplexmittel sehr bewährt (▶ Tab.
[
2
]). Zu homöopathischen Monopräparaten können hier keine pauschalen Empfehlungen ausgesprochen
werden, denn sie sind aufgrund der jeweiligen Anamnese und des jeweiligen Erkrankungsverlaufes individuell
zusammenzustellen.
Tab. 2
Kaninchenschnupfen: unterstützende homöopathische Komplexmittel.
Homöopatisches Komplexmittel
|
Dosierung
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Für Kaninchen zugelassen?
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Unterstützung des Immunsystems
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Echinacea compositum ad us. vet., Heel GmbH
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0,5 ml 1 × tgl. p.o. oder s.c.
|
Nein
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Engystol® ad us. vet., Heel GmbH
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0,5 ml 1 × tgl. p.o. oder s.c.
|
Nein
|
Pet-M®, PlantaVet GmbH
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1 ml 1 × tgl. p.o. oder s.c.
|
Ja
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Mukolyse
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Membrana nasalium comp. PLV, PlantaVet GmbH
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0,5 ml 1 × tgl. p.o. oder s.c.
|
Ja
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Sinupret®, Bionorica
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z. B. als Liquitabs: 1 Tbl. 1 × tgl. p.o.
|
Nein
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Regeneration der Schleimhaut
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Mucosa compositum ad us. vet., Heel GmbH
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0,5 ml 1 × tgl. p.o. oder s.c.
|
Nein
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Unterstützung bei akuter und chronischer Rhinitis
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Euphorbium compositum ad us. vet., Heel GmbH
|
0,5 ml 1 × tgl. p.o. oder s.c.
|
Nein
|
Unterstützung bei akuter Rhinitis, Konjunktivitis und Dakryozystitis
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Euphrasia Injeel®, Heel GmbH
|
0,5 ml 1 × tgl. p.o. oder s.c.
|
Nein
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Euphrasia-logoplex® Globuli, Ziegler GmbH
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2–5 Globuli 2–3 x tgl. p.o.
|
Ja*
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* Zulassung für Heimtiere
|
Bei Kaninchen mit Dakryozystitiden muss der Tränennasenkanal gespült werden. Dies kann mit steriler
Kochsalzlösung erfolgen, wobei es sich bewährt hat, mit dem letzten „Spülgang“ antibiotische Augentropfen
(z. B. Floxal®, Bausch & Lomb), immunstimulierende Präparate (z. B. Zylexis®,
Zoetis Deutschland GmbH) oder Lösungen, die die Regeneration der Schleimhaut fördern (z. B. Mucosa
compositum ad us. vet., Heel GmbH) zu instillieren.
Muss aufgrund einer Konjunktivitis eine lokale Medikation am Auge erfolgen, so sind auch hier stets
wässrige Augentropfen (z. B. Floxal®, Bausch & Lomb; Polyspectran®, Alcon Pharma
GmbH) oder alternativ gelförmige Substanzen einzusetzen. Augensalben haben zum einen den Nachteil, dass
viele Kaninchen überempfindlich auf die Salbengrundlage mit Rötungen und Schwellungen der Lider reagieren,
zum anderen verkleben sie aufgrund ihrer Textur oftmals den Tränenpunkt.
Inappetente Kaninchen müssen mit einer bedarfsgerechten Nahrung zugefüttert werden (z. B. Critical Care,
Albrecht GmbH; RodiCare® instant, alfavet Tierarzneimittel GmbH; Herbi Care Plus, WDT).
Parallel zur Therapieeinleitung sollten die Haltungs- und Fütterungsbedingungen optimiert werden. Zudem ist
auf eine hohe Flüssigkeitsaufnahme aller erkrankten Tiere zu achten: Frisches Wasser sollte stets
bereitgestellt werden. Bei inappetenten Kaninchen kann die Flüssigkeitszufuhr über die Konsistenz des
angerührten Nahrungsbreis geregelt werden, im Bedarfsfall kann auch zusätzlich Wasser oder Tee per Spritze
verabreicht werden. Bei der Allgemeinuntersuchung ist der Hautturgor als Parameter für den Hydratationsgrad
zu überprüfen.
Sind aufgrund von Erregerabsiedlungen weitere Veränderungen aufzufinden, so ist die Behandlung entsprechend
anzupassen.
Prognose
Die Prognose ist meist abhängig vom Zustand der Tiere bei der Erstvorstellung, eine vollständige Ausheilung
ist in der Regel nicht zu erwarten. Sind erstmals Symptome aufgetreten und beschränken sich diese auf den
oberen Atmungstrakt, so ist die Prognose günstig einzuschätzen und bei einem Großteil der Patienten sind
längere symptomfreie Intervalle – gelegentlich auch eine dauerhafte Symptomfreiheit – zu erwarten.
Auch dauerhaft asymptomatische Kaninchen dienen weiter als Erregerreservoir und damit als
Infektionsquelle.
Ein Teil der Patienten zeigt ständig Erkrankungsanzeichen wie vermehrtes Niesen und Nasenausfluss. Diese
Symptome sind häufig jedoch gut durch regelmäßige Unterstützung des Immunsystems, bedarfsweise Gaben von
Mukolytika bzw. bedarfsweise Inhalationen in einem Rahmen zu halten, der das Allgemeinbefinden nicht
einschränkt.
Bestehen die Erkrankungsanzeichen bereits über längere Zeit oder sind schon Veränderungen von Bronchien und
Lunge festzustellen, ist die Prognose vorsichtig zu stellen. Bei septikämischem Verlauf ist die Prognose
äußerst ungünstig; liegen Organabszesse vor, so ist sie kurz- bis mittelfristig infaust.
Prophylaxe
Heimtierhaltung
Für Heimtierkaninchen zählt die Impfung gegen Kaninchenschnupfen nicht zu den Core-Impfungen. Gesunde
Kaninchen in einer Heimtierhaltung haben aufgrund der Übertragungswege nur ein äußerst geringes Risiko,
sich mit dem Kaninchenschnupfen-Komplex zu infizieren und daran zu erkranken. Lediglich Zukäufe und
Aufenthalte in Pensionen bergen ein Risiko, das auch durch eine Quarantäne nicht sicher ausgeschlossen
werden kann. Sind Kaninchen bereits bei Zukauf infiziert, so kann auch eine Impfung die Manifestation der
Erkrankung nicht sicher verhindern, sondern in einigen Fällen sogar forcieren. In der Heimtierhaltung mit
kleinen Bestandsgrößen sind daher optimale Haltungs- und Fütterungsbedingungen als wichtigste
Prophylaxemaßnahmen anzusehen.
Zucht- und größere Liebhaberbestände, Tierheime
Eine Impfung gegen Kaninchenschnupfen kommt insbesondere für Zuchtbestände und Tiere, die
regelmäßig auf Ausstellungen gebracht werden, infrage. Auch in Liebhaberbeständen mit häufigen Zukäufen
und Vermittlungen oder in Tierheimen kann eine Impfung sinnvoll sein, um den Infektionsdruck zu senken.
Ein vollständiger Schutz gegen die Erreger des Kaninchenschnupfenkomplexes ist jedoch nicht zu erwarten,
da der Impfstoff nur einen Teil abdecken kann (Pasteurella multocida Serovar A,
Pasteurella-multocida-Toxin des Serovars D sowie Bordetella bronchiseptica).
Eine Impfung erfolgt frühestens am 28. Lebenstag, die Grundimmunisierung wird mit einer Boosterung nach
14 Tagen abgeschlossen. Eine regelmäßige, halbjährliche Wiederholungsimpfung ist nötig, um den Impfschutz
aufrechtzuerhalten. Auch hier sind optimale Haltungs- und Fütterungsbedingungen wiederum als
weitere unverzichtbare Bausteine der Prophylaxe anzusehen.
Literatur
Literatur bei der Autorin