Der Klinikarzt 2013; 42(10): 482
DOI: 10.1055/s-0033-1360545
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Anästhesie und Blutdruck – Hypotension verhindern: Besseres Outcome?

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Publikationsdatum:
12. November 2013 (online)

 
 

Ob und in welchem Zustand ein Patient aus dem Operationssaal bzw. von der Intensivstation und letztendlich aus dem Krankenhaus kommt, hängt von zahlreichen individuellen und äußeren Faktoren ab. Ein wichtiger Vitalparameter für den in der jeweiligen Situation behandelnden Arzt ist der Blutdruck als Spiegel der aktuellen Kreislaufsituation. Fällt er z. B., wie es häufig nach Einleitung einer Allgemein- oder Regionalanästhesie vorkommt, bedrohlich ab, so kann dies durch die verschlechterte Organperfusion negative Konsequenzen für den Patienten haben und kann bei Schwangeren zu einer Minderversorgung des Feten führen. Deshalb ist das intra- bzw. postoperative kontinuierliche Monitoring und ggf. die gezielte therapeutische Intervention eines pathologischen systemischen Blutdrucks essentiell, um Komplikationen frühzeitig zu erkennen und lebensbedrohliche Zustände zu vermeiden.

Wie Risikofaktoren für eine Hypotension präoperativ identifizierbar sind, welche Optionen für eine perioperative Regulation am besten geeignet sind und ob die Hypotension auch in anderen Notfallsituationen relevant ist, diskutierten namhafte Experten in einem Symposium im Rahmen des diesjährigen HAI in Berlin.

Prof. Berthold Bein, Kiel, erläuterte Prädiktoren für die Inzidenz einer Hypotension. Anhand der Einschätzung des allgemeinen Anästhesierisikos entsprechend des ASAScores und des kardialen Risikos mittels Revised Cardiac Risk Index konnten für die Inzidenz einer Hypotension nach Einleitung einer Allgemeinanästhesie bei kardio-chirurgischen Patienten u. a. ein pulmonaler Hypertonus, eine Brady-/oder Tachykardie, und auch bei nicht-herzchirurgischen Patienten ein ASA Status >III, ein mittlerer arterieller Blutdruck vor Einleitung < 70 mmHg, Alter ≥ 50 Jahre und die Verwendung von Propofol sowie höhere Fentanyldosen als Gefährdungspotenziale identifiziert werden [ 1 ]. ACE-Hemmer, so riet Bein, sollten vor einer Operation abgesetzt werden, da sie mit einer ausgeprägteren und therapiebedürftigen Hypotension während der Anästhesie assoziiert seien. Individuelle Einflussfaktoren für einen Blutdruckabfall nach Spinalanästhesie scheinen Alkoholabusus, bestehender arterieller Hypertonus, Adipositas und eine höhere sensorische Blockade zu sein, fasste Bein die Datenlage zusammen.

Wie dem Blutdruckabfall schnell und sicher entgegenwirken?

Priv.-Doz. Sebastian Stehr, Jena, verwies auf die in der Einleitung erwähnten möglichen Folgen hypotensiver Phasen. In Untersuchungen an kardiochirurgischen Patienten wurde eine Korrelation zwischen einem erniedrigten intraoperativen systemischen Blutdruck und einem schlechteren perioperativen Outcome gefunden.

Es gibt also viele gute Gründe, die Regulationsmechanismen der lokalen und extrinsischen Kontrolle der arteriellen Gefäßregulation zu kennen, um den Zustand des Patienten frühzeitig richtig einschätzen und entsprechende Maßnahmen einleiten zu können.

Die Herzfrequenz (HF), das Schlagvolumen (SV) sowie der peripher-vaskuläre Widerstand (TPR) sind die entscheidenden Targets bei der Regulation des systemischen Blutdrucks. So könne das Schlagvolumen durch Erhöhung der Vorlast verstärkt, die Herzfrequenz durch positive Chronotropie verbessert oder der TPR mittels Vasokonstriktion beeinflusst werden. Entsprechend dieser 3 Parameter können zur medikamentösen Therapie neben Noradrenalin auch Ephedrin bzw. (in Deutschland nicht zur Verfügung stehend) Phenylephrin verwendet werden.

In der klinischen Praxis wird in Deutschland wegen seiner besonderen Eigenschaften das seit langem hier auf dem Markt befindliche Kombinationspräparat aus den beiden Wirkstoffen Cafedrin und Theodrenalin (Akrinor®) von Anästhesisten geschätzt und von der DGAI präferiert. Es wirkt dem Blutdruckabfall schnell und sicher entgegen und wird zur Therapie anästhesiebedingter Blutdruckabfälle sowie bei klinisch relevanten Hypotonien in der Notfallmedizin breit eingesetzt [ 2 ]. Theodrenalin wird im Körper zu Theophyllin und Noradrenalin verstoffwechselt und Cafedrin zu Theophyllin und Norephedrin.

Der schnelle Wirkeintritt durch das Theodrenalin wird durch die vorrangige Wirkung von Noradrenalin auf adrenerge α-Rezeptoren, die Steigerung des peripheren Gefäßwiderstands und die Kontraktilität bedingt. Diese positiv inotrope Wirkung wird durch die langsam einsetzende, dem Theodrenalin gleichgerichtete Wirkung des 20 x höher dosierten Cafedrin begleitet, das über Norephedrin eine Freisetzung von Noradrenalin und Adrenalin bewirkt [ 3 ]. Dass Akrinor® einen Anstieg des Blutdrucks durch Erhöhung des Herzzeitvolumens bewirkt, ohne die Herzfrequenz klinisch relevant zu beeinflussen, und die Organperfusion nicht beeinträchtigt, heben die Referenten als besondere Vorteile hervor.


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Effizientes Komplikations-Management verhindert den "Worst Case"

Auch außerhalb des OP-Saals, so betonte Priv.-Doz. Jan-Thorsten Gräsner, Kiel, gäbe es innerklinisch noch Potenzial, Notfallsituationen zu verhindern. Denn ein Herz-Kreislaufstillstand tritt nur selten unvorhergesehen auf, weil meist eine Erkrankung, die zur Krankenhausaufnahme führt, bereits mit beeinträchtigter Funktion lebenswichtiger Organsysteme einhergehe. Qualifizierte, interdisziplinär entscheidungskompetente Medical Emergency Teams (MET) sind eine moderne Organisationsform, in der die Intentionen von Herzalarm-, Reanimations- bzw. Notfallteams vereint und optimiert werden. Eine Atemfrequenz über 35/min, eine Herzschlagfrequenz über 140/min und Blutdruckabweichungen im Sinne einer Hypotonie waren die häufigsten Gründe für die Benachrichtigung der MET. Mit klaren Strukturen und Entscheidungskriterien kann ein MET Herz-Kreislaufstillstände vorausschauend verhindern und so unnötige Intensiv(wieder)-aufnahmen vermeiden.

Elke Klug, Berlin

Quelle: Satelliten-Symposium "Blutdruck im Fokus: Prä-, intra- und postoperativ" im Rahmen des 15. Hauptstadtkongresses der DGAI für Anästhesiologie und Intensivtherapie (HAI), am 20.09.2013 in Berlin.
Veranstalter: ratiopharm GmbH, Ulm.
Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von ratiopharm GmbH.


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