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DOI: 10.1055/s-0033-1360502
Darf mein Chef den Fortbildungszuschuss zurückfordern?
Verantwortlicher Herausgeber dieser Rubrik:
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
24. Oktober 2013 (online)
» Darf mir mein Arbeitgeber Geld, das ich von ihm für eine Fortbildung bekommen habe, nach einer Kündigung von meinem letzten Gehalt abziehen? Wenn ja, in welchem Rahmen? «
Physiotherapeut aus Heidelberg
Die Antwort unseres Experten
Arbeitgeber sind daran interessiert, dass sich ihre Mitarbeiter fortbilden. Sie sollen so vorhandene Kenntnisse und Fertigkeiten aufrechterhalten und das Angebotsspektrum der Praxis erweitern. Darum ist ein Chef meistens bereit, die Fortbildungskosten zu übernehmen - zumindest teilweise. Er profitiert schließlich davon, dass seine Mitarbeiter die in der Fortbildung erworbenen Kenntnisse im Interesse der Praxis anwenden. Endet jedoch das Arbeitsverhältnis, nimmt der Mitarbeiter die "auf Kosten seines Chefs erworbenen Kenntnisse" mit. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer diesbezüglich nichts weiter vereinbart, kann der Arbeitgeber keine Erstattung der Fortbildungskosten verlangen. In der Regel vereinbaren sie jedoch, dass der Mitarbeiter bei einer Kündigung die Kosten anteilig trägt. Oft verpflichtet sich dieser auch, die Kosten der Fortbildung zurückzuzahlen -außer er bleibt bei ihm beschäftigt. Sein Chef erlässt ihm dann für jeden Monat, den das Arbeitsverhältnis weiter besteht, 1/12 bis 1/36 der Kosten. Dadurch erhofft sich der Praxisinhaber, dass der Therapeut nach der Fortbildung weitere ein bis drei Jahre bei ihm beschäftigt bleibt. Bei solchen Vereinbarungen sollte man prüfen, ob die Dauer der Bindung des Arbeitnehmers an das Arbeitsverhältnis im Verhältnis zur Dauer der Fortbildung und deren Kosten angemessen ist.
In der Rechtsprechung hat sich folgender Grundsatz herausgebildet: Bei bis zu einem Monat bezahlter Freistellung für eine Fortbildung ist eine Bindung bis zu sechs Monaten zulässig, bei zwei Monaten bezahlter Freistellung bis zu einem Jahr. Bei bezahlter Freistellung von sechs Monaten bis zu einem Jahr kann eine dreijährige Bindung vereinbart werden.
Gibt Ihr Chef den Inhalt der Vereinbarung vor, muss er die voraussichtlich entstehenden Fortbildungskosten und die Freistellung beziffern und eine angemessene Bindungsdauer mit Ihnen vereinbaren. Ist die Bindungsdauer unangemessen lang, kann die gesamte Rückzahlungsvereinbarung unwirksam sein. Es lohnt sich also für beide Seiten, die Wirksamkeit der Vereinbarung und die Dauer der Bindung genau zu prüfen. Ein Abzug vom Gehalt – wie in Ihrem Fall – ist im Übrigen nur im Rahmen der pfändbaren Beträge zulässig, sofern nichts anderes vereinbart wurde.
→ Wirft auch Ihr Berufsalltag rechtliche Fragen auf? Dann schreiben Sie an Simone.Gritsch@thieme.de.
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