ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2013; 122(09): 464-465
DOI: 10.1055/s-0033-1359336
Colloquium
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kompomere 2014 – "Dyract hat sich seit 20 Jahren für praktisch alle Indikationen bewährt"

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Publication Date:
22 October 2013 (online)

 

    Prof. R. Hickel

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    Der Zahnheilkunde steht mit Dyract ein Werkstoff für direkte Restaurationen zur Verfügung, der eine nahezu universelle Indikationsbreite besitzt. Aus wissenschaftlicher Perspektive begleitet hat diese nunmehr 20-jährige Erfolgsgeschichte Professor Dr. Reinhard Hickel, Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im folgenden Interview berichtet Prof. Hickel von seinen Erfahrungen mit Dyract-Materialien und gibt aktuelle Forschungsergebnisse dazu bekannt.

    ? Herr Prof. Hickel, Sie haben Entwicklung und Einsatz des Kompomers Dyract seit seiner Markteinführung im Jahr 1993 bis heute kritisch begleitet. Wie ist die Stoffklasse der Kompomere im Vergleich zu Kompositen oder Glasionomerzementen charakterisiert?

    Prof. Dr. Reinhard Hickel: Kompomere sind eine Gruppe innerhalb der Kompositkunststoffe, die eine etwas hydrophilere Matrix aufweisen und durch Wasseraufnahme einen Teil der Polymerisationsschrumpfung kompensieren können. Die Aushärtung ist primär eine klassische Polymerisation, während konventionelle Glasionomerzemente über eine Säure-Base-Reaktion aushärten. Die Füllkörper unterscheiden sich von herkömmlichen Kompositen dadurch, dass sie fluoridhaltige Gläser (von Glasionomerzement stammend) beinhalten, die eine gewisse Fluoridabgabe sicherstellen – wenngleich die Fluoridabgabe zu Beginn geringer ist als bei herkömmlichen Glasionomerzementen.

    ? Für welche Indikationen war Dyract ursprünglich vorgesehen? Haben sich bis zur aktuellen, nunmehr 3. Produktgeneration – Dyract eXtra – Veränderungen hinsichtlich der Einsatzbereiche ergeben?

    Prof. Hickel: Dyract war ursprünglich für zervikale Füllungen als Ersatz für Glasionomerzement vorgesehen, aufgrund der höheren Biegefestigkeit und Abrasionsfestigkeit wurde es aber alsbald schon im Bereich der Milchzähne und später auch für Klasse III- und Seitenzahnfüllungen eingesetzt.

    ? Halten Sie Kompomere allgemein für ausreichend stabil, um sie auch für permanente Klasse II-Versorgungen im okklusalen Bereich der 2. Dentition einsetzen zu können? Welche Biegefestigkeiten sollten diese Materialien dafür mindestens erreichen? Bestehen – differenziert nach Produkten und Herstellern – signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Kompomeren?

    Prof. Hickel: Die mechanischen Eigenschaften der Kompomere unterscheiden sich ganz erheblich. Während einige Produkte nicht viel besser sind als lichthärtende Glasionomerzemente, weisen andere Biegefestigkeiten auf, die auf dem Markt befindliche Hybridkomposite übertreffen. Letztere sind aus dieser Sicht auch in der Lage, in Klasse II-Kavitäten im bleibenden Gebiss eingesetzt zu werden. Die ISO-Norm schreibt eine Biegefestigkeit von 80 Megapascal für Seitenzahnkomposite vor, die von den Dyract-Materialien mit über 100 Megapascal klar überschritten werden.

    ? Dyract gilt wegen seiner vielfältigen positiven Eigenschaften als Ausnahmerestaurativ: Lässt sich speziell für Dyract AP sowie seinen Nachfolger Dyract eXtra eine evidenzbasierte Aussage hinsichtlich ihrer Eignung für Klasse II-Restaurationen treffen?

    Prof. Hickel: Von der Biegefestigkeit her wären mehrere Kompomere für den Seitenzahnbereich geeignet, allerdings liegen nur für die Dyract-Gruppe (Dyract AP und Dyract eXtra) klinische Studien mit Langzeitergebnissen (5 und 10 Jahre) vor, die allesamt positiv sind.

    ? Gibt es besonders kritische Punkte, auf die der Zahnarzt bei der Handhabung von Dyract achten sollte? Welche Probleme können nach Ihrer Erfahrung am häufigsten bei Kompomerfüllungen auftreten und ähneln diese den von Kompositen bekannten? Welchen Einfluss haben Adhäsive?

    Prof. Hickel: Kontamination mit Speichel oder gar Blut würde die Haftwerte und den Randschluss negativ beeinflussen. Bei der Polymerisation müssen Kompomere ebenfalls ausreichend belichtet werden, um eine gute Durchhärtung zu erreichen. Kompomere können sowohl mit Self-etch- als auch Selective-etch- und Total-etch-Verfahren verwendet werden, wobei die beiden letzteren heute als Etch-and-Rinse-Verfahren bezeichnet werden und hier eine Ätzung der Zahnhartsubstanz mit Phosphorsäure erfolgt.

    ? Ganz aktuell haben Sie eine klinische 10-Jahres-Praxisstudie ausgewertet, die verschiedene Füllungswerkstoffe sowie verschiedene Adhäsive untersuchte. Können Sie uns schon einige Vorab-Informationen zum Studiendesign, den untersuchten Materialien und den herausragendsten Ergebnissen mitteilen?

    Prof. Hickel: In dieser klinischen Studie, die sowohl in der Universität als auch in der Praxis durchgeführt wurde, haben wir 150 Füllungen gelegt, die in 3 Gruppen aufgeteilt wurden: nämlich das Kompomer Dyract eXtra, das Bulkfill-Komposit QuiXfil und als Kontrollgruppe das Hybrid-Komposit Tetric Ceram. Nach 10 Jahren konnten noch über 100 Füllungen nachuntersucht werden, was sehr bemerkenswert ist. Die Ergebnisse waren für alle 3 Gruppen hervorragend.

    ? Welches Fazit ziehen Sie zu Dyract eXtra?

    Prof. Hickel: Dyract eXtra zeigt aufgrund seiner klinischen Langzeitdaten, dass es für praktisch alle Indikationen erfolgreich eingesetzt werden kann. Bei Frontzahnfüllungen mit hohen ästhetischen Anforderungen sind moderne Nanohybrid-Komposite allerdings bezüglich der Ästhetik besser. Und im Seitenzahnbereich besteht mit den neuen Bulkfill-Kompositen eine Konkurrenz, die ebenfalls auf einfacheres Handling abzielt. Hier wird die Zukunft zeigen, welche Materialgruppen sich in der Praxis durchsetzen werden.

    Das Interview führte der Dentalfachjournalist Gerhard Frensel.

    Kontakt: g.frensel@acrotext.de


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