Die Zürcher Moulagensammlung
Das Zürcher Moulagenmuseum besteht in seiner heutigen Form seit 1993. Die größtenteils
ausgezeichnet erhaltene Sammlung hat eine Doppelfunktion: Zum einen lädt sie den Besucher
dazu ein, die faszinierenden kultur- und medizinhistorischen Wachsmoulagen als museale
Objekte zu betrachten, und zum anderen dient das Museum als Ort der Lehre für die
Medizinstudenten. Die Sammlung ist nach den Vorgaben des schweizerischen Lernzielkataloges
für Medizinstudenten aufgebaut, verfügt über Computerarbeitsplätze und ist den Studenten
frei zugänglich. Im Museumsraum finden Vorlesungen für angehende Dermatologen statt.
Die Aufbewahrungsbedingungen der Zürcher Wachsmoulagen waren nicht immer optimal,
und damit teilte die Sammlung das Schicksal vieler anderer Bestände. Oft standen in
Zürich lediglich Kellerräume zur Verfügung, die in der Regel zu eng und zu feucht
waren. Das Risiko, dass die Moulagen Schaden nahmen, war hoch und die Möglichkeiten,
etwas dagegen zu tun, oft gering.
Die Depotsituation der Zürcher Moulagensammlung kann seit Anfang 2013 erstmals als
optimal bezeichnet werden.
Ein Blick in den Depotraum, in dem die nicht im Museum ausgestellten Zürcher Moulagen
bis Ende Dezember 2012 lagerten, zeigt die schwierigen klimatischen und räumlichen
Verhältnisse, unter denen die Moulagen aufbewahrt wurden (
[Abb. 1]). Deren Lagerung war aus Platzgründen fast nur hängend möglich, das Raumklima war
zu feucht und der Schutz vor Staub oder Insekten unzureichend. In den neuen Depoträumen
ergeben Raumtemperatur- und Luftfeuchtigkeitsmessungen nun befriedigende Werte, der
Staub- und Insektenschutz ist gewährleistet und ein Arbeitsplatz vorhanden. Hinzu
kommt, dass die liegende Aufbewahrung für die Moulagen sehr viel schonender ist als
eine hängende ([Abb. 2]).
Abb. 1 Das ehemalige Depot des Zürcher Moulagenmuseums (Foto: S. Carraro).
Abb. 2 Das heutige Depot des Zürcher Moulagenmuseums (Foto: S. Carraro).
Konservierungsprojekte und Fachgruppen
Zwei umfangreiche Konservierungsprojekte haben sich in den letzten fünf Jahren dem
Thema der Wachsmoulagen angenommen: Das eine ist das Dresdner Projekt, welches 2010
mit der Publikation Körper in Wachs abgeschlossen wurde [1]. Das zweite fand zwischen Anfang 2011 und Ende 2012 am Moulagenmuseum Zürich statt
und wurde von der Hochschule der Künste Bern (HKB) [2] und dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft (SIK) unterstützt [3]. Zwecks besserer Vernetzung und der Durchführung gemeinsamer Projekte wurde im März
dieses Jahres in Berlin der Arbeitskreis Moulagen gegründet, dessen erste wissenschaftliche Tagung 2014 in Hamburg stattfinden wird.
Für die Sammlung in Zürich bedeutete das Forschungsprojekt eine umfassende Inventarisierung
der gesamten 1800 Moulagen. Dazu gehörten – nebst der fotografischen Erfassung der
Moulagen – eine Zustandsanalyse und die Kartierung allfälliger Schäden. Klimamessungen
in sämtlichen Räumlichkeiten des Depots und des Museums wurden ermittelt, ein Lagerungskonzept
erstellt und ausgeführt, schriftliche und bildliche Archivdokumente geordnet und entsprechende
Datenbanken erstellt. Es wurden Materialanalysen von Wachsmoulagen-Masse durchgeführt,
um die überlieferten Rezepturen zur Zürcher Herstellungstechnik auf einer wissenschaftlichen
Basis abzustützen. Die Ergebnisse sind vielfältig und aufschlussreich und der Gewinn
für die Sammlung ist immens.[1]
Grundsätze präventiver und aktiver Konservierung und Restaurierung von Wachsmoulagen
Welche Grundsätze für den Schutz und die Erhaltung von Moulagen ergeben sich nun aus
den gesammelten Daten?
Das Hauptaugenmerk im Umgang mit diesen wertvollen Objekten sollte stets auf der Konservierung
liegen. Denn bevor eine Moulage restauriert werden kann, müssen sämtliche Aspekte
der präventiven wie auch der aktiven Konservierung beachtet und umgesetzt worden sein.
Erst wenn die Lesbarkeit einer Moulage aufgrund von Schäden nicht mehr gewährleistet
ist, müssen aktive konservatorische und auch restauratorische Eingriffe in Betracht
gezogen werden.
Die präventive Konservierung umfasst in Kürze die folgenden Punkte:
Eine möglichst schonende Lagerung der Moulagen, eine geeignete Beleuchtung und die
Kontrolle des Klimas in Ausstellungs- und Depoträumen sowie Vitrinen, der Schutz vor
mechanischer Belastung, Staub, Schadstoffen und Insekten. Weitere Schwerpunkte liegen
auf der präzisen Formulierung der Leihkonditionen und der damit verbundenen Verträge,
der Versicherung der Moulagen und nicht zuletzt deren fachgerechter Verpackung vor
einem allfälligen Transport.
Die Verpackung einer Moulage sollte ausnahmslos mit Materialien erfolgen, die keine
schädigenden Folgen für das Objekt haben können.
Kunststoffkisten, PE-Schaumstoff, PE-Folien und -Luftpolsterfolien, PE-Vliese und
säurefreies Seidenpapier sind hierbei geeignete Verpackungs- und Lagerungsmaterialien.
Herkömmliche Pappschachteln, Materialien wie Zeitungspapier, Textilien, Schaumgummi,
Holzwolle oder ähnliches sind für diese Zwecke absolut ungeeignet und schaden den
empfindlichen Wachsobjekten in vielerlei Hinsicht.
Die aktive Konservierung umfasst eigentliche Eingriffe an den Moulagen, welche die Sicherung und Bewahrung
des Materials und somit den unmittelbaren Erhalt des Objektes zum Ziel haben. Zu den
typischen Schadensbildern, die mithilfe aktiver Konservierung und allenfalls mit restauratorischen
Maßnahmen behoben werden können, gehören beispielsweise Risse und Brüche im Wachs,
Verschmutzungen aller Art, Ausblühungen auf der Wachsoberfläche, ein Haftungsverlust
der Moulage auf dem Brett, der Verlust der textilen Einfassung und auch verschiedene
Folgeschäden früherer Restaurierungen ([Abb. 3] u. [Abb. 4]). Dieses Vergleichsbeispiel einer nicht fachgerecht restaurierten Moulage illustriert
eindrücklich den durch die Bearbeitung entstandenen Verlust ihrer Lesbarkeit, der
die Moulage in der Folge für die Lehre unbrauchbar macht.
Abb. 3 Moulage 316, Zürcher Sammlung, vor der Restaurierung. Hergestellt 1924 (Archivfoto
Zürcher Moulagensammlung).
Abb. 4 Moulage 316, Zürcher Sammlung, nach der Restaurierung von 1992 (Foto: S. Carraro).
Eine Restaurierung hat denn auch unbedingt ein Ausnahmefall zu bleiben. Die damit
verbundenen Schadensrisiken für die Wachsmoulagen sind ungleich viel höher einzustufen
als bei präventiven und aktiven konservatorischen Eingriffen. Diese sind in der Regel
auch mit weniger Kosten verbunden als eine Restaurierung. Restaurierungen an Wachsmoulagen
sollten nur dann durchgeführt werden, wenn präventive und aktive konservatorische
Maßnahmen zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt haben.
Die Restaurierung einer Wachsmoulage sollte grundsätzlich nur von Restauratoren ausgeführt
werden, die sich auf diesem Gebiet spezialisiert haben und die den Austausch mit Medizinern
und wissenschaftlichen Analytikern aktiv pflegen.