Orthopädie und Unfallchirurgie - Mitteilungen und Nachrichten 2013; 02(05): 570-573
DOI: 10.1055/s-0033-1358421
Unterwegs
EINSATZ IN AFGHANISTAN
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Chirurgie am Hindukusch

S. Flohé
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Publication Date:
11 October 2013 (online)

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Nach Primärversorgung in Kunduz wird ein Patient im Black Hawk-Hubschrauber in ein „role 3“-Zentrum zum CT gebracht.

Seit über zehn Jahren ist die Bundeswehr in Afghanistan im Einsatz und leistet insbesondere im Norden des Landes einen großen Beitrag im Rahmen des ISAF-Mandates. Zweifelsohne handelt es sich dabei um den intensivsten und längsten Auslands­einsatz in der jüngeren Geschichte unseres Landes. Dies führt zum einen zu einer nicht unerheblichen Belastung der Truppe, aber auch zu einer deutlicheren Wahrnehmung der Bundeswehr in unserer Gesellschaft. Einen besonders hohen Anteil der Belastung durch die Auslandseinsätze trägt der Zentrale Sanitätsdienst der Bundeswehr. Dies führt neben vielen anderen Aspekten dazu, dass Einrichtungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr zunehmend auf der Suche nach Kooperationen mit zivilen Einrichtungen sind. Der Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generaloberstabsarzt Dr. Ingo Paschke, hat dies erst kürzlich in einem ausführlichen Interview im Deutschen Ärzteblatt kundgetan. Auch die jährlich stattfindende Militärchirurgen-Tagung der Bundeswehr, zuletzt am Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz, hat sich unter dem Titel: „Mit Expertise in den Dialog“ Fragen zur Vernetzung zwischen Einrichtungen des Sanitätswesens der Bundeswehr und zivilen Experten als Thema gestellt. Im Rahmen dieser medizinischen Tagung wurde ich als Referent geladen. Dies ist weniger der Tatsache zu schulden, dass ich – wie wahrscheinlich viele unfallchirurgische Kollegen – meinen Wehrdienst nach dem Studium der Medizin absolviert habe und formal in die Funktion der Reserve übernommen wurde. Vielmehr ist meine Einladung darauf zurückzuführen, dass es über die Ausbildungskonzepte der Akademie der Unfallchirurgie (AUC) ATLS® und DSTCtm intensive Kontakte zur Bundeswehr gibt.

Als Unfallchirurg alter Prägung betrachtet man die Einsatzchirurgie immer mit einer gewissen Neugier und Faszination. Als Generaloberstabsarzt Paschke und ich im Rahmen der Abendveranstaltung in unserem Gespräch auf die Fragestellung „Kooperation mit zivilen Einrichtungen oder Reservisten“ kamen, wurde die „fixe Idee“ geboren, sich als Chirurg vor Ort einen Eindruck über die Aufgaben und auch Leistungsfähigkeit des Sanitätswesens der Bundeswehr im Einsatzland zu bilden. Auch wenn die Sicherheitslage im Land, gerade im Norden von Afghanistan, als immer noch kritisch zu bewerten ist, so sind die Lager der Bundeswehr in Masar-i Scharif und auch Kunduz gut gesichert, so dass sich für einen Arzt und Familienvater die Sicherheitslage im Lager so gestaltet, dass auch meine Frau dem Einsatz zustimmte. So ging es nach einem ausführlichen Gesundheitscheck und einer abgekürzten Waffen-Ausbildung im März Anfang Mai zusammen mit Oberstarzt PD Dr. Robert Schwab als Chef der Viszeral- und Thoraxchirurgie am Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz knapp fünf Wochen zum Einsatz in das Feldlazarett in Kunduz, Afghanistan.