Notfallmedizin up2date 2015; 10(03): 285-296
DOI: 10.1055/s-0033-1358199
Rettungsdienst
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Luftrettung – Ausblick und Perspektiven

Christoph Reimertz
,
Matthias Ruppert
,
Bernd Birner
,
Uwe Schweigkofler
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Publication Date:
11 November 2015 (online)

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Kernaussagen

Die Luftrettung hat sich über die letzten Dekaden von einer „Ergänzungsfunktion“ mit ihrem historischen Fokus auf die Versorgung von Verkehrsunfallopfern zu einem integralen Bestandteil der außerklinischen Notfallversorgung entwickelt.

Die aktuelle Literatur legt nahe, dass schwerverletzte und akut kritisch kranke Patienten von einem schnellen Transport und einer frühen Kausaltherapie in einem optimal geeigneten Krankenhaus profitieren. Eine Reihe von Untersuchungen weist dabei auch dem Rettungshubschrauber einen eigenen Stellenwert zu – wobei unklar bleibt, in welchem Maße die von den Teams geleistete präklinische Therapiequalität bzw. der Zeitvorteil des luftgestützten Transports eine Rolle spielt.

Von diesem Segment der außerklinischen Notfallversorgung profitiert derzeit nur ein Teil aller infrage kommenden Patienten, unter anderem, weil die Vorhaltung der Luftrettung sich seit Anbeginn an den meisten Standorten auf die Zeit von Sonnenaufgang (frühestens 7:00 Uhr) bis Sonnenuntergang reduziert.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der zunehmenden Ausdünnung medizinischer Versorgungsstrukturen in strukturärmeren Regionen bei gleichzeitig fortschreitender Spezialisierung der klinischen Versorgung stellt eine bedarfsgerechte Ausweitung der Luftrettung mit Vorhaltezeiten, die durch das Einsatzaufkommen und nicht durch das Tageslicht definiert werden, eine sinnvolle Kompensation dar.

Die gesetzlichen Regelungen und strukturellen wie technischen Voraussetzungen machen heutzutage einen sicheren Einsatz von Rettungshubschraubern im Primäreinsatz auch zu Tagesrandzeiten bzw. in der Nacht prinzipiell möglich. Der Hubschraubereinsatz bei Dunkelheit muss durch den entstehenden Aufwand und seine Einschränkungen sinnvoll in ein Gesamtversorgungskonzept eingebunden sein.

Eine Prozessoptimierung in der Disposition von Luftrettungsmitteln muss durch länder- und netzwerkübergreifende Algorithmen sowie entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen erreicht werden. Die flächendeckende Einführung therapierelevanter Standards durch etablierte Kursformate (z. B. ATLS®, PHTLS®, AMLS®) kann helfen, das Outcome der Notfallpatienten weiter zu verbessern.