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DOI: 10.1055/s-0033-1358039
Malaria – vorhandene und künftige Präventions- und Therapiemöglichkeiten
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Publikationsdatum:
25. November 2014 (online)
Derzeit wird die Malaria noch in 97 Ländern übertragen, von denen jeweils 7 Länder in der Eliminations- bzw. Präeliminationssphase sind (www.who.int). Über 80 % aller Fälle werden heute durch Plasmodium falciparum verursacht. Die meisten Erkrankungen (ca. 80 %) und Todesfälle (ca. 90 %) treten im subsaharischen Afrika auf – insbesondere bei Kindern unter 5 Jahren (ca. 75 % aller Todesfälle). Die letzten Schätzungen der WHO gehen für das Jahr 2012 von 207 Millionen (Unsicherheitsintervall 135–287 Millionen) Erkrankungen und 627 000 (473 000–789 000) Todesfällen aus. Dies entspricht einem Rückgang der Sterblichkeit seit dem Jahr 2000 um global 42 % und 49 % in der WHO-Region Afrika (54 % bei Kindern unter 5 Jahren). Diese Erfolge sind vor allem der Kombination von drei Bekämpfungsstrategien zu verdanken, die durch den Global Fund und andere nationale wie internationale Initiativen finanziert und implementiert wurden:
1. Vektorkontrolle
Die Bekämpfung der Überträgermücken und der Schutz vor infektiösen Stichen zählen nach wie vor zu den wichtigsten Maßnahmen der Malariabekämpfung. Dies gilt auch für die individuelle Prävention. So können konsequente Mückenschutzmaßnahmen das Malariarisiko um über 90 % reduzieren. Vor allem das integrierte Vektormanagement (IVM) hat wesentlich zu den Bekämpfungserfolgen der letzten Jahre beigetragen. Es beruht insbesondere auf zwei Methoden:
(a) Anwendung Insektizid-imprägnierter Moskitonetze (ITNs, insecticide-treated mosquito nets). Zur Imprägnierung werden derzeit vorwiegend Pyrethroide verwendet. Während konventionell imprägnierte ITNs ein- bis zweimal pro Jahr nachimprägniert werden müssen, sind lang-wirksame ITNs (LLINs, long-lasting insecticidal nets), bei denen die Insektizide während der Herstellung in das Netzgewebe inkorporiert werden, trotz vielfacher Waschvorgänge über mehrere Jahre wirksam. Zahlreiche Studien in Hochendemiegebieten zeigen, dass die Malaria-bedingte Morbidität und Mortalität bei konsequenter Anwendung um 20 bis 50 % reduziert werden kann. Wenn in einer Region ein Großteil der Einwohner jede Nacht unter imprägnierten Netzen schläft, wird nicht nur die Transmission zwischen Mensch und Mücke reduziert, sondern auch die Population anthropophiler (d. h. bevorzugt den Mensch stechender) Stechmücken.
(b) Regelmäßiges Versprühen von Residualinsektiziden in Innenräumen (IRS, indoor residual spraying). IRS ist abhängig vom verwendeten Insektizid über 3–6 Monate wirksam. Bei regelmäßiger Anwendung kann die Malariatransmission sehr rasch reduziert werden. Das volle Bekämpfungspotenzial ergibt sich jedoch erst, wenn es gelingt, dies in mindestens 80 % der Haushalte umzusetzen.
2. Frühzeitige Diagnose und Therapie
Die definitive Diagnose der Malaria ist Voraussetzung für eine gezielte Therapie. Auch wenn die Zahl diagnostischer Untersuchungen mittels Mikroskopie und/oder Schnelltest (Antigennachweis) in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen hat, wird nach Einschätzung der WHO immer noch die Mehrzahl der Patienten ohne definitive Diagnose behandelt. Therapie der Wahl ist derzeit die Artemisinin-basierte Kombinationstherapie (ACT). Die in China entwickelten Artemisinine wirken nicht nur besonders rasch gegen die Krankheits-verursachende Blutvermehrung der Parasiten, sondern reduzieren auch die Bildung der für die Übertragung auf die Überträger-Moskitos bedeutsamen Geschlechtsformen (Gametozyten). Durch die Kombination der Artemisinine mit langsamer wirkenden Antimalariamitteln wird einerseits die Therapiedauer verkürzt und andererseits das Risiko der Resistenzentwicklung reduziert. ACTs sind heute breit verfügbar und haben wesentlich zur Senkung der Sterblichkeit beigetragen. Rasche Wirksamkeit und Verminderung von Gametozytenträgern reduzieren zudem die Transmission und tragen wesentlich zur Malariabekämpfung bei. Leider sind in Südostasien bereits P. falciparum -Stämme mit relevanter Artemisinin-Resistenz entstanden. Begünstigt wurde dies durch Anwendung von Artemisininen als Monotherapie (entgegen dem Memorandum der WHO) oder in Kombination mit Antimalariamitteln, gegen die bereits regional verbreitete Resistenzen bestehen.
3. Intermittierende präventive Chemotherapie (IPT) und Chemoprophylaxe
Ein weiterer wichtiger Pfeiler der Malariabekämpfung in den afrikanischen Hochendemiegebieten ist die intermittierende präventive Chemotherapie (IPT) während der Schwangerschaft (ITPp) und bei Säuglingen (ITPi). Bei jeder der 2–3 routinemäßigen Schwangerschaftsuntersuchungen nach dem 1. Trimenon (d. h. nach den ersten Kindsbewegungen) wird eine therapeutische Einmaldosis von Sulfadoxin-Pyrimethamin (SP) gegeben. Säuglinge erhalten im 1. Lebensjahr dreimal SP jeweils zusammen mit den Impfungen (TD2/3, Masern). Abhängig von der Verbreitung der SP-Resistenz (< 50 %) führt IPT zu einer signifikanten Reduktion der Malaria bei Säuglingen (ca. 30 %) und in der Schwangerschaft sowie ihren Folgen (schwere Anämie, hohe Abortrate, niedriges Geburtsgewicht). Während ITPp bereits in zahlreichen Ländern in die nationalen Malaria-Kontrollprogramme aufgenommen wurde, ist dies für ITPi bisher nur in wenigen Ländern der Fall.
Seit 2012 empfiehlt die WHO zudem die saisonale Malaria-Chemoprävention (SMC) in Hochendemiegebieten. Dabei wird allen Kindern unter 5 Jahren während der Hauptübertragungssaison monatlich eine therapeutische Dosis von SP und Amodiaquin gegeben.
Für Reisende aus Malaria-freien Gebieten wird bei Aufenthalten in Gebieten mit hohem Risiko neben konsequenten Mückenschutzmaßnahmen eine kontinuierliche Chemoprophylaxe empfohlen [www.dtg.org]. Wenn bei geringem Risiko, längeren Aufenthalten außerhalb der Hauptübertragungszeiten oder Unverträglichkeit auf eine Chemoprophylaxe verzichtet wird, ist die Mitnahme einer therapeutischen Dosis eines geeigneten Antimalariamittels zur notfallmäßigen Selbsttherapie angezeigt, insbesondere bei Aufenthalten abseits medizinischer Versorgung.
Ausblick
Die komplexe Immunität bei Malaria ist mittlerweile gut erforscht. In Hochendemiegebieten wird meist innerhalb der ersten 5 bis 9 Lebensjahre eine Teilimmunität erworben. Diese ist nicht steril, d. h. mittels empfindlicher Methoden wie der PCR können häufig Parasiten im Blut nachgewiesen werden. Deren Vermehrung ist jedoch gut kontrolliert und ältere Kinder wie Erwachsene erkranken leichter oder gar nicht mehr. Lediglich Schwangere können insbesondere während der 1. Schwangerschaft ihre Teilimmunität verlieren und schwer erkranken (erstmalige Präsentation plazentarer Liganden für die Parasitenadhäsion).
Von den verschiedenen Impfstoffkandidaten zeigte bislang nur der rekombinante, auf T-Zellepitopen des Circumsporozoitenproteins (Oberflächenprotein der Infektionsformen) von P. falciparum beruhende RTS,S-Impfstoff eine signifikante Wirksamkeit in kontrollierten Studien. Die Zwischenergebnisse einer großen Phase 3 RCT-Multicenterstudie ergaben Schutzraten innerhalb von 18 Monaten nach dreimaliger Impfung von 27 % bei Säuglingen (Alter bei Impfbeginn 6–12 Wochen) und von 45 % bei Kleinkindern (Alter 5–17 Monate). Die Dauer des Impfschutzes scheint begrenzt; zur Wirksamkeit von Booster-Impfungen liegen noch keine Daten vor. Der Stellenwert dieser Impfung für die Malariabekämpfung kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden.
Die aktuelle Forschung zielt auf die Verbesserung des RTS,S-Impfstoffes und seiner Kombination mit anderen Impfstoffkandidaten sowie auf die Entwicklung von Gametozyten-Impfstoffen mit dem Ziel einer Verhinderung der Übertragung auf den Vektor. Verschiedene neue Antimalariamittel sind in Entwicklung, u. a. auch solche mit besserer Wirksamkeit gegen Gametozyten. Die Verfügbarkeit neuer Medikamente für die Therapie ist angesichts der Resistenzentwicklung bei den Artemisininen von besonderer Dringlichkeit. Zudem erfordert die zunehmende Resistenz der Überträgermücken gegen die verfügbaren Insektizide die Entwicklung neuer für die Vektorkontrolle geeigneter Substanzen.
Schließlich müssen Finanzierung und Implementierung der verfügbaren Bekämpfungsstrategien verbessert werden. Konsequent angewandt wären diese bereits heute in der Lage die Malaria als Gesundheitsproblem weitgehend zu eliminieren.
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Interessenkonflikte: Zum Inhalt des Abstracts und des Vortrags bestehen keine Interessenkonflikte.