Quelle: Jamal SA, Vandermeer B, Raggi P et al. Effect of calcium-based versus non-calcium-based
phosphate binders on mortality in patients with chronic kidney disease: an updated
systematic review and meta-analysis. Lancet 2013; Jul 18 [Epub ahead of print]
Thema: Die Metaanalyse von Jamal et al. wertete alle prospektiven kontrollierten Studien
aus, die Mortalitätsdaten aus dem unmittelbaren Vergleich zwischen kalziumhaltigen
und kalziumfreien Phosphatbindern erfasst und berichtet hatten.
Projekt: In diesem systematischen Review konnten nach Sichtung von insgesamt 847 Publikationen
Datensätze aus 18 Studien analysiert werden. Es handelte sich dabei sowohl um randomisierte
als auch um nicht randomisierte Studien, wobei strenge Cochrane-Kriterien hinsichtlich
der Auswahl und der Interpretation angewandt wurden. Letztendlich ausgewertet wurden
11 randomisierte Studien mit einer Gesamtzahl von 4622 eingeschlossenen und dokumentierten
Patienten, wobei es sich sowohl um Prädialyse- als auch um Dialysepatienten handelte.
Endpunkt war das Gesamtüberleben der Patienten.
Ergebnisse: In der Metaanalyse konnte eine signifikante Mortalitätsreduktion von 22 % unter der
Anwendung von kalziumfreien Phosphatbindern konstatiert werden, wobei keine Differenzierung
hinsichtlich eventueller Vorteile einzelner Phosphatbinder innerhalb der Gruppen (kalziumhaltig:
Kalziumazetat vs. Kalziumkarbonat bzw. kalziumfrei: Sevelamer-HCl vs. Sevelamerkarbonat
vs. Lanthanumkarbonat) abgeleitet werden konnten. Auch waren keine Daten auswertbar,
die explizit Unterschiede hinsichtlich der kardiovaskulären Mortalität abgebildet
hätten. Als potenzieller Pathomechanismus des Überlebensvorteils wird der differente
Effekt der Phosphatbindergruppen auf die Gefäßverkalkungsprogression assoziiert und
diskutiert.
Fazit: Die Studie von Jamal et al. zeigt erstmals und mit einem hohen Evidenzgrad signifikante
Überlebensvorteile unter der Behandlung mit kalziumfreien gegenüber kalziumhaltigen
Phosphatbindern auf. Offen bleibt, ob es sich bei kalziumfreien Phosphatbindern um
die "bessere" Standardtherapie handelt, oder ob die Therapie mit kalziumhaltigen Phosphatbindern
prinzipiell ein Gefährdungspotenzial beinhaltet.
Schlüsselwörter: CKD-Patienten – Phosphatbinder – Mortalität – kalziumfrei – kalziumhaltig
Die Hyperphosphatämie entspricht auf dem Boden multipler epidemiologischer Beobachtungsstudien
einem der gravierendsten Risikofaktoren für die Mortalität von Patienten mit chronischer
Nierenerkrankung, insbesondere von Dialysepatienten. Diese Assoziation ist biologisch
plausibel, da Weichteil- und Gefäßverkalkungen durch Hyperphosphatämie ausgelöst werden
können. Da Therapieprinzipien wie die diätetische Phosphatrestriktion oder die Intensivierung
der Dialyseverfahren aus unterschiedlichen Gründen in ihrem Einsatz limitiert sind,
basiert die klinische Behandlung zu großen Teilen auf der Gabe von Phosphatbindern.
Nach Aluminium scheinen mit dieser Untersuchung nun auch die bereits vorhandenen Sicherheitsbedenken
gegenüber dem Einsatz kalziumhaltiger Phosphatbinder bestätigt zu werden. Dennoch
fehlen weiterhin prospektive Endpunktstudien, die generell den Effekt einer phosphatsenkenden
Therapie (placebokontrolliert) getestet haben. Während solche Studien bei Dialysepatienten
vermutlich aus ethischen Erwägungen und aufgrund der notwendigen Kohortengröße nicht
möglich sind, sollten sie bei Patienten in den CKD-Stadien 3–4 weiter mit Nachdruck
angestrebt werden.
Prof. Dr. Markus Ketteler, Coburg