Die Antwort unseres Experten
Wie so oft lautet meine Antwort: „Es kommt darauf an.“ Richtig ist zunächst, dass
die Kündigungsanforderungen in einem Kleinbetrieb mit zehn oder weniger Mitarbeitern
nicht so hoch sind wie in einem größeren Betrieb. Beschäftigt der Praxisinhaber bei
Ausspruch der Kündigung mehr als zehn Mitarbeiter, muss er laut Kündigungsschutzgesetz
für eine ordentliche Kündigung einen Grund haben. Das heißt, er kann das Arbeitsverhältnis
nur aus verhaltens-, personen- oder betriebsbedingten Gründen kündigen. Für Arbeitsverhältnisse,
die bereits vor dem 1.1.2004 bestanden, gilt dies auch dann, wenn bei Kündigungsausspruch
mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt sind, deren Arbeitsverhältnisse vor dem 1.1.2004
begonnen haben. Bei unter fünf Mitarbeitern, wie im Fall der Fragestellerin, greift
diese Bestimmung nicht.
In größeren Betrieben jedoch muss der Chef das Fehlverhalten vor Ausspruch einer verhaltensbedingten
Kündigung abmahnen. Einzige Ausnahme: Wenn es sich um einen besonders schweren Verstoß
handelt und der Arbeitnehmer von vornherein damit rechnen musste, dass er sein Arbeitsverhältnis
aufs Spiel setzt, ist eine Kündigung auch ohne Abmahnung möglich. In einem Kleinbetrieb
muss der Chef vor einer fristgerechten Kündigung grundsätzlich nicht abmahnen, solange
die Kündigung nicht völlig willkürlich erfolgt. Allerdings muss er auch hier die Kündigungsfristen
aus Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Gesetz einhalten. Eine fristlose Kündigung kann
er nur dann aussprechen, wenn für ihn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis
zum Ablauf der Kündigungsfrist oder dem Ende einer Befristung nicht zumutbar ist.
Bei personen- oder betriebsbedingten Kündigungsgründen trifft das aber in der Regel
nicht zu.
Meist beruht eine fristlose Kündigung auf einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers. Ist
eine Verhaltensänderung zu erwarten, müsste der Arbeitgeber das Fehlverhalten zunächst
abmahnen. Oft ist der Vertragsverstoß jedoch so schwerwiegend, dass er auf eine Abmahnung
verzichten kann. Dies muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung abwägen. Ebenso
bedenken muss er den Kündigungsschutz, also zum Beispiel ob eine Arbeitnehmerin schwanger,
in Elternzeit oder schwerbehindert ist.
Im Ergebnis ist die fristlose Kündigung in der Einrichtung unserer Fragestellerin
nur dann rechtens, wenn das Fehlverhalten ihrer Kollegin so schwerwiegend war, dass
ihre Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber unzumutbar ist bzw. er trotz Abmahnung
nicht mit einer Verhaltensänderung rechnen kann, und wenn sie erkennen musste, dass
sie mit ihrem Verhalten ihr Arbeitsverhältnis aufs Spiel setzt.
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Simone.Gritsch@thieme.de
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