Der Klinikarzt 2013; 42(08): 378
DOI: 10.1055/s-0033-1356514
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Alkoholabhängigkeit – Reduktion des Alkoholkonsums mit medikamentöser Unterstützung

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Publikationsdatum:
02. September 2013 (online)

 
 

    Um den Therapieeinstieg für Alkoholabhängige zu erleichtern, kann Konsumreduktion eine wichtige Hilfe sein. Während dieses Therapieziel in der Behandlung von Spritzendrogenabhängigen schon länger üblich ist, wäre es bei Alkoholabhängigkeit noch relativ neu, wie Dr. Chaim Jellinek, Berlin, auf einer Presseveranstaltung berichtete. Die Behandlungslücke, d.h. den Anteil von Personen mit Alkoholabusus bzw. -abhängigkeit ohne spezifische Behandlung, bezifferte Prof. Karl Mann, Heidelberg, auf 92 %.

    Medikamentöse Unterstützung der Konsumreduktion

    Mit der Indikation Reduktion des Alkoholkonsums bei erwachsenen Patienten mit Alkoholabhängig und Hochrisikokonsum (Männer: > 60 g/Tag, Frauen: > 40 g/Tag), die keine körperlichen Entzugssymptome haben und bei denen keine sofortige Entgiftung erforderlich ist, hat die Europäische Kommission im Februar 2013 Nalmefen (Selincro®) zugelassen. Mann erklärte, dass es sich bei dem Wirkstoff um einen partiellen Agonisten am Kappa-Rezeptor handele, der innerhalb von 3 Stunden 94–100 % der Rezeptoren besetzt und nach 26 Stunden noch zu 83–100 % dort bindet.

    Nalmefen wurde in 3 klinischen Studien (ESENSE 1, ESENSE 2 und SENSE) bei insgesamt ca. 2 000 Patienten entsprechend der Indikation gegen Placebo untersucht. Alle Patienten erhielten eine unterstützende psychosoziale Therapie (BRENDA-Methode), wodurch die Anzahl schwerer Trinktage von monatlich 19 Tagen auf 9 Tage in der Placebogruppe abnahm. Diese Reduktion konnte unter Nalmefen signifikant (p < 0,05) auf minus 12 Tage gesteigert werden. Die Menge des täglich konsumierten Alkohols ging von 84 g/Tag um ca. 40 g/Tag unter Placebo und um gut 50 g/Tag unter Verum zurück (p < 0,05). Für die Responderanalyse galten Patienten als erfolgreich behandelt, wenn sie entsprechend den WHO-Kriterien um 2 Trinkkategorien heruntergestuft werden konnten. Dieses Therapieziel erreichten 40 % der Teilnehmer in der Placebogruppe und etwa 55 % derjenigen unter Verum (p < 0,05). Die dafür notwendige Number needed to Treat (NTT) von 7 bedeute eine sehr gute Effektstärke, so Prof. Mann.

    Beide Suchtmediziner halten die Konsumreduktion bei Alkoholabhängigkeit für ein bedeutsames Therapieziel. "Wo die psychosoziale Therapie nach 2 Wochen einen Effekt hat, können wir sie weiter führen. Bei denjenigen, bei denen das nicht der Fall ist, etwa 70–80 % der Betroffenen, könnten wir z.B. Nalmefen anwenden und damit den Reduktionsansatz verfolgen", resümierte Mann. Nach Herstellerinformation wird das Medikament im 4. Quartal 2013 für den deutschen Markt erwartet.

    Matthias Manych, Berlin

    Quelle: Presseveranstaltung: Blick hinter die Behandlungstür: Therapie der Alkoholabhängigkeit als Herausforderung für Arzt und Patient, am 22. April 2013 in Berlin. Veranstalter: Lundbeck GmbH, Hamburg.


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