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DOI: 10.1055/s-0033-1353653
Moulagen im Fokus – 14. Arbeitstagung der AGDV
Wax-Moulages in Focus – 14th Meeting of the AGDVKorrespondenzaddresse
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
12. Dezember 2013 (online)
Das Neue ist selten das Gute, weil das Gute nur kurze Zeit das Neue ist.
(Arthur Schopenhauer)
Seit mehr als zehn Jahren widmet sich die Arbeitsgemeinschaft für Dermatologie und
Venerologie e. V., kurz AGDV, der Einordnung aktueller Entwicklungen in der Dermatologie
in den Kontext der Fachgeschichte [1]. Die Mitwirkung der Mitglieder an großen Projekten legt international Zeugnis davon
ab, wie aktiv die Fachgeschichte gewürdigt wird [2]. Jährliche Arbeitstreffen dienen dem Austausch und der Darstellung von aktuellen
Forschungsarbeiten. Diese Treffen finden alternierend im Rahmen der Fortbildungswoche
in München oder auf dem DDG-Kongress statt, zuletzt im Mai 2013 in Dresden. Diese
Veranstaltung war zunächst geprägt vom Gedenken an den Gründungspräsidenten der AGDV,
Herrn Professor Dr. Albrecht Scholz, der im März verstorben ist. Zwei Monate früher
verstarb mit Herrn Professor Dr. Karl Holubar ebenfalls ein Gründungsmitglied. Beide
waren große Persönlichkeiten und auf ihre Art herausragende Vertreter der Medizinhistorie.
Diese Ausgabe der Aktuellen Dermatologie ehrt ihr Andenken und würdigt ihre Verdienste
in zwei Nachrufen [3]
[4].
Das Sachthema des diesjährigen Arbeitstreffens lautete „Moulagen“. Die dermatologische
Wachsmoulage galt über ein halbes Jahrhundert lang als wichtigstes Hilfsmittel im
universitären Unterricht und wurde auch in der klinischen Forschung, an Tagungen und
in der Öffentlichkeit zur Illustration und Dokumentation eingesetzt. Durch Farbfotografie
und Videotechnik wurde sie aus dem Hörsaal und dem dermatologischen Alltag verdrängt
und mit dem Anfang des digitalen Medienzeitalters vor etwa 20 Jahren schien ihre alleinige
Bedeutung als historisches Erinnerungsstück endgültig besiegelt. Doch es kam anders.
Immer mehr werden die realistischen Wachsmoulagen wieder regulär in Vorlesungen und
Kursen erfolgreich benützt und von den Studierenden sehr geschätzt. Die faszinierende
realistische Darstellung – dreidimensional und in Originalgröße – übertrifft alle
anderen bildlichen Darstellungen.
Die Beschäftigung mit Wachsmoulagen wurde lange als historisches Hobby von Enthusiasten
toleriert. Das Beispiel der Furcht vor einem bioterroristischen Einsatz von Pockenviren
im Jahr 2003 zeigte, wie Wachs-Moulagen bei in Vergessenheit geratenen Erkrankungen
eine unerwartete Bedeutung wiedererlangen konnten [5]. Eine ähnliche Entwicklung wäre auch bei Erkrankungen wie der Hauttuberkulose oder
der Syphilis denkbar.
Vielleicht liegt die neu zu spürende Begeisterung für die Moulage zusätzlich auch
daran, dass die schwer herzustellenden, fragilen Unikate viel direkter auf den historischen
Patienten verweisen als beliebig replizierbare Bilder aus der digitalen virtuellen
Welt. In diesem Sinne sind die Wachsmoulagen unterdessen auch von den Medizinhistorikern
als außergewöhnliche Patientendokumente und historische Quellen entdeckt worden [6].
Die wachsende Wertschätzung durch immer breitere Kreise und das unterschiedliche Interesse
als Lehrmittel und als historisches Dokument verlangt nach professioneller Konservierung
der empfindlichen Wachsobjekte. Insbesondere bei der Frage nach Sinn und Möglichkeiten
der Restaurierung ist eine fachübergreifende Beurteilung und Herangehensweise unabdingbar,
um die wertvollen Objekte auch für die Zukunft optimal zu bewahren und Schäden und
Zerstörungen zu verhindern [7].
In den letzten Jahren entstanden in interdisziplinären Projekten erste Basisdokumentationen
und Hilfsmittel zur Konservierung und Restaurierung von Wachsmoulagen [8]. Im März 2013 wurde der deutschsprachige Arbeitskreis Moulagen gegründet, mit dem
Ziel Institutionen, interessierte Personen und kompetente Fachkräfte besser zu vernetzen
und gemeinsame Moulagen-Projekte für die medizinhistorische Forschung, für den Einsatz
in der Lehre und für die optimale Konservierung zu ermöglichen. Die in diesem Heft
publizierten Beiträge der wissenschaftlichen Sitzung anlässlich der Jahresversammlung
der AGDV sollten die aktuelle Bedeutung der Wachsmoulagen breiter bekannt machen und
auf die erwähnten Aktivitäten hinweisen.
Schließen möchten wir diesen Leitartikel mit einem Blick in die nahe Zukunft: Nächstes
Jahr feiern wir das 125-jährige Jubiläum der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft.
Als eine der DDG-Arbeitsgemeinschaften widmet die AGDV das nächste Arbeitstreffen
am 22. Juli 2014 im Gasteig in München daher dem Thema: „125 Jahre Deutsche Dermatologische
Gesellschaft – Bedeutung dermatologischer Fachgesellschaften heute und morgen“. Dazu
möchten wir alle Leser bereits heute ganz herzlich einladen!
Ihre
Christoph Löser und Michael L. Geiges
#
-
Literatur
- 1 Löser C. 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft für Geschichte der Dermatologie und Venerologie. Akt Dermatol 2012; 38: 107
- 2 Löser C, Plewig G, Burgdorf W. Pantheon of Dermatology. Heidelberg: Springer; 2004
- 3 Plewig G. In memorian Karl Holubar * 3. 6. 1936 in Wien, † 6. 1. 2013 in Zeiselmauer. Akt Dermatol 2013; 39: 526-528
- 4 Plewig G. In memoriam Albrecht Scholz * 6. 9. 1940 in Görlitz, † 24. 3. 2013 in Dresden. Akt Dermatol 2013; 39: 523-525
- 5 Löser C, Ständer S. Bioterrorismus: Wiederentdeckung der Bedeutung von Moulagen am Beispiel der Pockenfurcht im Jahr 2003. Akt Dermatol 2013; 39: 519-522
- 6 Zare A, Eßler H. Naturgetreue Objekte? Die Hamburger Moulagen im Kontext ihrer Zeit. Akt Dermatol 2013; 39: 509-512
- 7 Geiges ML. Moulagen: historische Dokumente oder wiederentdeckte Lehrmittel?. Akt Dermatol 2013; 39: 513-515
- 8 Carraro S. Vom Umgang mit medizinischen Wachsmoulagen – Leitlinien und Grundsätze der professionellen Konservierung und Restaurierung von Wachsmoulagen. Akt Dermatol 2013; 39: 516-518
Korrespondenzaddresse
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Literatur
- 1 Löser C. 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft für Geschichte der Dermatologie und Venerologie. Akt Dermatol 2012; 38: 107
- 2 Löser C, Plewig G, Burgdorf W. Pantheon of Dermatology. Heidelberg: Springer; 2004
- 3 Plewig G. In memorian Karl Holubar * 3. 6. 1936 in Wien, † 6. 1. 2013 in Zeiselmauer. Akt Dermatol 2013; 39: 526-528
- 4 Plewig G. In memoriam Albrecht Scholz * 6. 9. 1940 in Görlitz, † 24. 3. 2013 in Dresden. Akt Dermatol 2013; 39: 523-525
- 5 Löser C, Ständer S. Bioterrorismus: Wiederentdeckung der Bedeutung von Moulagen am Beispiel der Pockenfurcht im Jahr 2003. Akt Dermatol 2013; 39: 519-522
- 6 Zare A, Eßler H. Naturgetreue Objekte? Die Hamburger Moulagen im Kontext ihrer Zeit. Akt Dermatol 2013; 39: 509-512
- 7 Geiges ML. Moulagen: historische Dokumente oder wiederentdeckte Lehrmittel?. Akt Dermatol 2013; 39: 513-515
- 8 Carraro S. Vom Umgang mit medizinischen Wachsmoulagen – Leitlinien und Grundsätze der professionellen Konservierung und Restaurierung von Wachsmoulagen. Akt Dermatol 2013; 39: 516-518



