Der Klinikarzt 2013; 42(07): 267
DOI: 10.1055/s-0033-1351775
Magazin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bücher – Krankenhaus-Report 2013

Rezensent(en):
Anne Marie Feldkamp
Klauber J, Geraedts M, Friedrich J, Wasem J (Hrsg.)
Schwerpunktthema "Mengendynamik: mehr Menge, mehr Nutzen?".

Stuttgart: Schattauer Verlag; 2013. 568 Seiten mit 102 Abb. und 85 Tab., kart., mit Online-Zugang, 54,95 Euro
ISBN: 978-3-7945-2884-4
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Juli 2013 (online)

 
 

    Haltet den Dieb!

    Der zum Jahreswechsel erschienene Krankenhaus-Report 2013 – eine Publikation des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) – befasst sich schwerpunktmäßig mit der steigenden Zahl an Operationen in deutschen Krankenhäusern. Damit knüpft er an den Vorgänger aus dem Jahre 2012 an, schon der hatte sich unter dem Schwerpunkt "Regionalität” mit diesem offensichtlich rein deutschen Phänomen beschäftigt. In ihrem Vorwort machen die Herausgeber vor allem die elektive Endoprothetik in der Orthopädie und die interventionelle Kardiologie als Haupttreiber für die starke Mengendynamik im Krankenhaus aus. Seit 2005 ist die Zahl der stationären Behandlungen um 11,8 % je Einwohner gestiegen. Besonders auffällig ist laut Krankenhaus-Report die Zahl der Defibrillator-Implantationen und -wechsel, die zwischen 2008 und 2010 um 25 % zugenommen hat sowie die Zahl der Wirbelsäulenoperationen, die sich allein bei den AOK-Versicherten zwischen 2005 und 2010 mehr als verdoppelte.

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    Unterschiedliche Autoren gehen im I. Teil des neuen Krankenhaus-Reports der Frage nach, ob mehr Menge auch mehr Nutzen bringt? Nutzt diese seit Jahren beobachtete Mengendynamik im Krankenhausbereich weniger den Patienten, als vielmehr der Gewinnmaximierung? Wird zu viel und zu schnell operiert und ist die Indikation immer eine medizinische oder eher auch monetär?

    Anhand unterschiedlicher Datenquellen werden Dynamik und ökonomische Auswirkung der Mengenentwicklung untersucht. Die Autoren der 13 Kapitel suchen nach Ursachen, denn nicht immer gibt es für die Fallhäufung einen triftigen Grund. Sind es die DRGs? Seit 10 Jahren rechnen die Krankenhäuser in Deutschland ihre stationären Leistungen über DRG-Fallpauschalen ab. Eines der Kapitel beschäftigt sich mit der Anreizwirkung dieses Vergütungssystems und seinen Folgen. Andere Autoren haben auf Basis der jährlich vom Bundesamt veröffentlichen Prozedurenstatistiken die Entwicklung der Leistungen für hochbetagte Patienten untersucht. Mit der demografischen Entwicklung können sie sich die Mengenausweitung, insbesondere beim minimalinvasiven Herzklappenersatz, nicht erklären. Dass sich Krankenhäuser zunehmend gewinnmaximierend verhalten, ist einer der Erklärungsansätze des Kapitels über die Mengenentwicklung in der stationären Versorgung. Wenn Wirbelsäulen-Operationen in den letzten Jahren zugenommen haben, hat das auch etwas mit neuen Operationsmethoden zu tun; dass es große regionale Unterschiede bis zum Faktor 2,1 gibt, ist allerdings eine der Ungereimtheiten im deutschen Gesundheitssystem. In Schleswig-Holstein, Bayern und Hessen, stellen die Autoren fest, werden besonders viele Wirbelsäulen operiert.

    Aber es werden auch verschiedene Lösungsvorschläge diskutiert, bei denen ökonomische Anreize so eingesetzt werden, dass keine Unter-, Über- oder Fehlversorgung entsteht, sondern eine effiziente Versorgung. So wird der ärztlichen Zweitmeinung eine Schlüsselrolle bei der Eindämmung der Mengendynamik eingeräumt. Oft könnten stationäre Leistungen auch ambulant erbracht werden und – so das letzte Kapitel zu diesem Thema – spielt die Qualität eine entscheidende Rolle. Um die geht es auch im 2. Teil "Zur Diskussion", der sich mit Überdiagnose und Übertherapie des Prostata-Karzinoms oder Qualitätsindikatoren für Koronarangiografien beschäftigt. Naturgemäß trocken wird es dann in den letzten Teilen der Auflage, in denen es wie immer um Daten, Statistiken und Analysen aus dem Krankenhaus geht.

    Mit seinem Schwerpunktthema liegt der Krankenhaus-Report im Medien-Trend. Aber durchaus nicht unbegründet – denn die Fakten und Hintergründe dieses brisanten Themas, die hier von angesehenen Autoren dargelegt werden, lassen sich weder verdrängen noch schön reden.


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