Der Klinikarzt 2013; 42(05/06): 254
DOI: 10.1055/s-0033-1349959
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neue Therapie mittels kombinierter Hirnstimulation – Parkinsonpatienten profitieren

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Publication Date:
24 June 2013 (online)

 
 

    Die tiefe Hirnstimulation (THS) dient seit vielen Jahren zur Therapie der fortgeschrittenen Parkinsonkrankheit. Bisher wurde jedoch nur ein Zielgebiet im Gehirn stimuliert. Tübinger Neurowissenschaftlern ist es weltweit erstmals gelungen, ein kombiniertes Verfahren zu entwickeln, das 2 Areale gleichzeitig stimuliert. Die kombinierte Therapie scheint ein wesentliches Problem der Parkinsonbehandlung zu lösen: Sie verbesserte in der Tübinger Studie die sonst kaum kontrollierbaren Gangblockaden – auch "Freezing" genannt – der teilnehmenden Patienten. Die Ergebnisse der Studie wurden im März 2013 auf der 57. wissenschaftlichen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN) vorgestellt.

    Studie vergleicht THS-Verfahren unter häuslichen Alltagsbedingungen

    In die randomisierte doppelblinde klinische Studie waren 12 Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom eingeschlossen. Unter häuslichen Alltagsbedingungen wurden für jeweils 3 Wochen beide THS-Verfahren verglichen. "Dieser ausreichend lange Zeitraum ist wichtig, damit sich Gehirn und Körper an die neue Einstellung gewöhnen und man sicher ausschließen kann, dass vorherige Einstellungen das Gangbild bteeinflusst haben könnten", erklärt Prof. Rejko Krüger, Tübingen.

    Die kombinierte Stimulation wurde von den Patienten gut vertragen. Die in ihrer Mobilität stark beeinträchtigten Parkinsonkranken erzielten durch die kombinierte Hirnstimulation eine Besserung der Gangblockade um ca. 40 % im Vergleich zur bisherigen bestmöglichen Therapie. Auch die Lebensqualität war nach 3 Wochen durch die verbesserte Mobilität leicht verbessert. "Vor allem Patienten im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit entwickeln Gangstörungen, die schlecht auf gängige Medikamente ansprechen und auch mit der gewöhnlichen Stimulation des Nucleus subthalamicus (STN) kaum kontrollierbar sind", sagt Prof. Joseph Claßen, Leipzig. Die Studie lieferte den ersten Hinweis, dass sich mit dieser neuen Therapiemethode Freezing of Gait (FOG) behandeln lässt, das auf Standardtherapien nicht ausreichend anspricht.


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    Phase-III-Studie soll gezielt Freezing und Lebensqualität beurteilen

    Die kombinierte THS stimuliert neben dem Nucleus subthalamicus (STN) zusätzlich die Substantia nigra pars reticulata (SNr). Sie ist eine kleine Nervenzell-Struktur, die an das untere Ende des STN angrenzt. "Dieser Teil scheint stärker mit Gang und Gleichgewicht in Verbindung zu stehen als der STN. Diese SNr ist bei Parkinsonpatienten nämlich überaktiv und wirkt dadurch vermutlich übermäßig hemmend auf Gang und Gleichgewicht", erläutert Krüger. "Die Ergebnisse legen eine Phase-III-Studie nahe, in der gezielt das Freezing und die Lebensqualität beurteilt werden sollen", beschreibt Krüger den nächsten Schritt. Weitere Informationen zur Tagung der DGKN stehen im Internet unter www.dgkn-kongress.de.


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