Z Orthop Unfall 2013; 151(03): 222
DOI: 10.1055/s-0033-1349251
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Osteoporotische Wirbelkörperfrakturen – Keine relevanten Unterschiede zwischen VBS und Kyphoplastie in vivo

Contributor(s):
Nina Schmitz
Werner C et al.
Vertebral Body Stenting Versus Kyphoplasty for the Treatment of Osteoporotic Vertebral Compression Fractures: A Randomized Trial.

J Bone Joint Surg Am 2013;
95: 577-584
Further Information

Publication History

Publication Date:
14 June 2013 (online)

 

Das Vertebral Body Stenting (VBS) ist ein minimalinvasives Verfahren, das entwickelt wurde, um den sekundären Verlust der primär gewonnen Aufrichtung zu verhindern, zu dem es nach Ballondeflation kommen kann. Eine aktuelle Studie aus der Schweiz hat die peri- und postoperativen Befunde beider Methoden im Vergleich untersucht.
Werner C et al. Vertebral Body Stenting Versus Kyphoplasty for the Treatment of Osteoporotic Vertebral Compression Fractures: A Randomized Trial. J Bone Joint Surg Am 2013; 95: 577–584

Einleitung

Osteoporotische Wirbelkörperfrakturen nehmen aufgrund des demografischen Wandels an klinischer Bedeutung zu. Früher nur konservativ behandelt, entwickelte sich die Therapie von der Vertebroplastie zur Kyphoplastie. Diese resultierte in besserer Aufrichtung des Wirbelkörpers und weniger Zementaustritt. Allerdings kann es zu einem sekundären Verlust der primär gewonnen Aufrichtung nach Ballondeflation kommen. Um dies zu verhindern, wurde in den letzten Jahren das Vertebral Body Stenting (VBS) entwickelt, das in In-vitro-Studien einen verbesserten Kyphosewinkel im Vergleich zur Kyphoplastie aufwies. Die vorliegende Studie vergleicht VBS und Kyphoplastie in vivo.


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Methoden

Es handelt sich um eine prospektive, 2-armige, randomisierte Studie mit einem Umfang von 100 osteoporotischen Wirbelkörperkompressionsfrakturen bei 65 Patienten mit einem durchschnittlichen Alter von 70 ± 13 Jahren. Osteoporotische Frakturen waren definiert als spontan aufgetretene oder durch minimale Traumata alltäglicher Aktivitäten hervorgerufene Frakturen. Aufnahmekriterien waren thorakale oder lumbale A1.1-, A1.2-, A1.3- und A3.1-Frakturen nach AO-Klassifikation sowie frische Frakturen diagnostiziert anhand von MRT mit STIR-Sequenzen (STIR: short tau inverted recovery) und deutliche Schmerzen. Der primäre Endpunkt war die Änderung des Kyphosewinkels nach Intervention im konventionellen Röntgenbild. Die sekundären Endpunkte waren der maximale Inflationsdruck während des Expandierens des Ballons, die Strahlungsexpositionszeit, perioperative Komplikationen und Zementaustritt.


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Ergebnisse

Die durchschnittliche Reduktion des Kyphosewinkels nach Kyphoplastie betrug 4,5 °± 3,6 ° und nach VBS 4,7 °± 4,2 ° (p = 0,972). Der durchschnittliche Druck war mit 24 ± 5 bar während des VBS im Vergleich zu 16 ± 6 bar während der Kyphoplastie statistisch signifikant erhöht (p = 0,014). Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied in der Strahlungsexpositionszeit. Keiner der Patienten musste revidiert werden, postoperative neurologische Komplikationen wurden nicht beobachtet. Zementaustritt war bei 25 der insgesamt 100 versorgten Frakturen zu verzeichnen, ohne statistisch signifikanten Unterschied zwischen den beiden Interventionsgruppen (p = 0,23). Intraoperative materialabhängige Komplikationen, wie z. B. inkomplette Öffnung der Stents oder Ballonruptur, traten bei einer der 50 mit Kyphoplastie behandelten Frakturen auf und bei 9 von 50 der mit VBS behandelten Frakturen.


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Schlussfolgerung

Es zeigte sich kein Vorteil des VBS gegenüber der Kyphoplastie bei Patienten mit schmerzhafter osteoporotischer Wirbelkörperfraktur hinsichtlich der Kyphosekorrektur, des Zementaustritts, der Strahlungsexpositionszeit oder neurologischer Komplikationen. VBS ging mit deutlich höherem Druck während der Ballonexpansion und mit mehr materialabhängigen Komplikationen einher.


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Kommentar

Diese Studie der Universität Zürich ist die erste klinische Vergleichsstudie von VBS und Kyphoplastie. Mit einem Evidenzlevel von I ist sie strukturell gut aufgebaut. Wie die Autoren in der Diskussion selbst erwähnen, ist aufgrund der Eindeutigkeit der Implantate eine Verblindung von sowohl Behandlung als auch Messungen leider nicht möglich. Was der Studie fehlt, aber eventuell noch angeschlossen werden könnte, ist eine Nachbeobachtung der Patienten.

Der primäre Endpunkt der Studie ist die Korrektur des Kyphosewinkels und eine neurologische Statuserhebung. Eine Aussage über weitere klinische Effekte, wie insbesondere der Schmerzreduktion, wird nicht getroffen. Ein wichtiger Grund, dass der sekundäre Repositionsverlust und der Zementaustritt durch VBS nicht signifikant vermindert wurden, ist die nicht komplette Expansion der Stents. Auch durch erhöhten Druck (34 bar), bis über den vom Hersteller angegeben maximalen Druck von 28 bar, war in 9 Fällen nicht eine suffiziente Expansion, sondern eine materialabhängige Komplikation, z. B. eine Ruptur des Ballons, zu erreichen. Dieses Problem wäre ggf. durch eine weitere Optimierung der Stenttechnik zu vermeiden, sodass sich die Frage stellt, ob mit Reduktion der technikbedingten Versager nicht perspektivisch doch eine Verbesserung des Kyphosewinkels im Sinne einer Vermeidung des sekundären Repositionsverlusts zu erreichen wäre.


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