Z Orthop Unfall 2013; 151(03): 221
DOI: 10.1055/s-0033-1349250
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Chronische Achillessehnenläsion – Minimalinvasive Behandlung mit autologem Semitendinosus-Graft

Contributor(s):
Christian Plaas
Maffulli N et al.
Less-invasive semitendinosus tendon graft augmentation for the reconstruction of chronic tears of the achilles tendon.

Am J Sports Med 2013;
41: 865-871
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Publication History

Publication Date:
14 June 2013 (online)

 

Die minimalinvasive Operationstechnik mit freiem Semitendinosus-Graft soll Risiken konventioneller offener Operationsverfahren bei chronischer Achillessehnenruptur minimieren. N. Maffulli et al. haben in einer retrospektiven Studie die postoperativen Ergebnisse bei Verwendung der Semitendinosus-Sehne untersucht.
Maffulli N et al. Less-invasive semitendinosus tendon graft augmentation for the reconstruction of chronic tears of the achilles tendon. Am J Sports Med 2013; 41: 865–871

Einleitung

Die Behandlung der chronischen Achillessehnenruptur stellt eine besondere Herausforderung dar. Verschiedene operative Verfahren sind zur Behandlung beschrieben, darunter Umkehrplastiken, Sehnentransfer, autologe und heterologe Sehnentransplantationen und synthetische Grafts. Problematisch hierbei sind bei den konventionellen offenen Operationsverfahren relativ hohe Komplikationsraten, wobei insbesondere die Wundheilungsstörung und Infektion, die nicht selten der plastisch rekonstruktiven Deckung bedürfen, gefürchtet sind. Durch eine minimalinvasive, wenig traumatisierende Operationstechnik mit freiem Semitendinosus-Graft sollen diese Risiken minimiert werden.


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Methoden

In die retrospektive Studie wurden 26 Patienten, die in der Zeit zwischen 2001 und 2004 operiert wurden, aufgenommen. Das Durchschnittsalter betrug 42 Jahre (46–56), 23 der Patienten waren Männer. Die Zeit zwischen Operation und Ruptur der Sehne betrug 3,8 (2–9) Monate. Neun Patienten gaben an, vor der Sehnenruptur unter chronischen Achillessehenbeschwerden gelitten zu haben. Die Operation erfolgte in Bauchlage. Die Semitendinosus-Entnahme erfolgte über einen Zugang in der Poplitea. Im Bereich der Achillessehne erfolgten 2 Hautschnitte proximal und distal der palpablen Rupturstelle, die vernarbten Sehnenanteile wurden debridiert und das proximale Sehnenende mobilisiert. Der Graft wurde dann in die Sehne eingewoben. Die Nachbehandlung erfolgte in Spitzfußstellung mit dorsoplantarer Kunststoffgipsschale. Die Belastung erfolgte nach Maßgabe der Beschwerden; nach 2 Wochen wurde der plantare Anteil der Gipsschale entfernt und mit mobilisierenden Übungen begonnen, nach 6 Wochen wurde auch der ventrale Teil entfernt. Zirka 2–3 Wochen später erreichten die Patienten in der Regel die plantigrade Belastung des Fußes. Die Beurteilung erfolgte 8,2 (7–10) Jahre postoperativ anhand der klinischen Untersuchung, einer 4-Punkte-Boyden-Skala und dem Achilles Tendon Total Rupture Score (ATRS).


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Ergebnisse

Alle Patienten konnten nachuntersucht werden. Bei allen zeigte sich eine persistierende Muskelatrophie des Unterschenkels und eine Reduktion der Kraft verglichen zur Gegenseite (p = 0,03 bzw. 0,04), jedoch auch eine statistisch signifikante Verbesserung zu den präoperativen Werten (p = 0,05). Die reduzierte Muskelkraft hatte keinen Einfluss auf die Alltags- und Sportaktivitäten. Alle Patienten konnten zumindest 10 einbeinige Zehenspitzenstände durchführen. Der ATRS betrug 88 (75–97) bei der Abschlusskontrolle. 89 % der Patienten waren schmerzfrei oder proxihatten nur geringe Beschwerden, waren mit dem Ergebnis zufrieden und zeigten ein insgesamt gutes bis exzellentes Ergebnis. Zwei Patienten entwickelten eine oberflächliche Wundheilungsstörung und ein Patient Narbenadhäsionen.


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Kommentar

Die hier beschriebene OP-Technik stellt bei relativ geringer beschriebener Komplikationsrate und guten Ergebnissen eine interessante Alternative zu den bekannten offenen Techniken dar. Die Verwendung der Semitendinosus-Sehne ist als wenig invasives Verfahren mit geringer Entnahmemorbidität beschrieben und hat im Gegensatz zu der von den gleichen Autoren ebenfalls beschriebenen OPTechnik unter Verwendung der Peronealsehnen den Vorteil der fehlenden zusätzlichen Traumatisierung im Bereich des Sprunggelenks und Schwächung der Fuß-Pronatoren. Laut Autoren wurde die OP-Technik zwischenzeitlich dahingehend geändert, dass die Semitendinosus-Sehne nicht mehr nur in den distalen Sehnenstumpf eingewebt wird, sondern stets mittels Interpositionsschraube am Calcaneus fixiert wird.

Anzumerken ist, dass bei dem beschriebenen Patientengut der Abstand zwischen Ruptur und Rekonstruktion der Sehne mit ca. 4 Monaten noch relativ gering war. Bei größerem zeitlichen Abstand zur Ruptur kann sich eine Degeneration des Gastrocnemicus-Komplexes entwickeln, sodass dann eher ein Sehnentransfer, z. B. mit der FHL-Sehne, indiziert scheint.


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