Diabetes aktuell 2013; 11(03): 102
DOI: 10.1055/s-0033-1348004
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Typ-2-Diabetes – Früherkennung durch Untersuchung der Darmflora

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Publication Date:
10 June 2013 (online)

 

    Während der gemeinsamen Entwicklung von Mensch und Mikroben wurde der menschliche Darmtrakt von einigen tausend Bakterienarten besiedelt, deren Gesamtgewicht ungefähr 1,5 Kilogramm ausmacht. "Die Gene der heutzutage im Darmtrakt gesunder Menschen lebenden Bakterien sind in der Summe zahlreicher als die des menschlichen Organismus", so Prof. Michael Roden, Düsseldorf. Nach aktuellen Analysen umfasst das Erbgut des Bakterienbestands in der Darmflora rund 3,3 Millionen Gene, im Vergleich zu nur 23 000 Genen des menschlichen Organismus.

    Diabetiker haben veränderte Darmflora

    Untersuchungen haben gezeigt, dass die Darmflora einzelner Menschen in hohem Maß übereinstimmt. Auf der Grundlage des Genstammes der Darmbakterien können Einzelpersonen in 3 Gruppen, die sogenannten Enterotypen, eingeteilt werden, erklärt Roden: "Jeder Enterotyp zeichnet sich durch ein anderes bakterielles Ökosystem aus, mit vorwiegendem Anteil von ‚Bacteroides‘, ‚Prevotella‘ oder ‚Ruminococcus‘. Personen können sich somit in der Zusammensetzung der Bakterienarten, den Enterotypen und den bakteriellen Genen unterscheiden." Solche Merkmale der menschlichen Darmflora seien von großem Interesse für die Erforschung von vorbeugenden und therapeutischen Ansätzen des Typ-2-Diabetes (T2D), erläutert Roden: "Anhand einer Studie, in der 345 Personen chinesischer Herkunft untersucht wurden, konnte gezeigt werden, dass Patienten mit Typ-2-Diabetes eine veränderte Darmflora aufweisen, in der bestimmte Bakterien mit ganz spezifischen Genen vermehrt vorkommen." Ein daraus abgeleiteter Mikrobiota-T2D-Index könnte zukünftig bei der Untersuchung bislang gesunder Menschen die Vorhersage einer Diabetes-Erkrankung mit rund 80 % Treffsicherheit ermöglichen.


    Probiotika oder Stuhltransfer als mögliche Ansätze

    Bei Menschen mit Adipositas und bereits bestehendem Typ-2-Diabetes scheint eine Wiederherstellung einer gesunden Darmflora bisher schwierig und meist nur vorübergehend erreichbar. "Allerdings führt die Verwendung von Probiotika im Tiermodell sowie in einer noch geringen Anzahl von klinischen Studien zu vielversprechenden Ergebnissen", sagt Roden. Auch der sogenannte Fäkaltransfer könnte ein möglicher therapeutischer Ansatz sein, der bereits bei Clostridium difficile-Erkrankungen erfolgreich eingesetzt wird: Dabei werden Exkremente eines gesunden Menschen in den Darm des Erkrankten verpflanzt. "In einer Untersuchung führte die Übertragung von Darmbakterien schlanker Personen in den Darm von Personen mit metabolischem Syndrom bei diesen nach 6 Wochen zu einer Verbesserung der Insulinempfindlichkeit", so Roden.

    Pressemitteilung Pressestelle Diabetes Kongress 2013