Der Klinikarzt 2013; 42(S 01): 3
DOI: 10.1055/s-0033-1347015
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Update neue orale Antikoagulantien

Matthias Leschke
,
Johannes Brachmann
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Publication Date:
30 April 2013 (online)

Im letzten Jahr haben wir anlässlich der 78. Jahrestagung 2012 der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie erstmals einen klinikarzt-Supplementband zur Standortbestimmung der „neuen oralen Antikoagulantien“ (NOAK) herausgebracht. Der Erfolg dieser Ausgabe, der zunehmende Einzug der NOAK in die Klinikroutine und die wachsende Erfahrung haben uns motiviert, auch in diesem Jahr ein Update 2013 zu den neuen oralen Antikoagulantien anlässlich der 79. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in der vorliegenden Supplement-Ausgabe zusammenzustellen. Wir haben dieses ehrgeizige Projekt in knapp 4 Monaten realisiert. Deshalb dürfen wir zunächst unseren Autoren, aber auch dem Thieme Verlag für diese rasche und kompetente Realisierung danken.

Johannes Brachmann weist in seinem Beitrag darauf hin, dass in dem Update der ESC-Leitlinien 2012 die Anwendung der NOAK favorisiert wird, weil sie eine bessere Wirksamkeit und Sicherheit bieten und in ihrer Anwendung praktikabler als die Vitamin-K-Antagonisten erscheinen. Auch bei dem ACC 2013 vom 8.–11. März in San Francisco standen speziell die NOAK im Fokus des Kongresses. So haben sich führende Meinungsbildner vor dem Hintergrund der aktuellen ESC-Leitlinien, auch aktueller Registerdaten, wonach bei den Neueinstellungen unter Warfarin ein bis zu dreifach höheres intrakranielles Blutungsrisiko gegenüber beispielsweise Dabigatran besteht, aber auch weiterer Subgruppenanalysen der großen Zulassungsstudien eindeutig für die NOAK ausgesprochen.

Um so verwunderlicher ist die Stellungnahme der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) in dem Leitfaden zur „oralen Antikoagulation bei nicht valvulärem Vorhofflimmern“, wonach sich „aus der Sicht der AkdÄ für Patienten in Deutschland, die zur Prophylaxe kardioembolischer Erkrankungen bei Vorhofflimmern mit Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon gut zu behandeln sind, kein Vorteil aus einer Therapie mit Dabigatran oder Rivaroxaban ergibt.“ Dies widerspricht praktisch allen derzeitigen Empfehlungen nationaler und internationaler Therapierichtlinien zum Thema Antikoagulation bei Vorhofflimmern.

Vor diesem Hintergrund stellt unser Supplementband eine aktuelle Analyse des Stellenwerts der NOAK dar und erlaubt bei dieser Kontroverse dem interessierten Leser eine exzellente Standortbestimmung: Schließlich haben wir renommierte Autoren und Experten aufgefordert, die Beiträge zu schreiben.

In dem Beitrag von Daniel Dürschmied, Martin Moser und Christoph Bode gehen die Autoren der Frage nach, welche Patientenkollektive besonders von NOAK profitieren. So kristallisiert sich heraus, dass besonders blutungsgefährdete Patienten auf ein neues orales Antikoagulans eingestellt werden.

Bei Patienten mit koronarer Stentimplantation und der Notwendigkeit einer Antikoagulation bei Vorhofflimmern ist die optimale Dauer und Intensität – Triple-Therapie oder nur eine Kombination aus Clopidogrel und oralem Antikoagulans – der antithrombotischen Therapie nicht eindeutig geklärt. Auf die aktuelle Datenlage dieser in der Praxis häufig notwendigen Kombinationstherapie aus Thrombozytenaggregationshemmer und Antikoagulantien gehen Uwe Zeymer und Ralf Zahn ein.

Besonders bei älteren Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion besteht bei Vorhofflimmern ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Andererseits ist insbesondere unter Vitamin-K-Antagonisten mit einem erhöhten Blutungsrisiko bei eingeschränkter Nierenfunktion zu rechnen. Deshalb gehen Oliver Vonend und Matthias Leschke auf die Prävalenz der Niereninsuffizienz, auf das Risiko von Vorhofflimmern und Schlaganfall, aber auch auf die bisherigen Daten zur Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten und auf die aktuellen Daten zu den NOAK bei eingeschränkter Nierenfunktion ein.

Jan Purrucker und Roland Veltkamp stellen in ihrem Beitrag die neurologische Sichtweise zur Thematik vor. Die orale Antikoagulation zur Verhinderung embolischer ischämischer Ereignisse ist die Therapie der Wahl bei der Sekundärprophylaxe von ischämischen Schlaganfällen bei Vorhofflimmern. Möglicherweise gelingt es, mit den NOAK eine breitere Anwendung als bisher mit den Vitamin-K-Antagonisten bei diesen Hochrisikopatienten sicher zu stellen.

Eine besondere klinische Problematik der Antikoagulationsbehandlung sprechen Dietrich Gulba und Mitarbeiter an. Sie diskutieren das praktische Vorgehen eines ggf. notwendigen Bridgings bzw. eine Therapieunterbrechung unter einer Antikoagulationsbehandlung bei elektiven und notfallmäßigen operativen Eingriffen.

Für die NOAK liegt aufgrund ihres vorhersehbaren pharmakokinetischen und -dynamischen Profils keine Notwendigkeit einer routinemäßigen Laborüberwachung vor. Da es in bestimmten klinischen Situationen erforderlich sein könnte, den aktuellen Antikoagulationsgrad durch die NOAK zu kennen, stellen Helen Mani und Edelgard Lindhoff-Last die derzeitigen Labortests und das Monitoring der neuen oralen Antikoagulantien vor.

Wir wünschen unseren Lesern viel Spaß bei der Lektüre dieses Update zu den NOAK, deren Einführung für Patienten mit Vorhofflimmern einen Meilenstein in der Primär- und Sekundärprophylaxe von Schlaganfällen darstellt.