Dialyse aktuell 2013; 17(04): 178
DOI: 10.1055/s-0033-1345750
Fachgesellschaften
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bundesarbeitsgemeinschaft Nephrologische Pflege (BANP)

Mehr Pflegeaufwand, weniger Mittel: die nephrologische Pflege in der Kostenfalle
Further Information

Publication History

Publication Date:
14 May 2013 (online)

 
 

Die Reduktion der Dialyse-Sachkosten-Pauschale wird die Situation in Dialyseeinrichtungen verschärfen: Steht weniger Geld zur Verfügung, geht die Tendenz hin zu noch weniger fachlich qualifizierten Pflegekräften, die sich um die aufwendig zu betreuenden und immer zahlreicher werdenden multimorbiden Patienten kümmern können. Schon jetzt sind die Personalschlüssel deutlich schlechter als in einigen anderen europäischen Ländern. Die BANP äußert daher ihre Bedenken bzgl. der künftigen Versorgungs- und Behandlungsqualität von Nierenkranken.

Die Reduzierung der Wochenpauschale trifft das Pflegepersonal in den Dialyseeinrichtungen zum zweiten Mal unmittelbar. Schon die Einführung der Wochenpauschale 2002 führte zu personellen Veränderungen bei der direkten Versorgung von Dialysepatienten. Früher waren überwiegend 2-jährig weitergebildete nephrologische Fachpflegekräfte [ 1 ] und examinierte Pflegekräfte für die pflegerische Versorgung und Betreuung der Menschen mit chronischer Niereninsuffizienz und der angeordneten Durchführung der Nierenersatztherapie verantwortlich.

Seit 2002 waren die Dialyseanbieter gezwungen, mit dem Fortbildungscurriculum "Dialyse für Arzthelfer/-innen" preiswerteres Personal in den Einrichtungen auszubilden und einzusetzen. Die Wochenpauschale jetzt nochmals stufenweise, ohne finanzielle Not der Kostenträger, abzusenken, gefährdet die "noch" gute Versorgungsqualität und die Patienten. Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Personalschlüssel mit durchschnittlich 1:6 (eine Pflegekraft betreut 6–10 Dialysepatienten) schon niedriger als im Vergleich zu anderen europäischen Ländern (z. B. haben die Schweiz und Skandinavien einen Schlüssel von 1:4).

Hoher Pflegeaufwand bei immer mehr multimorbiden Patienten

Die Aufgabenbereiche der Pflegekräfte in den Dialysezentren haben sich in den letzten Jahren von der technisch orientierten Behandlungspflege nun zu einer über viele Jahrzehnte dauernden ganzheitlichen Betreuung gewandelt. Der Anteil der älteren, multimorbiden und an Demenz erkrankten Dialysepatienten nimmt ebenso zu wie der pflegerische Aufwand. Die Dialysepflichtigkeit bedeutet für die Patienten:

  • eine lebenslange Abhängigkeit vom Nierenersatzverfahren,

  • Einschränkungen in der Ernährung und der Trinkmenge,

  • viele Schmerzen wie zum Beispiel die 3-mal wöchentlichen Shuntpunktionen,

  • die Einnahme von minimal 15 Tabletten täglich und

  • ein zeitlich aufwendiges Behandlungsregime.

Dialyseinduzierte Erkrankungen wie Amputationen, Blindheit und Herzerkrankungen erfordern eine hohe Fachkompetenz des Dialyseteams. Unterbringungen in Heimen oder die notwendige Pflege zu Hause durch Angehörige oder Pflegedienste verlangen einen hohen Organisationsaufwand und viel Schnittstellenmanagement.

Das Überleben mit der Dialyse ist maßgeblich von der Qualität des Behandlungsteams abhängig. Hierbei ist in der nephrologischen Pflege eine zunehmende Abkehr von der traditionellen pathophysiologisch-medizinischen Sichtweise hin zu einem umfassenderen, auf Prävention und Gesundheitsförderung ausgerichteten Fokus mit Anwaltschaft (Advocacy) für die zu pflegenden Personen, Familien und Gemeinschaften erkennbar [ 2 ]. Diesem Anspruch ist nur mit qualifiziertem und gut ausgebildetem Fachpflegepersonal gerecht zu werden [ 1 ].


#

Steigerung der Fachkräftequote erforderlich

Die nephrologische Pflege ist geprägt durch die Versorgung nierenkranker Menschen in den verschiedenen Stadien der Niereninsuffizienz. Sie betreut den nierenkranken Menschen vom Beginn der Erkrankung bis zum Tod. Die verschiedenen Versorgungssettings (präventiv, akut, Rehabilitation, chronisch, Transplantation, palliativ) und die unterschiedlichen Behandlungsverfahren (Akut- und Spezialverfahren, Peritoneal- und Hämodialyse und deren Heimverfahren, Überleitungsbetreuung bei Transplantation) verlangen eine hoch qualifizierte Pflegeleistung, sowohl individuell als auch gesellschaftlich und ökonomisch. Die seit Jahren zunehmende Arbeitsverdichtung bei steigender Pflegeintensität macht eigentlich eine Effizienzsteigerung notwendig. Deshalb hat die BANP eine Steigerung der Fachkräftequote mit entsprechender Pflegefachweiterbildung im Bereich der Dialyse eingefordert [ 3 ].

Aber wie soll es in Zukunft trotz weniger Geld möglich sein, im multidisziplinären Team mit den unterschiedlichen beruflichen Qualifikationen eine höchstmögliche Versorgungs- und Behandlungsqualität für unsere Patienten zu gewährleisten? Mit der Kürzung der Wochenpauschale wird diese Frage nicht mehr zu beantworten sein.

Marion Bundschu, Ulm
Kerstin Gerpheide, München
Jürgen Berner, Unterhaching
Hans-Martin Schröder, Neuwied

Zoom Image

Bundesarbeitsgemeinschaft Nephrologische Pflege
Arbeitsgemeinschaft der AfnP e.V. und des fnb e.V.
E-Mail: info@banp.de, Internet: www.banp.de
Vertretungsberechtigter Vorstand:

  • Marion Bundschu

  • Kerstin Gerpheide

  • Jürgen Berner

  • Hans-Martin Schröder


#
#
  • Literatur

  • 1 Fernsebner T, Bundschu M. Bundesarbeitsgemeinschaft Nephrologische Pflege (BANP) – Kompetenzbasierter Rahmenlehrplan. Dialyse aktuell 2012; 16 (Sonderdruck BANP): 3-15
  • 2 Wiederhold D, Gerpheide K. Bundesarbeitsgemeinschaft Nephrologische Pflege (BANP) – Definition der nephrologischen Fachpflege. Dialyse aktuell 2012; 16: 330-335
  • 3 Bundschu M, Fernsebner T. Bundesarbeitsgemeinschaft nephrologische Pflege (BANP) – Position zur Personalsituation und -diskussion in Dialyseeinrichtungen. Dialyse aktuell 2012; 16: 272-273

  • Literatur

  • 1 Fernsebner T, Bundschu M. Bundesarbeitsgemeinschaft Nephrologische Pflege (BANP) – Kompetenzbasierter Rahmenlehrplan. Dialyse aktuell 2012; 16 (Sonderdruck BANP): 3-15
  • 2 Wiederhold D, Gerpheide K. Bundesarbeitsgemeinschaft Nephrologische Pflege (BANP) – Definition der nephrologischen Fachpflege. Dialyse aktuell 2012; 16: 330-335
  • 3 Bundschu M, Fernsebner T. Bundesarbeitsgemeinschaft nephrologische Pflege (BANP) – Position zur Personalsituation und -diskussion in Dialyseeinrichtungen. Dialyse aktuell 2012; 16: 272-273

 
Zoom Image