Schlüsselwörter
Weiterbildung - Orthopädie und Unfallchirurgie - Junges Forum der DGOU
Key words
residency program - orthopedics and trauma surgery - Youth Forum of the DGOU
Das Junge Forum der DGOU hat Anfang des Jahres eine Kurzumfrage unter Ärzten
des Fachs Orthopädie und Unfallchirurgie (O&U) durchgeführt. Dabei ging
es darum, die Wünsche und Vorstellungen der Weiterbildungsassistenten im
Fach O&U hinsichtlich einer neuen Weiterbildungsordnung zu
erfassen.
Die ständige Konferenz "Ärztliche Weiterbildung" der Bundesärztekammer (BÄK) hat
letztes Jahr ein Reformkonzept erarbeitet, welches die jetzige Weiterbildung,
auch im Fach O&U, reformieren soll. Hierbei sollen die Inhalte der
Facharztweiterbildung in Kompetenzblöcken definiert werden, denen dann
unterschiedliche Kompetenzlevel zugeordnet werden [
1
]. Kompetenzlevel 1 bildet hierbei die durch das
Medizinstudium erworbene Kompetenz ab, Kompetenzlevel 2 eingehende Kenntnisse
in
Prävention, Früherkennung, Symptomatologie, Diagnostik, Therapie, Nachsorge und
Rehabilitation der wesentlichen Krankheitsbilder [
1
]. Kompetenzlevel 3 beinhaltet Erfahrungen und die
Fähigkeit, medizinische Maßnahmen bei den wesentlichen Krankheitsbildern des
Kompetenzblocks anzuwenden, während Kompetenzlevel 4 bedeutet, Fertigkeiten,
die
Untersuchungs- und Behandlungsverfahren selbstständig und routinemäßig
anzuwenden, inkl. Richtzahlen [
1
].
Probleme der aktuellen Weiterbildung
Probleme der aktuellen Weiterbildung
Auf die aktuellen Probleme in der Weiterbildung im Fach O&U haben wir erst
kürzlich an anderer Stelle dezidiert hingewiesen [
2
]. Zusammenfassend ergab eine aktuelle internetbasierte
Umfrage des Jungen Forums der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und
Unfallchirurgie (DGOU), an der 730 Weiterbildungsassistenten teilnahmen, dass
50
% der Befragten mit dem Inhalt der aktuellen Weiterbildung unzufrieden waren.
Es
wurde u. a. die Integration von Lerninhalten aus den benachbarten chirurgischen
Fächern, zusätzliches Üben im Simulator, z. B. im Rahmen arthroskopischer
Verfahren, sowie ein in die Weiterbildung integriertes Kursprogramm
gewünscht.
Neben den Inhalten der Weiterbildung ist die Strukturierung und Umsetzung der
Weiterbildung vor Ort in den Weiterbildungsstätten von Bedeutung. Diesbezüglich
antworteten in der Umfrage auf die Frage "Sind Sie mit der Organisation Ihrer
Weiterbildung in der Klinikzufrieden?" über 50 % mit "nein", was auf Defizite
in
der Umsetzung der Weiterbildungsordnung (WBO) vor Ort schließen lässt [
2
].
Vorschläge zur Verbesserung der Situation beinhalteten die Implementierung eines
farblich kodierten individuellen Weiterbildungsmonitors, die Einrichtung eines
lokalen Weiterbildungsprogrammdirektors für die Assistentenausbildung, ein frei
verfügbares Ranking der Ausbildungsstätten sowie eine externe übergeordnete
Kontrolle der tatsächlich abgeleisteten Weiterbildungsinhalte [
2
].
Es scheint sinnvoll diese Erfahrungen und Wünsche der sich derzeit in
Weiterbildung befindlichen Kollegen mit in ein neues Weiterbildungskonzept zu
integrieren, sind sie es doch, die derzeit in der aktuellen
Krankenhauslandschaft mit die besten Einblicke in die Defizite der Weiterbildung
haben. Die Daten machen ebenfalls deutlich, dass sich über eine Modifikation
der
Inhalte nur ein geringerer Teil der Defizite in der Weiterbildung lösen lässt.
Der Schlüssel zu einer maßgeblichen Verbesserung der Weiterbildungssituation
liegt in Maßnahmen, die auf eine Berichtigung der Struktur und Optimierung der
Umsetzung in den Weiterbildungsstätten vor Ort abzielen. Dies ist nur schwerlich
allein mit einer neuen WBO zu gewährleisten, sondern Bedarf des zusätzlichen
Engagements der Fachgesellschaften und der Weiterbilder, z. B. gerade im Bereich
der übergeordneten Kontrolle der tatsächlich abgeleisteten
Weiterbildungsinhalte.
Charakterisierung des Fachs O&U
Charakterisierung des Fachs O&U
Eine neue Weiterbildungsordnung muss die Wünsche und Vorstellungen der sich im
Fach befindlichen Ärzte berücksichtigen. Um dies zu erfassen, führte das Junge
Forum der DGOU vom 20.01. bis zum 01.02.2013 eine internetbasierte Kurzumfrage
(Powerumfrage) durch, an der sich 408 Ärzte aus dem Fach O&U beteiligten.
Über den E-Mail-Verteiler der DGU, DGOOC und DGOU wurden die im Fach O&U
tätigen Kollegen aufgefordert, auf dem Hintergrund der neuen WBO, zu wichtigen
Punkten Stellung zu beziehen. Die Charakterisierung der Teilnehmer ist ‣
Tabelle
[
1
] zu entnehmen.
Tabl. 1 Ergebnisse der internetbasierten Umfrage.
Zusammenfassend strebt somit die Mehrzahl der Befragten eine klinisch-operative
Karriere an. Diesbezüglich sollten Inhalt und Struktur einer neuen
Weiterbildungsordnung entsprechend darauf ausgerichtet sein, auf diese Tätigkeit
vorzubereiten. Hierbei ist selbstständige Durchführung einer adäquaten Anzahl
operativer Eingriffe unerlässlich, vor allem wenn man bedenkt, dass im
Durchschnitt im Rahmen der 6-jährigen Weiterbildung in Deutschland mit n = 730
in 6 Jahren vs. beispielsweise n = 1572 in 4 Jahren in den USA eine sehr viel
geringere Anzahl an operativen Eingriffen vom Weiterbildungsassistenten
durchgeführt werden [
3
]. Um der Bedeutung
eines entsprechenden Operationskatalogs in der Weiterbildung zum Orthopäden und
Unfallchirurgen gerecht zu werden, wurden den Teilnehmern der o. g. Umfrage
folgende weitere Fragen gestellt (die Ergebnisse sind am Ende der Teilantworten
aufgeführt [n absolut / n %]):
Im Rahmen der derzeitigen Erneuerung der WBO stehen auch die OP-Zahlen zur
Diskussion. Sollen die operativen Zahlen in WBO zum Facharzt O&U…
-
beibehalten werden? (253 / 62 %)
-
reduziert werden? (83 / 20 %)
-
erhöht werden? (72 / 18 %)
Sollen diese Operationen auch weiterhin in dem Kompetenzlevel "selbstständig
durchgeführt" bleiben oder in ein niedrigeres Kompetenzlevel überführt werden,
wie z. B. "schon mal gesehen" oder "schon mal mitgemacht" (z. B. als erste
Assistenzen)?
-
Ja, soll "selbstständig durchgeführt" bleiben. (351 / 86 %)
-
Nein, soll in niedrigere Kompetenzlevel überführt werden. (57 / 14 %)
Will man somit den o. g. Wünschen der Kollegen im Fach O&U Rechnung tragen,
so ist eine vollständige Abbildung des derzeitigen Operationskatalogs im
Kompetenzlevel 4 der neuen WBO unerlässlich. Auf die Möglichkeiten von
Modifikationen durch Subsummierung einzelner Eingriffe oder der Berücksichtigung
unterschiedlicher OP-Techniken haben wir andernorts bereits hingewiesen [
2
].
Forderungen an eine neue WBO aus Sicht der Weiterzubildenden
Forderungen an eine neue WBO aus Sicht der Weiterzubildenden
In der Zusammenschau sind somit an eine neue Weiterbildungsordnung folgende
Forderungen zu stellen:
-
Die Generierung sehr gut ausgebildeter Chirurgen, auch im internationalen
Vergleich, ist von übergeordneter Bedeutung.
-
Die Weiterbildungsinhalte und deren Strukturierung müssen attraktiv
gestaltet werden, um eine ausreichende Nachwuchsrekrutierung für unser
Fach zu gewährleisten.
-
Für die Umsetzung und Ausarbeitung eines so bedeutsamen Vorhabens bedarf
es ausreichend zeitlicher und personeller Ressourcen, gerade im Hinblick
auf die aktuelle Reformierung. Die Qualität des Produkts ist
letztendlich entscheidend.
-
Die inhaltlichen Vorgaben sollten sich auf das Wesentliche beschränken;
eine inhaltliche Überfrachtung sollte vermieden werden.
-
Die inhaltlichen und strukturellen Vorstellungen der im Fach tätigen
jungen Kollegen müssen berücksichtigt werden, denn sie gestalten O&U
in der Zukunft.
Anlehnend an die o. g. Umfrage ist festzuhalten, dass die Wünsche und
Vorstellungen der sich derzeit in Weiterbildung zum Facharzt O&U
befindlichen Ärzte die Entscheidungsgrundlage darstellen, anhand derer sich die
kommenden Generationen von Hochschulabsolventen im Fach Humanmedizin FÜR oder
GEGEN unser Fach O&U entscheiden werden. Somit sind die Verantwortlichen der
Fachgesellschaften aufgefordert, dem Rechnung zu tragen und die Inhalte und
Struktur einer neuen Weiterbildung attraktiv zu gestalten, um dem
Nachwuchsschwund in unserem Fach entgegenzuwirken.
Des Weiteren muss auch eine neue Weiterbildungsordnung garantieren, dass die
Qualifikation der Fachärzte hoch bleibt, um somit weiterhin eine qualitativ
hochwertige Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Dies erreicht sie nicht
zwangsläufig, indem sie sich einer gesundheitspolitischen Bedarfsplanung
unterwirft, welche bekanntlich regelhaften Veränderungen unterliegt und sowieso
nur unzureichend durch Erhebungen von begrenzter Wertigkeit und Aktualität
dargestellt wird, sondern indem sie aus sich heraus, basierend auf der langen
Erfahrung in der Ausbildung hervorragender Chirurgen, weiterhin an wohl
definierten Qualitätsmaßstäben festhält. Die selbstständige Durchführung einer
ausreichenden Anzahl operativer Eingriffe sowie die Beschränkung auf das
Wesentliche gehört mit Sicherheit zu den unverzichtbaren Grundlagen, um es dem
Nachwuchs zu ermöglichen, die Fähigkeiten im Fach O&U zu
perfektionieren.
"Allem Leben, allem Tun, aller Kunst muss das Handwerk vorausgehen, welches nur
in der Beschränkung erworben wird.
Eines recht wissen und ausüben gibt höhere Bildung als Halbheit im
Hundertfältigen" (WJ Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre I, 1).
Für das Junge Forum DGOU:
Prof. Dr. med Mario Perl
Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik
Murnau
Allgemeine und Traumachirurgie
David Merschin
Krankenhaus Rummelsberg
Klinik für Unfall-,
Schulter- und Wiederherstellungschirurgie, Sportmedizin und
Sporttraumatologie
Dr. med. Matthias Münzberg
BG Unfallklinik Ludwigshafen,
Klinik
für Unfallchirurgie und Orthopädie