Einleitung
Durch Fortschritte in der Behandlung der pulmonalen Hypertonie (PH) ist die Erkrankung
derzeit von großem wissenschaftlichem und klinischem Interesse. Eine zugelassene spezifische
medikamentöse Therapie existiert allerdings nur für die pulmonal-arterielle Hypertonie
(PAH). Leitlinien empfehlen aufgrund der Datenlage für die pulmonale Hypertonie in
Folge von Lungenerkrankungen keine spezifische Lungenhochdruck-Therapie [1]
[2], jedoch kann im Einzelfall bei Dysproportionalität der Schwere von pulmonaler Hypertonie
und zugrunde liegender Erkrankung ein kontrollierter und zeitlich befristeter Therapieversuch
erwogen werden [2].
Das Auftreten einer pulmonalen Hypertonie wurde auch für die granulomatösen Erkrankungen
wie die Sarkoidose [3]
[4]
[5]
[6]
[7] und die pulmonale Langerhanszell-Granulomatose [8] berichtet. Die pulmonale Hypertonie bei Granulomatosen wird der Gruppe V der Dana
Point-Klassifikation zugeordnet [1]
[2] und stellt eine relevante Komplikation dar. Pulmonale Hypertonie bei Sarkoidose
ist mit einer erhöhten Mortalität assoziiert [3]
[9]
[10]. Die Leistungskapazität bei Patienten mit fortgeschrittener pulmonaler Langerhanszell-Granulomatose
ist eher mit der Einschränkung der pulmonalen Perfusion als der Ventilationsstörung
korreliert [11]
[12]. Daher stellen spezifische pulmonale Vasodilatatoren sowohl für die pulmonale Hypertonie
bei Sarkoidose und pulmonaler Langerhanszell-Granulomatose einen interessanten Therapieansatz
dar [13], der allerdings der Überprüfung durch prospektiv randomisierte Studien harrt. Für
die pulmonale Hypertonie bei Langerhanszell-Granulomatose gibt es Einzelfallberichte
über den positiven Effekt von Sildenafil und Bosentan [14]
[15]
[16]. Für die Sarkoidose wurde über positive als auch fehlende Effekte unter einer spezifischen
vasoaktiven Therapie berichtet [10]
[17]
[18]
[19]
[20]
[21]
[22]
[23]
[24].
Für die pulmonale Hypertonie bei Sarkoidose sind eine Vielzahl pathophysiologischer
Mechanismen [3] beschrieben. Neben einer PH, deren hämodynamisches Ausmaß mit dem Schweregrad der
Ventilationsstörung assoziiert ist [25], wurden auch Formen beschrieben, bei denen die PH nicht mit dem Ausmaß radiologischer
Veränderungen [3] und dem Schweregrad der Ventilationsstörung korreliert [3]. Eine Differenzierung ist insbesondere von praktisch-therapeutischer Bedeutung,
da eine spezifische PH-Therapie und auch ein Einschluss in künftige Medikamenten-Therapiestudien
in erster Linie für Patienten in Frage käme, bei denen die PH nicht Folge der Ventilationsstörung
und Hypoxämie ist.
Die Angaben zur Häufigkeit der pulmonalen Hypertonie bei Sarkoidose sind uneinheitlich
[4]
[5]. In den untersuchten Kollektiven könnten die verschiedenen pathophysiologischen
Mechanismen unterschiedlich stark ausgeprägt gewesen sein. Zum anderen könnte der
ethnische Hintergrund der untersuchten Kollektive einen Einfluss auf die PH-Prävalenz
haben. Daher und aufgrund regional unterschiedlicher Prävalenzraten sind Zahlen zu
Häufigkeit und Schweregrad der pulmonalen Hypertonie und zugrunde liegenden Mechanismen
aus japanischen und afroamerikanischen Kollektiven nicht ohne weiteres auf Deutschland
übertragbar.
Angaben aus Deutschland zur Häufigkeit der pulmonalen Hypertonie liegen bisher für
die Sarkoidose nur aus einer Arbeit vor [26]; dabei wurde bisher nicht die Abhängigkeit der PH von der Ventilation und Oxygenierung
untersucht [26].
Wir haben daher die Häufigkeit der Erhöhung des rechtsventrikulären systolischen Druckes
und dessen Abhängigkeit von Ventilation und Oxygenierung bei Sarkoidose in einem deutschen
Kollektiv retrospektiv und monozentrisch untersucht.
Methode
Wir führten eine retrospektive Analyse der Daten von 123 Patienten mit Sarkoidose
durch, die im Zeitraum 2002 bis 2011 in unserer Klinik behandelt wurden. Für die Analyse
wurden die vorhandenen Daten der Bodyplethysmografie (Masterscreen Body/Diff® CareFusion, Germany), der Echokardiografie (Vivid7®, GE Medical Systems, Solingen, Germany) und aus der Rechtsherzkatheteruntersuchung
(Swan-Ganz-Catheter, Smith Medical, Grasbrunn, Germany, IntelliVue MP70 (M8007A)®, Philipps Medizinsysteme, Böblingen, Germany) berücksichtigt. Die Bodyplethysmografie
wurde gemäß des ERS-Statements [27] durchgeführt. Wir analysierten die Vitalkapazität (VC), die forcierte Einsekundenkapazität
(FEV1), den Tiffeneau-Index, die totale Lungenkapazität (TLC), das intrathorakale Gasvolumen
(ITGV), das Residualvolumen (RV) sowie den Transferfaktor für Kohlenmonoxid (DLCO).
Die Erfassung der funktionellen Kapazität mittels 6-Minuten-Gehtest war gemäß des
ATS-Statements erfolgt [28].
Eine Echokardiografie war bei klinischem Verdacht auf pulmonale Hypertonie erfolgt.
Nach nicht-invasiven echokardiografischen Kriterien wurde von einer pulmonalen Hypertonie
ausgegangen, wenn der systolische rechtsventrikuläre Druck (RVSP) >/= 35 mmHg über
ZVD war. Bei einigen Patienten war nach klinischem Ermessen bei Verdacht auf pulmonale
Hypertonie aufgrund der vorher durchgeführten Echokardiografie und/oder des klinischen
Verdachts eine Rechtsherzkatheteruntersuchung (RHK) durchgeführt worden.
Wir verglichen bei Patienten mit einem RVSP einerseits >/= 35 mmHg und andererseits < 35 mmHg
die Daten der Bodyplethysmografie und Blutgasanalyse.
Die statistische Analyse erfolgte mittels t-Test für zwei unabhängige, normalverteilte
Stichproben unter Verwendung des Programms Microsoft® Office Excel 2003. Dieses Verfahren wurde zum Vergleich der Mittelwerte der erfassten
Parameter von Patienten mit RVSP > und </= 35 mmHg angewandt. Zur Untersuchung der
Verteilung zweier Merkmale zwischen diesen beiden Gruppen wurde der Fisher’s exact
Test unter Verwendung des Programms Statistica, Version 9 (Lizenzschlüssel: JKK1027735025AR-X,
©StatSoft, Inc.1984 – 2010), herangezogen. Bei beiden Testverfahren galt ein p-Wert < 0,05
als statistisch signifikant. Die Korrelation wurde nach Spearman berechnet. Ein Einverständnis
der lokalen Ethikkommission wurde eingeholt.
Ergebnisse
[Tab. 1] zeigt die anthropometrischen Daten sowie das Befallsmuster der Patienten mit Sarkoidose.
Das durchschnittliche Erkrankungsalter lag bei 47 ± 13 Jahren. Das Alter bei Primärdiagnose
der pulmonalen Hypertonie lag bei 61,6 ± 13,5 Jahren. Eine geschlechtsspezifische
Häufung der Erkrankung lag nicht vor (50,4 % weiblich). 59,4 % der Patienten wiesen
einen Befall des Lungenparenchyms auf. Bei 40,6 % der Patienten fand sich kein fassbarer
Parenchymbefall. 41,5 % aller Patienten hatten einen Lymphknotenbefall, 7 Patienten
hatten einen Befall des Auges, je ein Patient litt unter einer Herz- und Hirnbeteiligung.
VC, FEV1, TLC, ITGV und TLCO-VA waren in den Gruppen mit und ohne Lungenparenchymbefall nicht
signifikant unterschiedlich ([Tab. 2]).
Tab. 1
Charakteristika der Patienten mit Sarkoidose ( n = 123). PD = Primärdiagnose.
Geschlecht n (%)
|
61/62 (49,6/50,4 %)
|
|
Alter (Jahre)
|
MW ± SD
|
|
Alter bei PD Sarkoidose
|
47,3 ±13,3
|
|
Alter bei PD pulmonale Hypertonie
|
61,6 ± 13,5
|
|
Manifestationen
|
n
|
%
|
Lunge
|
73
|
59,4
|
Lymphknoten
|
51
|
41,5
|
Auge
|
7
|
5,7
|
Haut
|
3
|
2,4
|
Hirn
|
1
|
0,8
|
Herz
|
1
|
0,8
|
Tab. 2
Lungenfunktion in Abhängigkeit vom Vorhandensein eines Lungenparenchymbefalls.
Parameter (Einheit)
|
|
Mit Lungenparenchymbefall
|
|
Ohne Lungenparenchymbefall
|
|
|
N
|
MW ± SD
|
N
|
MW ± SD
|
P
|
VC (% v. Soll)
|
65
|
91 ± 17
|
35
|
88 ± 20
|
0,49
|
FEV1 (% v.Soll)
|
64
|
87 ± 19
|
35
|
80 ± 23
|
0,08
|
FEV1/VC (% v. Soll)
|
62
|
97 ± 10
|
35
|
90 ± 13
|
0,002
|
ITGV (% v. Soll)
|
60
|
92 ± 22
|
32
|
91 ± 19
|
0,77
|
RV (% v. Soll)
|
62
|
94 ± 30
|
32
|
99 ± 32
|
0,44
|
TLC (% v. Soll)
|
63
|
90 ± 15
|
35
|
91 ± 15
|
0,95
|
DLCO-VA(% v. Soll)
|
50
|
94 ± 17
|
26
|
93 ± 19
|
0,76
|
Nach echokardiografischen Kriterien ergab sich für das Sarkoidose-Kollektiv eine PH-Prävalenz
von 5,7 %. Das Alter bei Diagnose der PH lag bei 61,6 ± 13,5 Jahren. Die männlichen
Patienten, die in der Folge eine PH entwickelten, waren bei Diagnose der Sarkoidose
mit 66,8 ± 11.5 signifikant älter (p < 0,05) als die männlichen Patienten, die keine
PH entwickelten (47,1 ± 13,8). Für die weiblichen Patienten mit PH (46,6 ± 12,4) und
ohne PH (45,4 ± 13,3) (p 0,86) lag bei Primärdiagnose der Sarkoidose kein signifikanter
Altersunterschied vor.
Die Höhe des RVSP (MW ± SD) unterschied sich in den Gruppen mit (RVSP = 26 ± 9) und
ohne Lungenparenchymmanifestation (RVSP = 35 ± 21) nicht signifikant voneinander (p = 0,2). Bei den Patienten mit RVSP > 35 mmHg, war der RVSP in der Gruppe der Patienten
ohne Lungenparenchymbefall (RVSP = 65 ± 19) signifikant höher als in der Gruppe mit
Lungenparenchymbefall (RVSP = 38 ± 1) (p = 0,03) .
Die Patienten mit PH hatten signifikant niedrigere Werte für die Vitalkapazität, FEV1, Tiffeneau-Index und den Transferfaktor als die Patienten ohne PH ([Tab. 3]). Totale Lungenkapaziät, Residualvolumen und intrathorakales Gasvolumen unterschieden
sich nicht signifikant.
Tab. 3
Bodyplethysmografie der Patienten mit Sarkoidose in Abhängigkeit vom RVSP.
Parameter (Einheit)
|
|
RVSP < 35 mmHg
|
|
RVSP >/= 35 mmHg
|
|
|
N
|
MW ± SD
|
N
|
MW ± SD
|
P
|
VC (% v. Soll)
|
94
|
91 ± 17
|
6
|
62 ± 18
|
< 0,001
|
FEV1 (% v.Soll)
|
93
|
87 ± 19
|
5
|
54 ± 20
|
< 0,001
|
FEV1/VC (% v. Soll)
|
92
|
96 ± 11
|
5
|
82 ± 21
|
0,01
|
ITGV (% v. Soll)
|
88
|
91 ± 17
|
4
|
86 ± 15
|
0,68
|
RV (% v. Soll)
|
90
|
95 ± 26
|
4
|
106 ± 15
|
0,40
|
TLC (% v. Soll)
|
93
|
91 ± 14
|
5
|
78 ± 7
|
0,05
|
DLCO-VA(% v. Soll)
|
72
|
97 ± 15
|
4
|
74 ± 27
|
< 0,01
|
Ein Sechs-Minuten-Gehtest war bei 19 Patienten mit Sarkoidose durchgeführt worden.
Während die Gehstrecke bei den Patienten mit pulmonaler Hypertonie nur im Trend niedriger
war ([Tab. 4]), so zeigten die Patienten mit PH dagegen signifikant niedrigere Werte für den Sauerstoffpartialdruck
(in Ruhe) und die Sauerstoffsättigung (Ruhe und Belastung) ([Tab. 4]). VC, FEV1, Transferfaktor sowie pO2 unter Belastung und SO2 unter Belastung korrelierten signifikant negativ mit der Höhe des RVSP ([Abb. 1 – 2]).
Abb. 1 Korrelation von rechtsventrikulärem systolischem Druck RVSP mit Parametern der Lungenfunktion.
a Korrelation von rechtsventrikulärem systolischem Druck (RVSP) (mmHg) mit Vitalkapazität
(VC) % v. Soll). b Korrelation von rechtsventrikulärem systolischem Druck (RVSP) (mmHg) mit forciertem
Einsekunden-Volumen (FEV1) % v. Soll). c Korrelation von rechtsventrikulärem systolischem Druck (RVSP) (mmHg) mit Transferfaktor
(DLCO-VA) % v. Soll).
Abb. 2 Korrelation von rechtsventrikulärem systolischem Druck RVSP mit Blutgasen unter Belastung.
a Korrelation von rechtsventrikulärem systolischen Druck (RVSP) (mmHg) mit Sauerstoffpartialdruck
(pO2 unter Belastung) (mmHg). b Korrelation von rechtsventrikulärem systolischen Druck (RVSP) (mmHg) Sauerstoffsättigung
unter Belastung (SO2 unter Belastung) (%).
Tab. 4
Gehstrecke und Blutgase bei Patienten mit Sarkoidose.
Parameter
(Einheit)
|
|
RVSP < 35 mmHg
|
|
RVSP >/= 35 mmHg
|
|
|
N
|
MW ± SD
|
N
|
MW ± SD
|
p
|
Gehstrecke (m)
|
17
|
490 ± 81
|
2
|
423 ± 251
|
n.s.
|
PO2 Ruhe (mmHg)
|
15
|
84 ± 12
|
2
|
65 ± 7
|
0,04
|
pCO2 Ruhe (mmHg)
|
13
|
36 ± 2
|
2
|
41 ± 16
|
0,26
|
SO2 Ruhe (%)
|
17
|
96 ± 1
|
2
|
93 ± 3
|
< 0,01
|
pO2 Belastung (mmHg)
|
16
|
83 ± 11
|
1
|
54 ± 0
|
–
|
pCO2 Belastung (mmHg)
|
13
|
37 ± 3
|
1
|
49 ± 0
|
–
|
SO2 Belastung (%)
|
17
|
96 ± 1
|
2
|
83 ±3
|
< 0,001
|
Von den 123 Patienten waren 70 Echokardiografien zur Auswertung verfügbar. [Tab. 5] zeigt die Echokardiografie-Daten. Die Patienten mit PH hatten mit 29 ± 4 cm2 eine signifikant (p < 0,05) größere rechtsatriale Fläche als die Patienten ohne PH
(17 ± 5 cm2). Die systolische linksventrikuläre Funktion war normal und unterschied sich nicht
zwischen den Patienten mit und ohne rechtsventrikuläre Druckerhöhung. Die Werte des
transmitralen-Einstromprofils (E/A) (p = 0,68) sowie der Quotient (E/E‘) (p = 0,54) aus frühem transmitralem Einstrom (E) und dem frühen Anteil der mittels Gewebedoppler
erfassten Geschwindigkeit des Mitralklappenrings (E‘) unterschieden sich nicht signifikant
zwischen den Patienten mit und ohne PH.
Tab. 5
Echokardiografie bei Patienten mit Sarkoidose (n = 70). Anmerkung: Bei 46 Patienten
war keine Tricuspidalklappeninsuffizienz nachweisbar und somit der RVSP nicht abschätzbar.
Das Fehlen einer Tricuspidalklappeninsuffizienz macht das Vorliegen einer PH unwahrscheinlich,
schließt diese jedoch nicht aus.
Parameter (Einheit)
|
|
RVSP < 35 mm Hg
|
|
RVSP >/= 35 mm Hg
|
|
Trikuspidalklappeninsuffizienz ja/nein
|
17 /46
|
|
7 /0
|
|
|
|
N
|
MW ± SD
|
N
|
MW ± SD
|
p
|
RVSP (mmHg)
|
17
|
23 ± 6
|
7
|
50 ± 18
|
< 0,001
|
RA-Fläche
|
4
|
17 ± 5
|
3
|
29 ± 4
|
< 0,05
|
TAPSE (mm)
|
20
|
24 ± 3
|
3
|
20 ± 5
|
0,09
|
RVOT AccT
|
34
|
120 ± 23
|
4
|
78 ± 34
|
< 0,01
|
E/A)
|
7
|
1,1 ± 0,4
|
3
|
1,0 ± 0,4
|
0,68
|
E/E‘ LV
|
47
|
8,2 ± 3,8
|
2
|
6,5 ± 1,4
|
0,54
|
LVEF (%)
|
34
|
63 ± 10
|
4
|
64 ±6
|
0,89
|
Bei sechs Patienten, welche echokardiografisch einen RVSP ≥/= 35 mmHg aufwiesen, wurde
eine Rechtsherzkatheter-Untersuchung durchgeführt ([Tab. 6]). Vier Patienten wiesen einen mPAP > 25 mmHg auf, ein Patient von 23 mmHg (Borderline-PH).
Durchschnittlich lag der mPAP bei 36,5 ± 16,5 mmHg. Der pulmonale Gefäßwiderstand
(PVR) sowie der zentrale Venendruck (ZVD) waren bei diesen Patienten mit 396 ± 235
dyn × s × cm–5 bzw. 12 ± 3 mm Hg erhöht, Herzzeitvolumen (HZV) und Herzindex (CI) waren mit 4,6 ± 1,1 l/min
bzw. 2,4 ± 0,4 l/min/m2 leicht reduziert ([Tab. 6]).
Tab. 6
Daten der Rechtsherzkatheteruntersuchung bei Patienten mit Sarkoidose, bei denen aufgrund
der vorausgehenden Echokardiografie oder des klinischen Verdachts auf pulmonale Hypertonie
eine Rechtsherzkatheteruntersuchung erfolgte.
Parameter (Einheit)
|
keine PH
|
|
PH
|
|
|
N
|
MW ± SD
|
N
|
MW ± SD
|
mPAP (mmHg)
|
1
|
20
|
6
|
37 ± 16
|
PCWP (mmHg)
|
0
|
–
|
6
|
12,5 ± 3
|
PVR (dyn x sec x cm-5)
|
0
|
–
|
6
|
396 ± 235
|
Herzindex (l/min/m2)
|
0
|
–
|
6
|
2,4 ± 0,4
|
ZVD (mmHg)
|
1
|
6 ± 0
|
6
|
12 ± 3
|
[Tab. 7] zeigt Laborwerte der Patienten mit Sarkoidose.
Tab. 7
Laborparameter bei Patienten mit Sarkoidose.
Parameter (Einheit)
|
|
RVSP < 35 mmHg
|
|
RVSP >/= 35 mmHg
|
|
|
N
|
MW ± SD
|
N
|
MW ± SD
|
p
|
nT-pro-BNP (pg/ml)
|
1
|
45 ± 0
|
5
|
1210 ± 877
|
–
|
Calcium (mmol/l)
|
98
|
2,4 ± 0,1
|
4
|
2,5 ± 0,1
|
0,34
|
Löslicher Interleukin-2-Rezeptor (kU/l)
|
30
|
928 ± 365
|
3
|
1156 ±1034
|
0,40
|
ACE (IU/l)
|
65
|
54 ± 28
|
3
|
53 ± 69
|
0,99
|
Kreatinin (mg/dl)
|
100
|
0,79 ± 0,18
|
4
|
0,88 ± 0,25
|
0,35
|
TSH (mIU/l)
|
76
|
1,62 ± 1,02
|
1
|
1,84 ± 0
|
–
|
Diskussion
Bei der Sarkoidose finden wir eine vergleichbare Häufigkeit der pulmonalen Hypertonie
und des Erkrankungsalters wie bei einem publizierten japanischen Kollektiv [4], jedoch ein selteneres Vorkommen als in einem überwiegend afroamerikanischen Kollektiv
[5]. Dies könnte Folge des unterschiedlichen genetischen Hintergrunds sein. In den USA
wurde eine Häufung von Erkrankungsfällen beim weiblichen Geschlecht [5]
[25], in Japan ein ausgeglichenes Verhältnis mit eher einem überwiegenden Befall beim
männlichen Geschlecht festgestellt [4]. In der vorliegenden Untersuchung konnte dies nicht beobachtet werden. Dies unterstreicht
die Bedeutung des für die klinische Präsentation der Sarkoidose relevanten ethnischen
und möglicherweise genetischen Hintergrundes.
Die Abschätzung der Prävalenz der pulmonalen Hypertonie in diesem Kollektiv ist, bedingt
durch die Einschränkungen, die der retrospektive Ansatz der Analyse mit sich bringt,
ungenau. Die Durchführung einer Echokardiografie war nicht bei jedem Patienten, sondern
bei klinischem Verdacht vorgesehen und somit bei 70 von 123 Individuen erfolgt. Der
alleinigen echokardiografischen Evaluierung kann die pulmonale Hypertonie unter Umständen
entgehen [5]
[10]
[29]. Nicht bei allen Patienten, sondern bei 6 von 7 mit einem echokardiografisch ermittelten
rechtsventrikulären systolischen Druck >/= 35 mmHg war eine Rechtsherzkatheter-Untersuchung
erfolgt. Die invasive Messung bestätigte in 4 Fällen eine manifeste PH mit mPAP ≥ 25 mmHg,
in einem Fall zeigte sich eine Borderline-PH mit einem mPAP 23 mmHg.
Hämodynamisch war die pulmonale Hypertonie bei Sarkoidose leicht- bis schwergradig.
Es fand sich ein eingeschränkter Herzindex und echokardiografisch im Vergleich zu
den Patienten ohne PH eine signifikante Vergrößerung des rechten Vorhofes. Möglicherweise
ist der unterschiedliche Schweregrad auf unterschiedliche zugrunde liegende pathophysiologische
Manifestationstypen zurückzuführen [3]
[25]
[30]
[31]. Hämodynamisch wurde sowohl über eine prä- als auch postkapilläre pulmonale Hypertonie
berichtet [10]. Die systolische linksventrikuläre Funktion der hier untersuchten Patienten war
normal und unterschied sich nicht in den Gruppen mit und ohne pulmonal-arterielle
Druckerhöhung. Das höhere Alter bei PH-Manifestation könnte durchaus ein Hinweis auf
die mögliche Rolle einer diastolischen linksventrikulären Dysfunktion sein. Interessanterweise
waren die männlichen Patienten, die eine PH entwickelten, bei Primärdiagnose der Sarkoidose
bereits signifikant älter als männliche Patienten, die später keine PH entwickelten.
Für die weiblichen Patienten traf dies hingegen nicht zu. Die echokardiografischen
Parameter zur Beurteilung der diastolischen Funktion aus dem transmitralen Flussprofil
sowie der Gewebedoppleruntersuchung des Mitralklappenringes, E/A und E/E‘, unterschieden
sich in den Gruppen mit und ohne PH nicht signifikant. Bei einem Patienten lag der
in der Rechtsherzkatheteruntersuchung gemessene pulmonal-kapilläre Verschlussdruck
(PAWP) > 15 mmHg. Eine diastolische linksventrikuläre Dysfunktion sollte im Einzelfall
auch bei Sarkoidose als Ursache einer pulmonalen Hypertonie in Betracht gezogen und
ggf. ausgeschlossen werden. Die Daten des hier untersuchten Kollektivs lassen es jedoch
nicht zu, die PH bei der Mehrzahl der Patienten auf eine diastolische Dysfunktion
zurückzuführen.
Als Ursachen für eine PH bei Sarkoidose wurde bislang eine Beeinträchtigung des Kapillarbettes
[31]
[32], eine lokale selektive Vasokonstriktion [31], eine Gefäßkompression [3]
[33], eine portale Hypertension [34], PVOD [35], aber auch eine spezifische Vaskulopathie arterieller und venöser Gefäße diskutiert
[3]
[36]. Darüber hinaus wurden vaskulitische Phänomene und thromboembolische Veränderungen
berichtet [37]. Die Beziehung von hämodynamischer Beeinträchtigung und lungenfunktioneller Einschränkung
wurde bislang widersprüchlich diskutiert. So wurden neben einer PH, deren hämodynamisches
Ausmaß mit dem Schweregrad einer Einschränkung spirometrisch erfasster Parameter wie
FEV1 und VC assoziiert ist [25], auch Formen beschrieben, bei denen die PH nicht mit dem Ausmaß radiologischer Veränderungen
[25] und dem Schweregrad der Ventilationsstörung korreliert [3]. In einer kürzlich publizierten Arbeit berichteten Pabst et al. von Patienten mit
pulmonaler Hypertonie und Sarkoidose und untersuchten den Zusammenhang von Hämodynamik
und radiologischem Befall, nicht aber den Zusammenhang von pulmonaler Hypertonie und
Ventilationsstörung [26]. Zudem besteht auch zwischen dem Ausmaß radiologischer Veränderungen und der Einschränkung
der Lungenvolumina keine enge Korrelation [38]. In anderen Arbeiten wurden nur spirometrische Größen, nicht aber Bodyplethysmografie-Parameter
wie intrathorakales Gasvolumen (ITGV) und TLC analysiert. In dem hier untersuchten
Kollektiv unterschieden sich bei Patienten mit und ohne Lungenparenchymmanifestation
FEV1/VC, nicht aber VC, FEV1, TLC, ITGV oder RV. Da die Höhe des RVSP aller Patienten mit Sarkoidose in beiden
Gruppen nicht signifikant verschieden war, andererseits aber bei den Patienten mit
RVSP >/= 35 mm Hg der RVSP bei Patienten ohne Lungenparenchymbefall signifikant höher
war als bei den Patienten mit RVSP >/= 35 mmHg mit Lungenparenchymbefall, schließen
wir, dass das Auftreten einer pulmonalen Hypertonie nicht an eine Lungenparenchymmanifestation
der Sarkoidose gekoppelt sein muss.
In dem hier untersuchten Kollektiv fanden sich beim Vorliegen einer pulmonalen Hypertonie
bei Sarkoidose signifikant niedrigere Werte für die Vitalkapazität, FEV1, den Tiffeneau-Index und den Transferfaktor. Die totale Lungenkapazität war bei den
Patienten mit PH im Trend, nicht aber signifikant niedriger. Für Patienten mit idiopathischer
pulmonal-arterieller Hypertonie wurde eine Reduktion der Atemmuskelkraft beschrieben
[39]. Da in der hier untersuchten Kohorte die Patienten mit PH zwar signifikant niederigere
Werte für die Vitalkapazität und die FEV1 zeigten und die totale Lungenkapazität aber nur im Trend niedriger und geringgradig
eingeschränkt war, stellt sich die Frage, ob bei den Patienten mit Sarkoidose und
PH auch eine Einschränkung der muskulären Kraft der Atempumpe zu einer Einschränkung
der Vitalkapazität und der FEV1 beitragen kann. Da zu wenige Daten aus der Mundverschlussdruckmessung vorlagen, kann
die Funktion der Atempumpe an unserem Kollektiv nicht ausreichend charakterisiert
werden. Dies sollte prospektiv untersucht werden.
Bei Sarkoidose mit PH ist bisher trotz an anderer Stelle beschriebener Assoziation
mit radiologisch höhergradiger Lungenparenchymschädigung und höherer Sauerstoffsupplementationsdosis
kein eindeutiger Zusammenhang der pulmonalen Hypertonie mit einer Hypoxämie belegt
worden [31]
[40]. Die Korrelation der pulmonalen Hämodynamik mit den Blutgasen war auch von anderen
Autoren als schwach beschrieben [32], und es wurde daher diskutiert, ob es sich bei der Sarkoidose-assoziierten PH um
die Folge einer anatomischen Beeinträchtigung des Kapillarbettes handeln könnte. Der
Sauerstoffpartialdruck und die Sauerstoffsättigung in Ruhe und noch deutlicher die
belastungsassoziierte Sauerstoffsättigung waren bei unseren Patienten mit pulmonaler
Hypertonie signifikant niedriger als bei den Patienten mit einem RVSP < 35 mm Hg.
Eine signifikante Korrelation der RVSP-Höhe mit dem Sauerstoffpartialdruck und der
Sauerstoffsättigung fand sich jedoch nur unter Belastungsbedingungen.
Die gezeigten Laborwerte sind aufgrund der geringen Fallzahl nicht statistisch signifikant
verschieden. Die Serum-Spiegel für NT-proBNP sowie des löslichen Interleukin-2-Rezeptors
waren bei den Patienten mit pulmonaler Hypertonie im Trend, aber nicht signifikant
höher als bei den Patienten ohne PH. Die ACE-Spiegel unterschieden sich nicht in den
Gruppen mit und ohne PH ([Tab. 7]). Auch der Serum-Kreatinin war bei den PH-Patienten im Trend höher, die Serum-Kalzium-Spiegel
unterschieden sich nicht.
Therapeutisch ist wegen berichteter Kortikosteroidresponsivität der PH eine Steroidtherapie
erwogen worden [41]. Ob bei ausgeprägter Vasculopathie eine spezifische Lungenhochdrucktherapie sinnvoll
sein kann, ist ungeklärt. Bisherige Berichte über Therapie-Versuche mit vasoaktiven
Medikamenten sind jedoch uneinheitlich. Dies könnte durch eine nicht optimale Patientenselektion
und somit eine Therapie heterogener Kollektive bedingt sein. Für Patienten mit vorwiegend
milder pulmonaler Hypertonie und ausgeprägter Ventilationsstörung und Hypoxämie steht
auch weiterhin die Therapie der Grunderkrankung im Vordergrund. Für Patienten mit
schwerer PH ohne eindeutigen Bezug zur Lungenfunktions- und Oxygenierungsstörung sollte
die Therapie mit vasoaktiven PH-Therapeutika prospektiv mit gut charakterisierten
Patientenkollektiven untersucht werden, nachdem Fallserien hier Erfolge berichteten
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]
[19]
[21]
[22]
[23]
[24].
Häufigkeit und Schwere der PH im hier untersuchten Sarkoidose-Kollektiv entsprechen
den Daten japanischer Patienten. Die PH ist seltener und geringgradiger als bei afroamerikanischen
Patienten. Bei unseren Patienten war die pulmonale Hypertonie mit dem Schweregrad
der Hypoxämie und der Einschränkung von Vitalkapazität und FEV1, nicht aber der TLC und einer Lungenparenchymmanifestation assoziiert. Die prospektive
Evaluierung spezifischer PH-Therapeutika bei Granulomatosen setzt eine genaue Charakterisierung
der Patienten voraus und scheint nur vielversprechend, wenn eine Selektion von Patienten
mit vasculopathischer PH erfolgt, bei denen die PH nicht durch eine Ventilationsstörung
und Hypoxämie bedingt ist. Bei Patienten mit Sarkoidose und pulmonaler Hypertonie
sollte die Funktion der Atempumpe prospektiv untersucht werden.