Vorbemerkungen
Der Beitrag stellt einen Kommentar mit abgeleiteten Thesen zu ausgewählten Ergebnissen
einer Konferenz von PH-Experten aus dem deutschsprachigen Raum dar, welche vom 7. – 9. 6. 2012
in Greifswald/Deutschland stattgefunden hat. Während der Veranstaltung wurden drei
Themenkomplexe (Frühdiagnostik der PH/Leitung: Prof. Olschewski, Graz; Frühe Therapie
bei PH/Leitung: Prof. Ghofrani, Gießen; Geeignete Therapieziele bei PH/Leitung: Priv.-Doz.
Opitz, Berlin) in Arbeitsgruppen sowie im Plenum diskutiert. Die Teilnehmer der Diskussion
in den Arbeitsgruppen sind im Anhang aufgelistet.
Einleitung
Die PH beschreibt den pathophysiologischen Zustand einer Druckerhöhung im kleinen
Kreislauf. Bei Anwendung des Rechtsherzkatheters (RHK) in Ruhe wurden als Normalwerte
ein systolischer Druck von 15 – 25 mmHg, ein diastolischer Druck von 6 – 10 mmHg und
ein Mitteldruck von 13 mmHg benannt [1]. Auf der 1961 durchgeführten ersten WHO-Expertenkonferenz zum „Cor pulmonale chronicum“
wurde das Vorliegen eines mittleren pulmonalarteriellen Drucks (PAPm) > 25 mmHg als
definitiv pathologisch bezeichnet [2]. In weiterer Folge wurde dies als Definition der PH interpretiert. Die WHO-Konferenz
zur PH 1973 gab zur hämodynamischen Definition folgende Bewertung: “The usually accepted
upper limits of normal mean pulmonary artery pressure of 25 mmHg at rest, with a borderline
range of 15 – 25 mmHg, are empirically and arbitrarily defined.” ([3], S. 28 – 29). In beiden WHO-Dokumenten wurde zur PH unter Belastung ausgeführt,
dass aufgrund vieler methodischer Einflüsse keine gute Definition möglich ist. Ungeachtet
dessen wurde noch bis 2008 ein PAPm > 30 mmHg unter Belastung zur Definition der PH
genutzt [4]. Auf der Basis einer umfassenden Literaturanalyse [5] konnte jedoch gezeigt werden, dass der normale pulmonalarterielle Druck liegend
in Ruhe 14,0 ± 3,3 mmHg beträgt, der obere Grenzwert unter Belastung jedoch von der
Art der Belastung und dem Alter abhängig ist. Konsequenterweise wurde deshalb seit
dem 4. Weltsymposium zur PH in Dana Point 2008 auf die Definition einer PH anhand
der Überschreitung eines Grenzwertes für den PAPm unter Belastung verzichtet.
These 1
Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz für die Definition einer manifesten PH anhand
eines PAPm ≥ 25 mmHg in Ruhe bzw. einer belastungsinduzierten PH bei einem PAPm > 30 mmHg
unter körperlicher Belastung. Die aktuelle Definition der manifesten PH ist Ergebnis
einer Festlegung durch Experten.
Die seit Beginn des 19. Jh. zunehmenden Daten zu histologischen Veränderungen der
Lungengefäße bei Patienten mit einem „Cor pulmonale“ und die Systematisierung der
publizierten Fälle zeigte als typische Veränderungen die Proliferation der Intima,
eine Hypertrophie der Media sowie eine Fibrose der Adventitia ([Abb. 1]; [6]). Die kausale Verbindung zwischen der Rechtsherzhypertrophie bzw. -dilatation und
den vaskulären Veränderungen blieb über lange Zeit unerkannt [7]
[8]. Erst durch die humanen Studien zur Anwendung der Fick’schen Gleichung [9] und die ersten Versuche zur medikamentösen Senkung des pulmonalarteriellen Druckes
[10]
[11] konnte der Zusammenhang zwischen gestörter Struktur und Funktion der Gefäße mit
nachfolgender Rechtherzbelastung erkannt werden. In der Folge entstanden mehrere Klassifikationen
der histologischen Veränderungen an den Gefäßen mit einer Graduierung der Schweregrade
[12]
[13]
[14]
[15]. Von einigen PH-Experten wird das Vorliegen sog. plexiformer Läsionen als pathognomonisch
für die Idiopathische Pulmonale Arterielle Hypertonie (IPAH) angesehen, wobei solche
Veränderungen auch bei anderen Formen der Pulmonalen Arteriellen Hypertonie (PAH)
anzutreffen sind. Eigene Untersuchungen [16] und neuere Studien an explantierten Lungen von PAH-Patienten zeigen lediglich eine
schwache Korrelation zwischen histologischen Veränderungen der Gefäße und der Hämodynamik
[17]. Histologische Verlaufsuntersuchungen der pulmonalen Gefäße stehen bisher nur bei
Kindern mit angeborenen Herzfehlern vor bzw. nach einer operativen Korrektur zur Verfügung
[18]. Dabei konnten bei leichter PH nur in 48 % und bei schwerer PH in 76 % der Fälle
histologische Veränderungen gefunden werden. In der Gesamtschau aller berichteten
Fälle konnte eine Rückbildung der histologischen Veränderungen nach operativer Korrektur
gezeigt werden. Histologische Verlaufsuntersuchungen bei Patienten mit gezielter medikamentöser
Therapie der PAH fehlen bisher. Erste frühe Arbeiten zur Gewinnung solcher histologischen
Proben wurden bisher nicht weiter verfolgt [19]. Berichte über die Histologie von mit PAH-Medikamenten behandelten Patienten zeigen
eine nur geringe Beeinflussung der Gefäßveränderungen durch die aktuell verwendeten
Präparate [20]
[21]
[22].
Abb. 1 a Normales Pulmonalgefäß, b pathologisches Pulmonalgefäß mit massiver Intimaproliferation, Mediahypertrophie
und perivaskulärer Fibrosierung, c pathologisches Pulmonalgefäß mit plexiformer Arteriopathie und perivaskulärer Fibrosierung.
Im Gegensatz zur unzureichenden Datenlage bei PAH-Patienten sind Erkenntnisse zu frühen
pulmonalen Gefäßveränderungen bei anderen Patientengruppen umfangreicher vorhanden.
Diese stammen u. a. von COPD-Patienten ohne PH [23]
[24]
[25]
[26] oder Patienten mit interstitiellen Lungenerkrankungen [27]
[28]. Das histologische Bild der kleinen pulmonalen Gefäße ist geprägt von einer Intimahypertrophie
und Muskularisation sowie einer eher gering ausgeprägten Mediahypertrophie.
These 2
Eine frühe PH ist charakterisiert durch histologische Veränderungen der pulmonalen
Gefäße, welche unbehandelt meist progredient verlaufen. Diese allgemein für PAH-Patienten
akzeptierte Aussage, konnte in praxi bisher nicht durch Verlaufsuntersuchungen belegt
werden. Die Diagnostik einer frühen PH anhand von Veränderungen pulmonaler Gefäße
ist aufgrund spärlicher Daten, vor allem aber wegen unzureichender Verfügbarkeit solcher
histologischer Proben nicht praktikabel.
Diagnostische Möglichkeiten zur Erfassung der frühen pulmonalen Vaskulopathie (PV)
Diagnostische Möglichkeiten zur Erfassung der frühen pulmonalen Vaskulopathie (PV)
Erste Daten stammen von COPD-Patienten, bei denen in einem frühen Stadium ihrer Erkrankung
schon Gefäßveränderungen ohne manifeste PH nachweisbar waren. Diese Patienten zeigten
während einer körperlichen Belastung einen pathologischen Druckanstieg in der pulmonalen
Strombahn [29]
[30]. In einer anderen Untersuchung konnte gezeigt werden, dass von solchen COPD-Patienten
(keine manifeste PH, aber eine Belastungs-PH) im Verlauf von 6,8 ± 2,9 Jahren bereits
24 /76 (31,6 %) eine manifeste Ruhe-PH entwickelten. Die Kontrollpatienten (ohne manifeste
oder Belastungs-PH) entwickelten im Verlauf nur in 9/55 (16,4 %) Fällen eine manifeste
Ruhe-PH [31].
Vergleichbare Daten existieren bei Patienten mit einer systemischen Sklerose (SSc),
ohne dass bei diesen eine frühe PV histologisch belegt wurde. So entwickelten von
42 SSc-Patienten mit alleiniger Belastungs-PH im Verlauf von 2,3 ± 1,3 Jahren insgesamt
19 % eine manifeste Ruhe-PH [32]. In einer strukturierten Verlaufsbeobachtung mit 384 SSc-Patienten konnte bei einer
medianen Beobachtung von 3,4 ± 0,5 Jahren bei 18 Patienten eine PH neu diagnostiziert
werden [33].
Aus methodischer Sicht ist anzumerken, dass bei allen genannten Untersuchungen die
Belastungs-PH durch das Überschreiten eines Grenzwertes des PAPm definiert wurde.
Dabei ist zu beachten, dass bei Betrachtung weiterer Parameter (u. a. pulmonal arterieller
Wedgedruck, pulmonalvaskulärer Widerstand, transpulmonaler Gradient) verschiedene
hämodynamische Reaktionsmuster unter Belastung resultieren können [34]. Statt eines Grenzwertes des PAPm zur Definition einer „Belastungs-PH“ kann auch
die Relation zwischen PAPm und Herzzeitvolumen an mehreren Punkten der Belastung erfasst
werden, um eine PV aufzudecken [35]
[36]
[37]. Normwerte für diese Daten und daraus abgeleiteter Parameter wurden für Gesunde
jüngst publiziert [38]. In dieser systematischen Analyse aller publizierten Daten von Rechtsherzkatheteruntersuchungen
von spontan atmenden Probanden in Rückenlage mit mindestens zwei Belastungsstufen
wurde deutlich, dass der PVR nur sehr wenig vom HZV abhängt und daher bereits die
in Ruhe gemessenen Werte auf die Werte unter Belastung schließen lassen.
These 3
Eine frühe PH (bzw. PV) kann mittels RHK durch die Überschreitung eines Grenzwertes
des pulmonalarteriellen Druckes oder über einen überproportionalen Anstieg des PAPm
in Beziehung zum Herzzeitvolumen (HZV-PAPm slope) unter körperlicher Belastung oder
bereits über einen erhöhten pulmonal vaskulären Widerstand in Ruhe erfasst werden.
Problematisch ist aktuell die unzureichende Datenlage zu einer „physiologischen“ Beziehung
von HZV und PAPm unter Belastung und deren Einflussfaktoren bei verschiedenen Erkrankungen
und die fehlende Standardisierung des RHK mit Belastung.
Die Echokardiografie nimmt eine zentrale Stellung bei der Diagnostik, der Differenzierung
der Ursachen und bei der Schweregradbeurteilung der PH ein. Mittels verschiedener
Parameter kann das Vorliegen auch einer frühen Form der PH (anhand der damit verbundenen
veränderten rechtsventrikulären Morphologie und Funktion) mit gewisser Wahrscheinlichkeit
detektiert werden [39]
[40], wobei die Sensitivität (insbesondere in der Frühdiagnostik) auch in Risikogruppen
eher als gering anzusehen ist [41]. Dabei ist zu beachten, dass die Sensitivität zur Erkennung einer frühen PH von
den gewählten Grenzwerten der trikuspidalen Refluxgeschwindigkeit (TRV) abhängig ist.
Bei Patienten (insbesondere bei Vorliegen einer anderweitig nicht erklärbaren Dyspnoe)
erscheint bei einer TRV von 2,9 – 3,4 m/s (entspricht etwa einem systolischen PAP
von 37 – 50 mmHg) das Vorliegen einer PH möglich und es sollte eine invasive Kontrolle
erfolgen [42]. Auch bei Unterschreiten des Grenzwertes der TRV, aber vorhandenen anderen echokardiografischen
Hinweisen auf eine PH oder bei Risikogruppen für die PH (z. B. SSc-Patienten mit ungeklärter
Dyspnoe und einem TRV > 2,5 m/s) kann ein RHK empfohlen werden [43].
Obwohl die Stressechokardiografie (d. h. Untersuchung unter körperliche Belastung)
in den aktuellen Leitlinien nicht zur Diagnostik der PH empfohlen wird, mehren sich
die Daten zur sinnvollen Anwendung dieser Methode zum Screening auf eine frühe PH.
Vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren publizierten Daten scheint bei Patienten
vor dem 50. Lebensjahr ein TRV-Wert von > 3,1 m/s bzw. eine rechtsventrikuläre Dysfunktion
hinreichend verdächtig auf das Vorliegen einer PH [44]
[45]
[46]
[47]. In Analogie zu den Befunden des RHK mit Belastung kann auch während der Stressechokardiografie
die Beziehung zwischen PAP und HZV untersucht werden [48]
[49].
Bei einzelnen Patientengruppen wurde die Sensitivität der Echokardiografie zur Detektion
einer PH durch Kombination mit anderen Variablen erhöht (Erhöhung der sog. Vortestwahrscheinlichkeit).
Bei Patienten mit klinischem Verdacht auf eine präkapilläre PH und einem echokardiografisch
abgeschätzten systolischen PAP > 36 mmHg konnte durch die Kombination mit anderen
Verfahren (Zeichen der rechtsventrikulären Belastung im EKG und Wert des BNP) die
Sensitivität zur nichtinvasiven Erkennung einer präkapillären PH verbessert werden
[50]. Bei Verwendung eines echokardiografischen Grenzwertes zur Detektion einer PH haben
Patienten mit SSc eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer PH bei Bestehen
einer limitierten Form der SSc > 10 Jahre, ungeklärter Dyspnoe bzw. bei Abfalls der
globalen Diffusionskapazität der Lungen für Kohlenmonoxid (DLCO) ( > 15 % im letzten
Jahr bzw. absolut unter einen Wert von 50 % der Norm, [51]).
Es bleibt jedoch anzumerken, dass die Befunde der Echokardiografie eine relevante
„inter-observer“ Variabilität aufweisen [52] und zudem eine relevante Anzahl von Patienten mittels dieser Methode nur unzureichend
untersucht werden kann (Adipositas, Emphysem).
These 4
Mittels der Echokardiografie in Ruhe und unter Belastung können frühe Formen der PH
mit gewisser Wahrscheinlichkeit detektiert werden, wobei die Sensitivität vom gewählten
Grenzwert der TRV abhängig ist. Durch Kombination mit bestimmten Charakteristika der
Patienten und Befunden weiterer diagnostischer Methoden (Laborwerte, EKG-Zeichen)
kann die Sensitivität zur Erkennung der PH verbessert werden. Bei Patienten mit systemischer
Sklerose gelingt dieses auch unter Verwendung des Wertes DLCO, was im Rahmen der DETECT
Studie nochmals gezeigt wurde (Clinicaltrials.gov NCT00706082). In der praktischen
Anwendung sind die Variabilität der erhobenen Befunde und die eingeschränkte Anwendbarkeit
der Methoden bei bestimmten Patienten limitierend.
Weitere bildgebende Methoden zur Frühdiagnostik der PH sind die thorakale Computertomografie
(Thorax-CT) und die thorakale bzw. kardiale Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT). Insbesondere
durch die quantitative Lungenperfusion im Thorax-CT können frühe Formen der PH erkannt
werden, wobei die Strahlenbelastung gegen eine breite Anwendung bei der Frühdiagnostik
im Sinne eines Screenings spricht [53]. Dagegen bietet die MRT des Thorax (einschließlich des Herzens) eine Vielzahl technischer
Möglichkeiten zur indirekten Diagnostik einer PV und deren Einfluss auf die Rechtsherzfunktion
sowie -morphologie [54]
[55]. Mittels moderner MRT-Software kann der pulmonalarterielle Druck ausreichend genau
bestimmt werden [56]. Die MRT stellt somit heute den Goldstandard bei den bildgebenden Methoden in der
Diagnostik der manifesten (aber auch frühen) PH dar und kann insbesondere zur kardialen
Funktion, den Flussverhältnissen und zur Charakteristik des Myokards gute Aussagen
treffen [57]
[58]. Zusätzlich lassen sich mittels der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) auch Aussagen
zum Sauerstoffverbrauch des Myokards und des bevorzugten Weges der Energiebereitstellung
treffen [59]
[60].
These 5
Von den bildgebenden Methoden bietet neben der Thorax-CT auch die MRT gute technische
Möglichkeiten zur Diagnostik einer frühen PH. Aktuell stellt die eingeschränkte Verfügbarkeit
sowie die fehlende Möglichkeit zur Untersuchung von Patienten mit implantierten ferromagnetischen
Elementen eine Limitierung bei der Anwendung der MRT im klinischen Alltag dar.
Für die in diesem Abschnitt beschriebenen diagnostischen Möglichkeiten zur Erfassung
einer frühen PH bzw. PV fehlt aus erkenntnistheoretischer Sicht bisher der Nachweis,
ob die dokumentierten hämodynamischen, funktionellen und morphologischen Veränderungen
alleinig schon die mögliche Entwicklung in Richtung einer manifesten PH anzeigen ([Abb. 2]). Bisherige Untersuchungen basieren auf der Analyse von Risikopopulationen für die
Entstehung einer PH, von denen jedoch auch jeweils nur ein Teil der Patienten dann
eine manifeste PH entwickelt. So weisen Angehörige von IPAH-Patienten mit einer BMPR2
Mutation häufig einen überproportionalen Druckanstieg bei körperlicher Belastung und
eine gestörte pulmonale Vasoreagibilität auf, jedoch ist nicht bekannt, ob diese Patienten
häufiger eine manifeste PH entwickeln [61]
[62]. Somit bleibt die Hoffnung, bisher bekannte genetische Merkmale in Risikogruppen
von Patienten für eine Frühdiagnostik zu nutzen, durch die geringe Penetranz der beschriebenen
genetischen Marker hinsichtlich der Entstehung einer manifesten PH begrenzt. Die aktuell
laufende prospektive DELPHI-2-Studie (Clinicaltrials.gov NCT 01600898) zur Früherfassung
einer PH bei asymptomatischen BMPR-2 Mutations-Trägern wird hierzu sicher neue Erkenntnisse
generieren.
Abb. 2 Modell für die Entwicklung einer PH über die Zeit in vier Stadien (PAP: pulmonal-arterieller
Druck; HZV: Herzzeitvolumen; RV: rechter Ventrikel).
Das Vorliegen bestimmter anamnestischer Befunde (Dyspnoe unklarer Genese, längere
Erkrankungsdauer) in Kombination mit auffälligen Befunden apparativer Verfahren (geringer
Wert der Diffusionskapazität bzw. der Abfall des Wertes über die Jahre) zeigt bei
Patienten mit SSc eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine PV an [63]. Neuere Daten zu dieser Frage sind durch die bereits abgeschlossene DETECT Studie
(Clinicaltrials.gov NCT00706082) zu erwarten.
Eine Vielzahl anamnestischer Daten sowie klinischer, apparativer und laborchemischer
Befunde werden aktuell zur Beschreibung der Erkrankungsschwere, der Prognose und teilweise
auch zur Vorhersage eines therapeutischen Ansprechens bei Patienten mit manifester
PH verwendet (z. B. periphere endotheliale Dysfunktion [64]
[65]; Biomarker [66]; Spiroergometrie [67]
[68]). Zur frühen Diagnosestellung einer PH bzw. PV sind sie entweder unzureichend untersucht
bzw. aus methodischer Sicht ungeeignet. Letztere sind solche Parameter, welche die
rechtsventrikuläre Funktion bzw. deren Beeinträchtigung anzeigen. Insbesondere die
Spiroergometrie hat jedoch das Potenzial, zukünftig bei der Frühdiagnostik der PH
eine bedeutsame Rolle zu spielen. So konnten (nach Ausschluss eines Shunts bzw. relevanter
ventilatorischer Einschränkungen) über den Nachweis einer Atemeffizienzstörung am
aerob-anaeroben Übergang (anaerobic threshold, AT) (VE/VCO2 an AT > 40 mmHg bzw. den endtidalen Partialdruck für CO2 an der AT (petCO2 an AT) < 30 mmHg) frühe Formen einer PV detektiert werden [69]. Diese Daten wurden mit vergleichbaren Grenzwerten bei verschiedenen Patientengruppen
nachvollzogen [70]
[71]. Allerdings konnte mittels spiroergometrischer Parameter, u. a. der VE/VCO2 an AT, nicht zwischen Patienten mit vs. ohne Belastungs-PH unterschieden werden [71]. Ungeachtet der noch offenen Fragen bei der Anwendung zur CPET bei der Diagnostik
einer frühen PH, wird übereinstimmend eine reduzierte kardiopulmonale Belastbarkeit
und gestörte Atemeffizienz bei Patienten ohne manifeste PH aber mit PV nachgewiesen
[72]
[73]
[74]
[75].
Vor diesem Hintergrund ist es überraschend, dass sich weder in aktuellen Übersichten
zur Frühdiagnostik der PH [76]
[77] noch in der kürzlich zu dieser Fragestellung durchgeführten DETECT Studie (Clinicaltrials.gov
NCT00706082) ein Hinweis auf die CPET findet.
Möglichkeiten und Grenzen einer frühen gezielten Therapie der PH
Möglichkeiten und Grenzen einer frühen gezielten Therapie der PH
Nach dem aktuellen Verständnis wird unter einer „frühen Therapie“ die Einbeziehung
von Patienten mit manifester PH, aber noch geringer Einschränkung der Funktionsklasse
(FC) verstanden. Die Rationale für dieses Vorgehen liegt darin begründet, dass die
verfügbaren medikamentösen Ansätze zur gezielten Behandlung bisher ausnahmslos nur
für PAH-Patienten ab einer FC II zugelassen sind. Hintergrund dafür ist, dass Patienten
mit einer FC I bisher kaum diagnostiziert und somit auch nicht in Therapiestudien
eingeschlossen wurden. Auch in den weltweit existierenden PH-Registern sind Patienten
mit einer FC I eine ausgesprochene Rarität [78]
[79]
[80].
Das auch die PAH-Patienten mit einer FC II von einer gezielten Therapie profitieren
können, wurde durch Subgruppenanalysen in den unterschiedlichen Zulassungsstudien
belegt. Zur Bestätigung dieser Daten wurde die EARLY-Studie ausschließlich mit PAH-Patienten
in der FC II durchgeführt [81]. Es konnte gezeigt werden, dass die Verum-Patienten unter der gezielten PAH-Therapie
mit Bosentan eine signifikante hämodynamische Verbesserung und weniger klinische Ereignisse
nach 6 Monaten aufwiesen. Anzumerken gilt, dass im hämodynamischen Sinne keine „frühen“
Formen der PH eingeschlossen wurden (PAPm im Mittel > 50 mmHg bei Einschluss).
Für SSc-Patienten ohne manifeste PAH (PAPm < 25) wurde kürzlich eine erste Therapiestudie
publiziert [82]. Bei dieser monozentrischen, unkontrollierten Studie zeigten alle der 10 Patienten
unter körperlicher Belastung einen Anstieg des PAPm > 30 mmHg (bei 50 Watt 28,1 ± 5,5 mmHg).
Sie wurden nach Diagnosestellung zunächst über 12 Monate beobachtet und anschließend
für 6 Monate mit Bosentan behandelt. Der primäre Endpunkt war der PAPm bei 50 Watt,
welcher in der Beobachtungsphase signifikant anstieg (auf 32,1 ± 5,9) und unter Therapie
dann wieder leicht abfiel (30,6 ± 6,4), statt, wie erwartet, weiter anzusteigen. Bei
der Einzelanalyse der Daten wurde jedoch deutlich, dass nicht alle Patienten von der
gezielten Therapie profitiert haben.
Bei den Betrachtungen zur frühen gezielten Therapie wurde die Gruppe der Patienten
mit angeborenem Herzfehler (insbesondere die mit deutlichem Restshunt und bestehender
Shuntumkehr, dem sog. „Eisenmenger-Syndrom“) nicht berücksichtigt. Diese Patienten
sind meistens schon seit dem Kindesalter bekannt, sodass sich die Frühdiagnostik erübrigt.
Die jahrelange Hyperperfusion der Lungen ist bei diesen Patienten ursächlich für den
pulmonalvaskulären Umbau und letztendlich die Entstehung der PAH verantwortlich. Daher
ist man mit der frühzeitigen gezielten PAH-Therapie bei wenig symptomatischen Patienten
(FC I/II) derzeit noch zurückhaltend. Hintergrund sind Befürchtungen, dass man mit
einer verbesserten Lungendurchblutung nicht doch das ursächliche Krankheitsgeschehen
weiter anheizt.
These 6
Die gezielte medikamentöse Behandlung von P(A)H-Patienten ist aktuell auf Patienten
ab einer FC II ausgerichtet. Aufgrund der unzureichenden Datenlage sollten zukünftig
kontrollierter Therapiestudien auch mit Patienten in der FC I erfolgen.
Ableitung von Therapiezielen bei Patienten mit unterschiedlichen Formen der PH
Ableitung von Therapiezielen bei Patienten mit unterschiedlichen Formen der PH
Es ist aus klinischer Sicht durchaus nachvollziehbar, dass zur Beschreibung von „Therapiezielen“
bei der Behandlung von bisher seltenen und/oder nicht heilbaren Erkrankungen sog.
Surrogate (Marker/Befunde/Parameter) als Ersatz genutzt werden. Da die PH relativ
selten und eine Heilung aktuell nicht möglich ist, werden als Surrogate häufig Faktoren
mit relevanter prognostischer Bedeutung gewählt. Hintergrund ist die Vorstellung,
an der „positiven“ Beeinflussung solcher Faktoren auch eine Verbesserung der Prognose
ablesen zu können. Obwohl in der Onkologie [83]
[84], aber auch in der Kardiologie [85] klare Empfehlungen zur Erstellung diesbezüglicher prognostischer Parameter existieren,
sind kaum solch valide erstellten Marker für PH-Patienten vorhanden. Die Gewinnung
solcher Daten ist aktuell Gegenstand des amerikanischen REVEAL-Registers, welches
prospektiv die prognostischen Faktoren für das 1-Jahresüberleben erfasst [86]. Als sog. Replikationskohorte gelten hierbei die eingeschlossenen „inzidenten“ Fälle.
Ein abgeleiteter Score zur Abschätzung der Prognose [87] wurde mittlerweile auch an anderen Kohorten überprüft [88]. Auch in Frankreich wird eine Studie zur Erfassung von Prognosefaktoren und Zielkriterien
bei PAH-Patienten durchgeführt (EFORT Studie, Clinicaltrials.gov NCT 01185730).
Auch die Gleichsetzung von prognostisch relevanten Faktoren mit Zielkriterien einer
Therapie bedarf in der klinischen Praxis der Bestätigung in gut geplanten Studien.
So konnte ungeachtet der prognostischen Bedeutung einer gestörten Hämodynamik bei
Patienten mit Herzinsuffizienz mehrfach gezeigt werden, dass die akute hämodynamische
Verbesserung mittels inotroper Medikamente zu einer Übersterblichkeit der „gebesserten“
Patienten führte (FIRST Studie, [89]). Für Patienten mit PH fehlen bisher prospektiv geplante Studien zum Nachweis des
prognostischen Gewinns durch die Beeinflussung bestimmter Befunde/Parameter. Erste
retrospektive Analysen [90] weisen zumindest darauf hin, dass die an Zielkriterien orientierte Therapie eine
Verbesserung der Prognose zur Folge hat. In Ermangelung solcher in prospektiven Studien
geprüften Daten wurden in den geltenden Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie von
Patienten mit PH etablierte „Prognosekriterien“ als „Zielkriterien“ verwendet [91]
[92]. Dabei gilt es zu beachten, dass diese Parameter überwiegend aus Studien mit PAH-Patienten
und vor dem Beginn einer spezifischen Therapie gewonnen wurden. Zudem basieren diese
Befunde auf Patienten, welche bei Einschluss in die Studien bzw. Register deutlich
jünger als die meisten aktuell betreuten Patienten waren. Erste Daten aus dem Compera-Register
belegen, dass bei den heute behandelten Patienten der Anteil der über 65-jährigen
deutlich zugenommen hat und damit auch wichtige (und meist die Prognose beeinflussende)
Komorbiditäten zunehmen [93]. In einer kürzlich publizierten Studie mit IPAH-Patienten konnte eindrucksvoll nachgewiesen
werden, dass sich im Verlauf einer gezielten Behandlung die prognostisch relevanten
Parameter ändern [94]. Während die 6-Minuten-Gehstrecke (6-MWD) vor Therapiebeginn eine Prognoseabschätzung
ermöglichte, korrelierten im weiteren Verlauf unter gezielter Therapie weder die Veränderungen
noch ein Grenzwert der 6-MWD mit dem Überleben der untersuchten IPAH-Patienten in
der multivariaten Analyse.
Ungeachtet der bestehenden Limitierungen wurde die verfügbare Literatur am Beispiel
der Patienten mit IPAH dahingehend analysiert, ob es neuere Daten zu prognostisch
relevanten Parametern/Befunden gibt und ob diese sich als Zielkriterien einer Therapie
eignen. Übergreifend wurde auf dem Expertentreffen auch für andere PH-Formen die Datenlage
zu den vorliegenden Prognose- und Zielkriterien diskutiert, wobei die Ergebnisse in
der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt werden.
Prognosefaktoren und Zielkriterien einer gezielten Therapie bei Patienten mit IPAH
Schon seit Jahrzehnten wird versucht, anhand von sog. Prognosefaktoren IPAH-Patienten
mit erhöhtem Risiko für ein schlechtes Überleben zu identifizieren. Verständlicherweise
sind solche Faktoren u. a. von der Struktur der ausgewerteten Patienten (Alter, Komorbiditäten),
dem methodischen Ansatz solcher Datensammlungen, der Form der statistischen Analysen
sowie nicht zuletzt von der angewendeten Therapie abhängig. Ungeachtet dessen wird
jedoch deutlich, dass die NYHA Klasse, die Rechtsherzfunktion (vorbestehendes Rechtsherzversagen),
echokardiografische Parameter (u. a. tricuspid annular plane systolic excursion, TAPSE;
Nachweis eines Perikardergusses), der Cardiac Index (CI) bzw. der rechtsatriale Druck
(RAP), die kardiopulmonale Belastbarkeit (Sauerstoffaufnahme [VO2] bzw. 6-MWD) sowie die Befunde ausgewählter Laborwerte (u. a. natriuretischer Peptide,
wie NT proBNP) gut geeignet sind, die Prognose der IPAH-Patienten zu bewerten. Es
ist daher nachvollziehbar, dass diese Werte zur Beschreibung des Schweregrades bzw.
der Prognose bei der Therapieentscheidung genutzt werden, was erstmalig 2006 [95] und dann später in den amerikanischen und europäischen Therapieempfehlungen beschrieben
wurde [91]
[96]. Es wurde dabei deutlich gemacht, dass die Prognose nicht an einem einzelnen Parameter
festgemacht werden kann und zudem diese Parameter überwiegend nur für die IPAH-Patienten
gelten. Zudem wurden die empirisch gewonnenen Parameter in den europäischen Empfehlungen
zur Charakterisierung eines stabilen vs. instabilen Patientenzustandes genutzt und
dabei andere als in der Literatur beschriebene Grenzwerte herangezogen.
Bisher ist bei den Betrachtungen etablierter prognostischer Daten unzureichend berücksichtigt,
ob es sich um Ausgangswerte vor Beginn einer spezifischen PAH-Therapie handelt oder
ob diese Werte auch nach Etablierung solcher Therapien gelten. Mehrfach konnte gezeigt
werden, dass nach Etablierung einer spezifischen Therapie (meist kontrolliert nach
3 Monaten) andere prognostische Parameter bzw. andere Grenzwerte als vor Beginn einer
Therapie gelten [94]
[97].
Als Grundlage der Aufbereitung der Daten galt die Übersichtsarbeit zu Prognosefaktoren
bei IPAH [98], welche Untersuchungen bis August 2009 berücksichtigt hat. Es wurde daher gezielt
nach publizierten Daten gesucht, welche in diese vorliegende Analyse noch nicht eingegangen
waren. In der genannten Arbeit wurden 107 Parameter mit Einfluss auf die Mortalität
herausgearbeitet (11 anamnestische/klinische Befunde; 18 EKG-Befunde und apparative/laboranalytische
Daten; 16 echokardiografische bzw. MRT-Befunde und 35 hämodynamische Daten). Dabei
wurde deutlich, dass es auch für die sog. etablierten Prognosefaktoren sehr unterschiedliche
Ergebnisse hinsichtlich ihres Einflusses auf das Überleben der jeweils untersuchten
Patienten gibt ([Tab. 1]).
Tab. 1
Darstellung ausgewählter Parameter hinsichtlich ihres Einflusses auf das Überleben
der Patienten (nach [98]).
Parameter
|
Überwiegend mit Einfluss auf das Überleben
|
Überwiegend ohne Einfluss auf das Überleben
|
Hämodynamische Parameter
|
|
|
Mittlerer pulmonalarterieller Druck
|
|
x
|
Mittlerer rechtsatrialer Druck
|
x
|
|
Herzzeitvolumen
|
|
x
|
Rechtsventrikulärer enddiastolischer Druck
|
|
x
|
Pulmonalvaskulärer Widerstand
|
x
|
|
Schlagvolumenindex
|
x
|
|
Gemischtvenöse Sättigung
|
x
|
|
Funktionelle Befunde
|
|
|
Funktionelle Klasse
|
x
|
|
6-Minuten-Gehstrecke
|
x
|
|
Diffusionskapazität für CO
|
|
x
|
Herzfrequenz
|
x
|
|
Nachweis eines Perikardergusses
|
x
|
|
Hämodynamische Parameter
Neben den bereits in der Übersichtsarbeit [98] genannten Studien konnten weitere Arbeiten einen signifikanten Einfluss auf das
Überleben der Patienten für die gemischtvenöse Sättigung (SvO2) zeigen [94]
[99]
[100]. Auch ein niedriger PVR [67]
[100]
[101]
[104], ein höherer CI [94]
[100]
[102] sowie ein niedriger RAP [79]
[87]
[94]
[103]
[105] waren signifikant mit einem besseren Überleben assoziiert.
These 7
Von den hämodynamischen Variablen scheinen für die prognostische Beurteilung von IPAH-Patienten
folgende besonders geeignet: der RAP, der PVR und das HZV (bzw. der CI oder die Sv02).
Funktionelle Befunde
Die funktionelle Klasse der Patienten vor Beginn einer gezielten Therapie ist signifikant
mit dem Überleben assoziiert, was mehrfach bestätigt wurde [106]
[107]
[108]. Dabei galt, je niedriger die FC (I/II) vor Therapie war, desto besser war das Überleben
unter Therapie.
In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass eine längere 6-MWD vor Beginn
einer gezielten Therapie mit einem besseren Überleben assoziiert war. So wurde in
der PACES Studie anhand von 267 PAH-Patienten (davon mehr als 75 % IPAH) gezeigt,
dass eine reduzierte 6-MWD (im Mittel 182 Meter; Spanne 108 – 238) eine erhöhte Sterblichkeit
anzeigte [109]. Somit wurden ältere Daten bestätigt, die unter intravenöser Therapie mit Epoprostenol
für Patienten mit einer 6-MWD von unter 250 Metern eine schlechtere Prognose zeigten
[110]. Auch für andere gezielte Therapien der PAH konnte der Zusammenhang zwischen reduzierter
Gehstrecke und schlechterer Prognose belegt werden [68]
[102]
[103]
[106]
[111]
[112].
Metaanalyse unter Einbeziehung von Zulassungsstudien der PAH-Medikamente über 12 – 16
Wochen konnten bestätigen, dass die 6-MWD unter der jeweils geprüften aktiven Substanz
signifikant verbessert wurde [113]
[114]. Vor 405 Patienten unter Tadalafil über 16 Wochen konnte eine minimale klinisch
bedeutsame Differenz der 6-MWD unter Therapie von 33 Metern ermittelt werden [115]. Die Überschreitung dieser Differenz geht mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer
Verbesserung der Prognose einher. In einer Metaanalyse aller FDA-Zulassungsstudien
von PAH-Medikamenten (n = 2404 Patienten) konnte eine Verbesserung der 6-MWD unter
Verum gegenüber Plazebo von 22,4 Metern im Mittel errechnet werden. Die Wahrscheinlichkeit
zur Verbesserung des klinischen Verlaufes unter Therapie wurde jedoch erst bei einer
Überschreitung der Zunahme von im Mittel 41,8 Metern signifikant erhöht [116]. Eine neuere Metaanalyse mit 3112 Patienten aus randomisierten Studien konnte interessanterweise
keinen Einfluss der Differenz der 6-MWD unter Therapie und Verbesserung der klinischen
Endpunkte finden [117].
Somit bleibt die prognostische Bedeutung der Differenz der 6-MWD unter laufender Therapie
aufgrund der unterschiedlichen Bewertungen weiter offen.
Bei Verwendung der Spiroergometrie als Belastungstest zeigte die Analyse von 40 Kindern
mit PAH (davon 20 mit IPAH), dass eine peak VO2 < 45 % der Norm mit einem schlechteren klinischen Verlauf verbunden war (Tod oder
Beginn einer Epoprostenolgabe) [118]. Die Untersuchung eines gemischten Patientengutes (68 IPAH- und 40 PAH-Patienten)
konnte im Beobachtungszeitraum von knapp 5 Jahren zeigen, dass eine reduzierte Atemeffizienz
für CO2 an der AT, ein geringerer Partialdruck für CO2 an der AT und eine geringere Sauerstoffaufnahme an der AT sowie der Nachweis oder
die Entwicklung eines Rechts-Links-Shunts unter Belastung signifikant mit einem schlechterem
Überleben verbunden waren [107].
In einer anderen Arbeit wurden 226 Patienten mit IPAH über 4 ± 3 Jahre verfolgt und
in der multivariaten Analyse für die peak V02 (in Prozent der Norm) ein signifikanter Zusammenhang mit dem Überleben dokumentiert
[67]. Bei 85 IPAH-Patienten wurde eine signifikante Assoziation mit dem Überleben für
die peak VO2, den VE/VCO2 slope und die Atemeffizienz für C02 an der anaeroben Schwelle nachgewiesen [68].
Für die Diffusionskapazität für CO fand sich eine signifikante Assoziation mit dem
Überleben lediglich bei Analysen mit gemischten PAH-Patientengruppen [87]
[88]
[106]
[119], sodass dieser Befund eher nicht für die IPAH-Patienten spezifisch ist.
Eine signifikante Assoziation mit dem Überleben konnte für die Herzfrequenz in Ruhe
(aber auch für den Anstieg unter Belastung) bei 226 IPAH-Patienten bestätigt werden
[67]. Auch anhand der Analyse der Daten von PAH-Patienten (unter Einbeziehung von IPAH-Patienten)
konnte ein signifikanter Einfluss der Herzfrequenz nachgewiesen werden [86]. In einem gemischten Patientengut (IPAH, PAH) von Kindern war der Nachweis einer
gestörten HF-Variabilität mit einem schlechten Überleben verbunden [120]. Der Abfall der Herzfrequenz in der ersten Minute nach einem 6-Minuten-Gehtest war
bei 75 IPAH-Patienten signifikant mit einem schlechteren klinischen Verlauf (einschließlich
Tod) einhergehend [121]. Keinen Einfluss auf die Prognose (Tod/Transplantation) hatte die Herzfrequenz bei
19 Patienten mit IPAH [122].
Von den laborchemischen Parametern wurde eine signifikante Assoziation mit dem Überleben
bei IPAH-Patienten für das NT proBNP (vor und unter Therapie, [92]), einen erhöhten Spiegel der proinflammatorischen Zytokine [123]
[124], einen Wachstumsdifferenzierungsfaktor [125] und für Angiopoietin-2 [126] nachgewiesen.
Von den vielfältig untersuchten echokardiografischen Parametern waren bei IPAH-Patienten
folgende signifikant mit dem Überleben assoziiert: Quotient aus RVEDD/LVEDD [127] und der echokardiografisch abgeschätzte systolische PAP [106]. In verschiedenen Analysen von IPAH-Patienten konnte eine Reihe von Variablen mit
einem signifikanten Einfluss auf das Überleben dokumentiert werden ([Tab. 2], [128]
[129]
[130]
[131]). Interessanterweise waren der TEI-Index und der Nachweis eines Perikardergusses
in einzelnen Analysen hinsichtlich des Überlebens nicht signifikant.
These 8
Die günstigere FC (I/II gegenüber III/IV) sowie eine längere 6-MWD (mehr als 250 Meter)
vor Beginn einer gezielten Therapie sind mit einem besseren Überleben assoziiert.
Gleiches gilt für eine höhere peak V02, eine bessere Atemeffizienz sowie echokardiografische Zeichen der erhaltenen rechtsventrikulären
Funktion. Auch für ausgewählte laborchemische Befunde konnte eine signifikante Assoziation
mit dem Überleben gezeigt werden. Die Zunahme der 6-MWD von mehr als 33 [116] bzw. 42 [117] Metern sowie der Abfall der NT proBNP [93] unter laufender Therapie erhöht die Wahrscheinlichkeit eines besseren klinischen
Verlaufes.
Verwendung von Prognoseformeln
Verwendung von Prognoseformeln
Basierend auf den Daten des seit 1981 durch das National Heart, Lung and Blood Institut
des National Institutes of Health (NIH) unter Mitwirkung von 32 amerikanischen Zentren
etablierten Registers, wurde die erste Prognoseformel für das Überleben von IPAH-Patienten
aufgestellt. Diese Formel war über Jahrzehnte die Grundlage für die Berechnung der
Lebenserwartung einer sog. „historischen Kontrollgruppe“ für vergleichende Untersuchungen
[132]. Diese erste NIH-Formel für das Überleben der IPAH-Patienten basierte auf drei hämodynamischen
Kriterien (PAPm, RAPm, CI) vor Beginn einer Therapie.
Anhand der Daten von 576 PAH-Patienten eines amerikanischen Zentrums (idiopathische,
familiäre Form und Appetitzügler assoziierte Form) aus den Jahren 1982 – 2007 wurde
eine weitere Formel zur Prognoseabschätzung entwickelt [133]. Auch diese schließt die aus der NIH-Formel bekannten hämodynamischen Parameter
ein. Durch die Angabe von Konfidenzintervallen und die getrennte Berechnung von hämodynamischen
Respondern vs. Nicht-Respondern kann diese Pulmonary Hypertension Connection (PHC)
Formel das beobachtete Überleben deutlich besser als die NIH-Formel voraussagen.
Auf der Basis der seit 2002 in 17 Zentren rekrutierten 354 PAH-Patienten (idiopathische,
familiäre Form und Appetitzügler assoziierte Formen) des französischen Registers wurde
eine neue Überlebensformel erstellt. Dafür wurden jedoch nur die 190 inzidenten Fälle
aus der prospektiven Erfassung und die in den letzten drei Jahren diagnostizierten
Fälle eingeschlossen [134]. In diese „französische“ Formel gingen das Geschlecht, die 6-MWD und das HZV vor
Start einer gezielten Therapie ein.
Aus den Daten der multizentrisch in den USA erhobenen 2716 PAH-Patienten wurden nach
einer mittleren Beobachtung von 521 (Spanne 1 – 731) Tagen die Prädiktoren für das
Überleben nach 12 Monaten analysiert und daraus ein Score zur Abschätzung der Prognose
bei PAH-Patienten erstellt [88]. In diesen gingen die Werte mit signifikantem Einfluss auf das Überleben ein (u. a.
die 6 MWD (> 440 vs. < 165 Meter), das Geschlecht (bei über 60 Jahren), Herzfrequenz
in Ruhe (> 92 /min vs. < 92 /min), PVR (> 32 WU vs. < 32 WU), FC IV sowie das Vorliegen
einer renalen Insuffizienz). Die praktische Anwendung dieses Scores wurde mittlerweile
an anderen Kohorten überprüft [88].
Kürzlich wurde vorgeschlagen, zukünftig die Entwicklung eines komplexen Scores zur
Abschätzung der Prognose von PAH-Patienten mittels moderner mathematischer Modellierungen
voranzutreiben [135]. In diesen sollen dann neben hämodynamischen Variablen (HZV, CI, RAP, Compliance),
echokardiografische Befunde (RV/LV Quotient, Geschwindigkeits-Zeit-Integral, Schlagvolumenindex),
MRT-Daten (Schlagvolumen und -index, RV-Masse, Konfiguration des Ventrikelseptums)
und Biomarker (BNP, NT proBNP, Toponin T, Kreatininclearance und Serumkonzentration
für Natrium) eingehen. Interessanterweise wurde dabei die Wichtung der Bedeutung einzelner
Parameter in einem solchen „Heart Score“ als Ziel angegeben.
These 9
Zur Bestimmung der Prognose von IPAH-Patienten wurden mehrfach Formeln für die praktische
Anwendung aus untersuchten Patientengruppen erstellt. Sie basieren jeweils auf funktionellen
oder hämodynamischen Befunden vor Beginn einer spezifischen Therapie ([Abb. 3]). Die generelle Verwendung von Grenzwerten, die aus bestimmten Patientengruppen
unter spezifischen Bedingungen der Therapie abgeleitet wurden, erscheint problematisch.
Abb. 3 Etablierte Faktoren mit Einfluss auf die Prognose bei (I)PAH-Patienten (Abkürzungen
siehe Text).
Ausblick
Das pathophysiologische Verständnis der P(A)H hat sich in den letzten 20 Jahren enorm
entwickelt, was sich u. a. durch die Einführung einer Vielzahl therapeutischer Optionen
manifestiert. Im Ergebnis kann für die Mehrzahl der P(A)H-Patienten heute ein verlängertes
Überleben bei verbesserter kardiopulmonaler Leistungsfähigkeit erreicht werden. Zur
Fortführung dieser Entwicklung bedarf es neuer Strategien eines frühzeitigen Screenings
auf das Vorliegen einer frühen PH (insbesondere bei Risikogruppen). Dazu ist es notwendig,
über krankheitsspezifische Fragebögen und geeignete nicht-invasive apparative Methoden
oder laborchemische Parameter die „Vortestwahrscheinlichkeit“ für die diagnosesichernde
invasive Diagnostik zu erhöhen. Frühe Formen der PH lassen sich nur über die Durchführung
von Belastungsuntersuchungen sichern. Hier sind weitere Arbeiten zu Standardisierung,
Bestimmung der Normalwerte und Einflussfaktoren notwendig.
Es sollte bei zukünftigen Entwicklungen auf dem Gebiet neuerer medikamentöser Ansätze
geprüft werden, ob eine Wirksamkeit auch für die frühen Formen der P(A)H vorhanden
ist. Bisher bereits zugelassene Medikamente sollten mit solchen Patienten in kontrollierten
Studien unter der Fragestellung einer Indikationserweiterung getestet werden.
Anlage:
Teilnehmer am Expertentreffen waren (in alphabetischer Reihenfolge) Prof. Dr. J. Behr,
Bochum, PD Dr. D. Bondermann, Wien, Dr. T. Bollmann, Greifswald; Dr. S. Desole, Innsbruck;
Prof. Dr. R. Ewert, Greifswald; Prof. Dr. H. A. Ghofrani, Gießen; PD Dr. S. Gläser,
Greifswald; PD Dr. A. Hager, München; Dr. M. Halank, Dresden; Dr. M. Held, Würzburg;
Prof. Dr. C. Kähler, Innsbruck; PD Dr. G. Kovacs, Graz, Prof. Dr. I. Lang, Wien; Dr.
T. Lange, Regensburg; PD Dr. H. Leuchte, München; Prof. Dr. F. J. Meyer, München;
Prof. Dr. R. Naeije, Brüssel; Prof. Dr. A. Olschewski, Graz; Prof. Dr. H. Olschewski,
Graz; PD Dr. C. F. Opitz, Berlin; PD Dr. D. Skowasch; Prof. Dr. R. Speich, Zürich;
Dr. H. Tiede, Gießen/Marburg; PD Dr. S. Ulrich, Zürich; Dr. Voswinckel, Gießen; Prof.
Dr. H. Wilkens, Homburg.
Tab. 2
Echokardiografische Variable mit Einfluss auf das Überleben (nach [128]
[129]
[130]
[131]).
TAPSE; TAPSE < 15 mm
|
RV-Verkürzungsfraktion
|
Moderate/schwere Trikuspidal-Regurgitation
|
Y-Typ des Flusses in die obere Hohlvene
|
Inspiratorischer Kollaps der Vena cava
|
LV-Exzentrizitätsindex in der Diastole ≥ 1,7
|
LV enddiastolisches Volumen
|
RV-Diameter < 36,5 mm
|
Vorliegen eines Perikardergusses
|