Fragestellung
In der Literatur finden sich zahlreiche Beschreibungen kongenitaler Lungen- und Atemwegsfehlbildungen
mit Angaben zur Klinik, Diagnostik, Therapie und Häufigkeit. Ziel dieser retrospektiven
Analyse war es, die an der Kinderklinik Erlangen aufgetretenen Fälle an angeborenen
Anomalien in dem Zeitraum vom 1.1. 2000 bis 15. 4. 2011 zu beschreiben und mit publizierten
Daten zu vergleichen. Hierzu wurden neben den klinischen Symptomen und diagnostischen
bzw. therapeutischen Maßnahmen auch assoziierte Missbildungen untersucht.
Material und Methode
Grundlage dieser Arbeit waren Daten aus den Krankenakten von Kindern, die in dem Zeitraum
vom 1.1. 2000 bis 15. 4. 2011 an der Kinderklinik Erlangen stationär bzw. teilstationär
aufgrund einer Lungenfehlbildung behandelt wurden. Nicht berücksichtigt wurden dabei
ausschließlich ambulant behandelte Patienten, da diese erst seit wenigen Jahren digital
erfasst werden und hierzu somit keine vollständige und statistisch relevante Aussage
getroffen werden kann. Die Retrospektivanalyse erfolgte anhand des ICD-Diagnoseschlüssels,
mit dessen Hilfe zunächst Namenslisten der in der Kinderklinik therapierten Patienten
erstellt und anschließend die Krankenakten gesichtet wurden.
Ergebnisse
In dem Zeitraum vom 1.1. 2000 bis 15. 4. 2011 wurden 121 Kinder aufgrund einer angeborenen
Lungen- bzw. Atemwegsfehlbildung in Erlangen vorgestellt und therapiert.
68,6 % (n = 83) der Kinder waren männlich und 31,45 % (n = 38) weiblich. Die Patienten
waren mit 90,9 % bei Diagnosestellung überwiegend im Neugeborenenalter.
Folgende Fehlbildungen wurden bei den Patienten diagnostiziert: Hypoplasie (n = 36),
Tracheomalazie (n = 26), Trachealstenose (n = 21), AV-Fistel (n = 15), Lungensequester
(n = 14), Lungenzysten (n = 12), Trachealbronchus (n = 6), Bronchomalazie/Bronchusstenose
(n = 6), Lappungsanomalien (n = 3), H-Fistel (n = 3), Primäre Ziliäre Dyskinesie (n = 3),
Alveolokapilläre Dysplasie (n = 2), Bronchiektasie (n = 1), Williams-Campbell-Syndrom
(n = 1), Lungenagenesie (n = 1), Wilson-Mikity-Syndrom (n = 1), Surfactant-Protein
C-Defizienz (n = 1), hepatopulmonale Fusion (n = 1).
[Abb. 1] gibt einen Überblick über Anzahl und Geschlechterverteilung bei den einzelnen Krankheiten.
Abb. 1 Geschlechterverteilung bei den einzelnen Krankheiten.
Bei fast allen Patienten waren die Lungen- bzw. Atemwegsanomalien mit weiteren Fehlbildungen
assoziiert, wobei auffällt, dass viele der Kinder neben der Lungenanomalie zusätzlich
einen Herzfehler aufwiesen.
28 der 121 beschriebenen Kinder litten an mehr als einer angeborenen Lungenfehlbildung.
Beispielsweise wurde bei 6 der 14 Kinder mit einem Lungensequester zusätzlich ein
Scimitar-Syndrom nachgewiesen (42,9 %).
An diagnostischen Maßnahmen wählten die behandelnden Pädiater hauptsächlich die Röntgenuntersuchung
des Thorax, die Computertomografie, die Magnetresonanztomografie und/oder die Bronchoskopie.
Im Folgenden werden einige ausgewählte Lungenfehlbildungen beschrieben und mit der
Literatur verglichen.
Lungensequester
Über die Inzidenz der Lungensequestration finden sich verschiedene Angaben in der
Literatur: Khalil et al. diagnostizierten in einer Fallanalyse neun Fälle innerhalb
von 13 Jahren [1]. Bei den von Carter durchgeführten Lungenresektionen wurde in 1,1 – 1,8 % der Untersuchungen
eine Lungensequestration nachgewiesen. Hierbei dominierten mit 85 % die intralobären
gegenüber den extralobären Sequestern [2]. Gremmel et al. diagnostizierten innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren bei sechs
Patienten eine lobäre Sequestration [3], während Kabnick et al. von einer Inzidenz von 1,8 % bis 2 % aller Lungenfehlbildungen
spricht [4]. In den Jahren von 1980 bis 1985 wurden laut D. Schneider insgesamt zehn Patienten
aufgrund eines intralobären Sequesters in der Kinderklinik Erlangen therapiert, wobei
dieser sich in 80 % der Fälle in einem Lungenunterlappen befand. Dabei war bei fünf
Patienten der rechte und bei drei Patienten der linke Unterlappen betroffen [5].
In dem für diese Arbeit untersuchten Patientenkollektiv wiesen 14 Kinder eine Lungensequestration
auf. Bei zwei Patienten handelte es sich um einen intralobären Sequester, während
ein Kind einen seltenen, subphrenischen und damit extralobären Sequester aufwies.
Bei den restlichen elf Patienten war in den Krankenakten keine genauere Beschreibung
des Sequesters vermerkt.
Insgesamt dominierte mit 57,2 % der rechte Unterlappen als Manifestationsort, während
14,3 % der Sequestrationen im linken Unterlappen diagnostiziert werden konnten. In
7,1 % befand sich die Anomalie im rechten Oberlappen und bei ebenfalls 7,1 % handelte
es sich, wie bereits erwähnt, um eine subphrenische und damit extrapulmonal lokalisierte
Raumforderung. Bei den restlichen 14,3 % lag ein Sequester in der rechten Lunge vor.
In der Literatur wird von einer bevorzugten Lokalisation dorsobasal links gesprochen.
Insgesamt sollen etwa 80 % der Lungensequestrationen links lokalisiert sein [6]
[7]
[8]. Dies ließ sich durch das Erlanger Patientenkollektiv jedoch nicht bestätigen.
Die Gefäßversorgung erfolgt laut diversen Autoren zumeist aus einem aberranten Ast
der Aorta und nur selten aus einer Pulmonalarterie. Dabei ist in 80 % der Fälle die
Aorta thoracica descendens Ursprung des Gefäßes. Bei 20 % der extralobären und 15 %
der intralobären Sequester lässt sich eine Mehrfachversorgung nachweisen. Der überwiegende
Anteil weist aber eine Einfachversorgung auf [9]
[10]
[11]
[12]. Der venöse Abfluss erfolgt normalerweise ins linke Atrium, gelegentlich auch ins
rechte Atrium, zur Vena cava inferior oder Vena azygos [13]
[14]
[15]. Bei den 14 in der Kinderklinik Erlangen diagnostizierten Sequestern wiesen 57,2 %
eine arterielle Einfachversorgung auf, während bei 14,3 % eine Mehrfachversorgung
nachgewiesen werden konnte. Dabei dominierte mit jeweils 37,5 % eine aberierrende
Arterie aus der Aorta descendens bzw. Aorta abdominalis, während der Sequester bei
7,1 % aus der Aorta ascendens versorgt wurde. Bei den restlichen Kindern konnte die
Gefäßversorgung nicht eindeutig festgestellt werden. Dies deckt sich weitgehend mit
den in der Literatur vorgefundenen Informationen bezüglich einer Dominanz der Aorta
descendens als Ursprung. Im Hinblick auf die venöse Drainage konnte bei 14,3 % ein
Abfluss über die Lungenvenen in den linken Vorhof und bei 7,1 % über eine Scimitarvene
angiografisch sichergestellt werden. In 78,6 % der Fälle konnte der venöse Blutabfluss
nicht zweifelsfrei bestimmt werden. [Abb. 2] zeigt eine CT-Aufnahme eines Patienten mit einem post partum diagnostizierten rechtsseitigen
Sequester mit deutlicher Volumenverminderung der übrigen rechten Lunge. Aus der Aorta
descendens ziehen zwei Gefäße transdiaphragmal nach rechts intrapulmonal mit Abgang
in Höhe des Truncus pulmonalis bzw. der Arteria mesenterica superior (siehe Pfeil
in [Abb. 2]). Diese beiden Gefäße verzweigen sich intrapulmonal irregulär und scheinen mit Pulmonalarterienästen
zu kommunizieren.
Abb. 2 CT-Thorax. Patient (post partum, weiblich): Lungensequester rechts; Pfeil zeigt das
den Sequester versorgende Gefäß, das seinen Ursprung aus der Aorta descendens nimmt
(Dr. Rompel, Radiologisches Institut, Universitätsklinikum Erlangen [Prof. Dr. med.
Michael Uder]).
Im Hinblick auf die symptomatische Manifestation herrscht bei den verschiedenen Autoren
weitestgehende Übereinstimmung: Neben selten asymptomatischen Verläufen leiden Betroffene
zumeist bereits im Säuglingsalter an Beschwerden wie Hustenanfällen, Zyanoseattacken,
rezidivierenden pulmonalen Infektionen und einer häufigen Leistungsminderung [13]
[16]
[17]
[18]
[19]. Bei den in Erlangen behandelten Patienten konnten diese Angaben bestätigt werden.
Bei 21,4 % verlief der Sequester asymptomatisch, während alle anderen Kinder mindestens
an einer respiratorischen Auffälligkeit litten. 14,3 % der Betroffenen zeigten eine
Dyspnoe, und 28,6 % fielen durch rezidivierende pulmonale Infektionen bzw. Pneumonien
auf. Außerdem wurde bei 14,3 % der Kinder eine Leistungsminderung und bei 7,1 % eine
Zyanose nachgewiesen.
Diagnostisch wird relativ einheitlich die Röntgenuntersuchung des Thorax als Mittel
der ersten Wahl beschrieben. In letzter Zeit werden jedoch zunehmend die Magnetresonanztomografie,
die Computertomografie und der Ultraschall zur Identifikation des Sequesters herangezogen,
die Darstellung der Gefäßversorgung erfolgt durch Kontrastmittelgabe (CT) oder mit
einer Angiografie [12]
[14]. In unserem Patientenkollektiv dominierte mit 42,9 % ebenfalls die Röntgenuntersuchung
des Thorax. Bei 14,3 % der Kinder wurde eine Ultraschalluntersuchung und bei je 7,1 %
eine Computertomografie und/oder eine Bronchoskopie durchgeführt. Die Gefäßversorgung
wurde in 78,6 % der Fälle mithilfe der Angiografie untersucht, was ebenfalls den literarisch
empfohlenen diagnostischen Maßnahmen entspricht.
In therapeutischer Hinsicht stellt die chirurgische Resektion des Sequesters bzw.,
bei ausgeprägtem Befund, die Lobektomie die bevorzugte Intervention dar. Nur selten
wird die Embolisation der zuführenden Arterie als Maßnahme empfohlen [8]
[11]
[20]. Diese Angaben konnten bei dem für diese Arbeit untersuchten Kollektiv nicht bestätigt
werden. Bei 35,7 % der Kinder entschieden sich die Chirurgen, die zuführende Sequesterarterie
interventionell zu verschließen. Bei ebenfalls 35,7 % wurde der Sequester chirurgisch
reseziert. Bei den restlichen Kindern (28,6 %) war keine Intervention nötig.
Lungensequestrationen, v. a. extralobäre, sind häufig mit anderen Fehlbildungen assoziiert.
Neben Zwerchfelldefekten, Lungenlappenagenesien oder auch einem Scimitar-Syndrom finden
sich bei vielen Patienten kongenitale Herzmissbildungen. Zimmermann et al. [21] gehen in 12 % aller Sequestrationen von Begleitmissbildungen aus. Dabei dominieren
Fehlbildungen des Zwerchfells und der Speiseröhre; seltener hingegen finden sich zusätzliche
Anomalien der Wirbelsäule oder auch kardiovaskuläre Malformationen. Auch eine Assoziation
mit einer Lungenhypoplasie bzw. mit Thoraxdeformitäten sind beobachtet worden. Extralobäre
Sequestrationen sind dabei häufiger mit weiteren Fehlbildungen kombiniert als die
intralobären Formen [8]
[14]
[22]. Mit 71,4 % trat der Sequester bei den für diese Arbeit untersuchten Kindern am
häufigsten assoziiert mit angeborenen Herzfehlern auf. Die Hälfte der Patienten wies
andere Lungenfehlbildungen und ein Kind (7,1 %) eine zusätzliche Trachealfehlbildung
auf. Bei 35,7 % der Betroffenen konnte zusätzlich ein Scimitar-Syndrom diagnostiziert
werden. 35,7 % litten an diversen anderen Anomalien, wie beispielsweise einem vesikourethralen
Reflux oder einer Analatresie. Dies bestätigt die literarische Hypothese, dass Lungensequester
meist in Assoziation mit anderen Fehlbildungen und seltener isoliert auftreten.
Lungenzysten
Kongenitale zystische Lungenfehlbildungen treten mit einer geschätzten Inzidenz von
2,2 % bei Neugeborenen auf [23]. In der Literatur herrscht eine uneinheitliche Meinung bezüglich der Geschlechterverteilung.
Es wird sowohl von einer Dominanz des männlichen als auch des weiblichen Geschlechts
berichtet [23]
[24]
[25]
[26]. Bei dem in Erlangen untersuchten Patientenkollektiv zeigten sich zystische Malformationen
mit 83,3 % bevorzugt beim männlichen Geschlecht.
Auch in Bezug auf die Lokalisation der Zysten finden sich in der Literatur unterschiedliche
Angaben. Während diverse Autoren von einer bevorzugten Manifestation in einem der
beiden Lungenunterlappen ohne Seitendominanz sprechen [24]
[27]
[28]
[29], gehen andere von einer zufälligen Verteilung aus [26]
[30]
[31]. Auch bei der kongenitalen zystisch-adenomatoiden Malformation (CCAM) wird in der
Literatur keine Seitendominanz beschrieben, jedoch die bevorzugte Lokalisation in
nur einem Lappen [30]
[32]
[33]. Bei den zwölf Erlanger Patienten befanden sich die Zysten bei 33,3 % im linken
und bei 16,7 % im rechten Lungenunterlappen. In 33,3 % der Fälle konnten die Raumforderungen
im linken Oberlappen nachgewiesen werden. Bei 16,7 % fanden sich multiple bilaterale
Zysten. Insgesamt dominierte aber die linke Seite als Prädilektionsort. [Abb. 3] zeigt ein Thorax-CT eines männlichen Patienten mit beidseitigen Lungenzysten. Es
besteht eine deutliche Rarefizierung der Lungengefäß- und -gerüstzeichnung mit großen
Bullae in den Ober- und Unterlappen beidseits, jedoch unterlappenbetont.
Abb. 3 CT-Thorax. Patient, 5 Monate, männlich: Zystenlunge beidseits (Dr. Rompel, Radiologisches
Institut, Universitätsklinikum Erlangen [Prof. Dr. med. Michael Uder]).
Es ist nicht zweifelsfrei nachgewiesen, ob es sich bei den neun in der Kinderklinik
Erlangen diagnostizierten CCAM-Fällen tatsächlich um diese Form der Malformation oder
um reine Lungenzysten handelte. Die Diagnose ist vom jeweiligen behandelnden Arzt
und dessen Einschätzung und Codierung abhängig. Lediglich bei 2 Patienten konnte die
Fehlbildung anhand einer pathohistologischen Untersuchung als eine CCAM Typ II bzw.
eine CCAM Typ I zweifelsfrei klassifiziert werden.
Klinisch manifestiert sich eine zystische pulmonale Fehlbildung laut literarischen
Angaben zumeist in Form von Dyspnoe, Tachypnoe, Zyanoseattacken, einer zystenbedingten
trachealen Kompression und rezidivierenden pulmonalen Infektionen. Auch kann es bei
ausgeprägten Befunden durch die zum Teil enorme Raumforderung zu einer Mediastinalverschiebung,
einer Kompression des Ösophagus oder auch des Herzvorhofes kommen. Es wird aber ebenso
von asymptomatischen Verläufen berichtet [23]
[34]
[35]
[36]. Auch bei den für diese Arbeit untersuchten Patienten wurde die Hälfte der Kinder
aufgrund einer Zyanose und Dyspnoe in Erlangen vorstellig. Rezidivierende pulmonale
Infektionen ließen sich bei einem Patienten nachweisen.
Diagnostisch bevorzugen Pädiater neben einer Röntgenuntersuchung des Thorax die Computertomografie,
die Magnetresonanztomografie oder auch die Sonografie, in welcher sich die Zysten
zumeist als scharf begrenzte, runde Herdschatten darstellen lassen. Nur etwa 10 %
der Zysten entgehen der radiologischen Aufnahme [26]
[33]
[37]
[38]. Auch bei den in Erlangen therapierten Kindern wurde bei allen 12 Patienten eine
Röntgenaufnahme des Thorax durchgeführt. Darüber hinaus konnte die zystische Fehlbildung
in einer Ultraschalluntersuchung nachgewiesen werden. Bei mehr als 50 % lieferte zudem
eine Computertomografie den Nachweis der Malformation.
Therapeutisch wird in der Literatur die offene chirurgische Resektion der Zyste als
Mittel der ersten Wahl beschrieben. Einzelne Zysten werden isoliert chirurgisch entfernt,
wohingegen bei multiplen Zysten häufig eine Lappenresektion nötig ist. Uneinigkeit
herrscht jedoch darüber, ob asymptomatisch verlaufende Zysten ebenfalls operiert werden
sollten oder ob ein abwartendes Vorgehen zu bevorzugen ist [16]
[24]
[39]. Bei den in dieser Arbeit aufgeführten Fällen wurden 25 % der Kinder lobektomiert.
Bei 8,3 % wurde eine Lungenlappenteilresektion vorgenommen. Bei den restlichen Patienten
(66,7 %) wurde ein abwartendes Management gewählt.
In der Literatur finden sich keine eindeutigen Angaben zu weiteren Fehlanlagen, die
häufig in Assoziation mit zystischen Lungenfehlbildungen auftreten. Bei den 12 für
diese Arbeit untersuchten Kindern wiesen allerdings annähernd die Hälfte zusätzliche
kardiale Anomalien auf. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die zystischen
Fehlbildungen, ebenso wie viele andere Lungen- bzw. Atemwegsmalformationen, häufig
in Kombination mit angeborenen Herzfehlern manifest werden. Lediglich bei der kongenitalen
Lymphangiektasie, die ebenfalls zu der Gruppe zystischer Anomalien zu zählen ist,
wird eine mögliche Assoziation zu einer totalen Lungenvenenfehleinmündung, einem Noonan-Syndrom,
einem Hydrops fetalis oder auch einem Down-Syndrom beschrieben [28]
[40]
[41]. Ein Patient, der laut Krankenakte eine bilaterale angeborene Lymphangiektasie aufwies,
litt zusätzlich an einer Trichterbrust.
Lungenhypoplasie
Die primäre, kongenitale Lungenhypoplasie tritt sehr viel seltener auf als die sekundäre
Form [42]
[43]. Sie findet sich bei etwa 10 % aller Neugeborenenautopsien, wobei in mehr als 85 %
weitere signifikante Anomalien bestehen [44]
[45]. In Bezug auf eine mögliche Geschlechterverteilung wurden in der Literatur keine
Angaben gefunden. Bei den für diese Arbeit untersuchten 36 Patienten zeigte sich mit
66,7 % zu 33,3 % eine Dominanz des männlichen Geschlechts.
Die sekundäre Lungenhypoplasie entsteht nicht selten aufgrund eines angeborenen Zwerchfelldefektes
mit daraus resultierendem Enterothorax, einer Thoraxanomalie, eines Oligohydramnions
oder auch einer verminderten fetalen Lungendurchblutung aufgrund eines Herzfehlers.
Auch die Pottersequenz kann ursächlich sein [34]
[46]
[47], da durch das Oligohydramnion die fruchtwasserabhängige Lungenreifung während der
Schwangerschaft gehemmt wird. Diese Angaben können durch die in Erlangen behandelten
Kinder bestätigt werden. 19,4 % der Patienten wiesen eine primäre Lungenhypoplasie
auf, während es sich bei 80,6 % um eine sekundäre Form handelte. Dabei dominierte
mit fast 50 % der angeborene Zwerchfelldefekt als Ursache. In 19,4 % war ein Oligohydramnion,
in 5,6 % ein Scimitar-Syndrom und in ebenfalls 5,6 % ein Lungensequester für die Hypoplasie
verantwortlich. Jeweils ein Patient (2,8 %) zeigte die Anomalie aufgrund eines intrauterinen
Hydrothorax bzw. als Folge beidseitiger Pleuraergüsse.
Eine Lungenhypoplasie manifestiert sich klinisch zumeist in Form von Atemnot, Zyanoseattacken,
Tachydyspnoen und dem möglichen Auftreten eines Pneumothorax. Bei ausgeprägtem Befund
versterben die Kinder nicht selten aufgrund einer progressiven Hypoxämie. Bei milden
Formen wird aber auch von asymptomatischen Verläufen berichtet [44]
[48]
[49]. Auch diese Angaben können durch die für diese Arbeit untersuchten Patienten bestätigt
werden. Mit 47,2 % dominierte eine respiratorische Insuffizienz, die zumeist unmittelbar
postnatal einsetzte. 33,3 % der Kinder litten außerdem an einer starken Zyanose und
bei 25 % konnte ein auskultatorisch abgeschwächtes Atemgeräusch festgestellt werden.
Jeweils 13,9 % zeigten rezidivierende Sättigungsabfälle und einen reduzierten Allgemeinzustand,
während 8,3 % der Patienten durch eine Dyspnoe und Tachypnoe auffällig wurden. Auch
in Bezug auf die Letalität bestätigt der hohe Prozentsatz von 44,4 % unter den Erlanger
Kindern, dass die Lungenhypoplasie nicht selten zum Tod des Betroffenen führt.
Diagnostisch wird im klinischen Alltag überwiegend die Durchführung einer Röntgenuntersuchung
des Thorax empfohlen. Hierbei kann jedoch die Differenzialdiagnose zu einer pulmonalen
Agenesie schwierig sein [6]
[49]. Auch bei dem für diese Arbeit untersuchten Patientenkollektiv wurde bei 75 % der
Kinder eine Röntgenuntersuchung des Thorax durchgeführt. 69,4 % erhielten eine sonografische
Untersuchung und 8,2 % eine Bronchoskopie.
[Abb. 4] zeigt eine Thorax-Röntgenaufnahme einer 15 Jahre alten Patientin mit deutlicher
Lungenhypoplasie, die sich im Sinne einer Totalverschattung des rechten Hemithorax
darstellt.
Abb. 4 Röntgen-Thorax. Patientin, 15 Jahre, weiblich: Lungenhypoplasie (Dr. Rompel, Radiologisches
Institut, Universitätsklinikum Erlangen [Prof. Dr. med. Michael Uder]).
Neben konservativen Maßnahmen kann therapeutisch eine mechanische Ventilation und
Oxygenierung sinnvoll sein, um den Gasaustausch zu unterstützen. Spezifische Therapien,
um die assoziierte pulmonale Hypertension zu kontrollieren, wie beispielsweise die
Inhalation von Stickstoffmonoxid, können sich ebenfalls als hilfreich erweisen. Bei
begleitender thorakaler Dystrophie können Rippenexpander das Überleben der Patienten
verbessern [7]
[34]
[50]
[51]
[52]. Die 36 in Erlangen behandelten Kinder wurden überwiegend konservativ therapiert.
Bei zwei Kindern (5,6 %) wurde eine operative Stabilisierung der Thoraxwand bei bestehenden
Skelettfehlbildungen vorgenommen. Ein Patient (2,8 %) wurde aufgrund eines zusätzlich
nachgewiesenen Lungensequesters pneumektomiert, während ein weiteres Kind (2,8 %)
eine Lungenlappenteilresektion (Wedgeresektion) erhielt.
Die angeborene pulmonale Hypoplasie tritt selten isoliert auf. Es finden sich zahlreiche
assoziierte Fehlbildungen. Neben den bereits beschriebenen Zwerchfellhernien finden
sich in vielen Fällen Ösophagusatresien und Fehlbildungen der Wirbelsäule, des Skelettsystems,
des Urogenitalsystems und kongenitale Herzfehler. Auch weitere Lungenanomalien, wie
beispielsweise Lungensequester, werden beobachtet. Die Lungenhypoplasie ist zudem
nicht selten mit einer Trisomie 13, 18, 21 oder auch einem Fryns-Syndrom assoziiert
[7]
[48]. Auch die 36 in Erlangen vorgefundenen Lungenhypoplasien waren mit anderen angeborenen
Anomalien kombiniert. Während bei 38,9 % der Betroffenen zusätzlich mindestens ein
kongenitaler Herzfehler diagnostiziert wurde, wiesen 18,4 % der Kinder weitere Anomalien
der Lunge und der pulmonalen Gefäße auf. 11,1 % zeigten Skelettanomalien. Die Tatsache,
dass 83,3 % an weiteren Fehlbildungen des Gastrointestinaltraktes oder auch des Urogenitalsystems
litten, bestätigt die in der Literatur vorgefundenen Informationen, dass eine Lungenhypoplasie
sehr häufig mit anderen Anomalien vergesellschaftet ist.
Primäre Ziliäre Dyskinesie
Primäre Ziliäre Dyskinesie
Die Inzidenz der Primären Ziliären Dyskinesie (PCD) wird auf etwa 1:10.000 – 60.000
geschätzt. Bezüglich einer Geschlechterprävalenz gibt es keine genauen Angaben.
In etwa 50 % findet man neben der Ziliendyskinesie außerdem die klassische Kartagener
Trias, bestehend aus einem Situs inversus, Bronchitiden und Sinusitiden [53]
[54]
[55]
[56].
In Erlangen wurden in den Jahren 2000 bis 2011 drei Kinder aufgrund einer PCD therapiert.
Nur ein Patient wies das Kartagener-Syndrom auf. Mit 66,7 % dominierte auch hier wieder
das männliche gegenüber dem weiblichen Geschlecht.
Symptomatisch manifestiert sich die PCD bereits ab dem Säuglingsalter in Form von
rezidivierenden pulmonalen Infektionen. Auch Otitiden, eine eventuelle Schwerhörigkeit,
ein chronischer, zumeist produktiver Husten und generalisierte Bronchiektasen sind
häufige klinische Zeichen. Es können verschiedenste zilientragende Organe betroffen
sein, was zu einer erheblichen klinischen Heterogenität dieser Fehlbildung führt.
Die unterschiedlichen Verläufe resultieren außerdem aus den verschiedenen genetischen
Defekten und exogenen Faktoren, die die Symptomatik beeinflussen [55]
[56]
[57]
[58]. Die in Erlangen untersuchten Patienten bestätigen diese Literaturangaben. Alle
drei Kinder litten bereits ab dem Säuglingsalter an rezidivierenden Rhinitiden, Sinusitiden,
Bronchitiden und Pneumonien. Aufgrund der Sekretretention zeigten die Kinder außerdem
eine angestrengte Respiration mit auskultatorisch wahrnehmbaren Rasselgeräuschen,
einem verschärften Exspirium und einem exspiratorischen Giemen. Zusätzlich manifestierte
sich die PCD in Form von rezidivierenden Hustenanfällen mit eitrigem Auswurf.
Diagnostisch kann diese Fehlbildung mit einem Abstrich der Nasenschleimhaut oder anhand
einer bronchoskopisch gewonnenen Schleimhautprobe elektronenmikroskopisch nachgewiesen
werden. Eine genetische Untersuchung kann die zugrunde liegende Mutation in den bisher
identifizierten Genen häufig bestätigen [57]
[59]
[60]. Manche Autoren empfehlen eine Darstellung der Lungen mit MRT oder CT, um eventuell
bestehende sekundäre Lungenveränderungen wie Bronchiektasen darzustellen [61]
[62]. Auch bei den drei Erlanger Patienten konnte der Verdacht einer PCD durch eine mikroskopische
Zilienfunktionsuntersuchung bestätigt werden. Zudem wurde bei 66,7 % eine Röntgenuntersuchung
des Thorax durchgeführt, die bei einem Kind zusätzlich die Diagnose eines Situs inversus
erbrachte. Jeweils 33,3 % der Patienten erhielten eine Bronchoskopie, eine Lungenfunktionsuntersuchung,
einen thorakalen Ultraschall und eine HNO-Untersuchung.
Eine spezifische Therapie existiert derzeit nicht. Das Hauptziel besteht in der Vermeidung
möglicher Komplikationen. Neben antibiotischen, inhalativen oder physiotherapeutischen
Maßnahmen stellen auch operative Interventionen therapeutische Ansätze dar. Bei suffizienter,
frühzeitig einsetzender Behandlung ist die Prognose als gut einzuschätzen [53]
[57]
[63]
[64]. Auch bei den Erlanger Patienten wurden die rezidivierenden pulmonalen Infektionen
mithilfe von Antibiotika therapiert. Außerdem wurden den Eltern physiotherapeutische
Maßnahmen und Inhalationen empfohlen.
Eine Reihe unterschiedlicher Störungen wie Herzfehler, ein Hydrocephalus internus,
zystische Nierenerkrankungen oder auch eine Schwerhörigkeit können mit der PCD assoziiert
auftreten und das Erkrankungsbild verkomplizieren [56]
[57]
[65]. Bei den für diese Arbeit analysierten Patienten wies nur ein Kind zusätzliche Herzfehler
in Form einer D-Transposition der großen Arterien, einer Trikuspidalklappen- bzw.
Aortenklappeninsuffizienz und einer Dextrokardie aufgrund des bestehenden Situs inversus
auf. Zudem litt das Kind an einem angeborenen gastroösophagealen Reflux. Bei den beiden
anderen Patienten konnten keine weiteren Fehlbildungen diagnostiziert werden.
Tracheomalazien und Trachealstenosen
Tracheomalazien und Trachealstenosen
Diese beiden Anomalien werden in der Literatur als seltene Fehlbildungen beschrieben.
Die Inzidenz der Tracheomalazie beträgt etwa 0,001 % –1,5 %, während die primäre Trachealstenose
bei ca. 1:50.000 Neugeborenen diagnostiziert wird [66]
[67]. In Erlangen wurden 38 Kinder aufgrund mindestens einer der beiden Anomalien behandelt.
Dabei lag sowohl bei den Tracheomalazien als auch bei der angeborenen Trachealstenose
eine deutliche Bevorzugung des männlichen Geschlechts vor.
Bei beiden Fehlbildungsformen unterscheidet man primäre, kongenitale von den häufiger
auftretenden, sekundären Formen [7]
[34]
[68]. Diese Angaben können durch die 38 Kinder der Erlanger Universitätsklinik bestätigt
werden. Die primäre Tracheomalazie konnte nur bei insgesamt 15,4 % der Kinder und
die primäre kongenitale Trachealstenose in 9,5 % der Fälle diagnostiziert werden.
Bei den restlichen Patienten bestanden sekundäre Formen, beispielsweise als Folge
einer trachealen Kompression von außen durch einen abnormen Gefäßverlauf.
Die Klinik resultiert bei der Tracheomalazie aus der unzureichenden Stabilität der
Luftröhre und der dadurch bedingten funktionellen Stenose. Die Kinder leiden neben
Zyanoseattacken und Dyspnoeanfällen häufig an einem Stridor. Außerdem kann es zu Komplikationen
bei der Nahrungsaufnahme kommen. Auch Asphyxien und Tachypnoen werden häufig beobachtet
[51]
[56]
[66]
[69]. Diese Symptome traten auch bei den Erlanger Patienten auf. Mit 55,3 % dominierte
ein auskultatorisch deutlich wahrnehmbarer inspiratorischer Stridor. Darüber hinaus
fielen die Kinder durch Zyanose- und Apnoeanfälle, eine Tachydyspnoe, eine respiratorische
Insuffizienz und in 7,9 % durch rezidivierende pulmonale Infekte auf.
Diagnostisch werden im klinischen Alltag neben bronchoskopischen bzw. tracheoskopischen
Untersuchungen die Röntgenaufnahme des Thorax, die Magnetresonanztomografie und die
Computertomografie angewandt. Auch die Lungenfunktion kann wichtige Hinweise liefern
[7]
[34]
[70]. In der Kinderklinik Erlangen erhielten 55,3 % der Kinder Röntgenaufnahmen des Thorax,
52,6 % eine Broncho- bzw. Tracheoskopie und 34,2 % eine Computertomografie. Bei 26,3 %
wurde eine Ultraschalluntersuchung und bei 13,2 % ein MRT der Halsweichteile durchgeführt.
Eine Messung der Lungenfunktion erfolgte bei 7,9 % der Kinder.
Therapeutisch existiert derzeit keine einheitliche Leitlinie. Während einige Autoren
davon ausgehen, dass vor allem die milderen Ausprägungsformen durch das tracheale
Wachstum im Laufe der Kindheit an Bedeutung verlieren und somit ein konservatives
Management bevorzugt werden sollte [71], müssen vor allem bei klinisch manifesten Malazien bzw. Stenosen auch Segmentresektionen,
Trachealplastiken oder Stenteinlagen durchgeführt werden [6]
[7]
[72].
In Erlangen wurden 7,9 % primär durch ein Tracheostoma versorgt. Eine operative Intervention
im Sinne einer Trachealerweiterung, einer Resektion des betroffenen Tracheaabschnittes
bzw. eines trachealen Stentings wurde bei 15,8 % durchgeführt. Bei 15,8 % der Patienten
wurde eine Korrektur der bestehenden Gefäßmissbildung vorgenommen. Die restlichen
Kinder wurden konservativ therapiert. Somit decken sich die in der Literatur gefundenen
Angaben mit den in den Krankenakten vorgefundenen Informationen.
Sowohl die Tracheomalazie als auch die Trachealstenose treten häufig in Assoziation
mit weiteren Fehlbildungen auf. Während sowohl Harrison et al., Nelson et al. als
auch andere Arbeitsgruppen von einem gehäuften kombinierten Auftreten einer Trachealstenose
mit einer Lungenagenesie bzw. bronchialen Anomalie berichten [73]
[74], finden sich bei beiden kongenitalen Lungenfehlbildungen außerdem zusätzlich nicht
selten tracheoösophageale Fisteln, Larynxspalten und Bindegewebserkrankungen [6]
[7]
[34]
[67]. Mit 44,7 % wies in Erlangen fast die Hälfte der betroffenen Kinder neben einer
Tracheomalazie bzw. -stenose einen zusätzlichen kongenitalen Herzfehler auf. Bei 21,1 %
bestanden außerdem weitere Anomalien des Lungenparenchyms bzw. der pulmonalen Gefäße.
15,8 % der Patienten litten an trachealen Fehlbildungen, und 10,5 % zeigten verschiedene
Formen an Skelettfehlbildungen. Bei 63,2 % bestanden darüber hinaus weitere Anomalien,
beispielsweise des Gastrointestinal- bzw. Urogenitaltraktes. Auf eine häufige Assoziation
mit einem zusätzlichen Herzfehler wurde in der Literatur nicht explizit hingewiesen.
Alveolokapilläre Dysplasie
Alveolokapilläre Dysplasie
Diese angeborene Anomalie tritt sehr selten auf. In Bezug auf die Geschlechterverteilung
scheinen Jungen und Mädchen gleich häufig betroffen zu sein [75]
[76]. Dies konnte durch die Erlanger Patienten bestätigt werden. In den 11 Jahren wurden
zwei Kinder aufgrund einer alveolokapillären Dysplasie behandelt. Dabei war ein Patient
weiblichen und ein Patient männlichen Geschlechts.
Klinisch zeichnet sich diese Fehlbildung hauptsächlich durch eine ausgeprägte pulmonale
Hypertension und eine starke Atemnot aus. Darüber hinaus kann sich ein Pneumothorax
ausbilden [77]
[78]. Auch die beiden Erlanger Kinder wiesen unmittelbar postnatal eine respiratorische
Insuffizienz, eine pulmonale Hypertonie und eine deutliche Zyanose auf.
Zur Klärung der bestehenden Atemnot wird häufig eine Röntgenaufnahme des Thorax angefertigt.
Die pulmonale Hypertension wird mit einer Echokardiografie und einer Angiokardiografie
abgeklärt. Mit der feingeweblichen Untersuchung des Lungengewebes kann die alveolokapilläre
Dysplasie nachgewiesen werden. [34]
[79]. In den Erlanger Fällen lieferte eine thorakale Röntgenaufnahme unspezifische Hinweise
auf eine alveolokapilläre Dysplasie. Eine Echokardiografie zeigte außerdem den Befund
einer bestehenden pulmonalen Hypertension. Eine postmortal durchgeführte histopathologische
Untersuchung der Lunge bestätigte letztendlich die Diagnose.
Eine therapeutische Leitlinie existiert derzeit nicht. Die meisten der betroffenen
Kinder versterben innerhalb der ersten Lebenstage [76]
[80]. Der Versuch einer extrakorporalen Membranoxygenierung oder auch der Einsatz von
Prostazyklin oder Stickstoffmonoxid können das Überleben der Patienten nur unwesentlich
verlängern [78]
[81]. Auch die beiden Kinder in Erlangen verstarben unmittelbar im Neugeborenenalter.
Die alveolokapilläre Dysplasie tritt nur selten isoliert auf. Die Fehlbildung findet
sich häufig assoziiert mit kardiovaskulären, gastrointestinalen, urogenitalen und
muskuloskelettalen Anomalien. Auch Lungenlappungsanomalien oder weitere Fehlbildungen
der Lungengefäße treten auf [82]
[83]
[84]. Auch die beiden für diese Arbeit untersuchten Kinder wiesen weitere Fehlbildungen
auf. Neben einer Lungenhypoplasie, diversen Herzanomalien und einer Nierendysplasie
war die alveolokapilläre Dysplasie außerdem mit einem Pancreas anulare und einer Duodenalatresie
assoziiert.
Agenesie der Lunge
Die Inzidenz der Lungenagenesie ist nicht gesichert. Schmidt et al. gehen von einer
Häufigkeit von 1:10.000 bis 1:15.000 bei allen durchgeführten Autopsien aus [27]
[85]
[86]. Die einseitige Lungenagenesie dominiert dabei gegenüber der bilateralen Form [45]. Schechter et al. und Kumar et al. beschreiben eine leichte Bevorzugung des weiblichen
Geschlechts (1,3:1) [86]
[87].
Die Prognose einer linksseitigen Agenesie scheint deutlich besser zu sein als die
einer rechtsseitigen. Begründet ist dies durch die Tatsache, dass die rechtsseitige
Lungenagenesie häufiger mit kardiovaskulären Anomalien einhergeht [7]
[88].
In den Jahren von 2000 bis 2011 wurde in Erlangen lediglich ein Patient aufgrund einer
linksseitigen Lungenagenesie behandelt.
Symptomatisch fallen viele der Patienten unmittelbar postnatal durch eine Ateminsuffizienz,
ein einseitig fehlendes Atemgeräusch, ein Atemnotsyndrom oder rezidivierende pulmonale
Infektionen bzw. Bronchitiden auf. Darüber hinaus zeigen die Kinder häufig eine Zyanose,
eine Dyspnoe und Tachypnoen. Im späteren Verlauf kann es, bedingt durch das fehlende
Lungenparenchym, zu einer Thoraxasymmetrie der betroffenen Seite kommen. Selten verläuft
die unilaterale Agenesie auch asymptomatisch, da die andere Lunge kompensatorisch
hypertrophiert ist und mehr leistet [89]
[90]. Der in Erlangen therapierte Patient wies ebenfalls unmittelbar postnatal Anzeichen
einer Zyanose und eine Tachydyspnoe auf. Außerdem war auskultatorisch ein intermittierender
inspiratorischer Stridor, ein exspiratorisches Giemen und ein linksseitig fehlendes
Atemgeräusch zu vernehmen. Postprandial zeigte das Kind eine Schluckstörung, die sich
bei respiratorischer Anstrengung verschlimmerte.
Diagnostisch wird die Röntgenuntersuchung bevorzugt, wobei typischerweise eine homogene
Verschattung auf der betroffenen Seite auffällt. Auch die Computertomografie des Thorax
ist zum Nachweis einer Agenesie hilfreich. Ebenso sollte die Durchführung einer Bronchoskopie
in Betracht gezogen werden. Hierbei kann unter Umständen ein Fehlen der Carina bzw.
des jeweiligen Hauptbronchus nachgewiesen werden [86]
[88]
[91]. Die in der Literatur empfohlenen diagnostischen Maßnahmen wurden auch bei dem für
diese Arbeit untersuchten Patienten angewandt. Neben Röntgenaufnahmen des Thorax,
einer Röntgenbreischluckuntersuchung, einer Bronchoskopie, einer Tracheoskopie bzw.
-grafie wurden außerdem computertomografische Aufnahmen durchgeführt. Darüber hinaus
wurden Echokardiografien, Elektrokardiografien und eine Chromosomenanalyse zum Ausschluss
eines eventuell bestehenden Syndroms angeordnet.
Die [Abb. 5] und [Abb. 6] zeigen Thoraxaufnahmen des Patienten mit einer kompletten Verschattung des linken
Hemithorax bei bekannter Lungenagenesie links. Dabei dehnt sich der rechte Lungenflügel
ventral bis auf die Gegenseite aus. Das Mediastinum hat sich aufgrund der Agenesie
nach links verlagert. Außerdem ist das Zwerchfell links, bedingt durch die Fehlanlage,
bei den posterior-anterior-Aufnahmen im Gegensatz zur rechten Seite nicht eindeutig
abgrenzbar.
Abb. 5 CT-Thorax. Patient, post partum, männlich: Agenesie der linken Lunge (Dr. Rompel,
Radiologisches Institut, Universitätsklinikum Erlangen [Prof. Dr. med. Michael Uder]).
Abb. 6 Patient, post partum, männlich: Agenesie der linken Lunge (Dr. Rompel, Radiologisches
Institut, Universitätsklinikum Erlangen [Prof. Dr. med. Michael Uder]).
Die Therapie beschränkt sich auf supportive Maßnahmen der Physiotherapie, die Korrektur
assoziierter Fehlbildungen und die Prävention von Infektionen. Relativ neu ist der
Einsatz von Gewebeexpandern zur Minderung der Mediastinalverlagerung und daraus resultierender
Komplikationen [34]
[92]. Bei dem Erlanger Kind wurde die Agenesie konservativ therapiert. Aufgrund der ausgeprägten
Trachealstenose erhielt es außerdem ein Tracheostoma und eine plastische Trachealerweiterung.
Die Häufigkeit assoziierter Fehlbildungen wird in der Literatur mit 50 % bis 75 %
beschrieben, wobei kardiovaskuläre Anomalien, Fehlbildungen des Skelett- bzw. Urogenitalsystems
und solche des Gastrointestinaltraktes dominieren. Wie bereits erwähnt, sind vor allem
rechtsseitige Lungenagenesien häufig mit angeborenen Herzfehlern assoziiert [88]
[93]. Auch bei dem Erlanger Jungen fanden sich diverse andere kongenitale Anomalien.
Neben der Lungenagenesie litt das Kind unter einer massiven Tracheomalazie mit einer
sekundären Trachealstenose, einem kongenitalen Megaureter und einer Hydronephrose
links. Außerdem bestanden Herzfehler in Form eines Atriumseptumsdefekts (ASD) und
eines persistierenden Ductus arteriousus Botalli (PDA).
Schlussfolgerung
Die durchgeführte Analyse von Fällen an angeborenen Lungen- und Atemwegserkrankungen
an der Kinderklinik Erlangen zeigt, dass derartige Fehlbildungen selten sind, aber
ein hohes Maß an diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen erfordern. Trotz der
bereits erzielten Fortschritte in der Diagnostik und Therapie besteht weiterhin erheblicher
Forschungsbedarf, um Kindern mit angeborenen Lungen- und Atemwegsfehlbildungen ein
normales Leben zu ermöglichen. Die Tatsache, dass derartige Anomalien sehr häufig
mit anderen, insbesondere kardiovaskulären Fehlbildungen assoziiert sind, erfordert
eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen klinischen Fachrichtungen.