Bisher galt, dass ein Lichen sclerosus (LS) bei Jungen seltener auftritt als bei Mädchen.
Dies könnte ein Artefakt sein, wie eine Untersuchung von K. Becker et al. nun gezeigt
hat. Zudem scheint ein Zusammenhang mit Atopie zu bestehen.
Brit J Dermatol 2013; 168: 362–366
Lichen sclerosus ist immer noch eine unterschätzte Erkrankung. Viele Jungen und junge
Erwachsene werden wegen einer vernarbten Phimose beschnitten, ohne dass ein entsprechender
histologischer Nachweis vorliegt. (Bild: Jocham D, Miller K, Praxis der Urologie in
zwei Bänden (Band 1), Thieme 2007)
Die Ätiologie des LS ist nicht vollständig geklärt. Bei Mädchen wurde schon ein Zusammenhang
mit einer Atopie beschrieben, aber kontrollierte Studien dazu fehlen. Deshalb führten
Becker et al. eine prospektive epidemiologische Fall-Kontroll-Studie zu dieser Thematik
durch. Sie verglichen eine Gruppe mit 48 Jungen, bei denen vor der Operation wegen
einer Phimose histologisch ein LS nachgewiesen worden war, mit 44 Jungen, die aus
anderen medizinischen Gründen einer Zirkumzision unterzogen wurden. Die Jungen waren
zwischen 1 und 17 Jahren alt, in der LS-Gruppe lag das mediane Alter bei 8,7 Jahren,
in der Kontrollgruppe bei 5,3 Jahren. Fast alle Patienten mit LS zeigten vor der Operation
bereits entsprechende Symptome.
Beide Gruppen wurden auch anhand der Kriterien des validierten "Diepgen Atopy Score"
hinsichtlich atopischer Erkrankungen untersucht und die Eltern befragt. Bei einem
Wert von mehr als 9 wurde vom Vorliegen einer Atopischen Dermatitis (AD) ausgegangen.
Assoziation mit AD
Während bei den Jungen mit LS 78 % eine erworbene Phimose aufwiesen, war dies in der
Kontrollgruppe nur bei 5 % der Fall. Zudem ergab sich bei jedem vierten LSPatienten
eine AD-Diagnose (25 %, n = 12). In der Kontrollgruppe entsprachen nur 7 % (n = 3)
den AD-Kriterien des Diepgen- Scores; unter Adjustierung für das Alter ein statistisch
signifikanter Unterschied (p < 0,05). 19 % der Jungen mit LS hatten bereits vor der
Phimose-Operation eine AD-Diagnose, in der Kontrollgruppe 9 %. Extragenitale LS wurden
nicht beobachtet.
Therapeutisch favorisieren die Autoren die Zirkumzision als Therapie der LS-abhängigen
Phimose, da ihrer Erfahrung nach die Behandlung mit einer Clobetasolsalbe häufig zu
Rezidiven führt.
Die Autoren empfehlen nach diesen Ergebnissen, bei einer sekundären Phimose im Schulalter
immer das Vorliegen eines LS zu evaluieren. Zudem scheint eine AD möglicherweise eine
Entwicklung von LS bei Jungen zu fördern. Über die zugrunde liegenden Mechanismen
kann derzeit nur spekuliert werden, so die Autoren.