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DOI: 10.1055/s-0033-1341305
2-Feilensystem – Einfach und sicher?
Publication History
Publication Date:
12 March 2013 (online)
Komet stellt zur IDS 2013 im endodontischen Bereich das 2-Feilensystem F360 in den Mittelpunkt. Mit Live-Demonstrationen wird gezeigt, wie mithilfe von 2 NiTi-Feilen ein Großteil der Wurzelkanäle einfach und effizient auf volle Arbeitslänge aufbereitet werden kann. Ist das Konzept tatsächlich so einfach in die Praxis umzusetzen? Zwei Endo-Experten, PD Dr. Dieter Pahncke (Rostock) und Dr. Matthias J. Roggendorf (Marburg), stellen sich kritischen Fragen zum System.




? "Einfach und sicher" – mit diesen beiden Adjektiven bewirbt Komet das F360-System auf der IDS. Können Sie dem 2-Feilensystem diese Eigenschaften attestieren?
Dr. Pahncke: Ja. Doch um das zu verstehen, müssen wir ins Detail gehen: Der Anwender benötigt
zur Aufbereitungsgröße bis ISO 35 beim Einsatz der F360 nur 2 Feilen. Damit ist ausreichend
Raum geschaffen für eine Spülkanüle mit einem Außendurchmesser von 0,32 bzw. 0,30
mm, die bis zur apikalen Konstriktion vorgeschoben werden kann. Somit kann die Spüllösung
bis hierhin effektiv wirken. Außerdem werden die Feilen mit einem Drehmoment von 1,8
Ncm eingesetzt, welches oberhalb dessen liegt, was manche anderen Systeme verwenden.
Drehmoment und Drehzahl müssen bei einem Feilenwechsel nicht geändert werden.
Dr. Roggendorf: Und dann ist da diese spezielle Form, der Doppel-S-Querschnitt. Dadurch verfügen
die Instrumente über wirklich sehr gute Schneideigenschaften und lassen sich daher
auch bei noch sehr viel geringeren Drehmomenten einsetzen. Somit wird deutlich weniger
Kraft in die Wurzel hinein induziert. Das Doppel-S-Design von F360 bringt nicht nur
Vorteile beim Abtransport von Debris, sondern auch bei der Entfernung von Wurzelkanalfüllmaterial
im Rahmen einer Revisionsbehandlung. Durch die Schneidfreudigkeit besteht außerdem
die Möglichkeit der zirkulären Bearbeitung von stärker konischen Kanälen (sog. "circumferrential
filing"). Danach kann die Obturation mit geeigneten Techniken erfolgen.
Dr. Pahncke: Ich möchte die Schneidleistung der Instrumente noch ergänzen: Durch die scharfen
Schneiden ist während der Rotation eine leichte Seitwärtsbewegung möglich, wodurch
koronal eine gezielte, zusätzliche Vergrößerung der Konizität erzeugt werden kann,
was eine Reduktion der Reibung und eine Minderung der Bruchgefahr bewirkt. So wird
neben einem runden Querschnitt teilweise auch die Ausformung ovaler Kanäle ermöglicht.
Und zur Praktikabilität der Instrumente ist zu sagen: Alle Feilen haben eine Konizität
von 4 %, unterscheiden sich also nur in ihrer ISO-Größe. Durch die Kennzeichnung mit
den international üblichen Farbmarkierungen sind sie eindeutig zu identifizieren.
Die Codierung "rot" ist zwar mit den Größen #25 und #55 2-mal vorhanden – aber das
ist nun mal die Farbe, die jeweils dem internationalen Standard entspricht. Verwechslungen
sind aufgrund der eindeutig erkennbaren unterschiedlichen Größen dennoch ausgeschlossen.
Durch die Vorgabe von Komet, die Instrumente als Einweg-Instrumente vorzusehen, sind
sie durch den Aufdruck auf der Verpackung zusätzlich markiert. Bei Single-use-Instrumenten
wird die Gefahr von Ermüdungsbrüchen der Feilen reduziert, da der Anwender definitiv
eine Feile ohne vorherige Belastung verwendet.
? Reichen die 2 Feilen für die Wurzelkanalaufbereitung tatsächlich aus?
Dr. Roggendorf: Die Abstufung der Instrumentengrößen in Zehner-Schritten ist aufgrund der sehr guten Schneidleistung ohne Probleme möglich und erlaubt eine vorsichtige und schonende Aufbereitung des Wurzelkanals. Der Anwender wird nie das Gefühl haben, hier möglicherweise Instrumentengrößen zu überspringen. Die 4 verfügbaren Instrumentengrößen sind für die meisten Behandlungsfälle tatsächlich ausreichend. Lediglich für sehr großlumige Wurzelkanäle müssten gegebenenfalls zusätzlich Handinstrumente zum Einsatz kommen. Ich möchte auch auf eine Indikationserweiterung aufmerksam machen: Auch wenn F360 nicht primär für die endodontische Revision vorgesehen wurde, so eignen sich die Instrumente hierfür hervorragend. Durch die permanent rotierende und somit als archimedische Schraube arbeitende F360 lässt sich die Guttapercha optimal aus den Wurzelkanälen heraus nach koronal befördern. Somit ist die Gefahr, im Rahmen der Revisionsbehandlung Wurzelkanalfüllmaterial über die Wurzelspitze hinaus zu extrudieren, deutlich minimiert.
? Welche Fragen sind für Sie zu F360 noch offen?
Dr. Pahncke: Ist der Abtrag auch bei größeren Feilen allseitig gleichmäßig oder tritt eine Begradigung
des Kanalverlaufs ein? Welche Belastungen ergeben sich für die Zahnhartsubstanzen
(Rissbildungen, Frakturen)? Wird Debris durch das schnelle Vordringen der Feilen möglicherweise
in den (peri-)apikalen Raum gepresst? Treten nach dem Einsatz der Feilen vermehrt
Überfüllungen auf? Sind diese durch die Anwendung einer (modifizierten) "step back-Technik"
vermeidbar? Das wären Fragen, die mich momentan zu diesem System interessieren und
auf die wir in Rostock mit aktuellen Untersuchungen nach Antworten suchen.
Dr. Roggendorf: In Marburg forschen wir seit einiger Zeit daran, wie sich die Instrumentierung des
Wurzelkanals auf die Zahnwurzel auswirkt. Es ist ja bekannt, dass Zähne im Laufe ihres
Lebens große Belastungen erfahren. Ein Grund des endodontischen Misserfolgs ist beispielsweise
das Auftreten von vertikalen Wurzelfrakturen. Die möglichen Gründe sind vielfältig,
aber die Kollegen aus Amsterdam haben bereits gezeigt, dass sich endodontische Maßnahmen
wie die Wurzelkanalaufbereitung oder -füllung auf das Wurzeldentin auswirken. Insofern
gilt unser besonderes Interesse der Frage, wie man im Rahmen der Wurzelkanalbehandlung
den Zahn optimal schonen kann.
? Warum empfinden Sie die Reduzierung der Feilen auf ein Mindestmaß von 2 vielversprechend?
Dr. Pahncke: Weil die oben genannten Eigenschaften überzeugen: Das Arbeiten ist einfach zu erlernen und gewissermaßen intuitiv, die Sicherheit hoch (keine Verwechslungsgefahr, Einstellparameter am Motor, geringes Risiko von Ermüdungsbrüchen), die Kosten niedrig.
? Welchen Tipp geben Sie den Kollegen, die F360 zum ersten Mal einsetzen?
Dr. Roggendorf: Üben, üben, üben! Nur so kann man das System wirklich kennenlernen. Und dabei sollte
man am extrahierten Zahn bewusst mal an die Grenzen gehen, denn nur so weiß man auch,
wo diese liegen. Genau dieses Gefühl ist später dann im Rahmen der Patientenbehandlung
abrufbar. Ich habe in meinen Fortbildungskursen die Erfahrung gemacht, dass Kollegen,
die gar keine oder nur wenig Erfahrung mit maschinellen Aufbereitungssystemen hatten,
die steilste Lernkurve aufwiesen. Sicher, sie mussten sich erst mit dem Handling vertraut
machen. Das ist aber nicht so komplex wie laufen lernen! Jeder Zahnarzt hat sich mit
der Instrumentierung des Wurzelkanals in Theorie und Praxis schon auseinandergesetzt.
Insofern ist die Anwendung von F360 jetzt kein riesiger Schritt mehr und entsprechend
rasch umzusetzen. Kollegen, die schon maschinell arbeiten, zeigen in den Kursen keine
so ausgeprägte Lernkurve mehr, sie sind bereits geübter. Haben sie jedoch negative
Erfahrungen mit der maschinellen Wurzelkanalaufbereitung gemacht (z. B. Instrumentenfraktur),
spüre ich immer ihren sehr großen Respekt vor der Technik. Dennoch zeigte sich in
den Kursen durchweg, dass die von den Teilnehmern instrumentierten Wurzelkanäle in
Acrylblöcken trotz ihrer vom Dentin abweichenden Härte und ihres unterschiedlichen
Spanverhaltens, sauber und unter weitgehender Einhaltung der Kanalkrümmung aufbereitet
wurden.
Dr. Pahncke: Mein Tipp für die Einsteiger: Dem Drängen der Feile in die Tiefe nicht nachgeben,
sondern durch leichte Auf- und Abbewegungen (picking motion) mit gleichzeitig seitwärts
gerichteten Bewegungen (brushing motion) und häufigeren Unterbrechungen zum Spülen
des Wurzelkanals und zum Reinigen der Feile das Material kontrolliert in mehreren
Etappen aus dem Wurzelkanal entfernen, bis die Arbeitslänge erreicht ist.
! Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Dorothee Holsten, Winningen.



















