ergopraxis 2013; 6(03): 12-13
DOI: 10.1055/s-0033-1338270
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York

Sabine Plaehn – Norddeutsche Powerfrau

Nora Sieweke

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. März 2013 (online)

 

Wie Menschen den unfreiwilligen Verlust ihrer Arbeit erleben, untersuchte Sabine Plaehn in ihrer Masterarbeit. Darin folgert sie, dass Ergotherapeuten über Kompetenzen verfügen, Krisen vorzubeugen und Menschen in dieser schwierigen Lebensphase zu begleiten.


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(Foto: U. Ende)
Sabine Plaehn ...

... ist 44 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Flensburg. Sie studierte zunächst Architektur, bevor sie sich für den Beruf der Ergotherapeutin entschied. Ihre Ausbildung absolvierte sie 1996. Danach arbeitete sie einige Jahre im Arbeitstrainingsbereich für chronisch psychisch erkrankte Menschen. 2005 nahm Sabine Plaehn das berufsbegleitende Bachelorstudium an der niederländischen Hogeschool Zuyd in Heerlen auf. Darauf folgte das Studium zum European Master of Science, welchen sie 2011 an der „Academy for European Masters Degree Study in Occupational Therapy“ abschloss. Heute pendelt sie zwischen Hamburg und Bochum. In Hamburg unterrichtet sie als freie Dozentin für die Medizinische Akademie Hamburg und die Döpfer Schulen. In Bochum ist sie an der Hochschule für Gesundheit als wissenschaftliche Mitarbeiterin für den Studiengang Ergotherapie tätig. Und das nächste Ziel hat sie bereits im Blick: die Promotion.

Der Übergang vom Arbeitslos-Werden zum Arbeitslos-Sein

Die Masterarbeit

In Deutschland gibt es derzeit etwa drei Millionen Arbeitslose. Studien belegen, dass Arbeitslosigkeit die Gesundheit negativ beeinflusst. Wie Menschen den Übergang von der Erwerbstätigkeit zur Arbeitslosigkeit erfahren, dazu gibt es nur unzureichende Untersuchungen.

Sabine Plaehn untersuchte deshalb in ihrer Masterarbeit, wie der unfreiwillige Arbeitsverlust erlebt wird und welche Folgen dasfürden Einzelnen haben kann. Dazu führte sie sechs interviews mit Menschen im Alterzwischen 28 und 59 Jahren und aus verschiedenen Berufsgruppen. Sie wurden vor weniger als sechs Wochen entlassen und waren zuvor mindestens ein Jahr in Vollzeit berufstätig. Die Folgen des Betätigungsverlustes wollte die Therapeutin näher beleuchten und dafürsensibilisieren.

  • → Plaehn S. Becoming Unemployed: Experiences of the Occupational Transition from Employment to Unemployment. Masterarbeit an der Academy for European Masters Degree Study in Occupational Therapy, Amsterdam, Niederlande; 2011


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Ergebnisse

Sabine Plaehn fand heraus, dass ...

  • >  die Kündigung eine große emotionale Belastung ist. Dem ersten Schockzustand folgen Enttäuschung und Wut. Dennoch setzten alle Befragten, angetrieben durch ein Gefühl von Stolz, ihre Arbeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses fort.

  • >  das Arbeitslos-Sein zu einer veränderten Zeitwahrnehmung führt. Den tagen fehlt es an Struktur, sie vergehen langsamerund die Wochenenden verlieren ihre Besonderheit. Häufig resultiert eine Antriebsminderung.

  • >  sich die Sicht auf die eigene identität verändert. Für manche geht ein Teil der identität verloren - eine schmerzhafte Erfahrung. Befreit fühlen sich diejenigen, die ihre Arbeit nicht gerne ausübten.

  • >  auch die Ebene der zwischenmenschlichen Beziehungen vom Arbeitsverlust betroffen ist. Interessen und Bedürfnisse verschieben sich, Kontakte zu ehemaligen Kollegen verlieren an Basis, Freundschaften sortieren sich neu. In der Partnerschaft kommt es zu Konflikten, der Gesprächsstoff verebbt.

  • >  die Betroffenen nach einer neuen Orientierung suchen. Sie reflektieren ihren lebensweg, ihre Fähigkeiten und was sie sich für die Zukunft wünschen. Bei manchen gelingt das, andere führt das in eine Krise.


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Fazit

Sabine Plaehn hält fest, dass ...

  • >  das Arbeitslos-Werden weitaus mehr ist als nur der Verlust der Einkommensquelle. Die Identität und die zwischenmenschlichen Beziehungen verändern sich tiefgreifend.

  • >  die „Leere“ durch Ersatzbetätigungen wie Termine beim Arbeitsamt, Fernsehen oder Freundschaften pflegen gefüllt wird. Inwieweit diese als befriedigend empfunden werden, hängt davon ab, wie bedeutungsvoll sie fürden Einzelnen sind.

  • >  der Rollenwandel vom Arbeitnehmer zum Arbeitslosen einen großen Einfluss auf die restlichen Lebensrollen nimmt. Ob dies negativ oder positiv verläuft, hängt davon ab, wie der Einzelne das Arbeitslos-Sein bewertet.

  • >  das Arbeitslos-Werden den Lebensentwurf unterbricht. Betroffene sehen dies als Chance oder aber verlieren sich in Desorientierung.

  • >  Ergotherapeuten in einer solchen Krise begleiten und präventiv negative Folgen verhindern können. Geschehen kann dies durch Aufklärung über eine ausgewogene Betätigungsbalance, die Entwicklung einer neuen Betätigungsidentität und die Unterstützung im Vermittlungsprozess. Sie könnten mit den arbeitslosen an einer sinnvollen Tagesstruktur und der Entwicklung einer Perspektive arbeiten. ideal wären beim Arbeitsamt tätige Therapeuten.


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(Foto: U. Ende)