Emotionale Selbstregulation – Beeinflusst Begleiterkrankungen von ADHS
Emotionale Selbstregulation – Beeinflusst Begleiterkrankungen von ADHS
Kinder mit ADHS und unzureichender emotionaler Selbstregulation unterliegen einem
erhöhten Risiko, psychische Erkrankungen und Verhaltensauffälligkeiten zu entwickeln.
Zu diesem Ergebnis kam der Psychiater Joseph Biederman gemeinsam mit seinen Kollegen
am Massachusetts General Hospital in Boston, USA.
Vier Jahre lang untersuchten die Forscher 482 Kinder im Alter von sechs bis 18 Jahren.
242 von ihnen hatten eine ADHS-Diagnose, die übrigen 240 Kinder dienten als Kontrollgruppe.
Beide Gruppen bestanden etwa zur Hälfte aus Jungen und aus Mädchen. Die Forscher setzten
verschiedene standardisierte Tests ein, um die psychosoziale Entwicklung der Kinder
zu ermitteln. Außerdem baten sie die Eltern, das Verhalten ihrer Kinder in den vergangenen
sechs Monaten anhand der Child Behavior Checklist (CBCL) einzuschätzen. Auf dieser
Grundlage legten sie auch fest, ob ein Kind seine Emotionen angemessen regulieren
konnte. Die emotionale Selbstregulation war demnach gestört, wenn das Kind auf den
drei CBCL-Skalen „Aufmerksamkeitsprobleme“, „aggressives Verhalten“ und „Ängste/Depression“
einen Wert von über 180 erreichte.
Den Ergebnissen zufolge leiden Kinder und Jugendliche mit ADHS häufiger unter Depressionen,
Angst- und Verhaltensstörungen. Besonders dann, wenn sie ihre Emotionen nicht angemessen
regulieren können. Das heißt, in dieser ADHS-Untergruppe treten Begleiterkrankungen
und soziale Probleme signifikant häufiger auf als in Vergleichsgruppen. Um Kinder
mit ADHS optimal zu unterstützen, sollte das Behandlungsteam ihre Fähigkeit zur emotionalen
Selbstregulation frühzeitig ermitteln und ihnen zum Beispiel psychologische Interventionen
anbieten.
akb
Neuropsychiatr Dis Treat 2012; 8:267-276
Lebensphase Alter – Gelegenheiten für sozialen Austausch schaffen
Lebensphase Alter – Gelegenheiten für sozialen Austausch schaffen
Ältere Menschen können altersbedingte Verluste und Veränderungen leichter bewältigen,
wenn sie sich mit Gleichgesinnten austauschen und gemeinsam Aktivitäten ausführen.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Forschungsgruppe um den Pflegewissenschaftler Francis
Biley an der Bournemouth University in England.
Die Forscher gewannen insgesamt 24 Senioren zwischen 66 und 96 Jahren dafür, an aktionsbasierten
Lerngruppen teilzunehmen. Zunächst unterschieden sie die Teilnehmer danach, ob sie
in einer städtischen oder ländlichen Gegend oder in einer betreuten Wohneinrichtung
lebten. So entstanden drei Gruppen, die unabhängig voneinander an einer initialen
Fokusrunde und vier aktionsbasierten Lernsettings teilnahmen. Während der wöchentlichen
Treffen tauschten sich die Senioren darüber aus, welche altersbedingten Veränderungen
sie erleben und wie sie diese bewältigen. Demnach müssen sich ältere Menschen mit
vielen Verlusten auseinandersetzen. Ihre sozialen Kontakte gehen zurück, die Mobilität
lässt nach und der Körper verändert sich. Tritt das Rentenalter ein, büßen sie ihre
soziale Rolle als Arbeitnehmer ein. Ziehen sie in eine betreute Wohneinrichtung um,
verlieren sie ihr vertrautes Zuhause. Um sich an diese Veränderungen anpassen zu können,
benötigen Senioren vor allem eines: soziale Netzwerke. Eine wichtige Bewältigungsstrategie
scheint darin zu bestehen, sich mit anderen Betroffenen zu unterhalten und Ratschläge
oder Informationen auszutauschen. Wie in den aktionsbasierten Lerngruppen können sich
dadurch gemeinsame, kommunikationsorientierte Aktivitäten entwickeln. Der Austausch
vermittelt den älteren Menschen zudem das Gefühl, mit ihren Problemen nicht alleine
dazustehen.
Die Senioren wünschen sich mehr öffentliche Angebote, um miteinander in Kontakt zu
treten oder gemeinsam etwas zu unternehmen. Hier sind ambulante Gesundheits- und Sozialdienste
gleichermaßen gefordert.
dawo
Nursing Reports 2012; 2: 13-17
Kommentar – Was das Leben lebenswert macht”
Kommentar – Was das Leben lebenswert macht”
Einsamkeit ist in unserer westlichen Gesellschaft ein Problem, das sich durch alle
sozialen Schichten und Altersgruppen zieht. Ältere Menschen ziehen sich häufig zurück,
wenn ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten nachlassen. Oder wenn ein geliebter
Mensch stirbt, der sie viele Jahre ihres Lebens begleitet hat. Zu Einsamkeitsgefühlen
kann auch führen, dass sich die Welt so rasant verändert und man nicht mehr mithalten
kann. In unserer leistungsorientierten Gesellschaft stellt sich dann schnell die Frage,
was das Leben eigentlich noch lebenswert macht. Es ist wichtig, diese Frage zu stellen.
So können sich ältere Menschen auf ihre eigenen Werte besinnen und neue Perspektiven
entwickeln. Diese Frage ist aber auch für jüngere Menschen bedeutsam. Denn fast jeder
von uns kommt einmal in die Situation, alt und weniger leistungsfähig zu sein. Die
Kollegen aus England haben sich auf besondere Art einem besonderen Thema gewidmet.
Es rührt an zu lesen, wie die Senioren ihre Situation reflektieren und neue Möglichkeiten
entdecken. Bleibt zu hoffen, dass sich das Sozial- und Gesundheitssystem im Sinne
dieser älteren Menschen verändert.
Daniela Wolter, Ergotherapeutin im Fachbereich Psychiatrie
Schlaganfall – Handlungslücken bestehen oft langfristig
Schlaganfall – Handlungslücken bestehen oft langfristig
Ergotherapeuten sprechen von einer Handlungslücke, wenn ein Mensch in seinem täglichen
Leben nicht das tun kann, was er gerne tun möchte. Nach einem Schlaganfall erleben
Betroffene häufig solche Handlungslücken, selbst wenn das schädigende Ereignis bereits
ein Jahr zurückliegt. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsteam um die Ergotherapeutin
Susanne Guidetti vom Karolinska Institut in Huddinge, Schweden.
In ihrer Langzeitstudie untersuchten die Forscher ein Jahr lang 200 betroffene Senioren.
Kurz nach dem Insult setzten sie den Minimental Status Test und den Barthel-Index
ein, um Informationen über die kognitiven Voraussetzungen und die Selbstständigkeit
der Studienteilnehmer zu ermitteln. Drei und zwölf Monate später füllten die Senioren
selbst verschiedene Fragebögen aus. Auf dem „Occupational Gap Questionnaire“ (OGQ)
gaben sie für 28 Aktivitäten an, ob sie diese ausführen können und wollen. Auf der
„Stroke Impact Scale“ schätzten sie ein, wie stark der Schlaganfall ihre Gesundheit
und Handlungskompetenz beeinflusst. Und mit der „Life Satisfaction Checklist“ bewerteten
sie ihre allgemeine Lebenszufriedenheit. Demnach nehmen 90 Prozent der Betroffenen
ein Jahr nach ihrem Schlaganfall noch Handlungs I ücken wahr. Rund die Hälfte der
Klienten kann zu diesem Zeitpunkt vier oder mehr Aktivitäten nicht wie gewünscht ausführen.
Am häufigsten betrifft dies Reisen (38 Prozent), gefolgt von Außenaktivitäten (33
Prozent), kulturellen Aktivitäten (29 Prozent) und Reinigungsarbeiten (29 Prozent).
Verschiedene Faktoren beeinflussen, ob und in welchem Umfang solche Handlungslücken
bestehen bleiben. So spielt es eine Rolle, inwieweit betroffene Menschen an ihrer
sozialen Umwelt teilhaben können. Wichtig ist auch, wie sie ihre Genesung und allgemeine
Lebenszufriedenheit einschätzen. Gleiches gilt für die wahrgenommene Alltagskompetenz:
Nehmen Klienten drei Monate nach dem Insult geringe ADL-Fertigkeiten wahr, bestehen
ihre Handlungslücken oftmals noch nach einem Jahr. Zudem unterliegen Klienten mit
Migrationshintergrund einem erhöhten Risiko, langfristig mehrere Aktivitäten nicht
wie gewünscht ausführen zu können.
Ergotherapeuten können die dargestellten Zusammenhänge nutzen, indem sie klientenzentrierte
Interventionen anbieten. Dabei sollten sie berücksichtigen, welche Handlungsbedürfnisse
ihre Klienten äußern, wie sie sich selbst wahrnehmen und welche Rolle ihr soziales
Umfeld spielt.
fk
J Rehabil Med 2012; 44:36-42