Z Orthop Unfall 2012; 150(06): 563
DOI: 10.1055/s-0032-133185
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Protheseninfektionen – Präoperative Anämie = Risikofaktor

Contributor(s):
Christine Noll
Max Greenky BA et al.
Preoperative anemia in total joint arthroplasty: Is it associated with periprosthetic joint infection?.

Clin Orthop Relat Res 2012;
470: 2695-2701
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Publication Date:
07 January 2013 (online)

 
 

Diese retrospektive Studie untersucht den Einfluss einer präoperativen Anämie auf die Inzidenz postoperativer Gelenkinfektionen und den Zusammenhang zur postoperativen Mortalität nach totalendoprothetischem Gelenkersatz.
Max Greenky BA et al. Preoperative anemia in total joint arthroplasty: Is it associated with periprosthetic joint infection? Clin Orthop Relat Res 2012; 470:2695–2701

Einleitung

Der totalendoprothetische Gelenkersatz reduziert bekanntermaßen Schmerzen und bringt neue Lebensqualität für Patienten mit Gelenkbeschwerden. Trotz jener unzweifelhaft positiven Aspekte können bei diesen Eingriffen auch schwerwiegende Komplikationen auftreten. Eine präoperative Anämie ist bei 15 bis 33 % der orthopädischen Patienten vor endoprothetischem Gelenkersatz beschrieben. In der Literatur sind die beschriebenen Komplikationsraten bei Patienten mit einer präoperativen Anämie höher, als bei denen mit normwertigen Hämoglobinwerten vor der jeweiligen Operation. Beispielsweise ist bekannt, dass Anämien und intraoperative Bluttransfusionen einen eigenständigen Risikofaktor für eine erhöhte Morbidität und Mortalität im Allgemeinen darstellen. Ziel der vorliegenden Studie war es, den Zusammenhang einer präoperativen Anämie in Bezug auf die Inzidenz postoperativer Gelenkinfektionen und den Zusammenhang zur postoperativen Mortalität nach totalendoprothetischem Gelenkersatz zu untersuchen.


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Methodik

Im Rahmen einer retrospektiven Studie wurden Daten im Zeitraum von Januar 2000 bis Juni 2007 von 15 222 Patienten mit endoprothetischem Gelenkersatz ausgewertet. Von ihnen erhielten 7 230 eine primäre Hüftendoprothese und 6 371 eine primäre Kniegelenkstotalendoprothese. Zudem wurden 1 121 Revisionsoperationen einer Hüftgelenksprothese deund 500 Revisionen einer Knieprothese mit eingeschlossen.

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(© Fotolia / V. Yakobshuk)

In der Studie wurde eine Anämie als Hämoglobinwert von < 12 g / dl bei Frauen und < 13 g / dl bei Männern definiert. Die Indikation zu postoperativen Bluttransfusion wurde bei einem Hb < 8 g / dl oder beim Auftreten einer Anämiesymptomatik (Tachykardie, Brustschmerz, Dyspnoe, Abgeschlagenheit oder Hypotonie) bzw. koronararteriellen Vorerkrankungen bei einem Hb zwischen 8 und 10 g / dl gestellt.

Als operationsbedingte Komplikationen wurden verlängerter Krankenhausaufenthalt, Transfusionsraten und Infektion der Gelenkendoprothese definiert. Jene Variablen wurden als Prädiktoren einer postoperativen Mortalität 30 Tage, 90 Tage und 1 Jahr postoperativ ebenfalls im Rahmen der Studie erfasst.


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Ergebnisse

2 991 (19,6 %) der Patienten wiesen eine präoperative Anämie auf, wobei Frauen eine höhere Rate mit 62 % Anteil an der untersuchten Gruppe zeigten. Ebenso waren anämische Patienten mit 66 Jahren durchschnittlich älter als der allgemeine Durchschnitt der Patienten mit 63 Jahren. Eine präoperative Anämie ging zudem mit einer höheren Prävalenz von Komorbiditäten einher.

44 % der anämischen Patienten erhielten eine postoperative Erythrozytentransfusion im Gegensatz zu 13 % Transfusionsrate bei präoperativ nicht-anämischen Patienten. Die postoperative Krankenhausverweildauer war bei anämischen Patienten (durchschnittlich 4,3 Tage) im Vergleich zu den Patienten ohne Anämie (3,9 Tage) nicht signifikant verlängert. Postoperative Protheseninfekte waren allerdings bei 4,3 % der Patienten mit präoperativer Anämie im Gegensatz zu 2 % der Patienten ohne Anämie aufgetreten. Ebenso war eine präoperative Anämie mit einer erhöhten Rate an Prothesenspätinfektionen assoziiert (p < 0,001, Adjusted odds ratio 1,95). Dem entgegen zeigte sich kein signifikanter Einfluss der Anämie auf die 30- bzw. 90-Tage und die 1-Jahres Überlebensrate aller untersuchten Patienten. Ebenso war sie als positiver Prädiktor für kardiale Komplikationen nicht bestätigt worden.


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Kommentar

Den Autoren der vorliegenden Studie ist es gelungen einen Zusammenhang zwischen präoperativer Anämie und einem der Hauptkomplikationen in der Endoprothetik, dem Protheseninfekt, nachzuweisen. Erstaunlicherweise zeigte eine präoperative Anämie dabei allerdings keine signifikant erhöhte postoperative Mortalität in allen untersuchten postoperativen Intervallen (30, 90 Tage und 1 Jahr nach OP).

Ob und wie weit sich das peri- / postoperative Risiko eines Infektes durch präoperative Maßnahmen zur Anhebung des Hämoglobinwerts senken lässt und in wieweit dies zu anderen Komplikationen führen kann bleibt allerdings ungeklärt und bedarf nachfolgender Untersuchungen.


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