Fortschr Neurol Psychiatr 2013; 81(04): 210-229
DOI: 10.1055/s-0032-1330526
Fort- und Weiterbildung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wertigkeit der bioptischen Diagnostik in der Neurologie

Biopsy Diagnosis in Neurology
K. Koelble
,
A. Herring
,
K. Keyvani
Weitere Informationen

Korrespondenzadresse

Prof. Kathy Keyvani
Institut für Pathologie und Neuropathologie, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen
Hufelandstr.55
45134 Essen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
15. April 2013 (online)

 

Lernziele

Ziel des Artikels ist es, folgende Kenntnisse zu vermitteln:

  • Kenntnisse zur Handhabung von Gewebsproben und zum Spektrum der neuropathologischen Methoden, deren Einsatz im Rahmen der bioptischen Abklärung neurologischer Krankheitsbilder von Bedeutung ist,

  • allg. Abschätzung der durch morphologische Diagnostik gegenüber alternativen Verfahren zu erwartenden diagnostischen Ausbeute,

  • neuropathologische Grundlagen der Indikationen für bioptische Maßnahmen,

  • ein auf molekulargenetischen Ursachen basierender globaler Überblick über die Hirnerkrankungen, Neuropathien und Myopathien, bei denen eine morphologische Abklärung wesentliche (differenzial-)diagnostische Beiträge liefern kann.


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Technische Aspekte

Die Aufarbeitung biopsierten Gewebes ist von fundamentaler Bedeutung für eine optimale neuropathologische Diagnostik. Grundlagen der verwendeten Techniken sollten daher möglichst dem Kliniker vertraut sein, damit nach adäquater Indikationsstellung eine optimale Auswahl des Biopsieorts, des Biopsieumfangs und der Art der Probenhandhabung nach Biopsie sichergestellt ist.

Intraoperative Schnellschnittdiagnostik

Soll eine unmittelbare, intraoperative Beurteilung – eine sog. Schnellschnittuntersuchung – durch den Neuropathologen erfolgen, muss die Biopsie primär unfixiert in einem gut verschlossenem Gefäß und zur Vermeidung von Trocknungsartefakten auf leicht mit physiologischer Kochsalzlösung angefeuchteter (nicht nassen!) Gaze schnellstmöglich in ein neuropathologisches Labor transportiert werden.


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Konventionelle Histologie und Immunhistochemie nach Formalinfixierung

Die meisten Biopsate aller Gewebsarten (u. a. auch Biopsien von Hirngewebe) erfordern üblicherweise die Einsendung in ausreichender Menge (von mind. des dreifachen Probenvolumens), vorzugsweise kommerziell erhältlicher gepufferter Formalinlösung (4 %iges Formalin in PBS) in dicht verschließbaren Gefäßen von adäquater Größe. Konventionell mit Hämatoxylin und Eosin gefärbte Schnittpräparate von paraffineingebettetem Gewebe ermöglichen eine zumindest orientierende Diagnose in den meisten bioptischen Proben mit Ausnahme von Nerv- und Muskelbiopsien (s. Abschnitt „Histochemie, Enzymhistochemie und Elektronenmikroskopie“). Die technisch aufwendige Herstellung von Zupfpräparaten aus Nervenbiopsien ist auch wegen ihrer beschränkten diagnostischen Aussagekraft kaum noch gebräuchlich.

Der spezifische immunhistologische Nachweis membranöser, intra- und extrazellulärer Moleküle zur genaueren Charakterisierung – z. B. der Komponenten entzündlicher Infiltrate, der Differenzierung von Tumorzellen, der Linienzugehörigkeit leukämischer und lymphatischer Neoplasien, der Hormonproduktion oder der Akkumulation von Strukturproteinen – ist in den letzten Jahrzehnten zu einer für alle Gebiete der diagnostischen Pathologie unverzichtbaren Methode geworden [1]. Die meisten diagnostisch relevanten Marker sind durch das Epitopwiederherstellungsverfahren an formalinfixiertem und paraffineingebettetem Gewebe noch Jahre nach der Biopsienahme zuverlässig detektierbar. Dies versetzt den Neuropathologen bei neuen pathogenetischen und therapierelevanten Erkenntnissen in die Lage, an archivierten Paraffinblöcken eine gestellte Diagnose zu präzisieren oder neue Entitäten nachgehend zu diagnostizieren.

Merke

Der spezifische immunhistologische Nachweis membranöser, intra- und extrazellulärer Moleküle zur genaueren Charakterisierung ist in den letzten Jahrzehnten zu einer für alle Gebiete der diagnostischen Pathologie unverzichtbaren Methode geworden.


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Histochemie, Enzymhistochemie und Elektronenmikroskopie

Histochemie und Enzymhistochemie

Histochemische und enzymhistochemische Untersuchungen sind von besonderer Bedeutung für die Diagnose an Muskelbiopsien. Hierfür müssen native Gewebeproben eingesendet werden. Neben konventioneller Histologie und Immunhistochemie ist für die Nervendiagnostik nach Glutaraldehydfixation eine aufwendigere Epoxydharzeinbettung zur Herstellung von Semidünnschnitten notwendig. Optimalerweise sollten Muskel- und Nervbiopsate nativ (unfixiert), wie ein Schnellschnittgewebe, innerhalb von ca. einer Stunde das entsprechende neuropathologische Labor erreichen, damit eine adäquate Aufarbeitung des Gewebes vor Ort geschieht. Dabei sollten Muskel- und Nervenbiopsate sehr vorsichtig entnommen werden, damit Quetschungen und Zerrungen und demzufolge morphologische Artefakte vermieden werden.


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Elektronenmikroskopie

Während die Lichtmikroskopie für die meisten hirnbioptischen Diagnosen sowie für viele Aspekte der Muskel- und Nervenbiopsie ausreicht, bleibt die Elektronenmikroskopie für einige Fragestellungen, v. a. der Muskel-/Nervendiagnostik notwendig. Auch bei Hautbiopsaten mit der Frage nach Speicherkrankheiten (z. B. neuronale Zeroidlipofuszinose, bei der die Achselhaut wegen ihrer hohen Zahl an ekkrinen/merokrinen Drüsen biopsiert werden sollte) oder bei Verdacht auf CADASIL (zerebral autosomal dominante Arteriopathie mit subkortikalen Infarkten und Leukenzephalopathie) besteht die Indikation zu einer ultrastrukturellen Untersuchung. Die Elektronenmikroskopie erfordert die verzögerungsfreie Einsendung nativer Gewebeproben, wie für die Schnellschnittuntersuchung (s. Abschnitt „Intraoperative Schnellschnittdiagnostik). Alternativ kann das Gewebe auch vor Ort in Glutaraldehyd (2,5 %ig in Cacodylatpuffer) fixiert werden.


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Biopsie zerebraler Läsionen/Hirnbiopsie

Neoplasien

Da die Verlässlichkeit der Bildgebung (CCT, MRT) und/oder Liquoranalytik nur in Ausnahmefällen ausreicht, um sichere therapeutische Entscheidungen bei neoplastischen Prozessen zu treffen, sind bioptische Verfahren – falls nötig auch intraoperativ anhand von Schnellschnitten oder Quetschpräparaten – notwendig, um eine präzise Entitäts- und Dignitätszuordnung zu ermöglichen. Neben einer Vielzahl hirneigener (neuroektodermaler) Tumoren ([Abb. 1 g]) sowie primär im Gehirn entstandener hämatopoetischer und mesenchymaler Neoplasien (allen voran primär-zerebrale Lymphome ([Abb. 1 h, i]) bzw. Sarkome) können metastatische Absiedlungen praktisch aller Tumorarten anderer Organe Anlass zu einer Biopsie geben. Diese kann entweder im Rahmen einer offenen Operation mit dem Ziel einer möglichst kompletten oder partiellen Tumorresektion oder stereotaktisch minimalinvasiv nur zu diagnostischen Zwecken erfolgen.

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Abb. 1 Biopsien zerebraler Läsionen/Hirnbiopsie. a (Immunhistochemie, Anti-CD68) ADEM; Immunpositivität der überwiegend perivaskulär arrangierten dicht gelagerten makrophagozytären Infiltrate sowie der relativ locker und diffus verteilten Makrophagen und Mikrogliazellen. b (Klüver-Barrera-Färbung) ADEM; relativ scharf demarkierte angiozentrische Entmarkungsareale mit Nachweis von Myelinophagen. c (Kongorot-Färbung) rot gefärbte Ablagerungen in Blutgefäßwänden bei zerebraler Amyloidangiopathie (CAA). Unter polarisiertem Licht (Inset) zeigen die Ablagerungen eine grünliche Doppelbrechung. d (Immunhistochemie, Anti-CD3) Limbische Enzephalitis mit CD3-positiven T-zellulären entzündlichen Infiltraten im Hippokampus. e (HE) Granulomatöse Vaskulitis mit Durchsetzung der Gefäßwand durch mononukleäre entzündliche Infiltrate sowie einzelner mehrkerniger Riesenzellen (Inset, Pfeil). f (Obere Bildhälfte: HE) Kerneinschluss (Pfeil) in einer Gliazelle mit blasig aufgetriebenem Kern. (Untere Bildhälfte: Immunhistochemie, Anti-JC-Virus) Immunpositivität praktisch aller glialen Zellen mit blasig aufgetriebenen Kernen. g (HE) Glioblastom mit pathologischen mikrovaskulären Proliferaten (obere Bildhälfte, Pfeile) und pseudopalisadenartigen Nekrosen (untere Bildhälfte). h Primär-zerebrales diffus-großzelliges B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom mit angiozentrischem Wachstumsmuster (obere Bildhälfte) bestehend aus blastären lymphoiden Zellen mit prominenten Nukleolen (Immunoblasten/Zentroblasten) (untere Bildhälfte, Inset). i (Immunhistochemie) Praktisch durchgehende CD20-positive (B-zelluläre) Tumorzellen (obere Bildhälfte) bei sehr hoher proliferativer Aktivität in der Anti-Ki67-Färbung/MiB1 (untere Bildhälfte).

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Infektiöse Erkrankungen

Neben den neoplastischen Hirnerkrankungen kann die Differenzialdiagnose unklarer zerebraler Herdbefunde auch Prozesse – z. B. bakteriell oder mykotisch bedingte Hirnabszesse – oder opportunistische infektiöse Komplikationen – wie Toxoplasmose oder progressive multifokale Leukenzephalopathie/PML ([Abb. 1f]) (bei geschwächter Immunitätslage) – einschließen. Gerade bei den meisten viralen Enzephalitiden ist eine umgehende Diagnose und die darauf basierende spezifische antivirale Therapie (etwa Aciclovir bei HSV und VZV, Ganciclovir bei CMV) von entscheidender prognostischer Bedeutung. Eine Hirnbiopsie sollte dennoch auf ungewöhnliche und diagnostisch schwierige Konstellationen beschränkt bleiben [2].


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Autoimmunologische entzündliche Erkrankungen

Die Konstellation von der Klinik der Patienten, der Bildgebung und/oder den laborchemischen Untersuchungsergebnissen des Blutes und des Liquors erlauben es i. d. R., unterschiedliche autoimmunologische inflammatorische Erkrankungen voneinander abzugrenzen. In seltenen Fällen, bei einer untypischen Befundkonstellation kann jedoch die Differenzierung von autoimmunologisch vermittelten inflammatorischen Erkrankungen nur mit zusätzlicher Hilfe histologischer/immunhistochemischer Untersuchung von zerebralen oder spinalen Biopsien gelingen – z. B. bei folgenden Fällen:

  • demyelinisierende Erkrankung aus dem Formenkreis der multiplen Sklerose,

  • akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM) ([Abb. 2a, b]),

  • Neuromyelitis optica (assoziiert mit zirkulierenden Antikörpern gegen das astrozytäre Wasserkanalprotein Aquaporin 4) [3],

  • Vaskulitis (primär im ZNS oder systemisch mit ZNS-Manifestation) ([Abb. 2e]),

  • paraneoplastische Enzephalitis (wie limbische Enzephalitis) ([Abb. 2 d]),

  • andere entzündliche Prozesse voneinander unterscheiden (wie Sarkoidose, Rosai-Dorfman- oder Erdheim-Chester-Erkrankung),

  • neoplastische Prozesse (zumeist maligne Lymphome, aber auch Histiozytosen),

  • infektiöse ZNS-Erkrankungen.

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Abb. 2 Nervenbiopsien. a (Semidünnschnitt: Toluidinblau-Färbung) Diabetische Neuropathie mit Mikroangiopathie bei hyalinisierten endoneuralen Gefäßwänden (Pfeile). b (Semidünnschnitt: Toluidinblau-Färbung) Axonale Neuropathie mit mehreren Regeneratclustern (als Zeichen chronischer axonaler Schädigung) (Pfeile) und nur vereinzelten zu dünn myelinisierten Axonen (Pfeilspitze). c (Semidünnschnitt: Toluidinblau-Färbung) Demyelinisierende Neuropathie (HMSN Typ 1) mit zahlreichen Zwiebelschalenformationen (Pfeile). d (Elektronenmikroskopie): Vermehrte Anzahl von Kollagentaschen als Zeichen einer Neuropathie, insbesondere bei Untergang von nicht myelinisierten Fasern. e (Elektronenmikroskopie): Spätstadium einer axonalen Degeneration mit denervierten Schwann-Zellbändern. f (Elektronenmikroskopie): Axonopathie mit Schrumpfung und Auflösung des Axonoplasmas, granulären osmiophilen Akkumulationen, intraaxonalen Myeloidkörpern und Fragmentation des Myelins.

Dabei sollten die Biopsate, wie immer, so groß wie möglich sein, damit eine Repräsentativität für den gesamten pathologischen Prozess so weit wie möglich gewährleistet ist. Bei der Verdachtsdiagnose Vaskulitis sollte möglichst viel auch leptomeningeales Gewebe mitbiopsiert werden [4]. Im Gegensatz zu fast allen hier erwähnten autoimmunologischen entzündlichen Erkrankungen, die bei ausreichender Repräsentativität des Biopsats eine definitive Diagnose erlauben, bleibt eine paraneoplastische Enzephalitis oder die ätiologisch noch ungeklärte CLIPPERS-Erkrankung (Chronic Lymphocytic Inflammation with Pontine Perivascular Enhancement Responsive to Steroids) [5] rein morphologisch immer eine Verdachtsdiagnose, da das histologische Bild mit lymphozytär dominierten mononukleären Infiltraten sehr unspezifisch ist und weitere morphologisch charakteristische Merkmale nicht existieren.

Merke

Bei der Verdachtsdiagnose Vaskulitis sollte auch möglichst viel leptomeningeales Gewebe mitbiopsiert werden.


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Demenzielle Erkrankungen

Bei fortschreitender kognitiver Beeinträchtigung und v. a. bei einer evtl. behandelbaren Erkrankung – in erster Linie einer Vaskulitis – in der Differenzialdiagnose ist, nach Ausschöpfen aller anderen radiologischen und laborchemischen Untersuchungsmethoden bei noch nicht gesicherter Diagnose, eine Hirnbiopsie indiziert.

Merke

Bei einer Hirnbiopsie ist zu beachten, dass das mind. 1 cm3 große Biopsat Leptomeningen, die gesamte Dicke des Kortex sowie das darunterliegende Marklager beinhaltet. Ausführliche Informationen über alle klinischen, radiologischen und laborchemischen Befunde der Patienten sind bei histologischer Diagnosestellung unklarer demenzieller Erkrankungen unabdingbar, da entsprechende Spezialuntersuchungen nur auf Basis konkreter Differenzialdiagnosen in Kenntnis der Klinik möglich sind.

Mit einer adäquaten Indikationsstellung zu Biopsie und systematischer neuropathologischer Analyse können in ausreichend spezialisierten neuropathologischen Einrichtungen über 70 % aller Biopsate zu einer sicheren Diagnose führen, die evtl. auch nicht therapierbare neurodegenerative Prozesse wie eine Creutzfeld-Jakob-Erkrankung (CJD) oder Alzheimer-Erkrankung (AD) beinhalten kann [6].

Merke

Bei Verdacht auf eine Speicherkrankheit sollten vordringlich biochemische, molekulargenetische oder nicht zerebral bioptische Optionen (Haut, Muskel, Nerv, Leber etc.) ausgeschöpft werden.


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Nervenbiopsie

Es gibt keine rigiden Indikationskriterien für eine Nervenbiopsie. Nach der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie [7] ist eine Nervenbiopsie bei nicht anders zu sicherndem Verdacht auf eine behandelbare Polyneuropathie, z. B. eine Vaskulitis oder eine atypische CIDP, indiziert. Aus neuropathologischer Sicht sind Nervenbiopsien bei allen trotz ausgeschöpften laborchemischen und elektrophysiologischen Untersuchungsmethoden kryptogen bleibenden Neuropathien, v. a. bei asymmetrischen und multifokalen Neuropathieformen, diagnostisch Erfolg versprechend. Bei toxischen, metabolischen und vielen genetisch bedingten Neuropathien liefern sie häufig keine wesentlichen zusätzlichen Informationen.

Merke

Nach der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie [7] ist eine Nervenbiopsie bei nicht anders zu sicherndem Verdacht auf eine behandelbare Polyneuropathie, z. B. eine Vaskulitis oder eine atypische CIDP indiziert.

Die Auswahl des zu biopsierenden Nervs sollte zuvorderst von dem Bestreben geleitet sein, die resultierende Morbidität möglichst gering zu halten. Daher sollten – bis auf extrem seltene Ausnahmesituationen – motorische Nerven nicht biopsiert werden. Ferner sollten möglichst distal gelegene Nerven ausgewählt werden, da sie bei den meisten Neuropathien am schwersten betroffen sind. Daher ist der N. suralis in seinem supramalleolären Verlauf zu Recht der meist biopsierte Nerv. Um die diagnostische Ausbeute zu erhöhen, z. B. bei Vaskulitisverdacht, kann eine Biopsie des N. suralis auch einzeitig mit einer Gewebsentnahme aus dem Musculus peroneus brevis als kombinierte Nerv-Muskelbiopsie durchgeführt werden. Bei Verdacht auf eine sog. „Small-fiber“-Neuropathie wird anstatt einer Nervenbiospie eine Hautbiopsie zur Bestimmung der intraepidermalen Nervenfaserdichte empfohlen.

Unbedingt sollte nach möglichst schonender, Artefakte vermeidender Entnahme das entnommene Gewebe in einer ausgewiesenen Einrichtung mit neuropathologischer Expertise begutachtet werden [8].

Inflammatorische und infektiöse Neuropathien

Guillain-Barre-Syndrom/Akute inflammatorische demyelinisierende Polyradikuloneuropathie (AIDP)

Das Guillain-Barre-Syndrom (GBS) zeigt als primär demyelinisierender Prozess mit unterschiedlich ausgeprägter axonaler Beteiligung ein überwiegend morphologisch und immunhistologisch typisches Bild endoneurialer Infiltration durch Lymphozyten. Selten tritt das GBS in einer primär axonalen Variante auf. Wegen eines charakteristischen akut monophasischen Verlaufs mit aufsteigender Lähmung bedürfen die meisten Fälle von GBS keiner bioptischen Abklärung, dennoch kann bei rasch fortschreitenden Paresen mit axonaler und/oder asymmetrischer Symptomatik die Abgrenzung von einer vaskulitischen Neuropathie eine Biopsie erforderlich machen. Bei dem multifokalen Befallsmuster des GBS schließt eine unauffällige Nervenbiopsie diese Diagnose jedoch nicht aus.

Liegt eine normale NLG des N. suralis vor, ist eine Biopsie dieser Lokalisation nicht Erfolg versprechend. In solchen Fällen bzw. beim seltenen „rein motorischen“ Typ des GBS kann die Biopsie eines elektrophysiologisch auffälligen oberflächlichen sensiblen bzw. eines motorischen Nervs indiziert sein [9]. Es ist zu erwarten, dass bei klinisch nicht eindeutigem Verdacht auf GBS vermehrt serologische Untersuchungen vor einer Nervenbiopsie eingesetzt werden, wie schon jetzt eine seltene GBS-Variante, das Miller-Fisher-Syndrom (MFS), durch den Nachweis von IgG-Antikörpern mit GQ1b- und GT1a-Gangliosid-Spezifität diagnostiziert werden kann [10].


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Chronische inflammatorische demyelinisierende Polyradikuloneuropathie

Die chronische inflammatorische demyelinisierende Polyradikuloneuropathie (CIDP) ist eine sich über min. zwei Monate entwickelnde, symmetrisch, leicht vorherrschend motorische, aber auch sensible Nerven betreffende Erkrankung mit progressivem oder schubförmigem remittierenden Verlauf. Für die Diagnose einer CIDP ist eine Nervenbiopsie meist nicht erforderlich und stellt aktuell nur ein unterstützendes Kriterium dar [11]. Bei Diskrepanzen zwischen klinischen, elektrophysiologischen und Liquorbefunden mag sie aber zur Rechtfertigung einer langfristigen Immuntherapie geraten sein. Da diese mulifokale Erkrankung mit Demyelinisierungen und/oder axonaler Schädigung, typischerweise begleitet von einer eher gering ausgeprägten endo- und epineurialen, aus Lymphozyten bestehenden Infiltration, vornehmlich in den proximalen Nervenabschnitten einhergeht, kann eine Biopsie des N. suralis nur ein sehr beschränktes Bild des pathologischen Geschehens liefern.

Merke

Für die Diagnose einer CIDP ist eine Nervenbiopsie meist nicht erforderlich und stellt aktuell nur ein unterstützendes Kriterium dar.


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Vaskulitische Neuropathien

Bei gleichzeitig mit einer multifokalen Neuropathie vorliegenden systemischen Manifestationen, wie bei Panarteriitis nodosa (PAN), systemischem Lupus erythematodes (SLE) oder Wegener-Granulomatose, ist die Verdachtsdiagnose einer vaskulitischen Neuropathie naheliegend. Jedoch bietet ein beträchtlicher Teil der Patienten mit vaskulitischen Neuropathien nur eine ausschließlich neuropathische Symptomatik, manchmal sogar ohne klinische oder laborchemische Entzündungsparameter. Die Abklärung eines möglichen vaskulitischen Nervenbefalls stellt daher eine der Hauptindikationen für eine Nervenbiopsie dar.

Auch wenn Vaskulitiden die häufigste Ursache multifokaler Neuropathien sind, sollte vor einer Nervenbiopsie durch klinische Untersuchung, elektrophysiologische Tests und Liquor-Analytik versucht werden, zwischen Spinalwurzel- und peripheren Nervenläsionen zu differenzieren. Bei Verdacht auf vaskulitische Neuropathie sollte zur Erhöhung der diagnostischen Ausbeute bevorzugt eine kombinierte Muskel- und Nervenbiopsie durchgeführt werden.

Merke

Bei Verdacht auf vaskulitische Neuropathie sollte zur Erhöhung der diagnostischen Ausbeute bevorzugt eine kombinierte Muskel- und Nervenbiopsie durchgeführt werden.


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Lepröse Neuropathie

Anders als in Endemiegebieten kann außerhalb dieser die Diagnose durchaus schwierig sein. Periphere Nerven werden in beiden Lepraformen, der lepromatösen wie der tuberkulösen, betroffen, wobei letztere eher zu lokalisiertem Befall neigt. Rein neuritische Verlaufsformen der Lepra sind selten, ein diesbezüglicher Verdacht stellt bei fehlenden Hauterscheinungen eine Indikation zur Nervenbiopsie dar [12].


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HIV-assoziierte Neuropathie

Während in den frühen Stadien einer HIV-Infektion neuropathische Symptome eine Seltenheit sind, entwickeln fast alle Patienten mit fortgeschrittenem AIDS eine, wenn auch klinisch inapparente Neuropathieform, darunter seit Einführung der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) vornehmlich sensorische distal symmetrische Polyneuropathien, seltener inflammatorische entzündliche Polyneuropathien (ähnlich einer CIDP oder eines GBS) oder vaskulitische Neuropathien [13].


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Neurosarkoidose

Sarkoidose ist eine ätiologisch bislang nicht geklärte, entzündliche Systemerkrankung, charakterisiert durch nicht nekrotisierende epitheloidzellige Granulome potenziell aller Organe des Körpers, prädilektiv jedoch der hilären Lymphknoten, der Lunge und der Haut. Neurologische Symptome – bevorzugt unter dem Bild einer Fazialisparese, aber auch einer chronisch progressiven distalen Polyneuropathie – finden sich bei ca. 5 % der Patienten und können die einzigen Manifestationen der Erkrankung darstellen.

Üblicherweise lässt sich die Diagnose bei einem Patienten mit Polyneuropathie an einer Lymphknoten-, Lungen- oder Hautbiopsie stellen. Selbst bei fehlendem klinischen Anhalt für eine Muskelbeteiligung soll jedoch die Hälfte der Muskelbiopsien granulomatöse Befunde aufweisen [14]. Bei Verdacht auf Neurosarkoidose ist daher zur Erhöhung der diagnostischen Ausbeute eine kombinierte Muskel- und Nervenbiopsie zu bevorzugen.


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Amyloidneuropathien

Die Amyloidneuropathie ist eine vornehmlich sensorische und autonome Polyneuropathie, die entweder erworben als Folge einer monoklonalen Gammopathie oder autosomal dominant (bei Transthyretin-, Gelsolin- oder Apolipoprotein-A1-Mutationen) vererbt auftritt [15].

Merke

Bei Verdacht auf Amyloidneuropathie sollte (i. d. R. erst nach einer negativen Biopsie der Haut und/oder der Rektumschleimhaut) zur Erhöhung der diagnostischen Ausbeute eine kombinierte Muskel- und Nervenbiopsie bevorzugt werden.

Monoklonale Gammopathie

Eine erworbene, schwere und längenabhängige sensorische und autonome Polyneuropathie kann die einzige Manifestation einer Immunglobulin-Leichtketten-Amyloidose (AL) bei Patienten mit einer monoklonalen Gammopathie darstellen. Hier ist allein die Nervenbiopsie mit Nachweis von endoneuralen Amyloidablagerungen, die sich nach Kongorot-Färbung polarisationsoptisch doppelbrechend und immunhistologisch reaktiv mit Immunglobulin-Leichtketten-spezifischen Antikörpern darstellen, diagnostisch.


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Familiäre Amyloidneuropathien

Wenn aufgrund der Familienanamnese und entsprechender Symptomatik eine Familiäre Amyloidneuropathie (FAP) differenzialdiagnostisch erwogen wird, sollte vor einer Nervenbiopsie wegen der in diesem Kontext häufigen Transthyretin-Alterationen (Transthyretin: TTR) dieses Gen zuerst hinsichtlich der weltweit prädominanten „portugiesischen Mutation“ (Val30Met) sequenzanalytisch untersucht werden [15]. Das ebenfalls polarisationsoptisch doppelbrechende Amyloid lagert sich bei FAP im Epineurium, Perineurium und Endoneurium, gelegentlich auch betont perivaskulär oder in Gefäßwänden ab und lässt sich immunhistologisch mit spezifischen Antikörpern gegen aggregiertes TTR oder (seltener) Gelsolin differenzieren.


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Paraneoplastische Neuropathien

Bei malignen Erkrankungen, v. a. bei kleinzelligen Bronchialkarzinomen und Lymphomen, können überwiegend kombiniert sensorische und motorische, seltener rein sensorische Neuropathien auch Jahre vor der Tumordiagnose auftreten. Auch wenn bei einer paraneoplastischen Neuropathie (PN) meist lediglich eine Demyelinisierung zu finden ist, die nervenbioptisch keine spezifische Diagnosestellung erlaubt, kann die seltene Möglichkeit einer behandelbaren Vaskulitis in Einzelfällen eine Nervenbiopsie rechtfertigen [16]. Natürlich können maligne Lymphome und andere Tumoren periphere Nerven direkt infiltrieren, sie tun dies aber weitaus häufiger im Nervenwurzelbereich als in den üblicherweise nervenbioptisch erfassten peripheren Abschnitten.

Paraproteinämische Neuropathie

Es besteht eine Assoziation zwischen dem Vorhandensein monoklonaler Immunglobuline im Blut – z. B. bei monoklonaler Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS), Plasmozytomen oder Morbus Waldenström – und dem Auftreten von Neuropathien. Während keine eindeutige Abhängigkeit von der hämatologischen Grunderkrankung erkennbar ist, sind IgM-Paraproteine v. a. mit – klinisch manchmal schwer von nicht ganz typischen CIDP zu unterscheidenden – demyelinisierenden Neuropathien vergesellschaftet.

Bei fast 50 % der betroffenen Patienten lassen sich ultrastrukturell weit auseinanderliegende, dekompaktierte äußere Myelinlamellen in peripheren Nerven sowie eine gegen das Myelin-assoziierte Glykoprotein (MAG) gerichtete Spezifität der IgM-Moleküle im Blut nachweisen, was durchaus als Indiz für eine pathogenetische Bedeutung gewertet werden kann [17]. Eine Nervenbiopsie ist bei paraproteinämischer Neuropathie daher, außer in atypischen seronegativen Fällen, nicht indiziert. In Verbindung mit IgG-/IgA-Paraproteinen ist natürlich auch ein zufälliges gemeinsames Auftreten mit einer Neuropathie nicht auszuschließen, die dann evtl. einer bioptischen Abklärung bedarf.


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Erworbene Polyneuropathien

Toxische Polyneuropathien

Medikamentös oder metabolisch bedingte toxische Polyneuropathien zeigen ein überwiegend distales, längenabhängiges und symmetrisches Befallsmuster. In diesen Fällen ist eine Nervenbiopsie meistens zwar nicht diagnostisch, sie kann jedoch im Zusammenhang mit den klinischen und elektrophysiologischen Befunden evtl. nützlich beim Abschätzen des Schweregrads und der Progressionstendenz der vorliegenden Neuropathie sein.


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Diabetische Polyneuropathie

Diabetes mellitus zeigt eine Vielzahl von neurologischen Symptomen, am häufigsten jedoch eine symmetrische, längenabhängige sensorische Polyneuropathie, die nicht selten von Dysfunktionen des autonomen Systems begleitet ist. Histologisch ist typischerweise eine axonale Schädigung neben mikroangiopathischen Alterationen zu erwarten ([Abb. 2a]). Ein solches klinisches Bild erfordert nur bei Auftreten atypischer Manifestationen eine Nervenbiopsie. Dennoch können Diabetiker auch fokale oder multifokale Veränderungen peripherer Nerven entwickeln, die nicht direkt im Zusammenhang mit der Grunderkrankung stehen (z. B. eine Entzündung). Bei den meisten solcher Patienten sollte genau wie bei Nicht-Diabetikern eine Nervenbiopsie durchgeführt werden.


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Erbliche Neuropathien

Fortschritte in der DNA-basierten Diagnostik haben in letzter Zeit zu einem Rückgang der Nervenbiopsien bei Verdacht auf hereditäre motorische und sensorische Neuropathien ([Abb. 2b–f]), hereditäre Neuropathie mit Neigung zu Druckläsionen (HNPP) und Riesenaxon-Neuropathie geführt. Ein Trend, der sich in Zukunft sicher noch verstärken wird. [Tab. 1] gibt eine Übersicht der wichtigsten, gegenwärtig molekular definierten Formen hereditärer Neuropathien.

Tab. 1

Hereditäre Polyneuropathien (nach [29]).[1]

Neuropathie

Charakteristika

Genort

Lokalisation

Autosomal-dominant

hereditäre motorische und sensorische Neuropathie

HMSN-Typ I

demyelinisierende Form, konzentrische, zwiebelschalenartige Schwann-Zellproliferate

CMT1 A

PMP22

17p11

CMT1 D

EGR2

10q21.3

CMT1 B

MPZ

1q22

CMT1 C

LITAF

16p13.13

hereditäre motorische und sensorische Neuropathie

HMSN-Typ II

axonale Form, weniger ausgeprägter Verlust myelinisierter Fasern und besonders bei längerem Verlauf endoneuriale Fibrose

CMT2 F

HSPB1

7q11.23

CMT2 D

GARS

7p14.3

CMT2 A1

KIF1B

1p36.22

CMT2 A2

MFN2

1p36.22

CMT2 C

TRPV4

12q24.11

CMT2 E

NEFL

8p21.1

CMT2 B

RAB7

3q21.3

hereditäre sensorische u. autonome Neuropathien Typ I

HSAN1 A

SPTLC1

9q22.31

HSAN1 C

SPTLC2

14q24

HSAN1 D

ATL1

14q22.1

hereditäre Neuropathie mit Neigung zu Druckläsionen (HNPP)

tomakulöse Nervenauftreibungen

PMP22

17p11

Dejerine-Sottas-Syndrom (DSS) (CMT3)

PMP22

17p11

MPZ

1q22

EGR2

10q21.3

Amyloid-Polyneuropathie

TTR

18q12.1

GSN

9q33.2

Autosomal-rezessiv

Dejerine-Sottas-Syndrom (DSS) (CMT4 F)

PRX

19q13.2

hereditäre motorische und sensorische Neuropathie

HMSN-Typ I

CMT4 A

GDAP1

8q21.11

CMT4 B1

gefaltete, überzählige Myelinscheiden

MTMR2

11q21

CMT4 B2

SBF2

11p15.4

CMT4 C

SH3TC2

5q32

CMT4 D

NDRG1

8q24.22

CMT4 E

hypomyelinisierend

MPZ/EGR2

CMT4 G

?

10q23.2

CMT4 H

FGD4

12p11.21

hereditäre sensorische und autonome Neuropathien Typ II–VI

HSAN2 A

WNK1

12p13

HSAN2 B

FAM134B

5p15.1

HSAN2 C

KIF1A

2p37.3

HSAN3

IKBKAP

9q31.3

HSAN4

NTRK1

1q23.1

HSAN5

NGFB

1p13.2

HSAN6

DST

6p12.1

Riesenaxon-Neuropathie 1

GAN

16q23.2

HMSN4, Adultes Refsum-Syndrom 2

PEX7

6q23.3

HMSN4, Adultes Refsum-Syndrom 1

PHYH

10p13

Bassen-Kornzweig-Syndrom

Apolipoprotein-B-Defizienz

MTP

4q23

metachromatische Leukodystrophie

Arylsulfatase-A-Defizienz

ARSA

22q13.33

X-chromosomal

HMSN-Typ I (CMT1 X)

X

GJB1 (CX32)

Xq13.1

HMSN-Typ II (CMT2 X)

X

M. Fabry

X

GLA

Xq22.1

Adrenoleukodystrophie

X

ABCD1

Xq28

1 CMT: Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung; HSMN: hereditäre motorische und sensorische Neuropathie; HSAN: hereditäre sensorische und autonome Neuropathie.


Merke

Generell kann bei Verdacht auf eine erbliche Neuropathie durch eine Integration der anamnestischen, klinischen und elektrophysiologischen Befunde der vorliegende Erbgang (als dominant, rezessiv oder X-chromosomal) bestimmt und die notwendige genetische Testung eingegrenzt werden [18]. Eine Nervenbiopsie bleibt nur den äußerst seltenen atypischen Formen vorbehalten.


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Muskelbiopsie

Grundsätzliche und technische Aspekte

Für die Therapie und Prognose von Myopathien wird eine exakte Diagnose gerade auch angesichts molekularmedizinischer Fortschritte immer entscheidender. Auch wenn heute in etwa der Hälfte der hereditären Myopathien ein zugrunde liegender molekularer Defekt identifiziert werden kann, bleibt die Muskelbiopsie in den meisten Fällen ein unverzichtbares diagnostisches Verfahren, um bei dem stetig sich verbreiternden Spektrum unterschiedlicher Muskelerkrankungen eine adäquate Diagnostik zu gewährleisten [19]. Dennoch sollte bei monogenen Erkrankungen und klarem klinischen Bild (z. B. Dystrophinopathie Typ Duchenne [DMD] oder Typ Becker [BMD], Facio-skapulo-humorale Dystrophie [FSHD], myotone Dystrophie Typ 1 Curschmann-Steinert [DM 1], proximale myotone Myopathie [PROMM]/myotone Dystrophie Typ 2 [DM 2], okulo-pharyngeale Muskeldystrophie [OPMD]) primär eine molekulargenetische Diagnosesicherung angestrebt werden.

Merke

Nur bei nicht zweifelsfrei einzuordnender Klinik oder negativen molekulargenetischen Befunden ist eine Muskelbiopsie indiziert. Die Anforderung hierzu sollte unter Angabe von Details zu (Familien-)Anamnese, Symptomatik (Schmerzen, Myoklonien usw.), Verteilungsmuster, laborchemischen Befunden, Ergebnissen der EMG/NLG-Untersuchungen und der favorisierten Verdachtsdiagnose(n) erfolgen. Für die Muskelbiopsie sollte ein Extremitätenmuskel in einer vom Erkrankungsprozess noch nicht zu stark betroffenen Lokalisation gewählt werden.

Bei entzündlichen Myopathien kann evtl. eine auf Magnetresonanz-Bildgebung gestützte Auswahl des Biopsieorts die diagnostische Ausbeute erhöhen [20]. Bei der Entnahme ist besondere Sorgfalt auf das Vermeiden von Quetsch- und Dehnungsartefakten zu verwenden.

Die muskelbioptische Diagnostik kann histologische, histochemische, immunhistochemische und elektronenmikroskopische Techniken notwendig machen. Daher ist es unbedingt erforderlich, die Gewebeproben – analog zum Vorgehen bei Nervenbiopsien – unfixiert und möglichst umgehend in ein Institut mit myopathologischer Expertise zu transportieren, um eine sachgerechte Aufarbeitung und Untersuchung zu garantieren.


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Entzündliche Myopathien

Aufgrund der Häufigkeit entzündlicher Myopathien im Erwachsenenalter gehört der Myositisverdacht zu den wichtigsten Indikationen für eine Muskelbiopsie. Akute Initialstadien entzündlicher Myopathien können klinisch mit Myalgien ohne Paresen einhergehen.

Dermatomyositis, Polymyositis und immunvermittelte nekrotisierende Myopathie

Zu den histologischen Befunden bei Autoimmun-Myopathien gehören entzündliche Infiltrate sowie myopathische Alterationen (atrophe Muskelzellen, Muskelfasernekrosen, Muskelfaseraufspaltungen, Vermehrung zentralisierter Kerne, Myophagien und Muskelfaserregenerate). All diese Veränderungen sind jedoch nicht spezifisch und werden auch bei Einschlusskörpermyositis beobachtet. Entzündliche Infiltrate können sogar im Zusammenhang mit genetisch bedingten Muskeldystrophien, z. B. einer Gliedergürtelmyopathie LGMD 2B/Dysferlinopathie [21] beobachtet werden, was gelegentlich die Differenzierung einer erworbenen Myositis von erblichen Myopathien erschweren kann.

Die durch autoimmunologische Prozesse vermittelten Myopathien, wie Polymyositis, Dermatomyositis und die immunvermittelte nekrotisierende Myopathie (IMNM), sind klinisch meist durch proximale symmetrische Muskelschwäche und (mitunter stark) erhöhte Serumspiegel der Kreatinkinase (CK) gekennzeichnet. Sie bieten jedoch i. d. R. unterschiedliche histologische Befunde und muskelspezifische Autoantikörperprofile (muskelspezifische Autoantikörper: MSA).

Polymyositis

Die Polymyositis kann isoliert, als Teilsymptom generalisierter Autoimmunerkrankungen, z. B. des systemischen Lupus erythematodes (SLE), oder (wie auch die Dermatomyositis) als Paraneoplasie auftreten. Histologisch charakteristisch sind endomysiale Infiltrate aus zytotoxischen, CD8-positiven T-Lymphozyten, die intakte Muskelfasern invadieren.


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Dermatomyositis

Bei der mit entzündlichen Hautveränderungen des Gesichts und typischerweise der Fingerstreckseiten (Gottron-Papeln) assoziierten Dermatomyositis finden sich perimysial akzentuierte entzündliche überwiegend CD4-positive T-zelluläre und B-zelluläre Infiltrate, Atrophien perifaszikulär gelegener Muskelfasern („perifaszikuläre Atrophie“) und Gefäßveränderungen mit Ablagerung des Membranangriffskomplexes (MAC; C5b-9). Für die Dermatomyositis ist eine Reihe spezifischer, oft mit individueller klinischer Symptomatik assoziierte Autoantikörper beschrieben [22].


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Immunvermittelte nekrotisierende Myopathie

Die Muskelbiopsie bei IMNM zeigt v. a. Nekrosen, Degeneration und Regenerate der Muskelfasern, begleitet von nur spärlichen entzündlichen Infiltraten. Im Serum sind typischerweise Auto-Antikörper mit Spezifität für das „signal recognition particle“ (SRP) oder in der unter Statin-Therapie beobachteten Form der Erkrankung für die 3-Hydroxy-alpha-Methylglutaryl-Coenzyme-A-Reduktase (HMGCR) nachweisbar [23].


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Einschlusskörpermyositis

Wie die Autoimmun-Myopathien geht die nach ihren autophagischen geränderten Vakuolen („rimmed vacuoles“) im Zytoplasma benannte Einschlusskörpermyositis („Inclusion body myositis“: IBM) oft mit Zeichen einer Aktivierung des Immunsystems einher [24] und bietet histologisch ähnliche entzündliche Infiltrate wie die Polymyositis. Sie unterscheidet sich durch das Vorkommen von geränderten Vakuolen ([Abb. 3i]) und nicht selten durch eine begleitende, meist leicht ausgeprägte neurogene Schädigung von einer Polymyositis. Typischerweise sind sie von den Autoimmun-Myopathien durch distal betonte asymmetrische Befallsmuster der Muskelschwäche, relativ geringe Serum-CK-Erhöhung und häufig fehlendes Ansprechen auf Kortikosteroide unterscheidbar. Elektronenmikroskopisch charakteristisch sind die 15 – 18 nm dicken filamentösen Einschlüsse ([Abb. 3i]). Die hereditären Einschlusskörpermyopathien ([Tab. 2]) unterscheiden sich von einer Einschlusskörpermyositis morphologisch lediglich durch das Fehlen von entzündlichen Infiltraten. Angesichts der Ablagerungen von β-Amyloid [25] und/oder „TAR DNA-binding protein 43“ (TDP43) in den vakuolären und zytoplasmatischen Inklusionen ist die IBM evtl. primär eine myodegenerative Erkrankung [26].

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Abb. 3 Muskelbiopsien. a (Enzymhistochemie, NADH-Färbung) Solitäre rundliche zentral gelegene Aussparungen bei Central-Core-Erkrankung. b (Elektronenmikroskopie): Ein semi-strukturierter „Core“ mit komplettem Fehlen von Mitochondrien. c (Enzymhistochemie, ATPase-Färbung bei pH 9,4) Fasertypengruppierung der hellbraunen Typ-I- und der dunkelbraunen Typ-II-Myozyten bei neurogener Schädigung. d (Gomori-Trichrom-Färbung) Subsarkolemmale und intermyofibrilläre Fuchsinophilie der „Ragged-red-Fasern“ bei Mitochondriopathie. e (Linke Bildhälfte: Kombinierte COX/SDH-Färbung) Blau gefärbte, nur SDH-positive Muskelfasern weisen eine defizitäre COX-Aktivität auf, während die dunkelbraune Anfärbung eine erhaltene COX-Aktivität der Fasern anzeigt. (Rechte Bildhälfte: Elektronenmikroskopie) Kristalline intramitochondriale Einschlüsse. f (HE) Sarkoidosemanifestation in der Skelettmuskulatur mit endomysialen, nicht nekrotisierenden Granulomen bestehend aus Lymphozyten, Epitheloidzellen und mehrkernigen Riesenzellen. g (Enzymhistochemie; Saure Phosphatase-Färbung) Rötlich gefärbte, saure Phosphatase-positive myozytäre Lysosomen bei Morbus Pompe (GSD2). h (PAS-Reaktion) Violett gefärbte, PAS-positive myozytäre Glykogenspeicherung bei Morbus Pompe (GSD2). i (Linke Bildhälfte: Gomori-Trichrom-Färbung) „Rimmed vacuoles“ und (rechte Bildhälfte: Elektronenmikroskopie): filamentöse Einschlüsse bei Einschlusskörpermyositis.
Tab. 2

Hereditäre Myopathien (modifiziert nach [28] [29]).[1]

Myopathie

Charakteristika

Genort

Lokalisation

Muskuläre Dystrophien (sarkolemmale Strukturdefekte)

muskuläre Dystrophie (MD) Duchenne u. Becker, dilatative Kardiomyopathie

vollständiger oder partieller sarkolemmaler Dystrophin-Verlust (IHC)

DMD

Xp21.2

Gliedergürtelmuskeldystrophie LGMD 2C

vollständiger oder partieller sarkolemmaler Gamma-Sarcoglycan-Verlust (IHC)

SGCG

13q12.12

Gliedergürtelmuskeldystrophie LGMD 2 D

vollständiger oder partieller sarkolemmaler Alpha-Sarcoglycan-Verlust (IHC)

SGCA

17q21.33

Gliedergürtelmuskeldystrophie LGMD 2E

vollständiger oder partieller sarkolemmaler Beta-Sarcoglycan-Verlust (IHC)

SGCB

4q12

Gliedergürtelmuskeldystrophie LGMD 2F

vollständiger oder partieller sarkolemmaler Delta-Sarcoglycan-Verlust (IHC)

SGCD

5q33.3

Gliedergürtelmuskeldystrophie LGMD 2B, distale AR Myopathie mit anteriorem tibialen Beginn, Miyoshi MD 1

entzündliche Infiltrate, vollständiger oder partieller Dysferlin-Verlust (IHC, WB)

DYSF

2p13.2

Gliedergürtelmuskeldystrophie LGMD 1C, distale Myopathie Tateyama, Hyper-CK-ämie, „Rippling-muscle“-Erkrankung, familiäre hypertrophe Kardiomyopathie

Caveolin-3-Verlust (IHC)

CAV3

3p25.3

Myofibrilläre Myopathien (Proteinaggregat-Myopathien)

Alpha-B-Crystallin-bezogene myofibrilläre Myopathie

Alpha-B-Crystallin-Defekt

CRYAB

11q23.1

Desmin-bezogene myofibrilläre Myopathie, MFM1, AD, dilatative Kardiomyopathie Typ 1I, ehemals IBM1

zytoplasmatische Körperchen, Desmin-Defekt

DES

2q35

myofibrilläre Myopathie, dilatative Kardiomyopathie Typ 1C, „late onset” distale Myopathie (Markesbery-Griggs)

LDB3-Aggregate in Muskelfasern (IHC)

LDB3 (ZASP)

10q23.2

Filamin-C-bezogene myofibrilläre Myopathie

Filamin-C-Defekt

FLNC

7q32.1

myofibrilläre Myopathie mit BAG3-Defekt

BAG3-Defekt

BAG3

10q26.11

Distale Myopathien (zytoskelettale Strukturdefekte)

Gliedergürtelmuskeldystrophie LGMD 1A, „Spheroid-body“-Myopathie, distale Myopathie mit Myotilin-Defekt

myofibrilläre Dissolution, Akkumulation myofibrillärer Abbauprodukte, ektope Proteinexpression, geränderte Vakuolen „rimmed vacuoles“

MYOT

5q31.2

Gliedergürtelmuskeldystrophie LGMD 2 J, dilatative Kardiomyopathie Typ 1G, tardive tibiale MD (Udd), AR kongenitale Myopathie mit fataler Kardiomyopathie, AD familiäre hypertrophe Kardiomyopathie 9

geränderte Vakuolen „rimmed vacuoles“, Titin-Defekt

TTN

2q31.2

Gliedergürtelmuskeldystrophie LGMD 2G, dilatative Kardiomyopathie Typ 1N

Telethonin(Titin-cap)-Defekt

TCAP

17q12

AD Einschlusskörper-Myopathie IBM3

abnorme Typ-2A-Muskelfasern, disorganisierte Myofilamente, geränderte Vakuolen „rimmed vacuoles“, tubulo-filamentöse Einschlüsse, Myosin-heavy-chain-IIa(myosin-2)-Defekt

MYH2

17p13.1

distale Myopathie Laing MPD1, AD, späte und frühe Form

Hypotrophie von Typ-1-Fasern, Fehlen von Typ-2B-Fasern, Myosin-heavy-chain-7(Myosin-schwere-Kette-beta)-Defekt

MYH7

14q11.2

Gliedergürtelmuskeldystrophie LGMD 2A

reduzierte Calpain-3-Konzentration (WB), reduzierte autokatalytische Calpain-Aktivität

CAPN3

15q15.1

hereditäre Einschlusskörper-Myopathie IBM2, distale Myopathie mit gerändertenVakuolen (Nonaka)

geränderte Vakuolen „rimmed vacuoles“, tubulo-filamentöse Einschlüsse, Glucosamin(UDP-N-acetyl)-2-Epimerase/N-Acetyl-mannosamin-Kinase-Defekt

GNE

9p13.3

Einschlusskörper-Myopathie mit Morbus Paget des Knochens und fronto-temporaler Demenz IBMPFD, dilatative Kardiomyopathie mit Ubiquitin-positiven Einschlüssen

geränderte Vakuolen „rimmed vacuoles“, tubulo-filamentöse Einschlüsse, „Valosin-containing-protein”-Defekt

VCP

9p13.3

Myonukleäre Myopathien

AD/AR Emery-Dreifuss MD, EDMD2, Gliedergürtelmuskeldystrophie LGMD 1B, dilatative Kardiomyopathie 1A, AR CMT2B1

normale Lamin-A/C-Konzentration (IHC und WB)

LMNA

1q22

X-chromosomale Emery–Dreifuss MD, EDMD1

Emerin-Verlust (IHC)

EMD

Xq28

AD Emery-Dreifuss-MD mit Nesprin-1-Defekt

Nesprin-1-Defekt

SYNE1

6q25.1-q25.2

AD Emery-Dreifuss-MD mit Nesprin-2-Defekt

Nesprin-2-Defekt

SYNE2

14q23.2

X-chromosomale myotubuläre Myopathie

zentralisierte Myonuklei, Myotubularin-1-Defekt

MTM1

Xq28

Okulopharyngeale muskuläre Dystropie (OPMD), AD (selten AR)

geränderte Vakuolen „rimmed vacuoles“, intranukleäre tubuläre (Tomé) Filamente, dünnere Filamente als bei IBM

PABPN1

14q11.2

AD myotone Dystrophie Typ 1 (Curschmann-Steinert), DM1

Atrophie der Typ-1-Muskelfasern, vermehrt zentralisierte Kerne, pyknotische Kernklumpen, „ring fibers“

DMPK

19q13.32

AD myotone Dystrophie Typ 2 (Ricker), DM2, proximale myotone Myopathie PROMM

Atrophie der Typ-2-Muskelfasern, vermehrt zentralisierte Kerne, pyknotische Kernklumpen

ZNF9

3q21.3

1 AR: autosomal rezessiv; AD: autosomal dominant; CK: Kreatin-Kinase; MD: muskuläre Dystrophie; LGMD: limb girdle muscular dystrophy; IBM: inclusion body myopathy; IHC: Immunhistochemie; UDP: Uridindiphosphat; WB: Western blot.



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Systemische entzündliche Erkrankungen mit Muskelbeteiligung

Eine zuweilen auch asymptomatische Mitbeteiligung der Muskulatur kann bei Sarkoidose unter dem Bild einer nicht nekrotisierenden granulomatösen Entzündung des Endomysiums vorkommen ([Abb. 3f]) [27]. Vornehmlich eosinophile Zellinfiltrate im Epi-, Peri- und Endomysium finden sich bei eosinophiler Fasziitis und beim Shulman-Syndrom. Ebenso können systemische Vaskulitiden, wie die Panarteriitis nodosa oder die Churg-Strauss-Vaskulitis, im akuten Stadium mit häufig fleckförmigen leukozytoklastischen Infiltraten und fibrinoiden Gefäßwandnekrosen des Muskels einhergehen. Bei entsprechendem Verdacht sollte hier eine kombinierte Muskel-Nervenbiopsie erfolgen.


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Erbliche Myopathien

Für die Diagnostik der hereditären Myopathien stellt sich angesichts der stetig steigenden Zahl der entdeckten molekularen Defekte zunehmend das Problem, die historisch gewachsenen Klassifikationen nach Erbgang, Erkrankungsbeginn, Verteilungstyp, Morphologie und Klinik mit der Komplexität genetischer und phänotypischer Heterogenität befriedigend zusammenzuführen. Die gegenwärtig gängigen Einteilungen stellen eine Mischung aus den verschiedensten Kriterien dar und werden sicher in Zukunft neu strukturiert und vereinheitlicht werden müssen [28] [29].

Erbliche Muskelerkrankungen, zu denen sowohl strukturelle, metabolische und mitochondriale Myopathien gehören, stellen die häufigsten Myopathien im Kindesalter dar, die z. T. als kongenitale Erkrankung bereits intrauterin auftreten können – z. B. die Nemaline-Myopathien. Es gibt jedoch auch eine Vielzahl hereditärer Myopathien, wie einige Gliedergürteldystrophien (LGMD), die myotone Dystrophie Typ 2, die fazio-scapulo-humerale Muskeldystrophie (FSH), die Lipidspeichermyopathien sowie die Glykogenosen Typ 2 und Typ 4, die sich üblicherweise erst im Erwachsenenalter manifestieren. Nicht selten sind Mutationen desselben Gens für kongenitale und adulte Myopathien verantwortlich ([Tab. 3]).

Tab. 3

Hereditäre Myopathien (modifiziert nach [28] [29]).[1]

Kongenitale muskuläre Dystrophien

Adulte muskuläre Dystrophien

Charakteristika

Gen

Lokalisation

kongenitale MD mit Merosin (Laminin alpha2 / beta1/gamma1 Heterotrimer) Defekt MDC1A

partieller Merosin-Defekt mit Gliedergürtelpräsentation

Dystrophie, entzündliche Infiltrate, vollständiger oder partieller Merosin-Verlust (IHC)

LAMA2

6q22.33

kongenitale MD mit Integrin-Defekt

LGMD

Dystrophie, vollständiger Integrin-alpha7-Verlust (IHC)

ITGA7

12q13.2

Ulrich-Syndrom

Bethlem-Myopathie

LGMD

autosomal rezessive Myosklerose

Dystrophie, vollständiger oder partieller Kollagen-VI-Verlust (IHC)

COL6A1

21q22.3

COL6A2

21q22.3

COL6A3

2q37.3

kongenitale MD und abnormale Dystroglykan-Glykosylierung

„Muscle-eye-brain disease“

Walker-Warburg-Syndrom

LGMD 2I

reduzierte Glykosylierung von alpha-Dystroglykan (ICH, WB)

FKRP

19q13.32

kongenitale MD Fukuyama

Walker-Warburg-Syndrom

dilatative Kardiomyopathie bei Fukutin-Defekt

LGMD 2 M

FKTN

9q31.2

Walker-Warburg-Syndrom

LGMD 2K

POMT1

9q34.13

Walker-Warburg-Syndrom

„Muscle-eye-brain disease“

LGMD 2N

POMT2

14q24.3

Walker-Warburg-Syndrom

„Muscle-eye-brain disease“

LGMD 2O

POMGNT1

1p34.1

Walker-Warburg-Syndrom

kongenitale MD und abnormale Dystroglykan-Glykosylierung

LARGE

22q12.3

1 AR: autosomal rezessiv; MD: muskuläre Dystrophie; CMD: congenital muscular dystrophy; LGMD: limb girdle muscular dystrophy; IHC: Immunhistochemie; WB: Western blot.


Merke

Es gibt eine Vielzahl hereditärer Myopathien, wie einige Gliedergürteldystrophien (LGMD), die myotone Dystrophie Typ 2, die fazio-skapulo-humerale Muskeldystrophie (FSH), die Lipidspeichermyopathien sowie die Glykogenosen Typ 2 und Typ 4, die sich üblicherweise erst im Erwachsenenalter manifestieren.

Bei lichtmikroskopisch häufig ähnlicher unspezifischer Histomorphologie, wie Muskelfaseratrophie, Fasernekrosen, Myophagien, Vermehrung zentralisierter Kerne oder Faseraufspaltungen, sind präzise klinische Angaben (s. Abschnitt „Grundsätzliche und technische Aspekte“) von großer diagnostischer Bedeutung. Nur auf Basis konkreter Differenzialdiagnosen in Kenntnis der klinischen, elektrophysiologischen und laborchemischen Befunde sind gezielte enzym-/immunhistologische oder elektronenmikroskopische Untersuchungen möglich, um z. B. das defekte Protein bei einer hereditären Myopathieform zu detektieren und somit Hinweise auf das zur Diagnosesicherung zu sequenzierende Gen geben zu können.

Muskeldystrophien

Jede Muskelzelle ist mechanisch über die Basalmembran mit dem umgebenden endomysialen Bindegewebe verbunden. Eine Reihe von Basalmembrankomponenten koppelt so über den Dystroglykane enthaltenden Dystrophin-Glykoproteinkomplex (DGK) den kontraktilen myofibrillären Apparat mit der extrazellulären Matrix. Ist diese Verbindung dauerhaft geschwächt, führt das zu einem Ersatz der chronisch verletzten Myofibrillen durch Fett- und Bindegewebszellen. Diese als Dystrophie bezeichnete Veränderung ist typisch für Dysfunktionen und Defekte sarkolemmaler und extrazellulärer Proteine der Muskulatur.

Mutationen in dem Gen für die intrazelluläre DGK-Komponente Dystrophin liegen den häufigsten muskulären Dystrophien (MD) des Kindesalters zugrunde. Der vollständige Dystrophinverlust bei der Duchenne-MD (DMD) manifestiert sich in variablen Muskelfaserdurchmessern, überwiegend gruppierten Muskelfasernekrosen und einer Bindegewebsvermehrung. Mutationen, die für partiell funktionale Dystrophin-Moleküle kodieren, führen zum klinisch und myopathologisch milderen Bild der Becker-MD (BMD). Normalerweise ist für die Dystrophinopathie-Diagnose eine Muskelbiopsie nicht erforderlich, dennoch liefert eine Bestimmung der Dystrophinmengen im Muskelgewebe evtl. genauere prognostische Aussagen zur Schwere des Krankheitsverlaufs als die Kenntnis des Mutationstyps allein.

Die durch Mutationen in den ebenfalls DGK-assoziierten Sarkoglykanen verursachten Gliedergürteldystrophien (limb girdle muscular dystrophy LGMD 2C-F) lassen sich von anderen Muskeldystrophien immunhistologisch abgrenzen. Ebenso kann an Biopsien der Nachweis eines Verlusts bzw. der Reduktion von Caveolin-3 bzw. Dysferlin die Diagnose weiterer Gliedergürteldystrophien ermöglichen ([Tab. 2]).

Unter den extrazellulären Strukturmyopathien ist die häufigste die kongenitale muskuläre Dystrophie (MDC1A), verursacht durch Mutationen des Gens für die Basalmembrankomponente Laminin a2 ([Tab. 3]). Bei dieser zuweilen mit entzündlichen Infiltraten einhergehenden Form von Muskeldystrophie kann immunhistologisch ein vollständiger oder partieller Verlust von Laminin-alpha2 nachgewiesen werden. Ähnliche, die extrazelluläre Verankerung schwächende Veränderungen werden durch Mutationen der Gene für das Integrin a7 oder einzelne Kollagen-VI-Ketten bzw. durch Defekte in Glykosyl-Transferasen (POMT1/2) oder assoziierten Proteinen, wie das Fukutin, hervorgerufen. Eine Mutation im für das „Fukutin-related“-Protein kodierenden Gen verursacht z. B. eine im deutschsprachigen Raum häufige Form adulter Gliedergürteldystrophie (LGMD 2I).

Bei der molekularpathogenetisch noch nicht vollständig aufgeklärten Facio-scapulo-humeralen Dystrophie (FSH) ermöglicht eine unmittelbare Sequenzanalyse die Bestätigung der Verdachtsdiagnose ohne eine Muskelbiopsie.


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Kongenitale Myopathien

Die „Central-core“-Myopathie ist eine häufige, durch Mutationen im Ryanodin-Rezeptorgen RYR1 ausgelöste kongenitale Myopathie mit meist autosomal-dominantem Erbgang und enzymhistochemisch nachweisbaren charakteristischen im Muskelfaserzentrum lokalisierten mitochondrien- und enzymfreien myofibrillären Defektarealen ([Abb. 3a, b]). Bei oft milder Symptomatik wird sie nicht selten erst im Erwachsenenalter festgestellt; dennoch kommt dieser heutzutage vorzugsweise direkt sequenzanalytisch gesicherten Diagnose besondere Bedeutung zu, da RYR1-Mutationen mit einer Neigung zur malignen Hyperthermie bei Einsatz bestimmter Narkoseverfahren vergesellschaftet sind. Mutationen im RYR1- oder Seleno-protein-1-Gen verursachen auch die „Multi-minicore“-Erkrankung. Die „minicores“ gleichen strukturell den größeren „cores“, sind aber häufig nur elektronenoptisch nachweisbar ([Tab. 4]).

Tab. 4

Hereditäre Myopathien (modifiziert nach [28] [29]).[1]

Kongenitale Myopathien

Erbgang

Charakteristika

Genort

Lokalisation

„Central-core“-Erkrankung CCD

AD

Muskelfasern mit zentralen mitochondrien- und enzymfreien „cores“, Vorherrschen von Typ 1 Fasern

RYR1

19q13.2

Multiminicore-Erkrankung MmD mit externer Opthalmoplegie

AR

RYR1

19q13.2

Multiminicore-Erkrankung MmD klassische schwere Form, kongenitale MD mit früher Wirbelsäulenversteifung MDRS1, kongenitale Fasertyp-Dysproportion, „rigid spine syndrome“ RSS, Desmin-bezogene Myopathie mit Mallory-Körperchen, MD vom Eichsfeld-Typ

AR

erhaltene Merosin-Expression (IHC)

multiple Areale mit Mitochondrienverlust und Sarkomerzerfall, sog. „Multiminicores“

intrasarkoplasmatische Desminaggregate

SEPN1

1p36.11

Nemaline-Myopathie, Typ 1, NEM1

AD

Nemaline rods, Tropomyosin-3-Defekt

TPM3

1q21.3

Nemaline-Myopathie, Typ 2, NEM2, distale Myopathie mit Nebulin-Defekt

AR

Nemaline rods, Nebulin-Defekt, häufigste Nemaline-Myopathie

NEB

2q23.3

Nemaline-Myopathie, Typ 3, NEM3, kongenitale Myopathie mit Fasertyp-Dysproportion

AD

Nemaline rods, auch intranukleär, kleine Typ-1-Fasern, Actin-Filamentablagerungen

ACTA1

1q42.13

Nemaline-Myopathie, Typ 4, NEM4, Arthrogryposis multiplex congenita Typ 1, distale Arthrogrypose Typ 2B, „cap disease” (tropomyosin beta)

AD

Nemaline rods, Tropomyosin-2-Defekt

TPM2

9p13.3

Nemaline Myopathie, Typ 5, NEM5, Typ Amish

AR

Nemaline rods, Troponin-T1-Defekt

TNNT1

19q13.42

Nemaline-Myopathie, Typ 6, NEM6

AD

Nemaline rods, Cores

vorherrschend hypertrophe Typ-1-Fasern, KBTBD13(Kelch Repeats und BTB/POZ-Domänen enthaltendes Protein 13)-Defekt

KBTBD13

15q22.31

Nemaline-Myopathie, Typ 7, NEM7

AR

Nemaline rods, Cofilin 2 Defekt

CFL2

14q13.1

zentronukleäre Myopathie CNM1

AD

zentralständige Kerne, kleine Typ-1- oder Typ-2-Fasern mit Vorherrschen der Typ-1-Fasern

DNM2

19p13.2

zentronukleäre Myopathie CNM2

AR

BIN1

2q14.3

myotubuläre Myopathie MTM1

X-chromosomale zentronukleäre Myopathie CNMX

XR

zentralständige Kerne, zum Teil Kernverlagerung in die Faserperipherie

MTM1

Xq28

1 AR: autosomal rezessiv; MD: muskuläre Dystrophie; LGMD: limb girdle muscular dystrophy; IHC: Immunhistochemie; WB: Western blot.


Die für Nemaline-Myopathien typischen sarkoplasmatischen stäbchenförmigen Einschlüsse, die sog. „nemaline rods“ enthalten Z-Scheibenmaterial, dessen immunhistologischer Nachweis über sein Markerprotein Alpha-Aktinin-2 die Differenzialdiagnose von Einschlusskörpern effektiv einengen kann. Ursächlich sind Mutationen in bislang sieben Genen für Sarkomer- bzw. Z-Streifen-assoziierte Proteine ([Tab. 4]).

Bei den durch zentralständige Muskelfaserkerne charakterisierten myotubulären oder zentronukleären Myopathien erscheint die Muskelfaserarchitektur nach ihrem Intermediärfilament auf dem Stadium fetaler Myotuben arrestiert. Bei diesen Myopathien liegen Gendefekte in den Strukturproteinen Dynamin 2, „Myc box-dependent-interacting protein 1“ oder Myotubularin mit unterschiedlichem Erbgang vor. Selten wird ein sporadisches Auftreten mit einem ähnlichen klinischen und myopathologischen Bild beobachtet ([Tab. 4]).


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Distale Myopathien

Bei distalen Myopathien, die durch genetische Defekte sarkolemmaler oder zytoskelettaler Strukturproteine verursacht sein können, lässt sich das Fehlen (wie bei der Miyoshi-MP) bzw. die Aggregation (wie bei der Markesbery-Griggs-MP) relevanter Genprodukte (Dysferlin bzw. ZASP) immunhistologisch demonstrieren. Interessanterweise führen allele Mutationen in den jeweiligen Genen auch zu anderen neuromuskulären Syndromen. Auch bei den ebenfalls den distalen Myopathien zugerechneten, durch Titin- bzw. Calpain-3-Defekte verursachten Gliedergürteldystrophien (LGMD 2 J bzw. 2A) lassen sich immunhistologisch wertvolle Hinweise auf das zur Diagnosesicherung zu sequenzierende Gen gewinnen ([Tab. 2]).


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Myofibrilläre Myopathien

Myofibrilläre Myopathien sind pathologisch gekennzeichnet durch eine Auflösung von Myofibrillen, Akkumulation von myofibrillären Abbauprodukten und ektoper Proteinexpression ([Tab. 2]).


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Myonukleäre Myopathien/Myotone Syndrome

Eine zweilagige Membran trennt in allen Körperzellen das Zytoplasma vom Nukleoplasma und Chromatin. Eingelassen in diese Kernmembran gewährleistet eine Vielzahl von Poren den hochselektiven bidirektionalen Austausch zwischen beiden Kompartimenten. Mutationen in einer Reihe von Kernmembranproteinen, wie das Emerin, die Lamine und Nesprine, können zu phänotypisch ähnlichen Myopathien führen ([Tab. 2]). Trotz der Möglichkeit, bei der X-chromosomalen Emery-Dreifuss-MD-Typ-1 den Emerin-Verlust immunhistologisch zu belegen, ist eine Muskelbiopsie in diesem Kontext normalerweise nicht erforderlich. Ebenfalls sollte das klinische Bild bei den myotonen Dystrophien (DM1 / DM2) und der durch einen Defekt des nukleo-zytoplasmatischen Transports bedingten okulopharyngealen muskulären Dystrophie (OPMD) eine unmittelbare sequenzanalytische Bestätigung der Verdachtsdiagnose ohne vorangehende Muskelbiopsie ermöglichen.


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Mitochondriale Myopathien

Als mitochondriale Erkrankungen werden generell nur Defekte der oxidativen Phosphorylierung (OXPHOS) bezeichnet. Nur 13 der über 80 Komponenten der OXPHOS-Enzymkomplexe werden auch im mitochondrialen, die übrigen im nukleären Genom kodiert. Die wesentlich von Gendosiseffekten bestimmte mitochondriale Genetik hat eine gesteigerte Variabilität des klinischen Phänotyps zur Folge. [Tab. 5] listet einige häufige mitochondriale Erkrankungen mit Muskelbeteiligung auf.

Tab. 5

Mitochondriale Erkrankungen mit muskulärer Beteiligung (modifiziert nach [28] [29]).[1]

Erkrankung

Mitochondriale Gendefekte

Nukleäre Gendefekte

Symptome

MELAS

mitochondriale Enzephalomyopathie, Laktatazidose, „stroke-like episodes“

tRNA-Punktmutationen

COXIII, ND5, CYT b Punktmutationen

Migräne, Hypakusis, Ataxie, Minderwuchs, Schlaganfälle, Epilepsie, Demenz, Hemiparesen, Hemianopsie, Laktatazidose

MERFF

Myoklonus-Epilepsie mit „ragged red fibers“

tRNA-Punktmutationen

Myoklonien, Epilepsie, Ataxie, Minderwuchs, Myopathie, Hypakusis, Optikusatrophie, „ragged red fibers“

CPEO

chronisch progressive externe Ophthalmoplegie

mtDNA-Deletion

tRNA-Punktmutationen

POLG1

ANT1

externe Ophthalmoplegie, bilaterale Ptosis, proximale Myopathie

KSS

Kearns-Sayre-Syndrom

mtDNA-Deletion

progressive Ophthalmoplegie, Retinitis pigmentosa, Kardiomyopathie, Arrhythmien

Morbus Leigh

nekrotisierende Enzephalomyelopathie

tRNA-Punktmutationen

DNUF7

NDUFS1, NDUFS4, NDUFS8

FP

SURF1

LRPPRC

Ataxie, Hirnnervenaffektionen, Atemregulationsstörungen, Entwicklungsverzögerung

isolierte Myopathie

  • Myopathie

  • fatale infantile Myopathie

  • benigne infantile Myopathie

tRNA-Punktmutationen

COX I, COX II, ND4, CYT b Punktmutationen

Komplex-IV-Defizienz

TK2

proximale Myopathie

1 mtDNA: mitochondriale DNA.


Besonders charakteristisch für mitochondriale Myopathien sind die lichtmikroskopisch nachweisbaren, nach Gomori-Trichrom-Färbung roten subsarkolemmalen und intermyofibrillären Anfärbungen – die sog. „ragged red fibers“ (RRF) ([Abb. 3 d]). Diese bestehen aus Mitochondrienansammlungen, umgeben von Lipidvakuolen und Glykogen.

Nur enzymhistochemisch detektierbar ist der ebenfalls mitochondriale Myopathien kennzeichnende Cytochromoxidase(Cox)-Mangel von Muskelfasern ([Abb. 3e]). Besonders in Fällen ohne RRF kann der elektronenmikroskopische Nachweis mitochondrialer parakristalliner Einschlüsse und Cristaeveränderungen die Diagnose einer mitochondrialen Erkrankung unterstützen ([Abb. 3e]).

Merke

Fehlende morphologische Befunde können eine Mitochondropathie nicht vollständig ausschließen. Das mit < 17kB relativ kleine mitochondriale Genom erlaubt bei bestimmten klassischen klinischen Syndromen (z. B. MELAS und MERFF) eine schnelle molekulargenetische Diagnosesicherung, während bei atypischer Klinik und bei Verdacht auf nukleäre Mutationen eine Muskelbiopsie weiterhin erforderlich sein kann.


#

Fettspeicher-Krankheiten

Bei den Lipidspeichermyopathien kommt es durch Störungen des Fettsäure- und Carnitin-Transports, der mitochondrialen Beta-Oxidation oder der endogenen Triglyzeridsynthese in Muskelfasern zu einer pathologischen Akkumulation von Neutralfetten. Das klinische Bild umfasst eine generalisierte Muskelhypotonie, Muskelschwäche, Rhabdomyolyse und/oder periphere Neuropathie. Myopathologisch lassen sich die zytoplasmatischen Fettablagerungen bevorzugt in den Typ-1-Muskelfasern mit Spezialfärbungen an Gefrierschnitten oder ultrastrukturell als nicht membrangebundene Fetttropfen nachweisen. [Tab. 6] gibt eine Übersicht der wichtigsten bislang molekular aufgeklärten Entitäten.

Tab. 6

Fettspeicherkrankheiten mit muskulärer Beteiligung (modifiziert nach [28] [29]).[1]

Erkrankung

Gen

Erbgang

Chromosom

Klinik

Myopathologie

primärer Carnitinmangel

Carnitine deficiency systemic primary CDSP

SLC22A5

AR

5q31.1

Hypoglykämie

dilatative Kardiomyopathie

progressive Muskelschwäche

zytoplasmatische Lipidablagerungen

multipler Acyl-CoA-Dehydrogenasemangel

multiple Acyl-CoA dehydrogenase deficiency

MADD

ETFA

ETFB

ETFDH

AR

15q24.2

19q13.41

4q32.1

fatale infantile Form

adulte Form mit rascher Ermüdbarkeit, Muskelschwäche und Myalgien

zytoplasmatische Lipidablagerungen

Neutrallipidspeichermyopathie

neutral lipid storage disease NLSDM

PNPLA2

AR

11p15.5

milde Myopathie

Neutralfette in Granulozyten

zytoplasmatische Lipidablagerungen

Neutrallipidspeichermyopathie mit Ichthyose

neutral lipid storage disease with ichthyosis NLSDI

Chanarin-Dorfman-Syndrom

ABHD5

AR

3p21.33

Myopathie

generalisierte Ichthyose

Neutralfette in Granulozyten

zytoplasmatische Lipidablagerungen

Carnitin-Palmitoyl-Transferase-II

CPT2

AR

1p32.3

belastungsinduzierte Rhabdomyolysen

Myoglobinurie

nur ultrastrukturell nachweisbare zytoplasmatische Lipidablagerungen

Very-long-chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defekt

ACADVL

AR

17p13.1

Hypotonie

Hepatomegalie

Kardiomegalie

Hypoglykämie

fehlender Nachweis des Genprodukts in der Immunhistologie

Short-chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defekt

ACADS

AR

12q24.31

milde Myopathie

keine

1 AR: autosomal rezessiv; X: X-chromosomal; CK: Kreatinkinase.



#

Glykogenosen

Glykogenspeicherkrankheiten (GSD) führen durch Störungen in Synthese, Metabolismus, Transport oder Abbau von Glykogen zu hepatischen, vaskulären, zentralnervösen und muskulären Struk­turveränderungen. Von den zahlreichen GSD sind in [Tab. 7] wesentliche Charakteristika der mit Muskelbeteiligung einhergehenden Formen zusammengestellt. Während ihr klinisches Spektrum von schwer verlaufenden Multisystemerkankungen bei Kleinkindern bis zu isolierter Ateminsuffizienz bei Erwachsenen reicht, beruht die Diagnostik auf Muskelbiopsie, biochemischen Bestimmungen der jeweiligen Enzymaktivitäten an Myozyten oder Fibroblasten und letztendlich auf einer Sequenzanalyse der evtl. betroffenen Gene. Myopathologisch kann durch den Nachweis von (saure-Phosphatase-positiven) Vakuolen ([Abb. 3 g]), intrazellulärem PAS-positivem Glykogen ([Abb. 3 h]), enzymhistochemischer Aktivitätsbestimmung von Phosphorylase/Phosphofruktokinase oder durch ultrastrukturelles Darstellen von Autophagosomen die Differenzialdiagnose fokussiert werden.

Tab. 7

Glykogenspeicherkrankheiten und Membrandefekt der Lysosomen mit muskulärer Beteiligung (modifiziert nach [28] [29]).[1]

Erkrankung

Typ

Erbgang

Klinik

Pathologie

Glykogenspeicherkrankheiten

Muskel-Glykogensynthase-Defekt

0

AR

Belastungsintoleranz

Kardiomyopathie

Glykogenmangel

Typ-1-Faser-Verlust

Mitochondrienproliferation

Alpha-1,4-Glucosidase-/Saure-Glukosidase-/Maltase-Defekt

2

Pompe

AR

Kardiomyopathie

Gliedergürtelschwäche

Glykogenspeicherung

vakuoläre Myopathie

lysosomale Autophagie

Debranching-Enzym-Defekt

3

Cori

AR

distale Myopathie

Hepatopathie

Hypoglykämie

Glykogenakkumulation

vakuoläre Myopathie

Branching-Enzym-Defekt

4

Andersen

X

Myopathie

Kardiomyopathie

Hepatosplenomegalie

Zirrhose

vakuoläre Myopathie

Polyglykosankörper

Myo-Phosphorylase-Defekt

5

McArdle

AR

belastungsinduzierte Myopathie

„second wind“

Rhabdomyolyse

Myoglobinurie

subsarkolemmale Vakuolen

Glykogenakkumulation

Fasernekrosen

Phosphofructokinase-Defekt

7

Tarui

AR

belastungsinduzierte Myopathie

hämolytische Anämie

Glykogenakkumulation

Polyglykosankörper

Phosphorylase-B-Kinase-Defekt

9a

X

milde Myopathie

tubuläre Aggregate

LDH-A-Defekt

9

AR

CK-Erhöhung

Phosphoglyzeratmutase-Defekt

10

AR

milde Myopathie

tubuläre Aggregate

B-Enolase-Defekt

13

AR

Belastungsintoleranz

Glykogenakkumulation

Lysosomaler Membrandefekt

Lysosom-assoziiertes Membranprotein-2 (LAMP-2)

„2B“

Danon

X

Kardiomyopathie

variable Myopathie

mit PAS-positivem Material gefüllte lysosomale Vakuolen

1 AR: autosomal rezessiv; X: X-chromosomal; CK: Kreatin-Kinase.



#

Vakuoläre Myopathie

Defekte im Gen für das Lysosom-assoziierte Membranprotein-2 (LAMP-2) können den lysosomalen Abbau stören und myopathische Symptome hervorrufen. Bei dieser durch Akkumulation von PAS-positivem Material in lysosomalen Vakuolen gekennzeichneten Danon-Krankheit kann die Immunhistologie durch Nachweis einer fehlenden LAMP-2-Expression die Sequenzanalytik leiten ([Tab. 7]).


#
#

Toxisch bedingte Myopathien

Zahlreiche Medikamente, wie Colchizin und Chloroquin können Muskulatur selektiv schädigen. Histologisch (und ultrastrukturell) zeigen sich dabei häufig schollig granuläre bzw. myelinartige Ablagerungen in den Muskelfasern. Auch Statine können zu schwersten Muskelfaserschädigungen unter dem Bild einer Rhabdomyolyse führen [30].


#

Neurogene Muskelatrophien

Bei den Motoneuronerkrankungen, aber auch bei sensomotorischen Neuropathien führt der motorische Innervationsverlust häufig zu Muskelschwäche und Atrophie, in den Anfangsstadien auch mit isoliertem und asymmetrischem Befall. Histologisch ist die Denervationsatrophie durch Folgendes gekennzeichnet:

  • abgeflachte, angulierte in Gruppen gelagerte atrophe Muskelfasern

  • schießscheibenartige, sog. „Target-/targetoide“ Myofibrillenveränderungen

  • Verlust der Durchmischung und Vergrößerung der motorischen Einheiten aus „langsamen“ Typ-1- und „schnellen“ Typ-2-Muskelfasern, typischerweise durch enzymhistochemische Nachweise der pH-abhängigen ATPase- ([Abb. 3c]) und NADH-Aktivität an Gefrierschnitten

Bei der häufigsten kindlichen Motoneuronerkrankung, der spinalen Muskelatrophie Typ 1 (SMA I) sieht man ausgeprägte faszikuläre Muskelfaseratrophien. Bei der spätinfantilen, juvenilen SMA II betrifft die Atrophie vornehmlich Typ-2-Muskelfasern bei überwiegend hypertrophen Typ-1-Fasern, während bei der SMA III (Kugelberg-Welander-Krankheit) nicht selten eine Typ-2-Muskelfaserhypertrophie vorzufinden ist. Die häufigste adulte Motoneuronerkrankung, die amyotrophische Lateralsklerose (ALS), geht typischerweise mit einer Typ-2-Faser-Prädominanz einher.

Bei chronischen peripheren Neuropathien sind die Gruppen atropher Fasern meist klein, nicht selten vergesellschaftet mit einer Typ-1-Faserprädominanz. Während Nekrosen, Myophagien, Regenerate sowie zentralisierte Kerne von Muskelfasern typische myopathische Veränderungen darstellen, können sie in geringer Ausprägung auch bei Denervationsatrophien im Sinne einer sekundären Begleitmyopathie vorkommen.

Merke

Wegen der erheblichen Unterschiede in Prognose und Therapie ist eine Differenzierung von Denervationsatrophien (v. a. der Motoneuronerkrankungen) von Myopathien, Muskeldystrophien und Myositiden, wie sie nicht selten erst eine Muskelbiopsie liefern kann, von besonderer Bedeutung.


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Zusammenfassung

Die Diagnose einer Vielzahl von Krankheiten des Hirns, der Nerven und der Muskeln kann die Gewinnung einer Biopsie und die neuropathologisch spezialisierte Beurteilung erfordern. Durch die Aufklärung wichtiger molekularpathologischer Mechanismen und genetischer Ursachen sind die Methoden der morphologischen Befundung bedeutend erweitert, aber auch alternative, weniger invasive diagnostische Verfahren ermöglicht worden. Die Indikation für bioptische Maßnahmen ist daher streng und erst nach Ausschöpfung aller klinischen, bildgebenden, laborchemischen, elektrophysiologischen und sequenzanalytischen Untersuchungsmethoden zu stellen. Der Neurologe kann durch seine Kenntnisse der sachgerechten Probenhandhabung, der zu erwartenden diagnostischen Ausbeuten verschiedener Methoden und besonders durch eine effektive Kommunikation mit dem Neuropathologen entscheidend dazu beitragen, das breite Spektrum an Hirn-, Nerven- und Muskelerkrankungen, wenn indiziert, rasch und sicher mithilfe der Biopsie zu diagnostizieren.


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Interessenkonflikt:

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Prof. Kathy Keyvani
Institut für Pathologie und Neuropathologie, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen
Hufelandstr.55
45134 Essen

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  • 30 Thompson PD, Clarkson P, Karas RH. Statin-associated myopathy. JAMA 2003; 293: 1681-1690

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Abb. 1 Biopsien zerebraler Läsionen/Hirnbiopsie. a (Immunhistochemie, Anti-CD68) ADEM; Immunpositivität der überwiegend perivaskulär arrangierten dicht gelagerten makrophagozytären Infiltrate sowie der relativ locker und diffus verteilten Makrophagen und Mikrogliazellen. b (Klüver-Barrera-Färbung) ADEM; relativ scharf demarkierte angiozentrische Entmarkungsareale mit Nachweis von Myelinophagen. c (Kongorot-Färbung) rot gefärbte Ablagerungen in Blutgefäßwänden bei zerebraler Amyloidangiopathie (CAA). Unter polarisiertem Licht (Inset) zeigen die Ablagerungen eine grünliche Doppelbrechung. d (Immunhistochemie, Anti-CD3) Limbische Enzephalitis mit CD3-positiven T-zellulären entzündlichen Infiltraten im Hippokampus. e (HE) Granulomatöse Vaskulitis mit Durchsetzung der Gefäßwand durch mononukleäre entzündliche Infiltrate sowie einzelner mehrkerniger Riesenzellen (Inset, Pfeil). f (Obere Bildhälfte: HE) Kerneinschluss (Pfeil) in einer Gliazelle mit blasig aufgetriebenem Kern. (Untere Bildhälfte: Immunhistochemie, Anti-JC-Virus) Immunpositivität praktisch aller glialen Zellen mit blasig aufgetriebenen Kernen. g (HE) Glioblastom mit pathologischen mikrovaskulären Proliferaten (obere Bildhälfte, Pfeile) und pseudopalisadenartigen Nekrosen (untere Bildhälfte). h Primär-zerebrales diffus-großzelliges B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom mit angiozentrischem Wachstumsmuster (obere Bildhälfte) bestehend aus blastären lymphoiden Zellen mit prominenten Nukleolen (Immunoblasten/Zentroblasten) (untere Bildhälfte, Inset). i (Immunhistochemie) Praktisch durchgehende CD20-positive (B-zelluläre) Tumorzellen (obere Bildhälfte) bei sehr hoher proliferativer Aktivität in der Anti-Ki67-Färbung/MiB1 (untere Bildhälfte).
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Abb. 2 Nervenbiopsien. a (Semidünnschnitt: Toluidinblau-Färbung) Diabetische Neuropathie mit Mikroangiopathie bei hyalinisierten endoneuralen Gefäßwänden (Pfeile). b (Semidünnschnitt: Toluidinblau-Färbung) Axonale Neuropathie mit mehreren Regeneratclustern (als Zeichen chronischer axonaler Schädigung) (Pfeile) und nur vereinzelten zu dünn myelinisierten Axonen (Pfeilspitze). c (Semidünnschnitt: Toluidinblau-Färbung) Demyelinisierende Neuropathie (HMSN Typ 1) mit zahlreichen Zwiebelschalenformationen (Pfeile). d (Elektronenmikroskopie): Vermehrte Anzahl von Kollagentaschen als Zeichen einer Neuropathie, insbesondere bei Untergang von nicht myelinisierten Fasern. e (Elektronenmikroskopie): Spätstadium einer axonalen Degeneration mit denervierten Schwann-Zellbändern. f (Elektronenmikroskopie): Axonopathie mit Schrumpfung und Auflösung des Axonoplasmas, granulären osmiophilen Akkumulationen, intraaxonalen Myeloidkörpern und Fragmentation des Myelins.
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Abb. 3 Muskelbiopsien. a (Enzymhistochemie, NADH-Färbung) Solitäre rundliche zentral gelegene Aussparungen bei Central-Core-Erkrankung. b (Elektronenmikroskopie): Ein semi-strukturierter „Core“ mit komplettem Fehlen von Mitochondrien. c (Enzymhistochemie, ATPase-Färbung bei pH 9,4) Fasertypengruppierung der hellbraunen Typ-I- und der dunkelbraunen Typ-II-Myozyten bei neurogener Schädigung. d (Gomori-Trichrom-Färbung) Subsarkolemmale und intermyofibrilläre Fuchsinophilie der „Ragged-red-Fasern“ bei Mitochondriopathie. e (Linke Bildhälfte: Kombinierte COX/SDH-Färbung) Blau gefärbte, nur SDH-positive Muskelfasern weisen eine defizitäre COX-Aktivität auf, während die dunkelbraune Anfärbung eine erhaltene COX-Aktivität der Fasern anzeigt. (Rechte Bildhälfte: Elektronenmikroskopie) Kristalline intramitochondriale Einschlüsse. f (HE) Sarkoidosemanifestation in der Skelettmuskulatur mit endomysialen, nicht nekrotisierenden Granulomen bestehend aus Lymphozyten, Epitheloidzellen und mehrkernigen Riesenzellen. g (Enzymhistochemie; Saure Phosphatase-Färbung) Rötlich gefärbte, saure Phosphatase-positive myozytäre Lysosomen bei Morbus Pompe (GSD2). h (PAS-Reaktion) Violett gefärbte, PAS-positive myozytäre Glykogenspeicherung bei Morbus Pompe (GSD2). i (Linke Bildhälfte: Gomori-Trichrom-Färbung) „Rimmed vacuoles“ und (rechte Bildhälfte: Elektronenmikroskopie): filamentöse Einschlüsse bei Einschlusskörpermyositis.