Key words
brain - thrombolysis - ischemia/infarction
Einleitung
Für Patienten mit einem akuten ischämischen Schlaganfall stellt die frühe Rekanalisation
des betroffenen Gefäßes einen entscheidenden prognostischen Faktor dar [1]. Seit der Veröffentlichung der ECASS-III-Studie (European Cooperative Acute Stroke
Study) 2008 liegt Evidenz höchster Klasse für die Wirksamkeit der intravenösen Thrombolyse
(ivT) im erweiterten Zeitfenster bis 4,5 h vor [2]. Jedoch liegt die Rekanalisationsrate der ivT unter denen der lokalen intra-arteriellen
Thrombolyse (iaT) und der Erfolg der ivT sinkt zusätzlich mit der Größe des betroffenen
Gefäßes [1]
[3]. Daher finden lokal rekanalisierende Verfahren bei der Behandlung verschlossener
großer intrakranieller Gefäße eine immer stärkere Verbreitung [4]
[5]
[6]
[7]
[8].
Prinzipiell kann eine solche Intervention in Intubationsnarkose (ITN) oder unter lokaler
Anästhesie und bedarfsweiser Analgosedierung (LA) durchgeführt werden [9]
[10]
[11]
[12]. Mit dem in der Regel schweren neurologischen Defizit gehen häufig eine psychomotorische
Unruhe und Unkooperativität einher. Vorteil der ITN ist, dass unkontrollierte Patientenbewegungen
in viel geringerem Maße auftreten, welche das Risiko periprozeduraler Komplikationen
erhöhen können [13]
[14]. Demgegenüber geht die LA ohne eine Zeitverzögerung einher und der neurologische
Status des Patienten kann zu jedem Zeitpunkt periinterventionell und während der Prozedur
beurteilt werden [10].
Obwohl das Augenmerk meist auf das Rekanalisationsergebnis der Intervention als entscheidender
Faktor für das klinische Outcome gerichtet ist, bleibt die Frage des adäquaten Patientenmanagements
während der Intervention ungeklärt und variiert zwischen verschiedenen neurointerventionellen
Zentren [9]
[10]
[11]
[12]. In unserem Zentrum werden Patienten für eine solche Intervention routinemäßig nicht
intubiert, um eine Zeitverzögerung bis zum Beginn der Intervention zu vermeiden. Bislang
liegen keine kontrollierten Daten zum Einfluss des anästhesiologischen Vorgehens auf
das neurologische Outcome vor, die eine evidenzbasierte Empfehlung gestatten.
Ziel der vorliegenden retrospektiven Studie war es, in einem Patientenkollektiv die
Durchführbarkeit und periprozedurale Sicherheit lokal rekanalisierender Verfahren
bei einem akut ischämischen Schlaganfall unter LA gegenüber der ITN zu evaluieren.
Material und Methoden
Einschlusskriterien
In die Studie wurden Patienten eingeschlossen, die zwischen Juli 2005 und Juli 2010
in unserer Abteilung aufgrund eines akuten ischämischen Schlaganfalls interventionell
behandelt wurden. Weitere Einschlusskriterien waren ein moderates bis schweres neurologisches
Defizit (entsprechend > 4 Punkte im National Institute of Health Stroke Scale [NIHSS])
sowie Abschluss der Diagnostik und Beginn der Intervention innerhalb von 6 h nach
Symptombeginn bei Insulten des vorderen Stromgebiets. Patienten mit einem Infarkt
im vertebrobasilären Stromgebiet wurden in die Studie eingeschlossen, solange sich
in der Diagnostik kein Infarkt demarkierte, unabhängig vom Zeitpunkt seit Symptombeginn.
Präinterventionelle Diagnostik
Entsprechend der Leitlinien der Stroke Unit unseres Hauses erhielten alle Patienten
mit dem klinischen Verdacht auf einen akuten Schlaganfall initial ein natives CCT.
Zeigte dieses keine Blutung und betrugen die Infarktfrühzeichen [15] weniger als ein Drittel des Media-Stromgebiets, so erfolgte die Durchführung einer
CT-Angiografie (CTA) und einer CT-Perfusion (CTP). Die CTA umfasste die kraniozervikalen
Gefäße von Höhe HWK 6 bis zum Vertex. Bei einem Gefäßverschluss im vorderen Kreislauf
erfolgte die Durchführung der CTP auf Höhe der Basalganglien, bei einer vertebrobasilären
Okklusion wurden die Schichten für die CTP so eingelegt, dass unter Aussparung der
Linse Pons und beide Kleinhirnhemisphären erfasst wurden.
Bei einer Verschlusslokalisation im Bereich der extra- und intrakraniellen Arteria
carotis interna (ACI), der Carotis-Bifurkation (Carotis-T), der Arteria cerebri media
(ACM) im M1- und M2-Segment sowie bei Verschlüssen der Arteria basilaris erfolgte
im interdisziplinären Konsens zwischen Neurologie und Neuroradiologie der Entschluss
zur endovaskulären Therapie.
Interventionelle Prozedur
Patienten mit einer Kontraindikation für eine medikamentöse Thrombolyse [16] wurden im gesamten Studienzeitraum primär mittels mechanischer Thrombektomie behandelt.
Ansonsten erfolgte primär eine medikamentöse Thrombolyse. Kam es hierunter nach 20 mg
rt-PA (Actilyse®, Boehringer, Deutschland) zu keiner Reduktion der Thrombuslast, erfolgte die Eskalation
der Therapie und der Wechsel zur mechanischen Thrombektomie.
Alle Interventionen erfolgten an einer biplanaren Angiografie-Einheit (Integris IV,
Philips Healthcare, Niederlande) über einen transfemoralen 6F-Zugang. Der Führungskatheter
wurde bei Verschlüssen im vorderen Stromgebiet in der ipsilateralen ACI unterhalb
der Schädelbasis, ansonsten in der dominanten Arteria vertebralis platziert. In koaxialer
Technik erfolgte die Sondierung des verschlossenen Gefäßes mit dem Mikrokatheter.
Die Auswahl des verwendeten Führungskatheters, Mikrodrahts sowie -katheters oblag
dem interventionellen Neuroradiologen. Im Zeitraum von Juli 2005 bis Dezember 2006
war die lokale Thrombolyse mittels rt-PA (Actilyse, Boehringer, Deutschland) die einzige
interventionelle Therapieoption.
Der Mikrokatheter wurde hierfür in dem proximalen Thrombus platziert und das Thrombolytikum
mit 1 mg/min bis zur vollständigen Rekanalisation bzw. bis zu einer Maximaldosis von
0,9 mg/kg Körpergewicht appliziert. Die korrekte Lage des Mikrokatheters bzw. der
Grad der Rekanalisation wurde angiografisch alle 10 min überprüft.
Die mechanische Rekanalisation erfolgt seit Januar 2007 bzw. April 2008 mit dem Phenox
Clotretriever PCR und CRC, seit Januar 2010 mit dem BONnet-System (Phenox GmbH, Bochum,
Deutschland) oder seit Juli 2009 mit dem Penumbra-System (Penumbra Europe, Berlin,
Deutschland). Auch hierfür oblag die Auswahl des Thrombektomiesystems dem interventionellen
Neuroradiologen. Das Ausmaß der Rekanalisation wurde nach jedem Rekanalisationsversuch
überprüft. Bei Verwendung des Penumbra-Systems wurde der Aspirationskatheter unmittelbar
proximal des Thrombus platziert und die Thrombusaspiration unter Verwendung der „Road
map“-Technik durchgeführt. Rekanalisationsergebnis und die korrekte Katheterlage wurden
angiografisch alle 5 min überprüft.
Als intraprozedurale Komplikationen galten eine Perforation oder Dissektion des verschlossenen
Gefäßes bzw. im Zugangsbereich. Das Ausmaß der Rekanalisation wurde in der letzten
Serie abschließend entsprechend der TICI-Kriterien [17] beurteilt. Der Zeitraum zwischen Beginn der Diagnostik und dem Zeitpunkt des letzten
Angiogramms wurde als „door to recanalization time“ definiert. Zusätzlich wurde für
alle Patienten die Dauer der Intervention von Beginn der arteriellen Punktion bis
zum letzten Angiogramm dokumentiert.
Patientenmanagement
Periinterventionell erfolgt die Überwachung der Patienten mittels EKG, Pulsoxymetrie
sowie nicht invasiver Blutdruckmessung. Alle nicht intubierten Patienten erhielten
Sauerstoff mit 2 l/min über eine Nasensonde und die Intervention erfolgte in Anwesenheit
eines Neurologen mit intensivmedizinischer Erfahrung sowie eines Anästhesisten. Nicht
intubierten Patienten wurde der Kopf mittels Lagerungshilfen fixiert. Bei mangelnder
Compliance erfolgte die bedarfsweise Analgosedierung mit Midazolam (Dormicum, Roche
Pharma AG, Schweiz) oder Diazepam (Valium®, Roche Pharma AG, Schweiz) und Dipidolor (Piritramid®, Janssen-Cilag, Belgien). Hierfür wurden sowohl Dipidolor als auch das Benzodiazepin
intravenös titriert. Initial erfolgte die Gabe eines 3 mg Bolus des Benzodiazepins
und anschließend die Analgosedierung in 1mg-Schritten die Gabe von Piritramid und
in 2mg-Schritten für das Benzodiazepin unter Monitoring der klinischen Vigilanz bis
zum erkennbaren Sistieren der psychomotorischen Unruhe und Müdigkeit bei erhaltener
prompter Reaktion auf Ansprache.
Postinterventionell erfolgte bei nicht intubierten Patienten die Verlegung auf die
Stroke Unit für mindesten 24 h. Intubierte Patienten wurden postinterventionell auf
die Intensivstation verlegt und ein zeitnaher Aufwach- und Extubationsversuch durchgeführt.
Nach erfolgreicher Extubation erfolgte die Verlegung auf die Stroke Unit.
Auswertung
Der neurologische Status der Patienten wurde mittels NIHSS bei Aufnahme, unmittelbar
postinterventionell, 24 h nach Intervention sowie bei Verlegung von der Stroke Unit
auf die „post Stroke“-Station oder eine Rehabilitationseinrichtung dokumentiert. Ein
Kontroll-CCT zur Beurteilung der Infarktdemarkierung sowie dem Auftreten von Blutungskomplikationen
entsprechend der ECASS-II-Kriterien [16] erfolgte 24 h nach Intervention, nach 5 Tagen sowie bei neurologischer Verschlechterung
um mehr als 2 Punkte im NIHSS. Das finale Infarktvolumen wurde im Kontroll-CCT nach
5 Tagen mittels Volumen-Tool der CT-Konsole (SIEMENS Medical Systems, Erlangen, Deutschland)
bestimmt.
Zusätzlich diente bei allen Patienten als Surrogatparameter für die Schwere des Schlaganfalls
die Größe des Infarktkerns in der CBV(zerebrales Blutvolumen)-Parameterkarte (Schwellenwert
< 13 ml/100 ml) [18]
[19]
[20] sowie die maximale Größe der Perfusionsstörung in der TTP(time to peak)-Parameterkarte
(Schwellenwert > 150 % im Vergleich zur Gegenseite) in der CTP [21]. Hierfür wurde in den Schichten der CTP um das entsprechende Areal eine manuelle
Region-of-Interest (ROI) eingelegt. Zur Beurteilung des Therapieerfolgs wurde in den
korrespondierenden Schichten des finalen CCT die Größe des Infarktareals im Verhältnis
zur Perfusionsstörung in der TTP bestimmt.
Im weiteren Verlauf wurden die Patienten hinsichtlich Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation
sowie Stroke Unit sowie dem Auftreten periinterventioneller Komplikationen evaluiert.
Als periinterventionelle Komplikationen galten eine intrakranielle Blutung, rekurrenter
Hirninfarkt, Myokardinfarkt, das Auftreten einer Pneumonie während des Aufenthalts
auf der Stroke Unit sowie Komplikationen im Bereich des arteriellen Zugangs mit Ausbildung
eines Leistenhämatoms, welches eine operative Therapie oder eine Transfusion erforderte,
oder eines Pseudoaneurysmas.
Statistische Analyse
Die eingeschlossenen Patienten wurden in 3 Gruppen eingeteilt. Bei Patienten in Gruppe
I erfolgte die Intervention in Lokalanästhesie im Zugangsbereich und bedarfsweiser
Analgosedierung (LA). Gruppe II umfasste die Patienten, bei denen während der Intervention
eine Intubation erfolgen musste und Gruppe III die Patienten, die primär intubiert
zur Diagnostik und Intervention kamen. Alle quantitativen Parameter werden als Mittelwert
± Standardabweichung dargestellt. Die statistische Analyse erfolgte mittels des Mann-Whitney-U-Tests
sowie des Chi2 -Tests unter Verwendung von SPSS Vers. 16. Ein p-Wert < 0,05 galt als signifikant.
Die Datenerhebung bezüglich des Krankheitsverlaufs erfolgte retrospektiv nach Abschluss
der Studie durch Auswertung der elektronischen Patientenakten, der Dokumentation der
Stroke Unit und der digital verfügbaren Röntgenbilder.
Vor Durchführung der Studie lag ein positives Votum der zuständigen Ethikkommission
vor.
Ergebnisse
Im Studienzeitraum wurden 131 Patienten eingeschlossen. Aus technischen Gründen wurde
die Intervention bei 7 Patienten abgebrochen, da aufgrund ausgeprägter Gefäßelongation
der Mikrokatheter weder im betroffenen Gefäß noch im Thrombus selbst platziert werden
konnte. Diese Patienten gehörten der Gruppe I an und wurden aus der weiteren statistischen
Analyse ausgeschlossen, sodass für die finale Auswertung 124 Patienten zur Verfügung
standen. Von diesen Patienten wurden 86 (69 %) innerhalb des 3-h-Fensters behandelt,
35 (28 %) zwischen 3 und 6 h nach Symptombeginn. Bei 3 Patienten (2 %) kam es zu einer
Protokollverletzung, da sie außerhalb des 6-h-Zeitfensters behandelt wurden. Dies
erfolgt in einem Fall aufgrund des jungen Alters des Patienten (25 Jahre) und in 2
Fällen aufgrund der anamnestisch angegebenen präklinischen Gesamtsituation sowie der
fehlenden Infarktfrühzeichen im nativen CCT. Gruppe I umfasste 105 Patienten (85 %),
Gruppe II und III 3 bzw. 16 Patienten (2 bzw. 13 %).
Zwischen Patienten mit einem Verschluss im vorderen und hinteren Kreislauf bestand
statistisch kein signifikanter Unterschied hinsichtlich Alters- und Geschlechtsverteilung.
Ebenso bestand innerhalb der Gruppe I kein signifikanter Unterschied für den NIHSS
bei Aufnahme zwischen den beiden Verschlusslokalisationen ([Tab. 1]). Da sich in den Gruppen II und III nur sehr geringe Patientenzahlen mit einem Gefäßverschluss
im anterioren und im posterioren Kreislauf fanden, wurden diese für die jeweilige
Verschlusslokalisation zusammengefasst. Da die Gruppe II/III jedoch signifikant häufiger
Patienten mit einem Verschluss im vertebrobasilären Stromgebiet enthielt als Gruppe
I (12 von 30 Patienten [40 %] vs. 7 von 94 Patienten [7 %] im vorderen Kreislauf;
p < 0,001), erfolgt die weitere Betrachtung der Ergebnisse unter Berücksichtigung
der Verschlusslokalisation. Im gesamten Studienkollektiv wurden 60 (48 %) mittels
alleiniger iaT behandelt, 27 (22 %) mittels alleiniger mechanischer Rekanalisation
und 37 (30 %) mit einer Kombinationstherapie. Die Verteilung der einzelnen Verfahren
unterschied sich nicht signifikant zwischen LA und ITN.
Tab. 1
Demografische Daten.[1]
|
Demografie
|
gesamt
|
Gruppe I
|
Gruppe II/III
|
p-Wert
|
Gruppe II
|
Gruppe III
|
|
n (in %)
|
124
|
105 (85)
|
19 (15)
|
|
3
|
16
|
|
Geschlecht (w/m)
|
65/59
|
59/46
|
6/13
|
0,048
|
0/3
|
6/10
|
|
vorderer Kreislauf (w/m)
|
53/41
|
50/37
|
3/4
|
n. b.
|
0/2
|
3/2
|
|
hinterer Kreislauf (w/m)
|
12/18
|
9/9
|
3/9
|
n. b.
|
0/1
|
3/8
|
|
gesamt
|
Gruppe I
|
Gruppe II/III
|
p-Wert
|
|
|
|
Alter[2]
|
68,7 ± 14,6
17 – 97; 72
|
69,7 ± 14,1
17 – 97; 73
|
63,3 ± 16,3
25 – 81; 67
|
0,11
|
62 ± 16,8
49 – 81; 56
|
63,5 ± 16,8
25 – 81; 68,5
|
|
Frauen
|
70,6 ± 14,2
|
71,3 ± 13,6
|
63,2 ± 18,7
|
0,18
|
|
73,5 ± 8,4
63 – 88; 72,5
|
|
Männer
|
66,7 ± 14,9
|
67,7 ± 14,6
|
63,3 ± 15,2
|
0,55
|
62 ± 16,8
49 – 81; 56
|
60,3 ± 19,4
25 – 81; 67
|
|
vorderer Kreislauf
|
71 ± 12,7
25 – 95; 73
|
|
|
|
|
|
|
hinterer Kreislauf
|
62,9 ± 17,8
17 – 95; 66
|
60,1 ± 19,6
17 – 95; 64
|
63,1 ± 15,8
26 – 81; 67
|
0,581
|
|
|
|
gesamt
|
Gruppe I
|
Gruppe II/III
|
p-Wert
|
|
|
|
Verschlusslokalisation (n;%)
|
|
|
|
|
|
|
|
vorderer Kreislauf
|
94 (76)
|
87 (83)
|
7 (37)
|
0,22
|
2 (67)
|
5 (31)
|
|
ACI
|
1 (1)
|
0
|
1 (5)
|
|
|
1 (6)
|
|
Carotis-T
|
15 (12)
|
13 (12)
|
2 (10)
|
|
|
2 (13)
|
|
M1
|
55 (44)
|
52 (50)
|
3 (16)
|
|
1 (33)
|
2 (13)
|
|
M1 / M2
|
23 (19)
|
22 (21)
|
1 (5)
|
|
1 (33)
|
|
|
hinterer Kreislauf
|
30 (24)
|
18 (17)
|
12 (63)
|
< 0,001
|
1 (33)
|
11 (69)
|
|
Basilaris-Kopf
|
9 (7)
|
8 (8)
|
1 (5)
|
|
|
1 (6)
|
|
Basilaris
|
21 (17)
|
10 (10)
|
11 (58)
|
|
1 (33)
|
10 (62)
|
|
A. vertebralis
|
0
|
0
|
0
|
|
|
|
|
NIHSS (Aufnahme)
[3]
|
|
|
|
|
|
|
|
vorderer Kreislauf
|
14,1 ± 5,3
5 – 24; 14
|
14,1 ± 5,3
5 – 24; 14,5
|
|
|
14 ± 1,4
13 – 15; 14
|
|
|
hinterer Kreislauf
|
16,9 ± 7,3
7 – 24; 16
|
16,9 ± 7,3
7 – 24; 16
|
|
|
15
|
|
|
Infarktgröße (cm2)
2
|
|
|
|
|
|
|
|
Fläche CBV
|
145,3 ± 72,4
|
139,8 ± 66,9
|
142,8 ± 78,3
|
0,56
|
144,4 ± 76,5
|
141,1 ± 80,2
|
|
vorderer Kreislauf
|
271,1 ± 90,3
|
261,2 ± 106,4
|
265,8 ± 126,7
|
0,57
|
270,9 ± 83,4
|
261,1 ± 88,7
|
|
hinterer Kreislauf
|
19,3 ± 28,6
|
18,7 ± 27,1
|
19,8 ± 29,9
|
0,53
|
18,5
|
21,1 ± 29,8
|
|
Fläche TTP
|
194,5 ± 98,6
|
197,3 ± 102,7
|
190,9 ± 97,2
|
0,43
|
191,6 ± 93,3
|
190,2 ± 98,4
|
|
vorderer Kreislauf
|
363,4 ± 67,9
|
348,3 ± 50,2
|
382 ± 52,2
|
0,48
|
376,4 ± 64,2
|
389,4 ± 68,2
|
|
hinterer Kreislauf
|
25,6 ± 12,5
|
22,4 ± 16,8
|
28,4 ± 11,9
|
0,38
|
27,5
|
29,4 ± 13,5
|
1 n. b.: nicht berechenbar.
2 Mittelwert ± Standardabweichung; zusätzlich für Alter und NIHSS Spannweite und Median.
3 Gilt für Gruppe II, in Gruppe III aufgrund Intubation initialer NIHSS nicht möglich.
Verschluss im vorderen Kreislauf
Im vorderen Kreislauf wurden 51 Patienten (54 %) mittels alleiniger iaT, 24 (26 %)
rein mechanisch rekanalisiert, und in 26 Fällen (28 %) erfolgte eine Kombinationstherapie.
Die mittlere Interventionsdauer war in Gruppe I signifikant kürzer (102 ± 37 min vs.
134 ± 69 min), ebenso die „door to recanalization time“ (114 ± 42 min vs. 194 ± 49 min).
In Gruppe II/III kam es zu einer hämodynamisch nicht relevanten Dissektion der Arteria
carotis interna (ACI). In 9 Fällen (10 %) war in Gruppe I eine bedarfsweise Analgosedierung
notwendig. Davon lag der Verschluss in 6 Fällen in der sprachdominanten Hemisphäre
mit konsekutiver schwerer Aphasie. Die Konversion zur ITN erfolgte in beiden Fällen
der Gruppe II aufgrund einer respiratorischen Erschöpfung, die in einem Fall auf eine
kardiale Dekompensation zurückzuführen war und im zweiten Fall postiktal.
Der Lokalisation des Gefäßverschlusses entsprechend war das Ausmaß der CTP-Veränderungen
deutlich größer als in der Patientengruppe mit einem Verschluss im hinteren Stromgebiet
([Tab. 1]), ein signifikanter Unterschied zwischen Gruppe I und II/III bestand jedoch nicht.
Details der Intervention sind in [Tab. 2] dargestellt.
Tab. 2
Interventionsdaten
|
Therapieart
|
gesamt
|
Gruppe I
|
Gruppe II/III
|
p-Wert[1]
|
|
nur medikamentöse (n; in %)
|
60 (48)[2]
|
51 (85)
|
9 (15)
|
|
|
vorderer Kreislauf
|
37
|
35
|
2
|
|
|
hinterer Kreislauf
|
23
|
16
|
7
|
|
|
nur mechanisch (n; in %)
|
27 (22)2
|
24 (89)
|
3 (11)
|
|
|
PCR/CRC
|
16 (59,3)
|
13 (48,2)
|
3 (11)
|
|
|
BONnet
|
2 (7,4)
|
2 (7,4)
|
0
|
|
|
Penumbra
|
9 (33,3)
|
9 (33,3)
|
0
|
|
|
vorderer Kreislauf
|
22
|
20
|
2
|
|
|
hinterer Kreislauf
|
5
|
2
|
3
|
|
|
Kombinationstherapie (n; in %)
|
37 (30)2
|
26 (70)
|
11 (30)
|
|
|
PCR/CRC
|
23 (62,1)
|
15 (41)
|
8 (22)
|
|
|
BONnet
|
8 (21,6)
|
7 (19)
|
1 (3)
|
|
|
Penumbra
|
6 (16,1)
|
4 (11)
|
2 (5)
|
|
|
vorderer Kreislauf
|
35
|
32
|
3
|
|
|
hinterer Kreislauf
|
2
|
0
|
2
|
|
|
Therapieabbruch
|
7
|
7
|
0
|
|
|
vorderer Kreislauf
|
7
|
7
|
0
|
|
|
hinterer Kreislauf
|
0
|
0
|
0
|
|
|
Interventionsdauer (min)
|
105 ± 44
|
99 ± 38
|
134 ± 63
|
< 0,01
|
|
vorderer Kreislauf
|
106 ± 47
|
102 ± 37
|
134 ± 69
|
< 0,01
|
|
hinterer Kreislauf
|
103 ± 42
|
96 ± 39
|
133 ± 57
|
< 0,01
|
|
“door to recanalization”-time (min)
|
148 ± 49
|
127 ± 39
|
168 ± 35
|
0,02
|
|
vorderer Kreislauf
|
154 ± 37
|
114 ± 42
|
194 ± 49
|
< 0,01
|
|
hinterer Kreislauf
|
142 ± 19
|
126 ± 34
|
158 ± 29
|
< 0,01
|
|
Rekanalisationsgrad (n; in %)
[3]
|
|
|
|
|
|
TICI 0/1/2a
|
51 (41)2
|
43 (41)
|
8 (42,1)
|
0,93
|
|
vorderer Kreislauf
|
46
|
41
|
5
|
|
|
hinterer Kreislauf
|
5
|
2
|
3
|
|
|
TICI 2b/3
|
73 (59)2
|
62 (59)
|
11 (57,9)
|
|
|
vorderer Kreislauf
|
48
|
46
|
2
|
|
|
hinterer Kreislauf
|
25
|
16
|
9
|
|
1 Sofern kein Wert angegeben, ließ sich dieser aufgrund geringer Fallzahlen nicht berechnen.
2 Bezogen auf die Gesamtstudienpopulation.
3 Bezogen auf die jeweilige Subgruppengröße der Gruppe I und Gruppe II/III.
Die mittlere Aufenthaltsdauer auf der ITS betrug für Patienten der Gruppe II 1,2 ± 0,8
Tage, für Patienten der Gruppe III 1,3 ± 0,6 Tage. Patienten der Gruppe I hatten eine
signifikant kürzere Aufenthaltsdauer auf der Stroke Unit (6,5 ± 3,7 Tage vs. 9,6 ± 4,1
Tage; p < 0,01). Zusätzlich waren in Gruppe I sowohl das finale Infarktvolumen (115 ± 33,9 cm3 vs. 155,6 ± 22,9 cm3; p < 0,01) als auch das Verhältnis Infarktvolumen/TTP (0,34 ± 0,6 vs. 0,47 ± 0,8;
p = 0,01) signifikant niedriger. Bezüglich des Auftretens weiterer Komplikationen
während des Aufenthalts im Krankenhaus unterschieden sich beide Gruppen nicht signifikant
([Tab. 3]).
Tab. 3
Postinterventioneller Verlauf.
|
Blutungskomplikationen (n)
|
gesamt
|
Gruppe I
|
Gruppe II/III
|
p-Wert[1]
|
|
keine Blutung
|
86
|
77
|
11
|
|
|
Blutung
|
36
|
28
|
8
|
0,17
|
|
Hämorrhagische Transformation
|
15
|
11
|
4
|
0,15
|
|
parenchymale Blutung
|
21
|
17
|
4
|
0,43
|
|
finales Infarktvolumen (cm3)
|
79,5 ± 51,2
|
64,3 ± 43,1
|
92,6 ± 63,1
|
0,02
|
|
vorderer Kreislauf
|
135,3 ± 62,3
|
115,4 ± 33,9
|
155,6 ± 22,9
|
< 0,01
|
|
hinterer Kreislauf
|
23,7 ± 19,8
|
18,3 ± 11,3
|
29,1
|
0,03
|
|
Verhältnis TTP vs. Infarkt
|
0,34 ± 0,6
|
0,32 ± 0,9
|
0,48 ± 0,5
|
< 0,01
|
|
vorderer Kreislauf
|
0,35 ± 0,6
|
0,34 ± 0,6
|
0,47 ± 0,8
|
< 0,01
|
|
hinterer Kreislauf
|
0,30 ± 0,55
|
0,31 ± 0,2
|
0,38 ± 0,4
|
< 0,01
|
|
NIHSS
|
|
|
|
|
|
vorderer Kreislauf
|
|
|
|
|
|
24 h p. i.
|
11,4 ± 6,0
|
11,4 ± 6,3
|
11,7 ± 4,5
|
0,78
|
|
Verlegung aus SU
|
8,0 ± 5,2
|
7,8 ± 5,2
|
9,4 ± 5,3
|
0,21
|
|
hinterer Kreislauf
|
|
|
|
|
|
24 h p. i.
|
12,3 ± 5,9
|
12,1 ± 5,1
|
12,9 ± 6,7
|
0,66
|
|
Verlegung aus SU
|
8,3 ± 4,7
|
8,1 ± 5,6
|
8,5 ± 2,3
|
0,71
|
|
Aufenthaltsdauer Intensivstation (in Tagen)
|
|
|
|
|
|
vorderer Kreislauf
|
1,2 ± 0,8
|
|
Gruppe II: 1,2 ± 0,8
Gruppe III: 1,3 ± 0,6
|
|
|
hinterer Kreislauf
|
1,3
|
|
Gruppe III: 1,3
|
|
|
Aufenthaltsdauer Stroke Unit (in Tagen)
|
6,7 ± 3,8
|
6,5 ± 3,7
|
9,6 ± 4,1
|
0,01
|
|
vorderer Kreislauf
|
6,7 ± 3,8
|
6,5 ± 3,7
|
9,6 ± 4,1
|
0,01
|
|
hinterer Kreislauf
|
7,1 ± 2,3
|
6,3 ± 2,9
|
7,9 ± 3,7
|
0,03
|
|
Komplikationen (n [%])
|
|
|
|
|
|
Re-Infarkt
|
3 (2)
|
2 (2)
|
1 (5)
|
|
|
Gefäßverletzung ACI
|
1 (1)
|
0
|
1 (5)
|
|
|
Pseudoaneurysma
|
7 (6)
|
6 (6)
|
1 (5)
|
|
|
Pneumonie
|
19 (15)
|
15 (14)
|
4 (21)
|
|
|
vorderer Kreislauf
|
12 (10)
|
7 (6)
|
5 (4)
|
|
|
hinterer Kreislauf
|
7 (6)
|
3 (2)
|
4 (3)
|
|
|
Myokardinfarkt
|
0
|
0
|
0
|
|
|
Verstorben
|
9 (7)
|
7 (7)
|
2 (11)
|
|
1 Nicht angegebene Werte lassen sich aufgrund niedriger Fallzahlen nicht berechnen.
Verschluss im hinteren Kreislauf
Ein Verschluss im vertebrobasilären Stromgebiet wurde bei 23 (77 %) mittels alleiniger
iaT, bei 5 Patienten (17 %) mittels alleiniger mechanischer Thrombektomie und in 2
Fällen (7 %) mit einer kombinierten Therapie behandelt. Auch in dieser Subgruppe unterschied
sich die Verteilung der einzelnen Verfahren zwischen den beiden anästhesiologischen
Gruppen statistisch nicht signifikant. Wie im vorderen Stromgebiet waren bei Verschlüssen
im hinteren Stromgebiet sowohl die Interventionsdauer (97 ± 39 min vs. 133 ± 57 min)
als auch die „door to recanalization time“ (125 ± 34 min vs. 158 ± 23 min) in Gruppe
I signifikant kürzer als in Gruppe II/III ([Tab. 2]). Anders als bei Verschlüssen in der anterioren Zirkulation kam es zu keinen interventionsbedingten
Komplikationen. In einem Fall erfolgte ebenfalls aufgrund einer respiratorischen Erschöpfung
bei kardialer Dekompensation die Konversion von LA zu ITN. Die mittlere Aufenthaltsdauer
auf der Stroke Unit war auch in diesem Kollektiv für Gruppe I signifikant kürzer als
für Gruppe II/III (6,3 ± 2,9 vs. 7,9 ± 3,7 Tage; p = 0,03).
Im Vergleich zu Patienten mit einem Verschluss im vorderen Kreislauf traten im weiteren
Verlauf häufiger Pneumonien auf (7 [23 %] vs. 11 [11 %]), allerdings nicht statistisch
signifikant. Ebenso bestand für die Mortalität zwischen den beiden Verschlusslokalisationen
kein signifikanter Unterschied (p = 0,131). Details des postinterventionellen Verlaufs
sind in [Tab. 3] dargestellt.
Diskussion
Das adäquate Patientenmanagement für die endovaskuläre Schlaganfalltherapie ist nicht
einheitlich definiert und unterscheidet sich zwischen verschiedenen neurointerventionellen
Zentren [5]
[9]
[10]
[11]
[12]. Demnach ist auch in den aktuellen endovaskulären Schlaganfallstudien [6]
[8]
[22]
[23] diesbezüglich auch keine Vorgehensweise festgelegt, sodass der Einflussfaktor des
anästhesiologischen Managements zwischen den Studien nicht gut vergleichbar ist, sofern
er überhaupt untersucht wurde.
In der vorliegenden Arbeit konnten wir zeigen, dass die interventionelle Schlaganfalltherapie
– sowohl die iaT als auch mechanische Verfahren oder eine Kombinationstherapie – unter
lokaler Anästhesie und bedarfsgesteuerter Analgosedierung mit niedriger prozeduraler
Komplikationsrate möglich ist. Im Vergleich zur Intervention in ITN ging sie in unserem
Studienkollektiv sowohl bei einem Verschluss im vorderen als auch vertebrobasilären
Stromgebiet jeweils mit einer kürzeren Interventionsdauer, „door to recanalization
time“ sowie niedrigerer Verweildauer auf der Stroke Unit einher. Zusätzlich war bei
beiden Verschlusslokalisationen bei Intervention in LA das finale Infarktvolumen im
Kontroll-CCT im Verhältnis zur initialen Perfusionsstörung des jeweiligen Gefäßterritoriums
kleiner.
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie werden durch die Arbeit von Jumaa et al. gestützt
[10]. In einer retrospektiven Studie von 126 Patienten mit Verschluss der Arteria cerebri
media (ACM) im M1-Segment konnten sie ebenfalls mögliche Vorteile einer Analgosedierung
bezüglich des klinischen Outcomes aufzeigen. Ebenso fanden Sugg et al. in einer retrospektiven
Analyse ihrer Patienten aus der MERCI-Studie eine besseres Outcome nach Intervention
in LA gegenüber der in ITN [12]. Wir fanden ähnliche Ergebnisse auch in der Subgruppe von Patienten mit einem Verschluss
im vertebrobasilären Stromgebiet. Von 105 Patienten der Gruppe I lag der Verschluss
in 18 Fällen (17 %, versus 12 Fälle [63 %, p < 0,001] in Gruppe II/III) im vertebrobasilären
Stromgebiet. Diese ungleiche Verteilung überrascht nicht aufgrund der bei Hirnstamminfarkten
häufig vorliegenden Schluck- und Atemstörungen, die eine Intubation notwendig machen
können. In 3 Fällen musste periinterventionell die Konversion zur ITN erfolgen, jedoch
lag in 2 dieser Fälle der Verschluss im M1-Segment der ACM. Patienten mit einem Verschluss
im vertebrobasilären Stromgebiet fanden sich signifikant häufiger in der Gruppe II/III
(12 von 30 vs. 7 von 94 im vorderen Kreislauf; p < 0,001). Dennoch musste nur bei
einem Patienten mit einem vertebrobasilären Verschluss und primärer Intention zur
LA eine sekundäre Intubation erfolgen. Daher scheint es gerechtfertigt, auch bei solchen
Patienten primär einen Therapieversuch in LA zu unternehmen, sofern nicht bereits
initial zwingende Gründe für eine Intubation vorliegen.
Im vorliegenden Patientenkollektiv bestand kein Unterschied in der Häufigkeit einer
Analgosedierung zwischen den beiden Verschlusslokalisationen innerhalb der Gruppe
I. Bei Patienten mit einem Verschluss im vorderen Stromgebiet war diese insbesondere
dann notwendig, wenn die sprachdominante Hemisphäre betroffen war. In der Regel ist
aufgrund der schweren Aphasie eine Kommunikation mit dem Patienten nur eingeschränkt
oder nicht möglich. Inwieweit dieser Aspekt das Vorgehen in bisher veröffentlichten
Studien beeinflusst hat, wird nicht beschrieben [10]
[12].
In Analogie zu Jumaa et al. [10] fand sich in der vorliegenden Studie sowohl bei Verschlüssen im vorderen (6,5 ± 3,7
Tage vs. 9,6 ± 4,1 Tage) als auch im hinteren (6,3 ± 2,9 Tage vs. 7,9 ± 3,7 Tage)
Kreislauf eine signifikant kürzere Aufenthaltsdauer auf der Stroke Unit für die nicht
intubierten Patienten im Vergleich zu den intubierten. Dieser Unterschied kann auch
durch einen Selektionsbias bedingt sein, da es plausibel erscheint, dass primär oder
sekundär intubierte Patienten wahrscheinlicher einen schwereren bzw. vital bedrohlicheren
Schlaganfall erlitten haben und die Gründe für eine Intubation auch den Verlauf nach
Intervention und Extubation beeinflussen können. Auch bestand für die Veränderungen
in der PCT als morphometrischer Parameter (getrennt nach Gefäßterritorium) kein signifikanter
Unterschied zwischen Gruppe I und Gruppe II/III ([Tab. 1]). Somit sind andere Einflussfaktoren für ein erhöhtes Risiko einer Notwendigkeit
zur primären oder sekundären ITN zu diskutieren, z. B. Affektion kaudaler Hirnnerven
oder zentral bedingte autonome Störungen, die sich nicht in klinischen Skalen oder
morphometrischen Analysen widerspiegeln.
Davis et al. konnten in einer retrospektiven, für die Schwere des Schlaganfalls korrigierten
Studienpopulation ebenfalls zeigen, dass für die Intervention intubierte Patienten
eine signifikant geringere Wahrscheinlichkeit für ein gutes klinisches Outcome haben
[24]. In 2 weiteren aktuellen Studien konnte die Korrelation zwischen Intubationsnarkose
und schlechterem klinischem Outcome bestätigt werden [25]
[26]. Eine mögliche weitere Erklärung hierfür ist, dass sich die Penumbra in Abhängigkeit
von der Dauer fehlender Reperfusion zugunsten des Infarktkerns zurückbildet und hieraus
ein schlechteres Outcome resultiert [10]. Dieser Effekt wird dadurch noch verstärkt, dass es im Rahmen der Narkoseeinleitung
zu unkontrollierten Blutdruckschwankungen mit konsekutiver Veränderung der zerebralen
Perfusion kommt kann [10]
[24]
[27]
[28]. Ebenso kann das Überstrecken des Kopfes zu einer Alteration der kraniozervikalen
Gefäße und der Perfusion führen, vor allem bei vorgeschalteter Stenose [24]. Darüber hinaus kommt es durch den Zeitbedarf für die Narkoseeinleitung zu einer
Verzögerung von Interventionsbeginn und konsekutiv damit auch dem Zeitpunkt der Rekanalisation
[12]
[28]. Dies spiegelt sich im vorliegenden Patientenkollektiv in der signifikant kürzeren
Interventionsdauer und „door to recanalization time“ sowohl für einen vertebrobasilären
Verschluss als auch einen in der anterioren Zirkulation wider.
Demgegenüber postulieren Brekenfeld et al., dass der Zeitverlust durch die Narkoseeinleitung
durch bessere Rekanalisationsraten bei kürzerer Interventionsdauer und geringerer
Komplikationsrate ausgeglichen wird [29]. Das Risiko von periprozeduralen Komplikationen durch unkontrollierte Bewegungen
bei unkooperativen Patienten wird von verschiedenen Autoren als ein entscheidender
Nachteil der Intervention in LA angesehen [11]
[29]. Dies konnten wir nicht bestätigen: Die Intervention musste in keinem Fall aufgrund
von Bewegungsunruhe abgebrochen werden. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen von
Jumaa et al. [10] traten auch in unserem Patientenkollektiv periprozedurale Komplikationen häufiger
in der Gruppe der intubierten Patienten auf. Kraniozervikale Gefäße sind sehr sensitiv
für Scherbewegungen [12]. Daher können bei nicht intubierten Patienten periprozedural neu aufgetretene Schmerzbeschwerden
als Warnsignal dienen und zu einer Modifikation des interventionellen Vorgehens führen,
um so eine Perforation oder Dissektion zu vermeiden [12]
[28]. In 7 Fällen kam es zu einem technischen Versagen der endovaskulären Therapie. Alle
Therapieversager wiesen einen Verschluss im vorderen Kreislauf auf und obwohl sich
alle in Gruppe I befanden, waren nicht Bewegungsunruhe, sondern ungünstige anatomische
Verhältnisse ursächlich für den Therapieabbruch. Da dieser Faktor nicht durch das
anästhesiologische Vorgehen zu beeinflussen ist, wurden diese Patienten aus der weiteren
statistischen Analyse ausgeschlossen. Es gibt in den bisher veröffentlichten Studien
jedoch keine Angaben, ob diese Patienten a priori aus der weiteren Analyse ausgeschlossen
wurden [7]
[8]
[22]
[23]
[30].
Die in der Literatur veröffentlichten Rekanalisationsraten (TIMI 2/3) aus der PROACT-II-Studie
[6], der MERCI-Studie sowie den Studien zum Penumbra-System und dem Phenox Clot Retriever
reichen von 53 – 92,4 % [7]
[8]
[22]
[30], sodass die Rekanalisationsraten in der vorliegenden Studie sowohl für das gesamte
Patientenkollektiv als auch die einzelnen Subgruppen vergleichbar sind. Die Mortalitäts-
und periprozedurale Komplikationsrate liegt mit 7,2 % und 8,8 % (ohne Pneumonie) bzw.
24,1 % mit Pneumonie im unteren Bereich der bisher veröffentlichen Studien [7]
[8]
[22]
[30], insbesondere auch für die intubierten Patienten. Für diese Patientengruppe wird
in der Literatur eine Mortalitätsrate von bis zu 60 % beschrieben [31]
[32].
Diese Studie hat mehrere Limitationen. Die Hauptlimitation sind die nicht zufällige,
durch zentrumsinterne Prozessabläufe nicht beeinflussbare Entscheidung des zuweisenden
Notarztes, ob eine primäre Intubation zur Sicherung vitaler Funktionen geboten ist,
und die ebenfalls nicht randomisierte fallbezogene Entscheidung des interventionellen
Neuroradiologen zu einem bestimmten primären anästhesiologischen Vorgehen. Weitere
Störgrößen sind die inhomogenen Gruppengrößen bezüglich des anästhesiologischen Vorgehens
und der Verschlusslokalisation, insbesondere ist in der Häufung vertebrobasilärer
Insulte in der Gruppe II/III von einem Selektionsbias auszugehen. Die genannten möglichen
Störfaktoren können die beobachteten Unterschiede in den Outcomevariablen teilweise
erklären oder bedingen, ein kausaler Zusammenhang zwischen anästhesiologischem Vorgehen
und Outcome ist somit nicht abzuleiten. Aktuelle Studien zeigen, dass die Rekanalisationsrate
durch die Verwendung von Stent-Retrievern gegenüber den in der Studie verwendeten
endovaskulären Techniken der mechanischen Rekanalisation noch gesteigert werden kann
[5]
[30]. Demgegenüber bilden die während des Studienzeitraums verwendeten interventionellen
Techniken die während des Studienzeitraumes in der klinischen Routine zur Verfügung
stehenden Verfahren ab. Weiterhin wurde während des Studienzeitraums keine Bridging-Therapie
durchgeführt. Durch die ivT vor Beginn der endovaskulären Therapie kann die Zeit zur
Narkoseeinleitung bereits für die Schlaganfallbehandlung genutzt werden, jedoch ist
das Risiko für Blutungskomplikationen während bzw. durch die Intubation erhöht [24]. Inwieweit das bei Intervention in LA geringere Infarktvolumen im Kontroll-CCT an
Tag 5 mit einem verbesserten klinischen Outcome einhergeht, kann angesichts fehlender
Daten über den Langzeitverlauf nicht beurteilt werden. Jedoch zeigt sich für die in
LA behandelten Patienten in der vorliegenden Studie ein signifikant kürzerer Aufenthalt
auf der Stroke Unit, unabhängig von der Verschlusslokalisation. Abschließend wurde
eine Vielzahl von Faktoren, die ebenfalls das klinische Outcome beeinflussen können,
wie z. B. Begleiterkrankungen und -medikation sowie individuelles Ausmaß der leptomeningealen
Kollateralenbildung in den betroffenen Gefäßabschnitten [33] nicht berücksichtigt.
Fazit
Lokal rekanalisierende Verfahren bei akut ischämischem Schlaganfall sind unter lokaler
Anästhesie im Zugangsbereich ohne erhöhte Komplikationsrate und mit kürzerer Interventionsdauer
im Vergleich zur ITN möglich. Eine zeitliche Verzögerung der Therapie durch eine notwendige
Intubation kann somit vermieden werden.