Pneumologie 2012; 66(10): 578
DOI: 10.1055/s-0032-1329465
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hot Topic – Die Pathologie der PAH-Lunge in Zeiten moderner Therapeutikat

Rezensent(en):
Friederike Klein
Stacher E, Graham BB, Hunt JM et al.
Modern age pathology of pulmonary arterial hypertension.

Am J Respir Crit Care Med 2012;
186: 261-272
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
10. Oktober 2012 (online)

 

Hintergrund Die modernen Behandlungsmöglichkeiten der pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH) haben die Lebensqualität und das Überleben der Betroffenen ohne Frage verbessert. Unklar ist, inwieweit diese Therapie auch die der Krankheitsprogression zugrunde liegenden vaskulären und nicht vaskulären Veränderungen beeinflusst.

Methoden Systematisch wurden Remodelling und Entzündung bei im Zuge einer Lungentransplantation explantierten Lungen von 62 PAH-Patienten, die moderne Therapeutika zur Behandlung der Erkrankung erhalten hatten, und 28 Kontrollen (nicht erfolgreiche Organspenden) untersucht. Aus allen Lungen wurden 12 Querschnitte für histologische Untersuchungen mit Hematoxylin und Eosin gefärbt. Von den Vergleichslungen zeigten 22 keine morphologischen Veränderungen und wurden als Kontrollen zugrunde gelegt.

Ergebnisse Die Pulmonalarterien der PAH-Lungen wiesen alle Zeichen eines Remodellings auf. Im Vergleich zu den Kontrollen war die Dicke von Intima und der Fraktion von Intima und Media zusammen erhöht. Dabei korrelierten diese Veränderungen mit den Werten der pulmonalen hämodynamischen Messungen vor der Transplantation. Die Dicke der Intima und die der Media korrelierten dagegen nicht. Insgesamt zeigte die Morphologie der Lungen der PAH-Patienten eine große Variabilität. Die Untersucher konnten aber distinkte pathologische Subgruppen ausmachen. In einem Teil der Explantate fehlte die Intima völlig.

Häufiger wurde ein Remodelling der Media beobachtet, das eine ähnliche Zahl von Querschnitten mit plexiformen Läsionen aufwies wie Lungen mit einem ausgeprägteren Umbau. Bei einer großen Anzahl der Lungen von PAH-Patienten ließ sich eine deutliche perivaskuläre Inflammation nachweisen, die mit dem Remodelling von Intima und Media korrelierte.

Schlussfolgerung Die Zahl der Querschnitte mit plexiformen Läsionen war bei Männern deutlich niedriger als bei Frauen und bei Patienten, die nie eine Behandlung mit Prostazyklinen oder Analoga erhalten hatten.

Stacher E, Graham BB, Hunt JM et al. Modern age pathology of pulmonary arterial hypertension. J Respir Crit Care Med 2012; 186: 261–272.

Kommentar

Die Etablierung der verschiedenen pharmakologischen Therapieformen und deren Umsetzung in eine Langzeittherapie hat die Prognose der Patienten mit pulmonal arterieller Hypertonie (PAH) in den letzten 20 Jahren maßgeblich verbessert. Inwieweit die medikamentöse Drucksenkung im kleinen Kreislauf mit spezifischen ultrastrukturellen Veränderungen der Gefäße einhergeht, bleibt unklar. Um einen spezifischeren Ansatz der Therapie einer PAH zu etablieren (z.B. durch Analyse des Ausmaßes der interstitiellen bzw. perivaskulären Inflammation) ist eine weitere Klärung der histomorphologischen Veränderungen von großem Interesse.

Die bis heute gültigen pathomorphologischen Kriterien wurden bereits vor mehr als 50 Jahren etabliert. In der vorliegenden Arbeit wurde in einem großen Lungentransplantationskollektiv (62 Fälle und 28 Kontrollen) von PAH der Gruppe 1 die ultrastrukturellen Veränderungen des Gefäßbettes nach unterschiedlicher PAH Therapie untersucht. Die Arbeit wurInflamde durch ein Editorial von P. Dorfmüller und M. Humbert begleitet. Trotz der Tatsache, dass Auswertungen an Transplantationskollektiven vornehmlich Momentaufnahmen bzw. Endpunktveränderungen zeigen können, finden sich morphologische Spezifika in den aktuellen Untersuchungen. Die chronische Gabe von Prostazyklin führte zu einer Zunahme von plexiformen Läsionen, ohne dass die Anzahl der plexiformen Läsionen mit dem Schweregrad der hämodynamischen Veränderungen einherging. Die Zunahme der Media muscularis korrelierte mit der Hämodynamik und ergibt somit eine Substrat der pharmakologischen Intervention.

Von besonderer Bedeutung scheint jedoch die Phänotypisierung des inflammatorischen Musters der verschiedenen Krankheitsentitäten der PH zu sein. Sowohl Ausmaß der perivaskulären als auch der parenchymatösen entzündlichen Infiltrate demonstrieren die zentrale Rolle der Inflammation in der Dynamik der Erkrankung.

Die vorliegende Arbeit belegt die Notwendigkeit der Einsicht, dass die therapeutische Optimierung der Hämodynamik mit einer Vielzahl von inflammatorischen Triggern im Gefäßbett einhergeht. Die Analyse und Interpretation dieser Trigger stellt eine Grundlage für das pathogenetische Verständnis der PAH in der Zukunft dar und wird sich, neben der Verbesserung der Hämodynamik, als weiteres Standbein der Therapie etablieren.

Prof. Christian Grohé, Berlin


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