Bei schweren Formen der chronischen Lungenerkrankung Asthma bronchiale fehlt ein bestimmtes
Transportprotein, das zur Verdünnung des Lungensekrets beiträgt. Der Schleim bleibt
trocken, löst sich nicht und kann die Atmung lebensgefährlich behindern. Diesen Zusammenhang
haben Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg und der Medizinischen Hochschule
Hannover im Tiermodell herausgefunden. Sie zeigten außerdem: Kinder mit Veränderungen
im genetischen Bauplan für das Protein haben ein höheres Asthmarisiko. Nun können
erstmals Wirkstoffe entwickelt werden, die an dieser Stelle gezielt ansetzen. Die
Forschungsergebnisse sind jüngst im "Journal of Clinical Investigation" erschienen.
"Es gibt bisher noch keine Wirkstoffe, mit denen wir den Abfluss des zähen Sekrets
bei schweren Asthmaanfällen fördern könnten", erklärt Prof. Marcus Mall, Heidelberg.
"Dieses Problem wurde bisher auch wenig erforscht." Das Team aus Heidelberg und Hannover
identifizierte im Rahmen einer Zusammenarbeit im Deutschen Zentrum für Lungenforschung
(DZL) nun erstmals eine Ursache für den zu trockenen Schleim und damit den ersten
Ansatzpunkt zur Behandlung dieser lebensgefährlichen Komplikation.
Die Wissenschaftler untersuchten an Mäusen den Einfluss des Proteins SLC26A9, einem
sogenannten Chloridkanal in den Zellen der Atemwegsschleimhäute, auf den Schweregrad
des Asthmas. Das Eiweißmolekül spielt eine wichtige Rolle beim Flüssigkeitstransport
aus dem Zell-inneren auf die Oberfläche der Atemwege. Sie zeigten, dass der Chloridkanal
bei der allergischen Entzündung aktiviert wird und Chlorid aus der Schleimhaut in
das Lungensekret transportiert. Wasser strömt nach und befeuchtet den vermehrt gebildeten
Schleim. So kann dieser sich lösen und gemeinsam mit den Allergenen und anderen Reizstoffen
aus der Lunge befördert werden. Anders bei Mäusen mit Asthma, die den Kanal nicht
bilden können: Bei ihnen steigt der Chlorid-Transport nicht an. In ihren Lungen entstehen
unlösliche Schleimpfropfen, wie sie auch bei Menschen mit schwerem therapieresistenten
Asthma oder nach tödlichen Asthmaanfällen zu finden sind.
Zusätzlich suchte das Team bei 661 Kindern mit Asthma und 658 gesunden Kindern nach
Fehlern im genetischen Bauplan des Chloridkanals. "Bestimmte Veränderungen, die die
Funktion des Proteins beeinträchtigen, waren bei Kindern mit Asthma bis zu 50 % häufiger
zu finden als bei gesunden Kindern", erklärt Mall. "Wir gehen daher davon aus, dass
Fehler im Aufbau oder in der Regulation des Kanals das Risiko, an schwerem Asthma
zu erkranken, deutlich erhöhen." Als nächstes gilt es zu klären, welche Veränderungen
des Kanals beim Menschen vorkommen und wie diese sich auf die Schwere der Erkrankung
auswirken.
Nach einer Mitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg