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DOI: 10.1055/s-0032-1329377
Ureterokutaneostomie – Langfristiger Ureterkatheter senkt Stenose-Risiko
Publication History
Publication Date:
08 October 2012 (online)
Benötigt ein Erwachsener ein Urostoma, so fällt die Wahl nur selten auf eine Ureterokutaneostomie,
da diese oftmals eine Ureterstenose zur Folge hat. Auch eine aktuelle kalifornische
Studie hat bestätigt, dass eine Obstruktion des linken Ureters eine häufige Komplikation
bei der Ureterokutaneostomie ist, eine Katheter-Einlage > 3 Monate sowie eine modifizierte
Operationstechnik verbesserten jedoch die klinischen Ergebnisse.
J Urology 2011; 186: 1939–1943
mit Kommentar
Alejandro Rodríguez, University of South Florida/Kalifornien, und Kollegen schlossen in ihre Studie 272 erwachsene Patienten ein, bei denen eine Ureterokutaneostomie nach radikaler Zystektomie durchgeführt wurde. Alle Patienten wurden mit der von den Autoren empfohlenen Technik operiert, 22% der Patienten wurden zuvor bestrahlt (n=55). Das Follow-up lag im Median bei 25 Monaten (Range: 1–172 Monate). Bei 59% der Patienten wurden die Doppel-J-Katheter spätestens nach 90 Tagen entfernt (Gruppe 1, n=161). Bei 41% der Patienten lagen die Katheter länger als 90 Tage, wurden jedoch regelmäßig ausgewechselt (Gruppe 2, n=111).
Ureterobstruktion häufiger bei bestrahlten Patienten
Bei 13% (n=36) der 272 Patienten trat eine Ureterstenose auf, in
-
2% der Fälle rechtsseitig (n=6),
-
10% linksseitig (n=27) und
-
1% bilateral (n=3).
In Gruppe 1 entwickelten 4% der Patienten eine Ureterostenose rechts, 14% links und 2% bilateral. In Gruppe 2 traten Obstruktionen nur linksseitig auf bei 4,5% der Patienten. Bei den rechtsseitigen sowie bilateralen Ureterstenosen gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen, der Einfluss des Katheters auf linksseitige Stenosen war jedoch signifikant (p=0,01). Wurde der Katheter weniger als 3 Monate im Ureter belassen, war das Risiko einer linksseitigen Stenose 3,34x höher. Ferner trat eine Ureterobstruktion bei den bestrahlten Patienten signifikant häufiger auf (22 vs. 11%).
Generell sei die Einlage eines Ureter-Dauerkatheters kurz nach der Operation essenziell, um eine frühe Obstruktion zu vermeiden. Nach Einschätzung der Autoren kann das Urostoma auch langfristig eingesetzt werden und eine Alternative zu einem Ileum Conduit sein. Diese Maßnahme sowie eine modifizierte Operationstechnik würden die klinischen Ergebnisse der Ureterokutaneostomie denen eines Ileum Conduits angleichen.
Kommentar
Harnleiterhautfistel als ernstzunehmende Alternative beim Risikopatienten
Vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft sind Blasentumoren und dabei insbesondere das muskelinvasive Blasenkarzinom eine besondere Herausforderung. Durch die in dieser Patientengruppe gehäufte Inzidenz von Komorbiditäten kann eine notwendige Zystektomie zum Hochrisikoeingriff werden [ 1 ]. Klassischer Weise wird deswegen bei (multimorbiden) Risikopatienten auf das Ileum Conduit (IC) zurückgegriffen – die am häufigsten angewandte Form der Harnableitung nach radikaler Zystektomie [ 2 ]. Die vorliegende Arbeit von Rodríguez und Kollegen beschäftigt sich mit der am wenigsten invasiven aber zuletzt eher in den Hintergrund getretenen Variante der Harnableitung – der Harnleiterhautfistel (HLHF). Wegen hoher Stenosierungsraten der Anastomosen zunächst als rein palliative Harnableitung verwendet, zeigt nicht zuletzt die vorliegende Studie, dass diese Komplikation in den letzten Jahren deutlich reduziert werden konnte.
Rodríguez et al. vergleichen in einer der größten Studienkollektive zur HLHF (272 Patienten im Follow-up) die Stenoseraten bei früher Entfernung der initial immer eingelegten Harnleiterschiene mit den Raten bei späterer Exzision der Schienen nach 6–12 Monaten. Über beide Gruppen erreichen die Autoren dabei eine Stenoserate von 13%, was Ergebnisse vorangegangener Studien unterstreicht. Im Vergleich der beiden Liegedauern der Harnleiterschienen zeigt sich jedoch, dass die Offenheitsraten der HLHF nach initialem Belassen der Harnleiterschienen für 6–12 Monate relevant höher sind als bei postoperativer Entfernung innerhalb von 90 Tagen. Jedoch fällt dieser Unterschied nur im Vergleich der jeweils linken Harnleiter signifikant aus, die aufgrund der üblichen Mobilisation auf die rechte "Stoma"-Seite deutlich häufiger Engen ausbilden.
Durch das Belassen der Harnleiterschienen für 6–12 Monate können die Autoren die Stenoserate auf 4,5% senken (ausschließlich der linke Ureter zeigte dabei Engen). Damit erreichen sie mit der HLHF Offenheitsraten, die auf dem Niveau des IC liegen [ 2 ], [ 3 ]. Anzumerken bleibt hierzu, dass die Aufteilung in die beiden Studienarme nicht randomisiert, sondern nach individueller Entscheidung der Operateure erfolgte. Auch die Entscheidung, wann die Schienen in den beiden Gruppen genau entfernt wurden, wurde dem Ermessen der Operateure überlassen, wodurch die Zeiträume besonders in Gruppe II (lange Liegezeit) deutlich divergieren (6–12 Monate).
Interessantes Nebenergebnis dieser Studie ist, dass bei bilateralen Stomata überhaupt keine Engen beschrieben wurden. Aufgrund des weniger invasiven retroperitonealen Zugangs sollte dieses Verfahren besonders bei multimorbiden Patienten erwogen werden.
Risiko Zystektomie
Leider gehen die Autoren in ihrer Studie nicht auf die peri- und postoperativen Komplikationen der radikalen Zystektomie ein. Auch wenn durch deutliche Fortschritte in der Narkoseführung und der präoperativen Vorbereitung die perioperative Mortalität auf ca. 2% gesenkt werden konnte [ 1 ], liegen die perioperativen Komplikations- und Mortalitätsraten bei älteren Patienten signifikant höher [ 4 ], [ 5 ]. Hierzu konnte jedoch gezeigt werden, dass im Vergleich die HLHF bei Risikopatienten eine jeweils signifikant kürzere OP-Dauer, kürzere Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation und im Krankenhaus allgemein sowie eine geringere Komplikationsrate (intra- und postoperativ) als das IC aufweist [ 6 ].
Fazit
Die Daten von Rodríguez et al. ermutigen die Harnleiterhautfistel (wieder) häufiger als ernsthafte Alternative zum Ileum Conduit bei Risikopatienten zu verwenden: Sowohl wegen deutlich geringerer perioperativer Komplikationen als auch wegen deutlich verbesserter Offenheitsraten der Harnleiter(anastomosen). Zudem liefern die Autoren einen ersten wichtigen Anhaltspunkt für den richtigen Zeitpunkt zur Entfernung der peri- und postoperativen Harnleiterschienung.
Dr. Stephan Degener,
Prof. Stephan Roth, Wuppertal
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Literatur
- 1 Gschwend JE, Hautmann RE, Volkmer BG. Urologe A 2004; 43: 930-934
- 2 Pycha A et al. Eur Urol 2008; 54: 825-832
- 3 Madersbacher S et al. J Urol. 2003; 169: 985-990
- 4 Fairey AS et al. Urol Oncol 2011; Epup ahead of print;
- 5 Froehner M et al. Eur Urol 2009; 56: 443-554
- 6 Deliveliotis C et al. Urology 2005; 66: 299-304
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Literatur
- 1 Gschwend JE, Hautmann RE, Volkmer BG. Urologe A 2004; 43: 930-934
- 2 Pycha A et al. Eur Urol 2008; 54: 825-832
- 3 Madersbacher S et al. J Urol. 2003; 169: 985-990
- 4 Fairey AS et al. Urol Oncol 2011; Epup ahead of print;
- 5 Froehner M et al. Eur Urol 2009; 56: 443-554
- 6 Deliveliotis C et al. Urology 2005; 66: 299-304



