Das atypische hämolytisch-urämische Syndrom (aHUS) ist eine seltene Erkrankung, die
durch eine coombs-negative Hämolyse und Thrombozytopenie gekennzeichnet ist. Auslöser
ist eine genetisch bedingte Regulationsstörung im Komplementsystem mit chronisch unkontrollierter
Komplementaktivierung. In der Folge kommt es zur thrombotischen Mikroangiopathie (TMA),
die lebensbedrohliche Schäden an Niere, Hirn und Herz sowie anderen Organen setzt.
"Etwa 65 % der betroffenen Patienten sterben innerhalb des ersten Jahres nach Diagnose,
werden dialysepflichtig oder leiden unter dauerhafter Nierenschädigung", berichtete
Prof. Thorsten Feldkamp, Kiel, in Duisburg. aHUS wurde bislang vor allem unterstützend
mit Plasmatherapie behandelt, die bei anderen TMA wie der thrombotisch-thrombozytopenischen
Purpura (TTP) lebensrettend, bei aHUS aber wenig effektiv ist. "Mit Eculizumab können
wir aHUS nun erstmals gezielt behandeln", so Feldkamp.
Herausforderung medikamentöse Differenzialtherapie
Der terminale Komplementinhibitor Eculizumab (Soliris®) verhindert die komplementvermittelte
TMA, indem er spezifisch und hochaffin an das Komplementprotein C5 bindet und die
Spaltung in die Fragmente C5a/b sowie damit die Bildung des terminalen Komplexes C5b-9
blockiert. Die proximale Komplementfunktion bleibt intakt. Eculizumab ist bereits
seit 2007 zur Therapie der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH) zugelassen,
die ebenfalls auf einer Störung im Komplementsystem beruht. Basierend auf 2 kleinen,
einarmigen Studien [
1
], [
2
] erfolgte im vergangenen Jahr die Zulassung zur Therapie von Kindern und Erwachsenen
mit aHUS (Abb. [
1
]).
Abb. 1 Reduzierte Komplementaktivität unter Eculizumab bei aHUS.
Unkontrollierte Komplementaktivität rasch unterdrückt
Behandelt wurden insgesamt 37 jugendliche und erwachsene Patienten. Unter der Therapie
kam es innerhalb einer Stunde zu einer hocheffektiven Verringerung der unkontrollierten
Komplementaktivität. Die Thrombozytenzahl stieg signifikant und anhaltend. Über 80
% erreichten einen TMA-ereignisfreien Zustand und die hämatologischen Parameter normalisierten
sich. Die Nierenfunktion verbesserte sich deutlich und stabil: Die geschätzte glomeruläre
Filtrationsrate (eGFR) stieg um bis zu 31 ml/min. "Das entspricht einer Verbesserung
um ein CKD-Stadium", kommentierte Feldkamp. Die Dialysepflicht entfiel bei 4 von 5
Patienten, ebenso der Bedarf an Plasmainterventionen. Eculizumab wurde im Allgemeinen
gut vertagen.
Michael Koczorek, Bremen
Quelle: Symposium "Die Behandlung thrombotischer Mikroangiopathien revolutionieren
mittels zielgerichteter Therapie", veranstaltet von Alexion Pharma Germany im Rahmen
des 13. Update Hämatologie/Onkologie, Duisburg