OP-Journal 2013; 29(1): 3
DOI: 10.1055/s-0032-1328501
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

Michael J. Raschke
,
Hans-Jörg Oestern
,
Florian Gebhard
,
Ulrich Stöckle
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Publication History

Publication Date:
08 May 2013 (online)

 

    Der Begründer der Schulterchirurgie, E. A. Codman, veranstaltete 1915 ein Meeting mit der Thematik „Hospital Efficiency“. Mit dieser Tagung wollte er 2 Punkte fokussieren:

    1. die Behandlung soll so erfolgreich sein wie möglich und

    2. gemessen wird der Erfolg an den bestmöglichen, auch durch Nachuntersuchung verifizierten Ergebnissen.

    Dieses Ansinnen einer Qualitätskontrolle war begleitet von erheblichen Widerständen, die sich Codman entgegenstellten und sein weiteres Leben prägten.

    Die Überlegungen von Codman begleiten auch die einzelnen Beiträge dieses Heftes.

    Schmiddem, Krettek und Meller weisen in ihrem Beitrag auf die Vielzahl der in der Literatur publizierten Untersuchungstechniken und Tests zu spezifischen Schulterpathologien hin, welche ihrerseits wiederum durch weitere Studien auf ihre Spezifität und Sensitivität untersucht wurden.

    In ihrer Arbeit werden nur die Tests mit der höchsten Sensitivität und Spezifität angeführt, um eine möglichst große Praxisnähe zu gewährleisten.

    Die Behandlung der AC-Gelenkssprengung und insbesondere eine Vielzahl der Operationsmöglichkeiten werden in der Literatur intensiv diskutiert. Auch hier ist die Tendenz in Richtung minimalinvasive Eingriffe, welche exemplarisch von Horst und Pape dargestellt werden.

    Seit der Einführung des Begriffes „Frozen Shoulder“ durch Codman wurden in der Folgezeit unterschiedliche Diagnosen unter diesem Begriff subsummiert. Aus diesem Grund wird die Frozen Shoulder heute als eine eigenständige Erkrankung gesehen, bei der Einschränkungen der aktiven und passiven Beweglichkeit im Vordergrund stehen ohne weitere begleitende Ursachen. In der Arbeit von Loos und Gohlke wird auf diese Thematik sowie die vielfältigen Behandlungsmethoden eingegangen, die sich aus konservativen und operativen Maßnahmen zusammensetzen.

    Auch die Behandlung der proximalen Humerusfraktur wird kontrovers diskutiert. Neuere Implantate wurden zunächst mit einer großen Euphorie aufgenommen, inzwischen zeigen jedoch Studien, dass bei einem bestimmten Krankengut die konservative Behandlung ähnliche Ergebnisse erbringt wie die operative Behandlung (Krettek et al.). Dennoch hat natürlich die operative Behandlung bei bestimmten Frakturtypen, sei es mit Platte oder Nagel, gute Ergebnisse erbracht, wie Jäger et al. in ihrer Arbeit darstellen. Entscheidend ist naturgemäß die Indikationsstellung, bei der die verschiedenen operativen Verfahren ebenso wie die konservativen Maßnahmen ihren Platz einnehmen.

    Scapulafrakturen sind immer ein Indikator für eine massive traumatische Gewalteinwirkung und in 90 % mit oft schweren Begleitverletzungen verbunden. Friedrichs und Bühren weisen darauf hin, dass die Komplexität der Fraktur, die Instabilität des Schultergürtels, die Dislokation der Fraktur und das Vorliegen einer Gelenkstufe das Gesamtergebnis bestimmen und stellen dementsprechende Therapieempfehlungen vor.

    Bei zunehmendem Funktionsanspruch der in Zukunft länger im Arbeitsprozess stehenden Bevölkerung und einer auch im Alter noch sportlich aktiven Gesellschaft kommt der Rotatorenmanschettenläsion eine hohe sozioökonomische Bedeutung zu. Gerade die Altersjahrgänge über 60 weisen in einem Drittel Manschettenrupturen auf, zu deren Therapie eine differenzierte Entscheidung gefunden werden muss. War bis zum Ende der 90er-Jahre die offene Rotatorenmanschettenchirurgie der „Golden Standard“, stehen uns heute moderne arthroskopische Verfahren zur Verfügung, die mit Ausnahme der Lappenplastiken die offene Chirurgie ersetzt haben. Dennoch betrachten Lichtenberg et al. die offene Chirurgie als Fundament, deren Techniken heutzutage ebenso beherrscht werden müssen wie die arthroskopischen Verfahren.

    Weber-Spickschen und Agneskirchner weisen auf die strenge Unterscheidung zwischen Laxität und Instabilität hin, wobei die Laxität als Normvariante nicht pathologisch einzustufen sei, während die Instabilität auf dem Boden einer vermehrten Translationsfähigkeit zwischen Oberarmkopf und Glenoid Symptome verursacht. Im Fokus der Arbeit stehen sowohl nicht operative Maßnahmen als auch spezielle Operationsmethoden, wie die arthroskopische Latarjet-Operation nach rezidivierenden Luxationsereignissen und relevantem Knochenverlust.

    Die Schulterendoprothetik umspannt ein weitreichendes Indikationsspektrum von den degenerativen, entzündlichen, über infektiöse, tumoröse, instabilitätsassoziierte und neurogene Erkrankungen bis hin zu den traumatischen und posttraumatischen Gelenkflächendefekten. Magosch und Habermeyer erläutern in ihrer Arbeit, dass diese Erkrankungs- und Traumafolgen jeweils ein entsprechendes Implantat erfordern. Ziel der modernen Schulterendoprothetik sei die anatomische und damit auch biomechanische Rekonstruktion des Glenohumeralgelenks. Bei Rotatorenmanschetteninsuffizienz und nicht rekonstruierbarer Rotatorenmanschette unterschiedlicher Ätiologien bleibe unter Berücksichtigung des Patientenalters die Implantation einer inversen, extraanatomischen Schulterprothese.

    Hudeck, Zitzmann und Gohlke weisen darauf hin, dass bei Wechseloperationen die Analyse der häufig komplexen Ausgangslage ebenso essenziell ist wie die Auswahl geeigneter Wechselkomponenten. Die Ursachen, die zu einem Revisionseingriff führen, lassen sich der Häufigkeit nach in 3 Hauptkategorien einteilen:

    1. fehlgeschlagene anatomische Frakturprothesen

    2. Infektionen und

    3. mechanische Komplikationen

    Die Autoren gehen auf die unterschiedlichen Ätiologien ein und stellen entsprechende Lösungsmöglichkeiten vor.

    Zusammenfassend gibt das Heft einen sehr guten Überblick über den derzeitigen Stand in der Diagnostik und Therapie der Erkrankungen und Verletzungen des Schultergelenks, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der Überlegungen, die Codman bei der Planung seines Meetings über „Hospital Efficiency“ im Blickpunkt gehabt hat.

    Ihre

    Michael J. Raschke, Münster

    Hans-Jörg Oestern, Celle

    Florian Gebhard, Ulm

    Ulrich Stöckle, Tübingen


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