Einleitung
Das Akromioklavikulargelenk (ACG) ist Teil des Schulterkomplexes. Degenerative
Veränderungen betreffen v. a. ältere Patienten und jene, die vorab eine Verletzung
des Gelenks erlitten haben. Eine Luxation ist traumatisch bedingt und betrifft
überwiegend junge, sportlich aktive Menschen.
Durch steigende sportliche Aktivität und die Vielfalt der
Betätigungsmöglichkeiten ist die Zahl dieser Verletzung in den vergangenen
Jahren gestiegen und wird nunmehr regelmäßig beobachtet.
Schulterverletzungen sind für den Betroffenen mit einer hohen Einbuße an
Beweglichkeit verbunden und können bei verspäteter Diagnose oder falscher Behandlung
zu erheblichen Spätfolgen führen. ACG-Luxationen sind die dritthäufigste Verletzung
des Schultergürtels und machen 4–6 % aller Gelenkluxationen aus [1]. Die Inzidenz variiert je Sportart erheblich und kann bis zu 20 %
(Skifahren) betragen. Im Schnitt ist mit 3–4 Fällen pro 100 000 Einwohner und Jahr
zu rechnen [2].
Eine einheitliche Therapie dieser Verletzungsart gibt es nicht und ist auch heute
noch Gegenstand von kontrovers geführten Diskussionen. Für die gewünschte
therapeutische Stabilisierung des ACGs stehen mehr als 150 verschiedene
Operationsverfahren und konservative Behandlungsmaßnahmen zur Wahl [3].
Mittel- und längerfristige Ergebnisse nach Versorgung der Verletzung durch die
etablierten Verfahren liegen in guter Qualität nur bedingt vor, und zu den neueren
Operationstechniken liegen keine mittel- bis langfristigen Verlaufskontrollen vor
[4], [5], [6], [7], [8]. Zurzeit gibt es keinen Goldstandard in der Therapie der ACG-Luxation,
und in der aktuellen Literatur werden sowohl für die konservative als auch für die
operative Versorgung z. T. hervorragende Ergebnisse publiziert [9], [10]. Klassischerweise stellt die
höhergradige Verletzung eine Operationsindikation dar. Individualentscheidungen sind
v. a. im Bereich von Rockwood-III-Verletzungen zu treffen.
Im Rahmen dieses Beitrags können nicht alle Möglichkeiten der operativen Versorgung
einer AC-Gelenkssprengung erörtert werden. Gängige und auch in unserer Klinik
regelhaft angewandte Operationstechniken sind die Kirschner-Draht-Fixation und die
Versorgung mittels TightRope®. Diese Verfahren, ihre Indikation sowie Tipps und
Tricks werden im vorliegenden Artikel beschrieben. Weiter stellen wir unser
Nachbehandlungskonzept der operierten Schulter vor und geben Tipps zur operativen
Versorgung der AC-Gelenksarthrose.
Anatomie
Die Bedeutung des AC- und SC-Gelenks für die Beweglichkeit der Schulter ist eminent.
Zwar fällt es schwer, die Beweglichkeit der einzelnen Gelenkkompartimente am
Schulterblatt und Schlüsselbein klinisch zu quantifizieren, jedoch sind die beiden
Schlüsselbeingelenke funktionell zu einem Drittel an der Hebebewegung des Armes
beteiligt. Dabei entfallen 40 % der Schulterblattbewegung auf das AC-Gelenk [11]. Bei der Betrachtung des von kranial-lateral nach
kaudal-medial laufenden AC-Gelenkspalts gibt es große individuelle Unterschiede.
Eine Klassifikation erfolgt nach DePalma. Entsprechend der Funktion des AC-Gelenks
als kraftübertragender Ort vom Rumpf auf den Schulterarmkomplex (bei Belastung auch
entgegengesetzt) wird das Gelenk durch stabile Bandstrukturen, die
korakoklavikulären Bänder, gesichert. Als horizontale Stabilisatoren werden das Lig.
trapezoideum (posterior) und das Lig. conoideum (anterior) sowie die Muskelfaszien
der Mm. deltoideus und trapezius beansprucht. Zur weiteren Stabilisierung tragen der
Discus interarticularis und die akromioklavikulären Bänder bei. Vertikal wird das
Schultereckgelenk durch das Lig. conoideus und die genannten Muskelfaszien
stabilisiert [12], [13].
Diagnostik
Degenerative Beschwerden am AC-Gelenk werden durch den Betroffenen als Schmerz bei
adduzierenden und extendierenden Bewegungen sowie dem Tragen schwerer Gegenstände am
herunterhängenden Arm beschrieben. Schmerzen projizieren sich auf die Pars
descendens des M. trapezius und den M. sternocleidomastoideus. In den klinischen
Untersuchungen sind die AC-Gelenkprovokationstests positiv. So kann der
OʼBrien-Test, welcher ebenfalls für die Diagnose einer labralen Läsion spezifisch
ist, auch für das AC-Gelenk Anwendung finden.
Die probeweise Infiltration mit einem Lokalanästhetikum dient als weitere Hilfe, das
AC-Gelenk als Ort der Schmerzausstrahlung zu verifizieren. In der traumatischen
Genese beschreibt der Patient oft ein direktes Anpralltrauma bei adduziertem Arm.
Hier fallen Prellmarken und oftmals eine Fehlstellung der dann nach kranial
luxierten lateralen Klavikula gegenüber dem Akromion auf.
In der apparativen Diagnostik kommen die a.–p. Aufnahme des Glenohumeralgelenks sowie
die Y-Aufnahme oder die transaxilläre Aufnahme zur Geltung. Um den AC-Gelenkspalt
einsehen zu können, muss der Strahlengang in a.–p. jedoch nach Zanca (1971)
ansteigend etabliert werden. Mit der Alexander-Aufnahme gelingt der Nachweis von
AC-Gelenk(sub)luxationen. Beim Verdacht einer Gelenkluxation erfolgt die Darstellung
der AC-Gelenke im Seitenvergleich und unter Belastung. Zum Nachweis einer
horizontalen Instabilität ist es essenziell, auch eine transaxilläre Aufnahme
anzufertigen. Sonografisch lassen sich degenerative Veränderungen am AC-Gelenk gut
darstellen. Auch sind sowohl niedrig klassifizierte frische Gelenksverletzungen
(Rockwood I–II) bei entsprechender Anamnese durch den entstehenden Erguss wie auch
höhergradige (Rockwood IV–VI) Verletzungen durch Muskelhämatome oder eingerissene
Faszienansätze an der Klavikula diagnostizierbar. Im Seitenvergleich kann der
korakoklavikuläre Abstand gut gemessen werden und korreliert mit dem Röntgenbild
[14], [15]. Weitere
Möglichkeiten bieten je nach Indikation weniger die CT oder Szintigrafie (Arthrose)
als die MRT. In der MRT zeigen sich v. a. schon früh Osteolysen, wie sie bei jungen
Menschen mit starker Beanspruchung des AC-Gelenks auftreten, und rheumatische
Veränderungen.
Auch detektiert die MRT bei frischen Luxationen eine Vielzahl ansonsten
übersehener Begleitverletzungen.
So konnten Tischer et al. nachweisen, dass SLAP-Läsionen mit 15 %, Frakturen mit 5 %
und Rotatorenmanschettenverletzungen mit 4 % bei höhergradigen AC-Gelenkluxationen
vorhanden sind [16]. Klassifikationen zur Beschreibung
der AC-Gelenkluxation wurden durch Tossy (1963) und Rockwood (1984) erstellt. Kraus
et al. stellten 2010 mit dem Acromioclavicular Joint Instability Score (ACJI) ein
neues Evaluationswerkzeug für Schultereckgelenksinstabilitäten vor.
Operative Therapie der frischen AC-Gelenkssprengung
Operative Therapie der frischen AC-Gelenkssprengung
Bei der operativen Versorgung der AC-Gelenkssprengung müssen zerrissene, ggfs. nicht
mehr rekonstruierbare Band- und Diskusstrukturen reseziert werden. Alsdann gehört
die Klavikula korrekt in 2 Ebenen reponiert. Zur Sicherung des Alignments muss die
Stellung fixiert und der Bandapparat so zur Ausheilung gebracht werden.
Möglicherweise sind die Faszien des M. deltoideus oder M. trapezius eingerissen bzw.
weitere anatomische Strukturen im Schulterbereich verletzt und müssen versorgt
werden.
Vor allem hinsichtlich ihrer Bedeutung für die horizontale Stabilität ist eine
Versorgung der Faszien im Bedarfsfall sehr wichtig.
Lagerung
Der Patient wird in Beach-Chair-Position gelagert und der Kopf in einer dafür
vorgesehenen Kopfschale fixiert. Es sollte darauf geachtet werden, dass kein Metall
den Strahlengang des C-Bogens stört. Im eigenen Vorgehen wird der Patient zur
operierenden Seite hin einige Zentimeter über die Mittellinie des Tisches gelagert.
Der Tisch wird dezent zur Gegenseite gekippt, um ein Abrutschen zu verhindern. Der
Arm wird auf einer Armschiene gelagert, wobei das Ellenbogengelenk nicht aufliegt
([Abb. 1]). Abschließend werden die ventrale und
dorsale Schulterpartie bis hin zum Sternoklavikulargelenk frei beweglich abgedeckt.
Der Arm wird bis hin zum M. biceps brachii mit einer Stockinette abgedeckt.
Abb. 1 Armlagerung: frei beweglich am Ellenbogen nicht aufliegend.
Welches Verfahren?
Betrachtet man die Schulteranatomie und die verfügbaren Operationsverfahren, so kann
man zwischen Verfahren wählen, die gelenkübergreifend (akromioklavikulär), und
Techniken, die den Processus coracoideus miteinbeziehen, wählen.
Kombinationsverfahren beider Techniken sind ebenfalls möglich.
In der eigenen Klinik finden regelhaft 2 Techniken Anwendung: Dabei hat die
Versorgung mittels TightRope®-System (Fa. Arthrex, Naples/USA) gegenüber der
transartikulären Fixation mittels Kirschner-Drähten an Bedeutung gewonnen. Murray
und Phemister beschrieben erstmals die transartikuläre Fixation mittels
Kirschner-Drähten. Technisch ist dieses Verfahren unkompliziert. Die Lagerung
erfolgt wie beschrieben in Beach-Chair-Position. Über einen frontalen, parallel zur
Klavikula und über das ACG verlaufenden Zugang wird von medial des Processus
coracoideus bis ca. 1,5–2 cm über die laterale Akromionkante hinaus der Schnitt
angelegt und unter sparsamer Präparation auf die Bandstrukturen zugegangen. Der
Säbelhiebschnitt bietet sich ebenfalls an und reduziert das Risiko nervaler
Schädigungen. Lig. acromioclaviculare, die korakoklavikulare und deltotrapezoidale
Faszie wird einsehbar und die Eintrittsstelle der K-Drähte kann vorbereitet
wurden.
In Erweiterung der reinen K-Draht-Fixation wird eine zusätzliche Cerclage in
Achterform empfohlen. Vorteile entstehen durch eine höhere Stabilität und ein nur
geringes Risiko der Drahtdislokation. Mithilfe der Zuggurtung kann die
Gelenkspaltbreite dosiert werden.
Dies ist aber auch der größte Nachteil der Cerclagentechnik, denn durch
übermäßiges Komprimieren der Gelenkkompartimente besteht die Gefahr der
Knorpelschädigung und vorzeitigen degenerativen Veränderung.
Entscheidet man sich für die Anlage einer Cerclage, so wird das dafür notwendige
Bohrloch mit einem 2-mm-Bohrer ca. 3 cm medial des ACG in der Klavikula angelegt.
Zur gleichmäßigen Kräfteverteilung sollte auf eine Bohrlochrichtung in 90° zur
Klavikulaachse geachtet werden.
Nachdem nicht rekonstruierbare Bandanteile reseziert sind und die noch
rekonstruierbaren Bandstümpfe mit einem resorbierbaren Faden armiert wurden, können
vor der Reposition die Inspektion und das Débridement des Discus interarticularis
erfolgen. Die Reposition wird dann mittels Spitz-Spitz-Zange gehalten und in 2
Ebenen radiologisch geprüft.
Alsdann erfolgt das Einbringen zweier Kirschner-Drähte mit je 2 mm Durchmesser. Diese
verlaufen parallel und werden von der lateralen Akromionkante zunächst über das ACG
in das laterale Klavikulaende eingebracht. Die Verankerung in der Gegenkortikalis
ist essenziell. Mehrfache Bohrversuche sollten aufgrund der Knorpelschädigung
unterlassen werden. Aus diesem Grund verwenden einige Autoren nur 1 Kirschner-Draht.
Die in Kauf genommene Rotationsinstabilität erhöht jedoch das Risiko eines
Materialbruchs oder der -lockerung, sodass im eigenen Vorgehen die Anlage zweier
Drähte bevorzugt wird, auch wenn sich dadurch die Rigidität im ACG erhöht. Nachdem
das Repositionsergebnis erneut und ohne Repositionszange radiologisch verifiziert
wurde, wird nun der Cerclagendraht durchgezogen und in Achtertour unter die K-Drähte
gebracht. Der Draht wird vorgespannt und das Drahtschloss angelegt. Die K-Drähte
werden umgebogen und versenkt. Abschließend werden die vorgelegten Nähte verknüpft
und die ggfs. eingerissene Deltotrapezoidea transossär verknüpft.
Diese Technik findet ebenfalls Anwendung bei lateraler Klavikulafraktur mit
ausreichend medial gelegener unverletzter klavikulärer Knochensubstanz, bei der eine
Verankerung von K-Drähten noch problemlos möglich ist. Überschreitet die laterale
Klavikulafrakturzone jedoch die korakoklavikulären Bandansätze, erschwert die Form
des Schlüsselbeins diese Operationstechnik. Hier können Hakenplatten zum Einsatz
kommen. Im eigenen Vorgehen verwenden wir die Hakenplatte bei isolierter
ACG-Dislokation nicht. Zwar scheinen weiterentwickelte Hakenplatten (z. B. nach
Dreithaler) nicht mehr die Nachteile früherer Modelle aufzuweisen, jedoch sind die
Ergebnisse auch im Langzeitvergleich nicht überzeugend. Kirschner-Drähte bieten sich
auch bei begleitenden Frakturen des Processus coracoideus an, welche eine Versorgung
der ACG-Sprengung mittels korakoklavikulärer Stabilisierung (Bandaugmentation oder
TightRope®) verhindern. Nachteilig bei den vorbeschriebenen Verfahren ist die
fehlende anatomische Rekonstruktion sowie die fehlende physiologische Biomechanik.
Weiter ist die Zweitoperation zur Metallentfernung notwendig. Dies birgt Risiken für
den Patienten und verursacht zusätzliche Kosten. Unter Umständen tritt sogar eine
Reluxation des ACG auf. Die Notwendigkeit der Metallentfernung ergibt sich aus der
eingeschränkten Mobilität sowie der Gefahr einer schon genannten Implantatwanderung.
So fanden sich schon K-Drähte weit weg vom Ort der eigentlichen Implantation.
Eine Möglichkeit der korakoklavikulären Stabilisierung bietet hingegen die Versorgung
mittels TightRope® (Fa. Arthrex, Naples/USA). Im Vergleich der Verfahren konnten wir
nachweisen, dass ein gleichwertiges Repositionsergebnis erzielt wird. Signifikante
Unterschiede zum Vorteil einer Verfahrenswahl gab es jedoch nicht [21]. Die OP-Technik kann arthroskopisch assistiert
durchgeführt werden. Die Versorgung von Begleitverletzungen im Bereich der Faszien
kann dann jedoch nicht erfolgen. Im eigenen Vorgehen favorisieren wir die Versorgung
mittels TightRope® und legen entsprechende Miniinzisionen über der Klavikula und dem
Processus coracoideus an. Diese Zugänge ermöglichen es, o. g. zusätzliche
Verletzungen im Bereich der deltotrapezoidalen Faszie zu versorgen. Über einen
Säbelhiebschnitt im Bereich der dorsalen Klavikula erfolgt die Präparation auf den
Knochen, welcher hier mit einem stumpfen Raspatorium etwas weiter nach medial und
lateral freigelegt wird. Das ACG wird nicht tangiert. Anschließend erfolgt die
Schnittführung im Bereich des Processus coracoideus. Hier präpariert man bis auf die
Bizepssehne. Diese wird in Längsrichtung gespalten, bevor man auf die Spitze des
Processus coracoideus trifft. Stumpf wird von hier aus die Unterseite bis hin zur
Basis und von dort aus weiter mit dem stumpfen Raspatorium die Basis des Korakoids
ausreichend frei dargestellt. Als Nächstes erfolgt das Einbringen des Zielgeräts
([Abb. 2]). Dieses wird unter der Basis des Korakoids
positioniert und im Bereich der dorsalen Klavikula ausgerichtet. Mittels
Kirschner-Draht werden die Klavikula und der Processus coracoideus durchbohrt ([Abb. 3]). Dies geschieht entlang des Bandverlaufs und
sollte beim 1. Bohrloch das mittig unterhalb der Basis liegende Zielgerät treffen.
Hier inseriert das Lig. conoideum. Nach korrekter Lagekontrolle erfolgt das
Überbohren mit einem 4-mm-Bohrer. Mit einem scharfen Löffel sollte dabei die
K-Draht-Spitze geschützt und so ein versehentlich akzidentelles Tiefertreten in die
Weichteile verhindert werden ([Abb. 4]). Nachdem der
Draht erfolgreich überbohrt wurde, kann er entfernt werden, und ein Führungsdraht
mit Schlaufe wird durch den kanülierten Bohrer geführt und mit der Fasszange
unterhalb des Processus coracoideus gefasst und herausgezogen. Die Bohrhülse kann
nun entfernt werden. Nun kann man je nach Wahl das 2. Bohrloch anlegen.
Abb. 2 Einbringen des Zielgeräts.
Abb. 3 Der K-Draht folgt dem Bandverlauf.
Abb. 4 Die Spitze des K-Drahtes wird beim Überbohren mit einem Löffel
geschützt.
Ob die Bohrlöcher durch die Klavikula parallel laufen oder V-förmig angelegt
werden sollten, ist nicht abschließend geklärt.
In einer ersten Nachuntersuchung von Kraus et al. konnten bei beiden Verfahren gute
bis sehr gute Ergebnisse erzielt werden. Eine partielle vertikale und horizontale
Restinstabilität war in beiden Gruppen zu beobachten [22]. Das 2. Bohrloch durch den Processus coracoideus sollte, gemäß des
Bandansatzes des Lig. trapezoideum, 1 cm anterior des 1. Bohrlochs und 5 mm lateral
der medialen Begrenzung des Processus coracoideus angelegt werden. Auch hier erfolgt
die Überbohrung des K-Drahtes und Einbringen eines Führungsdrahts. Alternativ kann
nach der 1. Bohrung auch zunächst ein TightRope® in den Führungsdraht eingespannt
werden. Dieses lässt sich problemlos zunächst durch die Klavikula und dann den
Processus coracoideus ziehen ([Abb. 5]). Der Endo-Button
flippt auf der Unterseite des Processus um und der Knopf-Button kann problemlos auf
der Dorsalseite der Klavikula positioniert werden. Sobald beide TightRopes
eingezogen sind, erfolgt die Reposition und die Kontrolle des Repositionsergebnisses
unter dem Bildwandler ([Abb. 9]). Nun werden die
TightRopes auf dem proximalen Endo-Button verknotet. Dabei muss darauf geachtet
werden, dass der Button dem Knochen anliegt und mögliche Weichteile nicht zwischen
ihm und der Klavikula eingeklemmt werden. Weiter können die Enden des nach der
Verknotung gekürzten Fadens zu Weichteilirritationen und Wundheilungsstörungen
führen. Hier bietet es sich an, die Fäden ausreichend lang zu belassen oder gar auf
der Vorderseite der Klavikula entlangzuführen, um eines der TightRopes zu schlingen
und dann erneut zu verknoten, sodass diese Gefahr minimiert wird.
Abb. 5 Das TightRope® wird eingezogen.
Abb. 6 Der Knoten-Button kommt unter dem Processus coracoideus zu
liegen.
Abb. 7 Die Endo-Buttons sind umgeflippt und liegen der Klavikula auf.
Abb. 8 Die Reposition erfolgt mit dem Kugelspieß – die Knoten werden mit
dem Knotenschieber unter das Korakoid gelegt.
Abb. 9 Radiologische Kontrolle.
Im eigenen Vorgehen wechseln wir bei besonders schlanken Patienten und fehlenden
Weichteilen oberhalb der Klavikula die Richtung beim Einbringen des
TightRopes.
Das TightRope® wird dann von kaudal erst über den Processus coracoideus und dann
durch die Klavikula geführt, sodass der Endo-Button auf der Klavikula umschlägt und
der Knoten-Button auf der Unterseite des Processus coracoideus zu liegen kommt
([Abb. 6] und [7]). Mit
einem Knotenschieber, wie er bei der arthroskopischen Bankart-Repair zum Einsatz
kommt, lässt sich das TightRope® auf der Unterseite des Processus coracoideus gut
verknoten ([Abb. 8]). Die Weichteilirritationen im
Bereich der Klavikula werden so verhindert. Ein sorgfältiger Wundverschluss bildet
den Abschluss der Operation.
Operative Therapie der AC-Gelenksarthrose
Operative Therapie der AC-Gelenksarthrose
OP-Verfahren bei AC-Gelenksarthrose
Die AC-Gelenksarthrose kann verschiedene Ursachen haben. Als Folge einer früheren
AC-Gelenkssprengung kann sie auftreten. Sollten konservative Verfahren in der
Behandlung der AC-Gelenksarthrose versagen, so stehen unterschiedliche operative
Verfahren zur Wahl. So beschrieben Gurd und Mumford 1941 die offene
Gelenkresektionsplastik, bei der durch einen entsprechenden Zugangsweg das
AC-Gelenk freigelegt wird. Wichtig ist hier, die Kapsel in horizontaler Richtung
zu spalten und den Gelenkspalt freizulegen. Anschließend erfolgen die Resektion
der lateralen Klavikula mit der oszillierenden Säge und die Entfernung des
Discus interarticularis. Die Studienlage bez. der Resektionsstrecke ist
reichhaltig und reicht von ca. 2,5 cm über 1,8 cm bis hin zu 1 cm.
Insgesamt muss festgehalten werden, dass eine weite Resektionsstrecke über
1 cm mit einem schlechteren Outcome assoziiert zu sein scheint.
Dies liegt vermutlich daran, dass mit Überschreiten dieser Distanz die
korakoklavikulären Bandansätze in Mitleidenschaft gezogen werden, sodass deren
Funktion beeinträchtigt wird [17], [18]. Die Resektion der lateralen Klavikula kann auch
über den bekannten subakromialen Zugang mittels Shavern erfolgen. Hierbei werden
die korakoakromialen Bänder jedoch teilreseziert. Ein ebenfalls endoskopisch
gangbarer Weg ist der der intraartikulären Resektion mittels Mini-Shavern. Zu
beachten sind jedoch der größere technische Aufwand, die mit dem besonderen
Instrumentarium verbundenen Kosten und die für den Ungeübten anspruchsvolle
Technik. Letztlich muss darauf geachtet werden, dass bei ausreichender
Beweglichkeit des Armes die Gelenkkompartimente nicht aneinander reiben, was
postoperativ zu Schmerzen für den Patienten führt. Auch ist peinlichst auf
Schonung der korakoklavikulären Bandstrukturen zu achten. Eine Rekonstruktion
ist schwierig.
Nach Weaver-Dunn (1972) werden Teile des Bandapparats in die Operationstechnik
von Gurd/Mumford eingebunden. Das Lig. coracoacromiale wird nach der Resektion
der lateralen Klavikula von der Unterseite des Processus coracoideus zusammen
mit einer Knochenlamelle abgelöst und am lateralen Ende der Klavikula mittels
Nähten befestigt. Technisch ist die Operationstechnik einfach und ermöglicht
zudem die Versorgung von Begleitverletzungen in diesem Bereich. Andererseits
muss bedacht werden, dass gerade bei der Behandlung veralteter
AC-Gelenkssprengungen die horizontale Stabilität mit diesem Verfahren nicht
ausreichend adressiert wird und ein höhergradiger vertikaler Versatz der
lateralen Klavikula zusätzlich mit einer Bandaugmentation versorgt gehört.
Bei horizontaler Instabilität muss eine Rekonstruktion der anatomischen
Verhältnisse angestrebt werden.
Hier bieten sich Sehnenersatzverfahren an, welche sich in ersten biomechanischen
Studien Erfolg versprechend zeigen [19], [20]. Es gilt, dass die voroperierte Schulter, welche
vielleicht schon einer Weaver-Dunn-Operation oder einer
Sehnentransplantatoperation unterzogen wurde, in ihrer Anatomie so verändert
ist, dass sie nicht in die Hand des unerfahrenen Operateurs gehört. So müssen
der Revisionseingriff und die Sehnenersatzentnahmestellen gründlich vorbereitet
und der Patient in der Nachbehandlung eng begleitet werden.
Nachbehandlung
Dem Patienten wird noch im Operationssaal ein Gilchrist-Verband angelegt. Wir
empfehlen das Tragen des Verbands über den Zeitpunkt der Wundheilung hinaus für
mindestens 2, besser 3 Wochen. Zu frühe Belastung führt ggfs. zu ausbleibender
Heilung im Bereich der deltotrapezoidalen Insertionen. Ab der 1. postoperativen
Woche wird mit passiver assistierter Bewegung begonnen. Limitationen liegen in
der Flexion und Abduktion bei 30°, und die Außenrotation sollte nicht über die
Null-Grad-Ebene erfolgen. Ab der 3. Woche kann mit aktiv-assistierter Beübung
begonnen werden. Abduktion und Flexion sollten 45° nicht überschreiten und eine
Außenrotation ist ebenfalls bis zum Abschluss der 4. postoperativen Woche zu
vermeiden.
Bei der Versorgung mittels K-Drähten sind Limitationen von 90° in der Flexion
und 70° in der Abduktion einzuhalten, um das einliegende Material nicht zu
überfordern und den Materialbruch zu provozieren.
Bei der Versorgung mittels TightRope® wird ab der 5. Woche die Außenrotation
freigegeben und die Limitation bei Flexion und Abduktion auf 60° erhöht sowie ab
der 7. Woche der Patient ganz freigegeben. Die Freigabe erfolgt auch für den mit
K-Drähten versorgten Patienten nach Entfernung der Drähte zu diesem Zeitpunkt.
Eine volle Belastbarkeit ist ab dem 3.–4. Monat gegeben ([Tab. 1]
[Abb. 10]).
Abb. 10 3-Monats-Ergebnis nach Double-TightRope® (DTR).
Tab. 1 Nachbehandlungsschemata bei Versorgung mittels
K-Drähten und TightRope®.
Postoperative Woche
|
K-Draht
|
TightRope
|
1.–2.
|
passiv IRO/ARO 90–0–0 Abd./Flex. max.
30°
|
3.–4.
|
aktiv-assistiert IRO/ARO 90–0–0 Abd. max.
70° Flex. max. 90°
|
aktiv-assistiert IRO/ARO 90–0–0 Abd./Flex. max.
45°
|
5.–6.
|
aktiv IRO/ARO frei Abd./Flex. max.
60°
|
7.–8.
|
Entfernen der K-Drähte
|
freie Beweglichkeit
|
12.–16.
|
volle Belastung
|
(16.–24.)
|
Aufbauphase für Spitzensportler, dann volle Belastung
|