Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2012; 19(04): 161
DOI: 10.1055/s-0032-1325250
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Hohe Letalität bei kambodschianischen Kindern – Hand-Fuß-Mund-Erkrankung ohne typische Symptome

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Publikationsdatum:
28. August 2012 (online)

 

    In Kambodscha brach im März diesen Jahres eine Erkrankung mit sehr hoher Letalität aus, die hauptsächlich Kinder unter 3 Jahre betraf. Das Kinderkrankenhaus in der Hauptstadt Phnom Penh nahm die meisten Erkrankten auf und behandelte 66 Kinder, von denen 64 an den Folgen der Infektion starben. Seit Anfang Juli meldete es keine weiteren neuen Fälle. Der Ausbruch scheint also beendet zu sein.

    Darüber, wie viele Kinder landesweit erkrankten, liegen derzeit keine gesicherten Angaben vor. Bekannt ist lediglich, dass die Kinder aus 14 der 20 Provinzen des Landes stammten und die meisten Fälle aus dem Süden und dem Zentrum gemeldet wurden.

    Die Krankheit begann immer mit hohem Fieber, gefolgt von weiteren Symptomen einer Enzephalitis und einer rapiden Verschlechterung der Atemfunktionen bis hin zu einer kompletten Zerstörung der Alveolen der Lungen. Die Funktionen der anderen Organe waren nicht betroffen und auch die Anzahl der Thrombozyten war nicht auffällig. Alle bisherigen Todesopfer verstarben innerhalb von 24 Stunden nach dem Eintreffen im Krankenhaus.

    Von etwa der Hälfte lagen für Laboruntersuchungen verwertbare Proben vor. Die Mehrzahl davon wurde positiv auf das Enterovirus 71, einem Erreger der Hand-Fuß-Mund-Krankheit, getestet. Es ist jedoch nicht abschließend geklärt, ob dieser Erreger die alleinige Ursache für diese schwerwiegende Erkrankung war. Zumindest in Einzelfällen konnten bei den Betroffenen zusätzlich auch Infektionen mit Dengue-Viren oder dem Bakterium Streptococcus suis nachgewiesen werden. Außerdem sollen mehrere der Kinder unter chronischen Erkrankungen gelitten haben, die in der Vergangenheit zumindest zeitweilig mit Steroiden behandelt worden waren – die Verwendung von Steroiden hatte sich bereits früher als Faktor erwiesen, der den Verlauf der Hand-Fuß-Mund-Krankheit verschlechtern kann.

    Eigentlich ist die Hand-Fuß-Mund-Krankheit eine relativ milde Krankheit, auch wenn das Enterovirus 71 tendenziell schwerere Krankheitsverläufe nach sich ziehen kann. Eine Letalität von 97 % ist aber auch bei diesem Erreger höchst ungewöhnlich und ein Zeichen dafür, dass die Zahl der gemeldeten Fälle wahrscheinlich eine deutliche Unterschätzung des tatsächlichen Ausmaßes des Ausbruchs ist. Darüber hinaus ist ungewöhnlich, dass keine der kambodschanischen Quellen von den für die Hand-Fuß-Mund-Krankheit typischen Ausschlägen an den Händen, den Füßen und am Mund berichtet. Auch bei früheren Ausbrüchen in Thailand, Malaysia und Vietnam wurden schon bei einem Viertel bis einem Drittel der schweren Fälle keine solchen Ausschläge beobachtet – ein völliges Fehlen dieser Symptome wurde jedoch bisher noch nicht berichtet.

    Dr. Raymund Lösch und Dipl. Biol. Unn Klare, Bad Doberan

    Quellen: promed; WHO


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