Die Analyse des Ejakulats hat einen zentralen Stellenwert bei der Diagnose der männlichen
Unfruchtbarkeit. Die neue Richtlinie zur Ejakulatuntersuchung der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) liegt inzwischen in deutscher Übersetzung vor und muss bis 2013 verpflichtend
umgesetzt werden. "Damit wird flächendeckend ein hoher Qualitätsstandard in andrologischen
Laboren etabliert und Vergleichbarkeit erreicht", sagt Prof. Sabine Kliesch, Münster,
Vorsitzende der Fachgruppe Ejakulatuntersuchung der Bundesärztekammer. Für die betroffenen
Männer bedeute das mehr Sicherheit bei der Abklärung der Ursachen der männlichen Infertilität,
in deren Folge gezielte therapeutische Maßnahmen zur Kinderwunschbehandlung eingeleitet
werden können.
"Zur schnellen Umsetzung der Richtlinie initiieren die DGU und die Deutsche Gesellschaft
für Andrologie e. V. (DGA) bereits seit 2011 bundesweite Fortbildungen", sagt Kliesch,
deren Klinik (Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie, Universitätsklinikum
Münster) WHOKollaborationszentrum und -Referenzlabor in Deutschland ist. In der Übergangsfrist
bis 2013 rät sie den Betroffenen, im Einzelfall nachzufragen, ob die Ejakulatanalyse
nach dem WHO-Standard von 2010 erfolgt. Männern mit eingeschränkter Samenqualität
macht die Urologin Mut: "Selbst bei der schwersten Form der Unfruchtbarkeit, wenn
keine Spermien im Ejakulat vorhanden sind, lassen sich bei rund 50 % der Betroffenen
Spermien operativ aus dem Hoden gewinnen. Sie können eingefroren und zur künstlichen
Befruchtung verwendet werden."
Zur Diagnose und Ejakulatanalyse dienen
-
der Ultraschall des Hodens,
-
eine Blutuntersuchung zur Bestimmung des Hormonhaushalts und
-
die Analyse einer Samenprobe, die u. a. Parameter erfasst wie
- Volumen und
- pH-Wert des Ejakulats sowie
- Gesamtzahl,
- Konzentration,
- Beweglichkeit,
- Form und
- Vitalität der Spermien.
Neue Mindestanforderungen für Qualitätssicherung in Laboren
Die Untersuchung erfolgt nun nach den strengen Kriterien der 5. und neuesten Überarbeitung
der WHO-Richtlinie von 2010, die inzwischen im "WHO Laborhandbuch" übersetzt wurde
und Grundlage der aktuellen Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung
labormedizinischer Untersuchungen ist. Für die Bewertung der genannten Parameter der
Ejakulatanalyse legt die WHO-Richtlinie neue untere Grenzwerte fest. Sie beruhen erstmals
auf evidenzbasierten Daten einer weltweiten Studie von T.G. Cooper, Centrum für Reproduktionsmedizin
und Andrologie / Universitätsklinikum Münster, und Kollegen, die > 4 500 Männern aus
14 verschiedenen Ländern auf 4 Kontinenten einschloss, die deutlich unter den Richtwerten
von 1999 lagen. "Männer, deren Samenqualität unterhalb der Referenzwerte liegt, werden
mit großer Wahrscheinlichkeit Schwierigkeiten haben, eine spontane Schwangerschaft
auszulösen", so Kliesch. Darüber hinaus macht die WHO neue Vorgaben bei der Spermienpräparation
und legt Mindestanforderungen für die Qualitätssicherung in andrologischen Laboren
in Form einer internen und externen Qualitätskontrolle fest.
Eigenanteil bei Kinderwunschbehandlung künftig geringer?
In Deutschland nehmen jährlich rund 200 000 Paare eine reproduktionsmedizinische Behandlung
in Anspruch. Über alle Verfahren gesehen, kommt es bei 29 % zu einer Schwangerschaft,
die Baby-Take-Home-Rate liegt bei knapp 20 %. Die Kosten für die ersten 3 Behandlungszyklen
werden zur Hälfte von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Aktuell wird ein
Gesetzesentwurf diskutiert, wonach der Bund die Kinderwunschbehandlung künftig zu
einem Viertel mitfinanziert und sich der Eigenanteil der Paare von 50 auf 25 % reduzieren
würde.
Die neue WHO-Richtlinie zur Ejakulatdiagnose muss verpflichtend bis 2013 umgesetzt
werden. Ziel ist es, die Qualitätsstandards in andrologischen Laboren auf einem hohen
Niveau etablieren, um so eine gute Vergleichbarkeit der Analysen zu gewährleisten.(©
Robert Kneschke / Fotolia)
"Rauchen senkt die Befruchtungsrate um die Hälfte"
Etwa jedes 6. Paar in Deutschland ist ungewollt kinderlos. Die Ursachen dafür liegen
zu gleichen Teilen bei Mann oder Frau oder bei beiden. Mindestens 7 % aller Männer
im fortpflanzungsfähigen Alter hätten zeitweise Probleme mit der Zeugungsfähigkeit,
so Kliesch. Dafür können bspw. verantworlich sein:
-
Hodenhochstand im Kindesalter,
-
Hormonstörungen,
-
eine Infektion der Samenwege,
-
Krampfadern im Hoden,
-
genetische Ursachen oder
-
andere Allgemeinerkrankungen.
Auch Nikotin, Stress, Alkohol, Übergewicht, Umwelteinflüsse, Drogen, Doping mit anabolen
Steroiden oder Medikamenteneinnahme können die männliche Fruchtbarkeit negativ beeinflussen.
Nichtrauchen ist der beste Schutz vor männlicher Unfruchtbarkeit. "Rauchen senkt die
Befruchtungsrate um die Hälfte", so Kliesch. Die Wirkung von Nahrungsergänzungsmitteln
auf die Samenqualität bleibe, trotz positiver Ergebnisse einer Cochrane-Übersichts-Studie
aus dem Jahr 2011, unter Experten umstritten.
Nach einer Pressemitteilung (DGU e. V.)