Zusammenfassung
Der Begriff „Motivational Interviewing“ (MI) bzw. „Motivierende Gesprächsführung“
bezeichnet einen inzwischen international weit über den Suchtbereich hinaus in Wissenschaft
und Praxis verbreiteten Ansatz der Gesprächsführung. MI ist charakterisiert durch
einen personenzentriert-geschmeidigen und gleichzeitig zielgerichteten Dialog. Ziel
von MI sind Veränderungen in Verhalten, Denken und Einstellungen des Gesprächspartners
durch Stärkung von dessen Eigenmotivation. MI ist in den letzten 30 Jahren diversen
theoretischen Weiterentwicklungen und empirischen Überprüfungen unterzogen worden.
Neuerdings wird die Durchführung von MI um 4 Prozesse herum gruppiert (Kontaktbildung,
Themenfokussierung, Förderung änderungsbezogener Äußerungen und Planung des Änderungsvorgehens).
Die praktische Umsetzung dieser Prozesse erfolgt auf der Basis von 4 Änderungsprinzipien
und einer Kombination von 7 Methoden. Fundamental für MI ist neben diesen „technischen“
Komponenten sein „spirit“ (partnerschaftlich, „entlockend“, Autonomie wahrend, Anteil
nehmend). Gemäß 10 Meta-Analysen ist MI wirksamer als keine oder eine unspezifische
Intervention und mindestens so effektiv wie bewährte andere Interventionen. Die MI-Prozessforschung
legt nahe, in Äußerungen pro Veränderung („change talk“) und verbaler Selbstverpflichtung
zum Handeln („commitment talk“) wichtige Vorbedingungen einer tatsächlicher Verhaltensänderung
zu sehen. Zum Erwerb eines ausreichenden Maßes an MI-Kompetenz bedarf es außer MI-Trainings
der übenden MI-Umsetzung und MI-Supervision. Um MI als Basisintervention in Einrichtungen
zu implementieren, sind neben MI-Schulungen i.d.R. Veränderungen von Behandlungsparadigmen
und Arbeitsabläufen vonnöten.
Abstract
Motivational interviewing (MI) is a collaborative conversation style designed to strengthen
personal motivation for and commitment to change by eliciting and exploring the person’s
own reasons for change. Originated from the field of addiction treatment MI has seen
a steady rise in popularity worldwide in treating health-related and psychiatric problems.
During the last 3 decades more than 200 randomized controlled trials on MI have been
carried out and MI underwent several modifications of its basic concepts. Theoretical
advancements concern the restructuring of MI around 4 processes (engaging, focusing,
evoking, planning). 4 principles of intervention (like expressing empathy), 7 groups
of methods (like reflective listening) and – most important – a special kind of spirit
(collaborative, evocative, honoring autonomy, compassionate) are assigned to these
processes. 10 meta-analyses show that MI works moderately well for almost every problem
area, and that there is often no difference in effectiveness between MI and other
treatments. As an important active ingredient of MI in-session client speech in favor
of change (i. e., change/commitment talk) has received research support. For an effective
use of MI extensive trainings and supervision of professionals as well as changes
in organizational processes are needed.
Schlüsselwörter
Motivational Interviewing - Sucht - Menschenbild - Veränderungsmotivation - Training
Key words
motivational interviewing - addiction - spirit - motivation to change - training