Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13(5): 225
DOI: 10.1055/s-0032-1318893
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
05 September 2012 (online)

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Ethische Entscheidungen am Lebensende bei Palliativpatienten in Deutschland – Eine prospektive Untersuchung anhand der Kerndokumentation 2005 und 2006Birgit Jaspers2011, 142 Seiten, Shaker Verlag, Aachen, 30,80 €, ISBN 978-3-8440-0315-4

Palliativmedizin ist eine praktische Wissenschaft, die sich – wie nahezu alle medizinischen Fachgebiete – über die Arzt-Patienten-Beziehung als Not-Hilfe-Relation sowie aus einem normativen Krankheitsbegriff definiert. Dies ist in Verbindung mit dem Willen des Patienten und seiner Selbstbestimmung zu dessen eigenem Wohle unerlässlich. Darüber beinhaltet die Palliativmedizin in spezifischer Weise eine ethische Zielsetzung: Aus den Ursprüngen der modernen Hospizbewegung heraus lehnt die Palliativmedizin die Ausgrenzung Schwerstkranker und Sterbender „von der gesamtgesellschaftlichen und der ärztlichen Wertschätzung“ ab (S. 1) und engagiert sich für eine ärztliche und pflegerische Begleitung von Menschen am Lebensende, die sich der Idee der Humanität und ihren Erfordernissen in einer ganzheitlichen Weise verpflichtet weiß.

Ethisch relevante Aspekte in der Begleitung am Lebensende treten im Kontext von Prozessen der Entscheidungsfindung und -konsolidierung in signifikanter Weise in Erscheinung. Daher wurde das Modul „Ethische Entscheidungen“ in sechs thematische Abschnitte untergliedert:

E1: Aufklärung der Palliativpatienten über Diagnose, Status und Prognose,

E2: Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen,

E3: Therapieverzicht,

E4: Palliative Sedierung und Nachfrage nach Euthanasie sowie

E6: Ethische Konflikte.

Zusätzlich in den Blick genommen wurde der Aspekt der Teamzufriedenheit mit der gesamten Behandlung der betreffenden Patienten. Die gewonnenen Daten werden sehr aussagekräftig, wenn man sie im Horizont primärer Qualitätskategorien wie Haltung, Dynamik, Affektivität und Profil interpretiert und mittels derer Einblicke darin gewinnen kann, was eigentlich die ethische Kultur von Einrichtungen ausmachen könnte, die sich der Idee von Hospiz und Palliativmedizin verpflichtet wissen.

All dies wird in ständigem Bezug zur internationalen Forschungsliteratur differenziert dargelegt. Die Arbeit bezeichnet dabei auch klar den Bereich, der mit dem Einsatz des Moduls „Ethische Entscheidungen“ abgedeckt wurde: Er bildet weniger den besonderen „moral distress“ für Behandler und Begleiter ab, sondern eher „die grundsätzlich hohe Auseinandersetzung mit ethisch relevanten Themen in der Palliativmedizin“ (S. 99). Sie lässt dabei in einer geradezu mustergültigen Weise das ansichtig werden, was die „Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, welche mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen“, ethisch gesehen bedeuten könnte.

Professor Dr. Gerhard Höver, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn