Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2012; 47(6): 382-390
DOI: 10.1055/s-0032-1316479
Fachwissen
Notfallmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Der psychiatrische Notfall – Behandlung von Psychosen im Notarztdienst und in Notaufnahmen

The emergency treatment of the psychotic patient
Ute Naumann
,
Paraskevi Mavrogiorgou
,
Frank-Gerald B Pajonk
,
Georg Juckel
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Publication Date:
28 June 2012 (online)

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Zusammenfassung

Psychosen verursachen vielfältige psychiatrische und somatische Notfälle. Zudem zieht es das Wesen dieser Erkrankungsformen nach sich, dass oft die Kommunikation und Zugänglichkeit zu diesen Patienten erschwert sind. Im Notarztdienst ist die diagnostische Zuordnung, ob es sich um eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis oder eine drogen- oder medikamenteninduzierte Psychose handelt, oft schwierig. Häufige Notfallsituationen mit Psychose-Patienten sind psychomotorische Erregungszustände, Eigen- und Fremdgefährdung einschließlich Suizidalität, mutistisch-stuporöse und manische Zustandsbilder. Pharmakotherapeutisch kommen primär Antipsychotika und Benzodiazepine zum Einsatz. Auch können extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen der Medikation akute Notfallsituationen hervorrufen. Mit betrachtet werden muss auf jeden Fall stets, inwiefern der Patient evtl. auch eine kardiovaskuläre oder Stoffwechselerkrankung aufweist. Gerade bei diesen Notfällen ist es wichtig, alle Informationen, die am Einsatzort erhältlich waren, zur diagnostischen Einschätzung und Therapieplanung an den weiterbehandelnden Arzt in der Klinik weiterzugeben.

Abstract

Psychosis can cause multiple psychiatric and somatic emergencies. Due to the complex character of the disease the communication and accessibility of the patient can be severely disturbed. In the pre-clinical emergency medical care the etiology of a psychosis remains often unclear, the most common causes are schizophrenia and drug-induced psychosis. Frequent emergencies are states of psychomotor agitation, self-endangerment and endangerment of others including suicidal tendencies/acts as well as catatonic and manic states. Antipsychotic drugs and benzodiazepines are the most efficient pharmacotherapeutic treatments. Extrapyramidal side effects of the prescribed medication can also cause the need for urgent medical care. In any case needs to be considered a severe somatic comorbidity. It is particularly necessary that all available information at the scene of emergency should be transferred to the clinicians since the further diagnostic and therapeutic assessment will rely hereon.

Kernaussagen

  • Psychotische Störungen stellen einen hohen differenzialdiagnostischen Anspruch.

  • Bei psychomotorischen Erregungszuständen ist die Impulskontrolle reduziert / aufgehoben.

  • Schwere Fehlhandlungen mit eigen- oder fremdgefährdendem Verhalten können auftreten.

  • Suizidale Handlungen sind häufiger und unvorhersehbarer.

  • Katatone Symptome sind unspezifisch für Psychosen und können im Rahmen vieler somatischer Erkrankungen auftreten.

  • Bei schizophrenen Patienten liegt eine hohe Rate an (insuffizient / nicht behandelten) somatischen Komorbiditäten vor.

  • Es können akute extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen auftreten.

  • Drogen, insbesondere Cannabis und Stimulanzien, können Psychosen induzieren.

  • Eine umfassende Informationsweitergabe ist wichtig zur diagnostischen Einschätzung und weiteren Therapieplanung.

Ergänzendes Material