Eine tunesische Arbeitsgruppe hat kürzlich herausgefunden, dass das Musikhören während
des Aufwärmtrainings die Spitzenleistung und die mittlere Muskelkraft von Athleten
deutlich erhöht. Offenbar verschwanden durch die Musik die bereits bekannten diurnalen
Variationen der Muskelleistung oder schwächten sie zumindest ab.
Sports Med 2012; 33: 43–47
(©Jupiterimages)
Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass die Muskelleistungen tageszeitabhängig
sind und morgens niedriger liegen als am Nachmittag. Ferner beeinflusst Musik die
wahrgenommene Kraftanstrengung (subjektives Belastungsempfinden; Rated Perceived Exertion
= RPE). Das Ziel der Untersuchungen von Nizar Souissi und Kollegen bestand darin,
die Auswirkungen dieses auditorischen Stimulus auf die diurnalen Fluktuationen des
Kraftoutputs im Wingate-Test zu erforschen.
An der Untersuchung nahmen 12 Sportstudenten teil. Sie unterzogen sich um 7:00 Uhr
und um 17:00 Uhr jeweils 2 Wingate-Testdurchläufen, nach dem sie sich mit oder ohne
Musik aufgewärmt hatten. Das Aufwärmen erfolgte durch 10-minütiges Pedaltreten bei
einer konstanten Drehzahl von 60 upm gegen eine leichte Belastung von 1 kg. Der Wingate-Test
besteht aus einem 30-Sekunden-Sprint auf einem Fahrradergometer gegen einen konstanten,
auf das Körpergewicht abgestimmten, drehzahlabhängigen Widerstand. Ein Computer ermittelt
die Spitzenleistung (peak power output = PP) und die durchschnittliche Leistung (mean
power = MP).
Leistung steigt diurnal
Der Hauptbefund war, dass sich Spitzenleistung und durchschnittliche Leistung vom
Morgen bis zum Nachmittag nach dem Aufwärmen auch ohne Musik um 5,3 und 3,3 % verbesserten
(p < 0,001 bzw. p < 0,01). Das Aufwärmen mit Musik am Morgen eliminierte die diurnalen
Variationen der durchschnittlichen Leistung ganz, auch die Spitzenleistung erreichte
durch die Musik am Morgen fast den Wert des Abends (p < 0,05). Auch am Abend holte
die Musik mehr aus den Athleten raus: Sowohl die Spitzen- als auch die durchschnittliche
Leistung nach dem Aufwärmen mit Musik während der zwei Testzeiten war signifikant
höher (je p < 0,05).
Die RPE-Scores bestimmten die Untersucher am Ende der Aufwärmphase und nach dem Ende
des Wingate-Test. Sie lagen ebenfalls nach dem Aufwärmen mit Musik morgens höher als
ohne Musik (p < 0,05). Nach dem Absolvieren der Wingate-Tests lag das die RPE-Scores
sowohl morgens als auch abends mit Musik signifikant höher als ohne Musik.
Die Ergebnisse verdeutlichen nach Ansicht der Autoren, dass Musik während der Aufwärmphase
vor dem Wingate-Test wirksam die Kraft verbessert. Damit ließen sich vor allem während
der Morgenstunden negative Auswirkungen der Tageszeit auf die Muskelleistung vermeiden.
Die Autoren sehen Musik als eine zusätzliche Hilfe, die Sportler während des Aufwärmens
einsetzen sollten, vor allem wenn kraftvolle Muskelkontraktionen gefordert sind.
Dr. Volker Kriegeskorte, Martinsried