Z Orthop Unfall 2012; 150(02): 134
DOI: 10.1055/s-0032-1311702
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hüftfrakturen – Transfusionsmanagement nach Hüfteingriffen

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. April 2012 (online)

 
 

Bei großen orthopädischen Eingriffen kann es zu erhöhten peri- und postoperativen Blutverlusten kommen, die zu einem deutlichen Abfall des Hämoglobin Wertes postoperativ führen. Insbesondere bei Patienten mit kardialen Risikofaktoren erfolgt häufig eine frühzeitige Substitution mit Erythrozyten-Konzen-traten (EK). Aufgrund der hiermit verbundenen möglichen Komplikationen, Kosten und auch des beschränkten Angebotes, sollte die Indikation eng gestellt werden. Hierzu sind klare Hinweise notwendig, bei welchen Patienten und bei welchem Hämoglobinwert (Hb) eine Substitution notwendig ist.
Liberal or Restrictive Transfusion in High-Risk Patients after Hip Surgery. N Engl J Med. 2011;365:2453–2462Das

Studiendesign

In diese prospektiv randomisierten Studie wurden Risikopatienten mit Hüftfrakturen eingeschlossen, die zwischen Juli 2004 und Februar 2009 an einem von 47 beteiligten US-Krankenhäusern behandelt wurden und am 3. Tag nach Operation einen Hb von < 10 g / dl hatten. Als Risikofaktoren galten manifeste kardiovaskuläre Erkrankungen, bzw. nach Protokollerweiterungen auch art. Hypertonie, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie, Rauchen, Niereninsuffizienz. Unter anderem waren akute Anämiesymptome zum Zeitpunkt der Randomisation Ausschlusskriterien.

Eine Gruppe (1) der Patienten wurden mittels Transfusionen auf einen Hb- Zielwert von >10g/dl gehoben, bzw. gehalten, während die andere Gruppe (2) erst bei Anämie-Symptomen bzw. bei einem Hb < 8 g / dl substituiert wurden. Die Patienten wurden über 60 Tage nach Randomisation nachverfolgt und folgende klinische Parameter erhoben: Tod, Morbidität, Gehfähigkeit und kardiale Ischämien, weiterhin erfolgten im Verlauf EKGs, sowie die Messung der Troponinwerte.


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Ergebnisse

2016 Patienten wurden in die Studie eingeschlossen, der Follow-up betrug 99,2 %.

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(Foto: Dynamic Graphics)

Das Durchschnittsalter lag bei 81,8 Jahren (± 8,8 Jahren), der ASA Score bei 3 ± 0,6. Die mediane Zahl an Bluttransfusionen nach Randomisation war in Gruppe 1 zwei und in Gruppe 2 null, wobei 9 % bzw. 5,6 % der Patienten nicht nach Protokoll behandelt wurden. 59 % der Patienten der Gruppe 2 erhielten keine Transfusion. Die Gesamtzahl transfundierter EK lag bei Gruppe 1 bei 1866 und bei 652 in Gruppe 2. Es wurden signifikant mehr Transfusionen aufgrund von Blutung (p = 0,04 %), Tachycardie und Hypotension (p = < 0,001) und symptomatischen Herzbeschwerden in Gruppe 2 durchgeführt. Es fanden sich kein statistisch erhöhtes Risiko für die Ereignisse Tod, Herzinfarkt, instabile Angina pectoris, reduzierte Gehstrecke oder verlängerter Krankenhausaufenthalt in Gruppe 2 innerhalb des Studienzeitraumes.


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Kommentar

Trotz einiger Schwächen, so war der durchschnittliche Unterschied im Hb-Wert zwischen den Gruppen lediglich 1g/dl und die sekundären Endpunkte waren unzureichend statistisch hinterlegt, sowie der nachträglichen Erweiterung der Einschlussfaktoren ist dies eine gut angelegte und statistisch aufgearbeitete Studie. Sie zeigt eindrücklich, dass für die untersuchten Endpunkte eine EK-Substitution zum Erhalt eines Hb-Wertes von > 10 g / dl keinen statistisch signifikanten Vorteil bringt und durch ein strikteres Management bis zu 65 % der EK-Gaben vermieden werden können. Gleichzeitig zeigen die Zahlen jedoch auch, dass, wenn auch in insgesamt wenigen Fällen, die Patienten bei symptomatischer Anämie substituiert werden müssen.

In einem Cochrane Review 2010 über 17 Studien fanden sich noch nicht ausreichende Beweise dafür, dass eine niedrigere Transfusions-Schwelle das Risiko für Komplikationen nicht erhöht. Die Ergebnisse dieser Studie entsprechen jedoch in weiten Teilen den Empfehlungen der TRICC Studie 1999 (Transfusion Requirments in Critical Care), die ebenfalls ein restriktiveres Subsitutions-Managment empfiehlt. Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Studie eine Zurückhaltung bei der Gabe von EKs bei asymptomatischen Patienten bis zu einem Hb von 8 g / dl unterstützt.

Dr. med. Christian Plaass
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover
E-Mail:
Christian.Plaass@ddh-gruppe.de


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