Lernziele
Kenntnisse über:
Dermatophytosen
Die durch Hautpilze, Dermatophyten, verursachten Erkrankungen der Haut werden als
Dermatophytosen bezeichnet. Gemeint ist die „Tinea“ (lat. Holzwurm oder Motte), ein
historisch entstandener Begriff, der für Dermatophyten-Infektionen des behaarten Kopfes
verwendet wurde, die zu einem wie durch Motten zerfressenen Aussehen der Kopfhaut
führen.
Tinea pedis
Prävalenz
Die Fußpilzinfektion oder Tinea pedis ist in der Bevölkerung sehr verbreitet. Eine
1999 veröffentlichte europäische Studie [1] fand eine Prävalenz der Tinea pedum von 22 % unter nicht ausgewählten Patienten,
die wegen unterschiedlicher Erkrankungen und Probleme in dermatologischen Praxen behandelt
wurden. In Risikogruppen, z. B. unter Obdachlosen, ist die Prävalenz der Tinea mit
38 % sogar noch deutlich höher [2].
Erregerreservoir
Die Infektion entsteht, wenn eine ausreichende Exposition gegenüber den Erregern,
anthropophile Dermatophyten, neben Trichophyton (T.) rubrum noch T. interdigitale
und Epidermophyton floccosum, vorliegt. Als wichtigste Infektionsquelle gilt das häusliche
Bad. Im familiären Umfeld kommt es immer dann zur Übertragung der Dermatophyten, wenn
auch die entsprechende Disposition vorliegt, z. B. eine chronisch-venöse Insuffizienz
oder eine periphere arterielle Verschlusskrankheit. Weitere Infektionsquellen sind
Gemeinschaftsduschen, Umkleideräume von Saunen, Schwimmhallen, Sportclubs, Fitness-Centern,
Solarien etc.
Sport und Fußpilz
Sportliche Aktivitäten gelten als ein wesentlicher Risikofaktor für Tinea pedis sowie
Onychomykose [3]. Fußpilz wird im englischen Sprachraum als „athlet’s foot“ bezeichnet, ein Hinweis
auf die Ätiologie zumindest bei einem Teil der Patienten mit Tinea pedis. Von 145
Marathonläufern wiesen 66 (45 %) Symptome einer Interdigitalmykose auf, bei 45 (31 %)
ließ sich ein Dermatophyt nachweisen (T. interdigitale 49 % und T. rubrum 35,5 %)
[4]. Bei 33 (22 %) der 102 Sportler, welche keine Dermatophyten-Infektion hatten, waren
klinisch der Tinea pedis ähnliche Symptome zu erkennen. Eine aktuelle epidemiologische
Erhebung unter Sportlern aus Brasilien zeigte, dass 32 % der Sportler eine Tinea pedis
und/oder Onychomykose hatten, in der Kontrollgruppe waren es 20 %. Konkret fand sich
bei den Sportlern in 16 % eine Onychomykose, 12 % hatten eine Tinea pedis und 4 %
beides gemeinsam [5].
Übertragung der Tinea pedis in Moscheen?
Nicht zu vergessen sind religiöse Bet- und Begegnungsstätten, hier vor allem Moscheen,
in denen aufgrund des islamischen Rituals die Füße vorab gereinigt und gewaschen werden
und die Gläubigen dann barfuß bzw. in Strümpfen im Gebetssaal Kontakt zum Teppichboden
haben [6]
[7].
Als wichtigste Infektionsquelle für die Tinea pedis gilt das häusliche Bad.
Diabetes mellitus und Tinea pedis sowie Onychomykose
Patienten mit Diabetes mellitus, von denen 60 – 70 % unter einer diabetischen Neuropathie
leiden, sind besonders disponiert für eine Tinea pedis und Onychomykose [8]. Im Umkehrschluss haben Diabetiker mit Tinea pedis und Onychomykose ein erhöhtes
Risiko für die Entwicklung eines diabetischen Fußsyndroms mit Malum perforans [9].
Formen der Tinea pedis
Die Tinea pedis beginnt als Tinea interdigitalis meist im Zehenzwischenraum mit hyperkeratotischen,
entweder trockenen, schuppenden oder eher feuchten, mazerierten, erosiven Läsionen
([Abb. 1]). Diese intertriginöse Dermatophyteninfektion an den Füßen führt zur Zerstörung
des Stratum corneum der Epidermis mit Mazeration, Erosion und Rhagaden ([Tab. 1]).
Abb. 1 Tinea pedis interdigitalis durch Trichophyton rubrum bei einem 59-jährigen Patienten
mit hyperkeratotischen, trockenen, schuppenden und mazerierten Zehenzwischenräumen.
Tab. 1
Symptome der Tinea pedis im Zehenzwischenraum und plantar.
oberflächliche Bläschen
|
Abschilferung der Hornhaut
|
Schuppung
|
Erythem
|
Mazeration
|
Juckreiz
|
Rhagaden
|
Foetor, infolge sekundärer bakterieller Infektion
|
Hyperkeratose
|
Juckreiz ist mäßig ausgeprägt, im Verlauf kommt es durch Rhagadenbildung zu Brennen
und Schmerzen. Beim hyperkeratotischen Typ der Tinea pedis breitet sich die Infektion
plantar ([Abb. 2]), medial und lateral auf Fußkanten und Fußrücken aus. Man spricht von der sog. Mokassin-Form
der Tinea pedis, bei welcher konfluierende erythrosquamöse Läsionen am Fußrand mit
relativ scharf begrenzter Randzone auftreten. Oft ist eine Tinea unguium bzw. Onychomykose
vergesellschaftet. Als dritten Typ unterscheidet man die entzündliche vesikulobullöse
oder dyshidrotische Tinea pedis entweder plantar im Fußgewölbe oder medial an der
Fußkante. In klassischer Weise treten oberflächliche, juckende Bläschen auf entzündlich
gerötetem Grund auf, es kommt zu Exfoliationen des Stratum corneum mit Schuppung.
Abb. 2 Hyperkeratotische und interdigitale Tinea pedis durch Epidermophyton floccosum bei
einem 29-jährigen Mann.
Sekundäre bakterielle Infektionen
Die Mazeration im Zehenzwischenraum und die damit verbundene bakterielle Infektion
führt zu Foetor durch Bildung von bakteriellen Stoffwechselprodukten, z. B. von Fettsäuren.
Verantwortlich sind an erster Stelle grampositive Erreger, wie Staphylococcus aureus,
aber auch gramnegative, u. a. Klebsiellen und Pseudomonas aeruginosa. Die Tinea pedis
ist gerade beim Diabetiker eine entscheidende Eintrittspforte für A-Streptokokken
(Streptococcus pyogenes), welche das Erysipel als potenziell lebensbedrohliche Infektion
verursachen. Eine weitere Komplikation der Tinea pedis stellt der sog. gramnegative
Fußinfekt dar. Hierbei entwickeln sich erosive, manchmal bullöse, nässende, schmierig
belegte, putride und foetide riechende Läsionen in den Zehenzwischenräumen, an den
Zehen, am Fußrücken sowie plantar, manchmal mit Streuung auf die übrige Haut.
Bei der Mokassin-Form der Tinea pedis treten konfluierende, erythrosquamöse Läsionen
am Fußrand mit relativ scharf begrenzter Randzone auf.
„Two-feet-one-hand-syndrome“
„Two-feet-one-hand-syndrome“
Bei einer Pilzinfektion nur einer – meist der linken – Hand zusammen mit adäquaten
Hauterscheinungen an beiden Füßen (plantare und interdigitale Mykose), oft unter Einbeziehung
der Finger- und Zehennägel, kann aufgrund des klinischen Bildes die Verdachtsdiagnose
des sog. „Two-feet-one-hand-syndrome“ gestellt werden. Erreger dieser Tinea manus
et pedum et unguium ist meist T. rubrum, gelegentlich auch T. interdigitale.
Differenzialdiagnosen sind dyshidrosiformes Hand- und Fußekzem, kumulativ-subtoxisches,
evtl. allergisches Kontaktekzem sowie Psoriasis palmoplantaris. Selten wird auch ein
Dermatophytid – eine hypererge Reaktion auf Dermatophytenbestandteile bei massiver
Tinea pedum – gesehen.
Das Two-feet-one-hand-syndrome betrifft wahrscheinlich häufiger Männer. Ursache ist
die Übertragung des Dermatophyten von der Tinea pedis oder Onychomykose auf die (linke)
Hand, z. B. beim Kratzen. Im Einzelfall ist auch ausschließlich die rechte Hand betroffen,
als Tinea manus oder Tinea unguium ([Abb. 3]). Es besteht zudem eine Korrelation zur Pediküre, bei der die rechte Hand die Schere
hält, die linke Hand dagegen Kontakt zur mykotisch befallenen Haut und den Nägeln
an den Füßen hat. Eine aktuelle Fallkontrollstudie an 113 Patienten aus China mit
bilateraler Tinea pedis und unilateraler Tinea manuum zeigte einen deutlichen Zusammenhang
zwischen der Tinea manus und der Hand, mit welcher nach Angabe des Patienten an den
Füßen gekratzt wurde [10]. Die Genotypisierung mittels PCR-Amplifikation der tandem repeat elements der ribosomalen
DNS innerhalb der nontranscribed spacer region der Isolate, vorzugsweise zur Spezies
T. rubrum gehörend, zeigte, dass 94,5 % der Paare von Hand und Füßen zur selben Spezies
gehörten, 80 % der Paare hatten denselben Genotyp.
Abb. 3 Two-feet-one-hand-syndrome mit Trichophyton-rubrum-Infektion der Fingernägel der
rechten Hand bei einem 77-jährigen Patienten.
Bemerkenswert ist, dass die kontralaterale Hand nicht infiziert wird bzw. zumindest
keine sichtbaren Zeichen einer Tinea manus aufweist. Denkbar ist jedoch, dass ein
subklinischer Befall durch den Dermatophyten vorliegt. Kontrovers diskutiert wird
eine disponierende Hyperhidrosis manuum mit Links-Rechts-Asymmetrie. Darüber hinaus
spielt wahrscheinlich die Händigkeit eine Rolle; so ist meist die nichtdominierende,
also linke Hand von der Dermatophytose betroffen. Ursächlich ist evtl., dass die dominierende
oder Arbeitshand über ein stärker ausgeprägtes, schützendes Stratum corneum verfügt.
Differenzialdiagnosen des „Two-feet-one-hand-syndrome“ sind dyshidrosiformes Hand-
und Fußekzem, kumulativ-subtoxisches, evtl. allergisches Kontaktekzem sowie Psoriasis
palmoplantaris.
Tinea corporis
Dermatophytosen treten an der freien Haut in ihrer charakteristischen Form als zentrifugal
wachsende erythrosquamöse Plaques auf. Dementsprechend wird die Tinea corporis, aber
auch die Tinea capitis im Englischen als „ringworm“ bezeichnet. Verursachende Erreger
sind in Deutschland und Europa fast immer T. rubrum und gelegentlich anthropophile
Stämme von T. interdigitale. Bei Kindern und Jugendlichen sind dagegen zoophile Dermatophyten
die wesentliche Ursache ([Tab. 2]). An erster Stelle werden zoophile Stämme von T. interdigitale (alte Nomenklatur
T. mentagrophytes) isoliert ([
Abb. 4 a, b
]). Infektionsquelle sind Haustiere, die als „Kuscheltiere“ im häuslichen Umfeld gehalten
werden. Bedeutung haben kleine Nagetiere, u. a. Meerschweinchen, Goldhamster, Mäuse,
Ratten und Kaninchen, auch Frettchen und selten Chinchilla [11].
Tab. 2
Zoophile Dermatophyten und deren Erregerreservoir.
Dermatophyt
|
Tier
|
Trichophyton interdigitale (früher T. mentagrophytes)
|
Nagetiere Meerschweinchen, Goldhamster, Ratten, Mäuse, Kaninchen, Zwergkaninchen,
Frettchen, Chinchilla
|
Trichophyton species von Arthroderma benhamiae
|
Meerschweinchen, andere kleine Nager
|
Microsporum canis
|
Katze (Mittelmeeranrainerländer), selten Hunde
|
Trichophyton verrucosum
|
Kälber, Rinder, selten andere Stalltiere
|
Trichophyton equinum
|
Pferd
|
Trichophyton erinacei
|
Igel
|
Microsporum gallinae
|
Hühner (sehr seltene Übertragung auf den Menschen)
|
Trichophyton mentagrophytes (früher T. mentagrophytes var. quinckeanum)
|
Kamele und Mäuse (nicht in Deutschland, sondern im Nahen Osten)
|
Abb. 4 a Trichophyton interdigitale: Der zoophile Stamm wurde von einem 4-jährigen Jungen
mit Tinea faciei isoliert, Infektionsquelle war ein Meerschweinchen. Morphologisch
ist an die früher in der alten Nomenklatur bekannte Sub-Spezies Trichophyton mentagrophytes
variatio asteroides zu denken, welche heute jedoch Trichophyton interdigitale entspricht.
b Tinea manus durch einen zoophilen Stamm von Trichophyton interdigitale bei einer
26-jährigen Frau. Potenzielle Infektionsquellen waren als Haustiere gehaltene Meerschweinchen,
Mäuse oder Zwergkaninchen.
Trichophyton species von Arthroderma benhamiae – ein zoophiler Dermatophyt im Aufwind
Erst seit wenigen Jahren tritt zunehmend Trichophyton species von Arthroderma benhamiae
als neuer zoophiler Erreger von Dermatophytosen auf. Dermatophyten gehören taxonomisch
zur Familie Arthrodermataceae. Man unterscheidet darin die drei bekannten Gattungen
Trichophyton (T.), Microsporum (M.) und Epidermophyton. Die dazugehörigen Spezies
sind anamorphe Formen der Dermatophyten („imperfekte“ Pilze) [12]. Die teleomorphe („perfekte“) Spezies Arthroderma (A.) benhamiae hat dasselbe Erregerreservoir
wie T. interdigitale, also kleine Nagetiere, auffälligerweise jedoch an erster Stelle
Meerschweinchen. A. benhamiae verursacht hoch entzündliche Tinea-Formen bei Kindern
und Jugendlichen sowie immunsupprimierten Patienten [13]
[14].
Die morphologische Differenzierung der Pilzisolate ist trotz der meist leuchtend gelben
Kolonierückseite schwierig, da Verwechselungen mit M. canis und T. erinacei möglich
sind ([Abb. 5 a – c]). Die Dermatophyten-PCR ist demgegenüber in der Lage, A. benhamiae direkt aus Hautschuppen
zu identifizieren.
Abb. 5 a, b Arthroderma benhamiae: flache granuläre, ausstrahlende Kolonien mit gelber Rückseite
auf Sabouraud-Glukose-Agar. Isolat von der Flanke eines 13-jährigen Jungen mit Tinea
corporis. Infektionsquelle waren Meerschweinchen. c Arthroderma benhamiae: ausstrahlendes Luftmyzel des gelb gefärbten Thallus. Isolat
aus einem Abstrich von einem 9-jährigen Kind mit Tinea corporis.
In der Pilzkultur isolierte A.-benhamiae-Kolonien können aktuell nur mit molekularen
Techniken, z. B. der Matrix-Assisted Laser Desorption/Ionization Time-Of-Flight Massenspektrometrie
(MALDI-TOF MS) als Kulturbestätigungstest zuverlässig differenziert werden. Bei der
MALDI-TOF MS erhält man ein eindeutiges „fingerprint“-Massenspektrum des Mikroorganismus.
Dieser fingerprint ist individuell und kann zur Identifizierung von Spezies, Subspezies
bis hin zum Stamm herangezogen werden. Diese Technik steht heute in einigen mikrobiologischen
Laboren bereits zur Verfügung.
Als Infektionsquelle für T. interdigitale und A. benhamiae zählen Haustiere, die als
„Kuscheltiere“ im häuslichen Umfeld gehalten werden, z. B. Meerschweinchen, Goldhamster,
Mäuse, Ratten, Kaninchen, Frettchen und Chinchilla.
Microsporum canis
Infektionsquelle für M. canis sind Katzen, seltener in Deutschland, häufiger nach
direktem Katzenkontakt während eines Urlaubsaufenthaltes in Südeuropa – Spanien, Italien,
Griechenland – bis hin nach Südosteuropa – Balkanländer, Bulgarien – und Nordafrika
– Tunesien, Marokko ([Abb. 6 a]). In Mittelitalien waren 13 % der in Privathaushalten gehaltenen Katzen (100 untersuchte
Tiere) Träger von M. canis, dagegen ließ sich bei 100 % von 100 streunenden Katzen
M. canis nachweisen; es waren in der Regel symptomlose Träger [15]. Für M. canis gilt, dass das übertragende Tier nicht als offensichtlich infiziert
erkennbar sein muss. Ein räudiges Fell oder sonstige Zeichen (Fellausfall, kahle Stellen,
vermehrte Schuppung, Krusten) einer Dermatophytose sind oft nicht erkennbar ([Abb. 6 b]).
Abb. 6 a Microsporum canis: Isolat auf einem Sabouraud-Glukose-Schrägagarröhrchen von einer
familiären Tinea-corporis-Endemie. b Microsporum canis: veterinärmedizinisches Isolat von einer Katze mit ausgeprägter
infektiöser Alopezie und Dermatophytose.
Trichophyton verrucosum – der Erreger der Kälberflechte
Darüber hinaus gibt es Dermatophyten, die schon fast vergessen waren, jedoch in den
letzten Jahren wieder als Infektionserreger in Erscheinung getreten sind. Zu nennen
ist in diesem Zusammenhang an erster Stelle die für den Menschen heute wieder relevante
Kälber- oder Glatzflechte durch T. verrucosum. Dieser Erreger trat früher fast ausschließlich
bei in der Landwirtschaft Beschäftigten auf. Heute wird in der Viehwirtschaft aus
Kostengründen oft auf die Prophylaxe der T.-verrucosum-Infektion durch Impfung des
Viehbestands verzichtet. So bilden Kälber und Rinder die direkte Infektionsquelle
für Kinder und Jugendliche, die sich z. B. während der Ferien auf einem Bauernhof
infizieren. Daneben ist eine indirekte Übertragung über Kontakt zu sporentragenden
Gegenständen – Holz der Stallumfassungen, Sättel und sonstige Reitutensilien – möglich.
Typische Manifestationsformen sind neben der Tinea manuum die Tinea barbae, Tinea
capitis und sehr selten eine Tinea profunda des Mons pubis ([Abb. 7 a, b]) [16].
Abb. 7 a Tinea corporis durch Trichophyton verrucosum bei einer 17-jährigen Patientin, die
im Rinderstall beschäftigt war. Die Plaques sind infiltriert und pustulös im Sinne
einer stark entzündlichen Tinea profunda. b Trichophyton verrucosum: Isolat von der 17-jährigen Patientin ([Abb. 7 a]). Der langsam wachsende zoophile Dermatophyt zeigte einen typischen verrukösen,
weiß-grauen Thallus.
Bei Reitern oder sonstigem Kontakt zu Pferden ist auch an Infektionen durch T. equinum
zu denken. T. erinacei, ein zoophiler Dermatophyt, wird als sog. „emerging pathogen“
angesehen, welcher vom Igel auf den Menschen übertragen wird. Infektionsquelle ist
der geschützte mitteleuropäische Igel, alternativ zunehmend auch die importierten,
nicht geschützten und im Zoohandel frei käuflichen afrikanischen Weißbauchigel sowie
der ägyptische Langohrigel [17].
Tinea incognito
Es sind vor allem ältere Patienten mit Tinea unguium et pedis, bei denen sich sekundär
eine Tinea corporis am Körperstamm, manchmal im Gesicht und am behaarten Kopf entwickelt.
Diese oft klinisch nicht erkannte Dermatophytose betrifft z. B. den Bauch, die Flanken,
relativ häufig den Glutealbereich bis hin zur perianalen Region (Tinea glutealis),
jedoch auch die Leisten (Tinea inguinalis) und selten die Extremitäten (Tinea cruris).
Disponierende Faktoren sind Diabetes mellitus, aber auch eine im höheren Alter trockene
Haut (Exsikkationsekzem) oder im Einzelfall auch ein Morbus Cushing mit Hypercortisolismus
[18]. Der Begriff Tinea incognito beschreibt die randbetonten erythrosquamösen Läsionen,
welche eben nicht als Dermatophytose, sondern fälschlicherweise als Ekzem (atopisches
Ekzem, mikrobielles oder nummuläres Ekzem), Psoriasis vulgaris oder Kontaktekzem gedeutet
werden. Insbesondere wenn eine antientzündliche Behandlung mit topischen Kortikosteroiden
erfolgte, worunter sich Erythem und Schuppung zurückbilden, die deutlich blassere
Läsion sich jedoch meist trotzdem langsam weiter ausbreitet, sollte an eine Tinea
corporis incognito gedacht werden.
Disponierende Faktoren für eine Tinea incognito sind Diabetes mellitus, eine im höheren
Alter trockene Haut (Exsikkationsekzem) oder auch ein Morbus Cushing mit Hypercortisolismus.
Trichophyton-rubrum-Syndrom
Trichophyton-rubrum-Syndrom
Das Trichophyton-rubrum-Syndrom ist eine chronisch verlaufende generalisierte Dermatophytose.
Definitionsgemäß sollte es mindestens vier Lokalisationen des Körpers betreffen:
Abb. 8 59-jähriger Patient mit Trichophyton-rubrum-Syndrom: Tinea corporis generalisata
mit dem Erythema multiforme ähnlicher Morphologie der erythrosquamösen Plaques.
Die Leiste, als sonst häufige Lokalisation einer Tinea, ist dabei explizit ausgeschlossen.
Ein zweites Kriterium für die Diagnosestellung ist der mikroskopische Nachweis der
Pilze im Nativpräparat (KOH oder Blancophor®) ebenfalls aus vier Lokalisationen der Pilzinfektion. Das dritte Kriterium, der kulturelle
Nachweis von T. rubrum aus mindestens drei der vier Lokalisationen der Tinea, ergibt
sich selbstverständlich.
Es handelt sich nicht nur um eine diagnostische, sondern vor allem um eine therapeutische
Herausforderung, wenn an die Rezidivfreudigkeit dieser generalisierten Tinea gedacht
wird. Das Trichophyton-rubrum-Syndrom ist sicher nicht neu, wenn man sich die bekannten
Synonyme vor Augen führt:
-
chronisches Dermatophytosesyndrom
-
generalisierte, chronisch-persistierende Rubrophytie
-
Tinea corporis generalisata
-
im Englischen „dry-type“-T. rubrum infection
Nach wie vor nicht geklärt ist, ob es sich beim Trichophyton-rubrum-Syndrom um eine
nosologische Entität handelt. Ein disponierender Faktor ist eine zuvor erfolgte lokale
und erst recht systemische Steroidbehandlung. Piñeiro et al. [20] weisen darauf hin, dass es erstens häufiger als gedacht zu einer sekundären Tinea
kommt, die infolge einer Autoinokulation ausgehend von einer Primärinfektion meist
die Füße betrifft. Zweitens liegt in 7 % dieser sekundären Infektionen ein Trichophyton-rubrum-Syndrom
vor. Sie beschreiben 4 Patienten mit Trichophyton-rubrum-Syndrom, welche allesamt
disponierende Faktoren aufwiesen. Von den 38 – 56 Jahre alten männlichen Patienten
hatte einer das Down-Syndrom, einer war HIV-positiv, einer litt unter Diabetes mellitus
und ein Patient wurde vorab mit topischen Kortikosteroiden behandelt. Im eigenen Patientengut
ließ sich eine HIV-Infektion bei Trichophyton-rubrum-Syndrom bislang nicht nachweisen,
jedoch durchaus ein Diabetes mellitus.
Die sonst häufige Lokalisation einer Tinea in der Leiste ist bei einem Trichophyton-rubrum-Syndrom
explizit ausgeschlossen.
Tinea faciei
Im Gesicht, oft an den Wangen, auch an den Augenlidern und Brauen, manchmal submandibulär,
entwickeln sich erythematöse, randbetonte, zentrifugal wachsende Herde mit diskreter
Schuppung. Bei Erwachsenen tritt die Tinea faciei selten auf, als Erreger wird in
der Regel T. rubrum isoliert. Deshalb sollte bei fazialen Erythemen – juckenden, schuppenden,
randbetonten Herden im Gesicht – immer auch eine Tinea faciei durch mykologische Diagnostik
ausgeschlossen bzw. diverse differenzialdiagnostisch infrage kommende Dermatosen bedacht
werden ([Tab. 3]). Die Tinea faciei durch T. rubrum entsteht fast immer über den Weg einer Autoinokulation
von einer gleichzeitig bestehenden Tinea pedis et unguium der unteren Extremitäten,
gelegentlich auch über eine Tinea manus und Onychomykose der Fingernägel [21]
[22].
Tab. 3
Differenzialdiagnosen der Tinea faciei.
(allergische) Kontaktdermatitis
|
atopisches Ekzem
|
periorale Dermatitis
|
Psoriasis vulgaris
|
diskoider Lupus erythematodes
|
„Schmetterlingserythem“ bei SLE
|
seborrhoisches Ekzem
|
Rosazea
|
polymorphe Lichtdermatose
|
lymphozytische Infiltration der Haut
|
Granuloma faciale
|
An der dermatologischen Abteilung der Universitätsklinik Cagliari (Italien) wurden
von 1988 bis 2007 107 Patienten mit Tinea faciei gesehen, darunter 72 Frauen und 35
Männer im Alter von 2 bis 72 Jahren. Ältere Patienten, die wahrscheinlich ein höheres
Risiko für eine Dermatophytose haben, weisen häufiger atypische Formen der Tinea auf.
Neun Kinder (4 – 10 Jahre) hatten ebenfalls eine Tinea capitis und acht Patienten
eine Tinea corporis. Elf Patienten, die älter als 35 Jahre alt waren, litten außerdem
gleichzeitig unter einer Onychomykose) [23].
Bei Kindern stehen zoophile Dermatopyhten – zoophile Stämme von T. interdigitale,
M. canis und Trichophyton species von A. benhamiae – als Ursache einer Tinea faciei
im Vordergrund [24].
Da die Tinea faciei bei Erwachsenen selten auftritt, sollte bei fazialen Erythemen
immer auch eine Tinea faciei durch mykologische Diagnostik ausgeschlossen bzw. diverse
differenzialdiagnostisch infrage kommende Dermatosen bedacht werden.
Tinea capitis
Epidemiologie und Pathogenese
Die Tinea capitis ist die häufigste Dermatophyteninfektion bei Kindern und kommt meist
im Alter zwischen 3 – 8 Jahren vor, insbesondere im 5. und 6. Lebensjahr ([Abb. 9]). Bei Erwachsenen in Deutschland ist diese Dermatose eher ungewöhnlich. Zunehmend
scheint es jedoch bei älteren Menschen zu sekundären Infektionen nicht nur im Sinne
einer Tinea corporis oder Tinea faciei, sondern auch einer Tinea capitis bei primärer
Tinea pedis und Onychomykose infolge Autoinokulation zu kommen. So trat bei einem
83-jährigen Mann eine purulente und verkrustete Tinea capitis im Glatzenbereich des
Kapillitiums auf. Histologisch sah man eine Follikulitis mit perifollikulären Abszessen
in der oberen Dermis im Sinne einer Tinea capitis profunda. Infektionsquelle war eine
Onychomykose der Fingernägel durch T. rubrum [25]. Es gibt eine Geschlechtsabhängigkeit der Tinea capitis; diese tritt bei Jungen
im Schulalter häufiger auf, im Erwachsenenalter sind jedoch Frauen – vor allem nach
der Menopause – 3 – 4-mal häufiger betroffen als Männer [26].
Abb. 9 Tinea capitis durch Arthroderma benhamiae bei einem 11-jährigen Mädchen. Rechts parietal
entwickelte sich ein 4 × 5 cm großes, kreisrundes, erythematöses, zentral hyperkeratotisches,
verkrustetes und schuppendes Areal mit zentrifugalem Wachstum sowie Alopezie und Juckreiz.
Infektionsquelle waren wiederum Meerschweinchen.
Die verursachenden Dermatophyten – zumeist zoophile Arten – werden durch direkten
Kontakt zum Fell des Haustieres auf die Haut und das Kapillitium der Kinder übertragen.
Anthropophile Dermatophyten, an erster Stelle T. tonsurans, werden indirekt über kontaminierte
Matten beim Ringkampf übertragen. Man spricht bei dieser Dermatophytose von der Tinea
corporis (capitis) gladiatorum. Mikrotraumen beim Auftreffen und Schürfen der Haut
auf der Oberfläche der Matte scheinen die Eintrittspforte für die Erreger in das Stratum
corneum der Epidermis zu bilden. Der direkte Kontakt zwischen den Kindern beim Ringkampf
ist wahrscheinlich eher nicht entscheidend. Bekannt ist, dass Dermatophyten durch
gemeinsam genutzte Kämme und Haarbürsten übertragen werden können [27]
[28].
Erreger
In den USA findet man – anders als in Deutschland – den anthropophilen Dermatophyten
T. tonsurans als häufigsten Erreger der Tinea capitis. In Afrika, wo in bestimmten
Regionen südlich der Sahara (Sub-Saharan Africa) Dermatophytosen bei 20 – 25 % der
Schulkinder anzutreffen sind, wird mit bis zu 8 % Prävalenz der Tinea capitis gerechnet.
Hauptsächlicher Erreger ist T. violaceum, gefolgt von M. audouinii, darüber hinaus
auch T. soudanense ([Abb. 10]) [29].
Abb. 10 Trichophyton violaceum: isoliert von einem 8-jährigen, in Leipzig lebenden afrikanischen
Jungen mit Tinea capitis. Der langsam wachsende, anthropophile Dermatophyt bildet
einen charakteristischen, violett-pigmentierten, glabrösen Thallus aus.
In Deutschland werden die gleichen zoophilen Dermatophyten, wie sie für die Tinea
corporis und Tinea faciei verantwortlich sind, auch bei Tinea capitis isoliert, außerdem
auch T. verrucosum.
M. audouinii als anthropophiler Pilz wird in Frankreich wieder vermehrt gefunden,
sicher infolge der Einwanderungsbewegung aus afrikanischen Ländern [30]. M. audouinii ist Erreger der klassischen Mikrosporie, die im 18. und 19. Jahrhundert
eine charakteristische Erkrankung der Kinderköpfe war und u. a. als „Waisenhauserkrankung“
epidemischen Charakter hatte. In Deutschland kam es zuletzt 1962/63 im Rhein-Ruhrgebiet
zu einem Ausbruch [31]. Ganz aktuell – im Jahr 2011 – kam es jedoch zu Ausbrüchen in München sowie in Wittlich
(Rheinland-Pfalz) mit M.-audouinii-Infektionen bei Kindern sowie Erwachsenen, die
zu Immigrantenkindern aus Afrika Kontakt hatten (eigene Beobachtung).
Geophile Dermatophyten verursachen selten eine Tinea capitis. Gerade wurde eine solche
Infektion durch M. gypseum bei einem 10-jährigen Jungen in Japan beschrieben; die
Behandlung mit Itraconazol über 4 – 5 Monate war langwierig [32].
Klinisches Bild
Man unterscheidet bis zu 6 verschiedene Formen der Tinea capitis [33]:
-
Die „grey patch“-Tinea capitis, bei der scheibenförmige, alopezische Herde mit einer
grauen Schuppenschicht bedeckt sind; die Haare brechen kurz über der Hautoberfläche
ab, sodass ein stoppelfeldähnliches Bild entsteht. Die zoophilen Dermatophyten M.
canis und A. benhamiae verursachen diese kreisrunden, erythematösen, oft stark hyperkeratotischen,
verkrusteten und schuppenden Areale mit zentrifugalem Wachstum sowie Alopezie und
Juckreiz. M. canis und M. gypseum zeigen einen ektotrichen Befall der Haare und Haarwurzeln
als Umhüllung oder Scheide um die Haarschäfte, bestehend aus Arthrokonidien oder -sporen.
Im Wood-Licht erkennt man hierbei eine grünlich-gelbe Fluoreszenz der Kopfhaut und
Haare [33].
-
Die „mottenfraßartige“ (moth eaten) Tinea capitis wird im englischsprachigen Raum
separat aufgeführt.
-
Die wenig entzündliche „black dot“-Form der Tinea capitis entsteht als Restzustand
der in Hautniveau abgebrochenen Haarschäfte bei Infektionen durch Trichophyton-Arten,
z. B. T. tonsurans, T. interdigitale, T. soudanense oder T. violaceum.
-
Wie eine Pityriasis capillitii imponiert die Tinea capitis, die mit diffuser Schuppung
der Kopfhaut ohne Entzündungsreaktion einhergeht. Sie wird bspw. durch T. tonsurans
hervorgerufen.
-
Bei der pustulösen Form der Tinea capitis erkennt man gelbliche Pusteln im Sinne einer
Follikulitis, die rein mykotisch bedingt ist. Darüber hinaus sind jedoch auch sekundäre
bakterielle Infektionen z. B. durch Staphylococcus aureus möglich.
-
Die Maximalvariante der Tinea capitis ist das Kerion Celsi, eine abszessartige tiefe
Infektion der Kopfhaut, die subjektiv mit starken Schmerzen, Abgeschlagenheit und
nuchaler bzw. zervikaler Lymphknotenschwellung einhergeht. Diese Tinea capitis profunda
sieht man eigentlich nur bei Infektionen durch zoophile Dematophyten, z. B. zoophile
Stämme von T. interdigitale oder T. verrucosum. Die Haare im Randbereich lassen sich
leicht epilieren. Im Wood-Licht ist im Falle von T. verrucosum keinerlei Fluoreszenz
erkennbar.
Dagegen sind bei einer Tinea capitis superficialis durch anthropophile Dermatophyten
die der Alopecia areata ähnlichen Herde am behaarten Kopf meist trocken, mehr oder
weniger erythematös, hyperkeratotisch und schuppend. Manche Kinder sind lediglich
Träger des Erregers, insbesondere von T. tonsurans, sodass keine ausgeprägten Symptome
bis auf eine diskrete Pityriasis capitis bestehen.
Sekundäre bakterielle Infektionen der Tinea capitis sind möglich; gelegentlich führen
sie den Kinderarzt oder auch Dermatologen in eine falsche Richtung, sodass lokal und
oft auch systemisch mit Antibiotika behandelt wird. Im Einzelfall erfolgen eigentlich
nicht notwendige chirurgische Interventionen, von der Inzision bis zur Abszessausräumung.
Gelegentlich wird keinerlei mykologische Diagnostik durchgeführt. Neu ist, dass es
im Einzelfall auch zu einer gleichzeitigen bzw. sekundären Infektion durch cMRSA (community
acquired Staphylococcus aureus) kommen kann, was weitreichende therapeutische Konsequenzen
hat [34].
Im Schulalter tritt die Tinea capitis häufiger bei Jungen auf, im Erwachsenenalter
sind jedoch Frauen – vor allem nach der Menopause – 3 – 4-mal häufiger betroffen als
Männer. Insgesamt werden bis zu 6 verschiedene Formen der Tinea capitis unterschieden.
Onychomykosen
Onychomykosen (OM) sind wegen ihrer ubiquitären Verbreitung sowie der hohen Prävalenz
ein aktuelles Problem in der Dermatologie. Seit dem Ersten Weltkrieg stetig ansteigend,
ist die Onychomykose heute eine Volkskrankheit, die durch Chronizität sowie die nach
wie vor problematische Therapie gekennzeichnet ist.
Der Anteil der Onychomykosen an allen Nagelerkrankungen ist mit 50 % sehr hoch. Etwa
2 – 3 % der weltweiten Bevölkerung leiden schätzungsweise an einer Nagelpilzerkrankung.
In Deutschland beträgt die Prävalenz der Onychomykose laut der „Foot-Check-Studie“
12,4 % [35]. Durch zunehmende Überalterung der Gesellschaft in den Industrienationen ist eine
steigende Inzidenz der Onychomykose anzunehmen.
Der Begriff Tinea unguium steht für eine Onychomykose, deren Erreger ein Dermatophyt
ist, meistens T. rubrum, nicht jedoch Hefe- oder Schimmelpilze; dagegen ist die Bezeichnung
Onychomykose allgemeinerer Natur. Gemeint ist die Nagelpilzinfektion, welche sowohl
durch Dermatophyten als auch durch Hefe- und/oder Schimmelpilze verursacht sein kann.
Tinea unguium
Erreger
Bei Tinea unguium kommen in Deutschland lediglich 3 Dermatophyten als Erreger infrage.
Dies sind neben T. rubrum (ca. 90 % der isolierten Dermatophyten) noch T. interdigitale
(fast ausschließlich anthropophile Stämme) sowie im Einzelfall E. floccosum [36]
[37]. Prinzipiell sind auch weitere Dermatophyten-Arten in der Lage, eine Onychomykose
zu verursachen, z. B. M. gypseum, T. tonsurans, M. canis, T. schoenleinii und T. soudanense
[38]. Die weiße superfizielle Onychomykose (WSO) oder mykotische Leukonychie soll häufiger
durch T. interdigitale verursacht werden. Des Weiteren wurden Schimmelpilze, z. B.
Fusarium oxysporum, jedoch auch Aspergillus terreus und Acremonium spp. isoliert.
Die WSO kommt häufig bei HIV-positiven Patienten vor; Erreger in dieser Personengruppe
ist jedoch fast ausschließlich T. rubrum [39]. Hier nicht aufgeführt sind Hefe- und Schimmelpilze, die ebenfalls eine Onychomykose
verursachen können [40].
Klinisches Bild
In der Regel beginnt die Nagelpilzinfektion am freien Rand der Zehennägel als distale
subunguale Onychomykose (DSO), wobei sich der Erreger vom Hyponychium an der Unterseite
der Nagelplatte von distal langsam nach proximal zur Matrix ausbreitet. Nicht selten
entwickelt sich im weiteren Verlauf ein Befall der lateralen Nagelanteile im Sinne
der lateralen oder distolateralen subungualen Onychomykose (DLSO). Der Nagel ist hyperkeratotisch
verdickt, gelbbraun gefärbt, dazu kommt ggf. eine Onycholyse [41].
Die proximal subunguale Onychomykose (PSO) tritt eher selten auf. Ausgehend vom proximalen
Nagelwall bei gleichzeitiger Tinea pedis geht der Erreger auf die Kutikula, später
auf das Eponychium (Epithel der Unterseite des proximalen Nagelwalles) über. Man sieht
die PSO häufiger bei immunsupprimierten Patienten, vorzugsweise bei HIV-Positiven
sowie AIDS-Kranken ([Abb. 11]).
Abb. 11 Proximal weiße subunguale Onychomykose durch Trichophyton rubrum bei einem 41-jährigen
HIV-positiven Mann mit manifester AIDS-Infektion.
Die Leukonychia trichophytica bzw. weiße superfizielle Onychomykose (WSO) entwickelt
sich infolge eines oberflächlichen Befalls der Nagelplatte mit dem Dermatophyten,
meist T. rubrum, aber relativ häufig auch T. interdigitale. Auf der Nagelplatte bildet
sich ein flacher, oft nicht durchgehender, manchmal jedoch auch die gesamte Oberfläche
des Nagels überziehender, meist leuchtend-weißer plaqueartiger Pilzbefall aus. Als
Sonderform wird die proximale weiße subunguale Onychomykose (PWOM) angesehen, hierbei
kommt es zur weißen Verfärbung unterhalb der proximalen Nagelplatte. Erreger sind
neben T. rubrum auch T. schoenleinii (nicht in Deutschland) oder Epidermophyton floccosum
([Abb. 12]). Beschrieben ist als weitere Sonderform die schwarze superfizielle Onychomykose
durch Hendersonula toruloidea (taxonomisch heute Nattrassia mangiferae), einen Schwärzeschimmelpilz.
Abb. 12 Epidermophyton floccosum: Auf Sabouraud-Glukose-Agar erscheint ein olivgrüner, samtartiger
Thallus des anthropophilen Dermatophyten. Isolat aus Hautschuppen bei Tinea pedis.
Die endonychiale Onychomykose, bei der die subunguale Hyperkeratose fehlt und auch
keine Onycholyse auftritt, führt zu einer Verdickung der Nägel, die weiß verfärbt
sind. Da T. soudanense diese Onychomykose-Form verursachen soll, muss eher in Afrika
mit dieser Variante gerechnet werden.
Die Maximalvariante ist die total dystrophische Onychomykose (TDO). Früher gab es
den von H. Grimmer geprägten Begriff des Gletscher-Nagels. Grimmer hielt am 15. 1. 1961
in Essen zur Gründungsversammlung der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft
den Vortrag „Histologische Untersuchungen bei Nagelmykosen (Nachweis vegetativer Pilzelemente
und deren Bedeutung für die Griseofulvin-Therapie)“. Er schrieb damals, von Ausnahmen
abgesehen, „stellt die Lokalisation einer Pilzerkrankung durch Hyphomyzeten primär
eine subunguale Mykose und keine Onychomykose im eigentlichen anatomischen Sinne dar ... Die
Reaktion des Epithels des Nagelbettes auf die pathogene Wirkung des Hyphomyzeten ist
eine evtl. recht erhebliche Akanthose sowie wechselnde starke Hyperkeratose, die sich
klinisch in einer Anhebung der Nagelplatte äußert.“ Die gesunde, nachwachsende Nagelplatte
schiebt sich „nach Art eines Gletschers über das hyperkeratotische Nagelbett hinweg“
[42]. Heute kennt man die sog. subungualen Dermatophytome, d. h. Zusammenballungen von
Pilzelementen, vorzugsweise Arthrosporen, aber auch Pilzhyphen und Keratinmassen unterhalb
der gelblich-braun verfärbten Nagelplatte [43]. Eine für diese OM charakteristische Ausprägungsform sind die „gelben Streifen“,
die als Längsstreifen medial oder lateral oft die Nagelmatrix erreichen.
Der gesamte Nagel ist mykotisch infiziert und wird durch die subungualen Hyperkeratosen
nach oben geschoben, sodass sich eine Onycholyse entwickelt. Bei der chronischen mukokutanen
Kandidose sind infolge einer von der Schleimhaut-Kandidose des Mundes und der Zunge
ausgehenden Autoinokulation die Fingernägel durch Hefepilze infiziert und imponieren
klinisch als TDO [44].
Ursache der Onychia et Paronychia candidosa sind Hefepilze. Dem Nagelbefall durch
Sprosspilze geht zumeist eine chronische Infektion des proximalen und/oder lateralen
Nagelwalls voraus. In der Folge kommt es durch Matrixschädigung zu einer Störung der
Struktur der Nagelplatte mit Querrillen. Daraus kann die Candida-Onycholyse (ohne
Befall der Nagelplatte) als eigenständiges Krankheitsbild entstehen.
Die Tinea unguium wird in Deutschland lediglich von 3 Erregern hervorgerufen: T. rubrum,
T. interdigitale sowie E. floccosum.
Die proximal subunguale Onychomykose sieht man häufiger bei immunsupprimierten Patienten.
Zusammenfassung
Infektionen der Haut und deren Anhangsgebilde – Nägel und Haarwurzeln – durch Dermatophyten
zählen vor Kandidosen und den seltenen Schimmelpilzinfektionen zu den häufigsten oberflächlichen
Pilzinfektionen. In den westlichen Ländern sind Tinea pedis und Tinea unguium heute
Volkskrankheiten. Nicht zuletzt durch die Assoziation zum Diabetes mellitus und dessen
Komplikationen – dem diabetischen Fußsyndrom – besitzen sie erhebliche gesundheitliche
Relevanz. Erreger der Tinea unguium et pedum ist an erster Stelle Trichophyton rubrum,
daneben lassen sich Trichophyton interdigitale und Epidermophyton floccosum, evtl.
auch Trichophyton tonsurans isolieren. Zoophile Dermatophyten sind aktueller denn
je. Microsporum canis, Trichophyton interdigitale (Trichophyton mentagrophytes) und
Trichophyton verrucosum finden sich bei Tinea corporis, Tinea faciei und Tinea capitis.
Insbesondere Tinea capitis ist eine diagnostische und therapeutische Herausforderung.
Darüber hinaus sind neue Erreger auf dem Vormarsch. Das betrifft v. a. Trichophyton
species von Arthroderma benhamiae, aber auch Trichophyton erinacei, dessen Reservoir
Igel darstellen. Insbesondere bei diesen Dermatophyten erweist sich, dass neue molekularbiologische
Methoden für die Diagnostik erforderlich sind und dringend in der Dermatomykologie
etabliert werden müssen.
Danksagung
Die exzellenten makroskopischen Fotografien der Pilzkulturen verdanken wir dem Leipziger
Fotografen Uwe Schoßig.