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DOI: 10.1055/s-0032-1310232
Cutis marmorata telangiectatica congenita (OMIM 219250)
Cutis marmorata telangiectatica congenita (OMIM 219250)Korrespondenzadresse
Publication History
Publication Date:
14 August 2012 (online)
- Zusammenfassung
- Abstract
- Anamnese
- Erstbefund
- Diagnose, Therapie und Verlauf
- Diskussion
- Schlussfolgerung
- Literatur
Zusammenfassung
Anamnese: Ein weibliches, reifes Neugeborenes stellt sich mit einer angeborenen retikulären
Hautveränderung vor.
Befund: An beiden Beinen sowie leichter an Armen, Flanke und Hals finden sich livide und
teilweise leicht atrophe, netzförmig angeordnete Hautzeichnungen.
Diagnose, Therapie und Verlauf: Aufgrund der typischen Anamnese und Präsentation wird klinisch die Diagnose einer
Cutis marmorata telangiectatica congenita (CMTC) gestellt. Bei der Kontrolle mit 7
Monaten sind die Läsionen deutlich rückläufig.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die CMTC ist eine sporadisch auftretende, angeborene, kutane, vaskuläre Malformation mit netzförmiger Anordnung und unklarer Ätiologie. Die Diagnose wird klinisch gestellt. In einzelnen Fällen kann es jedoch direkt nach Geburt schwierig sein, die CMTC gegen z. B. retikuläre Naevi flammei abzugrenzen. Typisch sind netzförmige, livide Erytheme im Sinne einer Livedo mit teilweise atrophen Arealen oder sogar Ulzerationen, nicht selten in Assoziation mit leichter Hypotrophie der betroffenen Extremität. Eine Therapie ist in der Regel nicht notwendig und die Läsionen sind in den ersten Lebensjahren spontan rückläufig.
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Abstract
History: A mature female newborn presents with a congenital reticular skin lesion.
Findings: On both legs and less severe on the arms, trunk and neck livedo-like stained and
partly atrophic reticulate skin changes are present.
Diagnosis, therapy and clinical course: Due to the typical history and clinical presentation the diagnosis of cutis marmorata
telangiectatica congenita (CMTC) is made. In the follow up examination at 7 months,
the lesions were markedly regressing.
Discussion and conclusion: CMTC is a sporadic congenital cutaneous vascular (capillary) malformation with reticular arrangement and of unknown etiology. The diagnosis is made clinically. Right after birth in some cases it may be difficult to distinguish CMTC from e. g. reticulated port wine stains (nevi flammei). Livid reticulate erythema in terms of livedo with possible cutaneous atrophy or even ulceration is characteristic, quite frequently in association with mild hypotrophy of the affected limb. Treatment is usually not necessary and lesions spontaneously decrease over the first years of life.
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Anamnese
Ein weibliches, eutrophes, reifes Neugeborenes der 40 + 3 SSW, APGAR 9-9-10, wird am 5. Lebenstag mit seit der Geburt bestehenden, lividen, netzförmig verteilten Hautveränderungen an den unteren Extremitäten, am Rumpf, den Armen sowie am Hals und mandibulär vorgestellt. Schwangerschaftsverlauf und Geburtsanamnese sind unauffällig. Weder beim Neugeborenen noch bei der Mutter bestehen Zeichen für eine Infektion oder Systemerkrankungen.
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Erstbefund
5 Tage altes neugeborenes Mädchen in gutem Allgemeinzustand. Geburtsgewicht 3820 g (75. – 90. Perzentile), Länge: 51,5 cm (25. – 50. Perzentile), Kopfumfang 35,5 cm (50. – 75. Perzentile). Fontanelle 1,5 × 1,5 cm nicht gespannt im Niveau. Bei der klinischen Untersuchung imponiert eine violett-rötliche, netzförmig angeordnete, grobmaschige, nicht vollständig wegdrückbare Livedo mit Betonung der unteren Extremitäten (li > re) ([Abb. 1] und [Abb. 2]), welche sich lumbal, an den Flanken, den Armen re > li sowie am Hals und perimandibulär in leichterer Ausprägung fortsetzt. An Stellen dunkel-livider Makulae (Knie li) finden sich lokalisierte Einziehungen atropher Haut mit Hypotrophie des darunterliegenden Fettgewebes ([ Abb. 2 ]). Es besteht eine leichte Umfangsverminderung des linken Beins. Andere Hautveränderungen oder Auffälligkeiten bei der klinischen Untersuchung bestehen nicht.




Sonografie Schädel am 3. Lebenstag
Unauffälliger Normalbefund.
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Diagnose, Therapie und Verlauf
Anamnese und Klinik entsprechen der Diagnose einer Cutis marmorata telangiectatica congenita. Die Diagnose kann bei Vorliegen der folgenden typischen Merkmale klinisch gestellt werden ([ Tab. 1 ]):
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angeborenes, netzförmiges, nicht vollständig wegdrückbares, livides Erythem (welches bei Erwärmung der Bereiche persistiert)
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Atrophien (ggf. Ulzerationen) innerhalb des betroffenen Areals
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evtl. Vorliegen von Teleangiektasien
Eine Assoziation mit Körperseitenasymmetrien meist einer Hypotrophie der betroffenen Seite kann, wie hier an den Beinen, ebenfalls bestehen.
Bei der Verlaufsuntersuchung des Säuglings im Alter von 7 Monaten zeigte sich eine erwartete deutliche Rückläufigkeit der Livedo.
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Diskussion
Die Cutis marmorata telangiectatica congenita (CMTC) ist eine sporadisch auftretende, charakteristische, kongenitale, vaskuläre (kapilläre) Malformation unbekannter Ätiologie. Wenn auch als selten beschrieben, ist das Auftreten wahrscheinlich häufiger als bisher angenommen. So sehen wir an unserem Zentrum für Pädiatrische Dermatologie ca. 10 Fälle pro Jahr. Hautveränderungen bestehen schon bei Geburt in Form von lividen, grobmaschigen, netzförmigen, „marmorierten“ Erythemen. Diese können teilweise Hypotrophien bis hin zu Hautulzerationen aufweisen [1] [2] [3]. Am häufigsten betroffen sind die unteren Extremitäten, gefolgt von Stamm und Armen. Eine Beteiligung des Gesichts oder eine generalisierte CMTC sind ebenfalls möglich [1] [3] [4] [5]. Der Befall ist häufiger einseitig (65 – 74 %). Ein beidseitiges Auftreten wird in 26 – 35 % der Fälle beschrieben. Eine klare Geschlechterwendigkeit besteht nicht. Im Gegensatz zur physiologischen Cutis marmorata, die häufig im Säuglingsalter in Zusammenhang mit Kälteexposition besteht, persistiert die CMTC auch beim Erwärmen der Haut und zeigt sich meist mit asymmetrischer Ausprägung. Atrophien, Ulzerationen und Teleangiektasien sind zudem wegweisend für die CMTC, bestehen aber nur bei einem kleinen Teil der Patienten (19 % Teleangiektasien, 5,6 % Atrophien und 1,4 % Ulzerationen) [3]. Nicht selten findet sich eine leichte Hypotrophie (v. a. Umfangsdifferenz) der betroffenen Extremität. Des Weiteren sind v. a. andere vaskuläre Fehlbildungen (meist kapilläre Malformationen und seltener Hämangiome außerhalb des betroffenen Bereiches der CMTC) [1] [3] [4] [5] und Glaukome (vor allem bei Gesichtsbeteiligung) [6] [7] mit der CMTC in Assoziation beschrieben. Die Rate assoziierter Anomalien variiert in den verschiedenen Fallstudien, liegt aber oft bei > 50 %, wobei den Großteil hiervon die Körperasymmetrien ausmachen [1] [3] [4] [5]. Aufgrund eigener Erfahrungen ist davon auszugehen, dass die Häufigkeit weiterer assoziierter Anomalien, auch aufgrund eines Zuweisungs-Bias (vermehrte Zuweisung ausgedehnterer CMTC-Fälle mit ggf. zusätzlichen Anomalien an entsprechend spezialisierte Zentren), überschätzt wird.
Die Präsentation von kongenitalen retikulären Erythemen bei CMTC kann eine Abgrenzung zu anderen vaskulären Malformationen erfordern. Retikuläre Naevi flammei können sich initial ähnlich präsentieren, der weitere Verlauf in den ersten Lebensmonaten ist dann diagnostisch. Venöse Ektasien oder Hemihypertrophien hingegen sind hinweisend auf andere, kombinierte vaskuläre Malformationen (z. B. kapillär-venöser Natur wie beim Klippen-Trenaunay-Syndrom). Eine wichtige, abzugrenzende Entität ist das Macrocephaly-Capillary-Malformation-Syndrom, mit eher fleckig-konfluierenden als retikulären kapillären Malformationen, in Kombination mit prominentem Storchenbiss im Gesicht, Hemihypertrophie, Poly- oder Syndaktylie, ZNS-Anomalien und Entwicklungsverzögerung [8].
Die klinische Präsentation ist wegweisend für die Diagnose der CMTC. Diagnostisch sollte, nebst einem vollständigen Hautstatus, Ausmessung einer möglichen Extremitätenhypotrophie und Kopfumfangsmessung, bei Gesichtsbefall auch eine augenärztliche Vorstellung erfolgen (Glaukom). Eine histologische Untersuchung ist nicht zielführend und in der Regel nicht indiziert.
Die Prognose der CMTC ist generell sehr gut, auch bei ausgedehntem Befall. Die lividen Erytheme blassen in der Regel in den ersten 2 – 3 Lebensjahren deutlich ab [1] [3] [4]. Die Extremitätenasymmetrie bleibt meist nur leicht ausgeprägt und ohne Progredienz oder klinische Konsequenzen. In den kinderärztlichen Verlaufsuntersuchungen sollte besonders auf den Verlauf einer Extremitätenhypotrophie und gegebenenfalls damit verbundene funktionelle Probleme geachtet werden und die Routine-Entwicklungskontrollen sorgfältig erfolgen. Therapeutisch empfiehlt sich im Kindesalter eine rückfettende Lokalpflege, da betroffene Stellen zur Xerose neigen. Im Erwachsenenalter findet sich häufig nur noch ein blasses diskretes Gefäßnetzwerk. Bei Persistenz von stärkeren Erythemen an sichtbaren oder störenden Hautarealen kann ab dem Alter von ca. 10 Jahren eine Farbstoff-Lasertherapie erfolgen. Der Therapieerfolg ist jedoch in der Regel zurückhaltend zu bewerten [3].
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Schlussfolgerung
Die Cutis marmorata telangiectatica congenita ist eine nicht so seltene, angeborene, sporadisch auftretende, vaskuläre Malformation, mehrheitlich die kutanen Kapillaren und Venulae betreffend.
Die Diagnosestellung erfolgt anhand der hoch charakteristischen klinischen Präsentation. Abzugrenzen sind eine physiologische Cutis marmorata sowie kombinierte vaskuläre Malformationen wie das Klippel-Trenaunay-Syndrom oder das Macrocephaly-Capillary-Malformation-Syndrom. Neben einem dermatologischen Ganzkörperstatus sollte der Kopfumfang bestimmt werden und bei Gesichtsbefall eine augenärztliche Vorstellung erfolgen.
Die Läsionen sind meist in den ersten Lebensjahren deutlich regredient und eine Therapie ist nicht notwendig.
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Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
- 1 Amitai DB, Fichman S, Merlob P et al. Cutis marmorata telangiectatica congenita: clinical findings in 85 patients. Pediatr Dermatol 2000; 17: 100-104
- 2 Chatterjee R, Dey S. Cutis marmorata telangiectatica congenita with skin ulcerations in a new born. Indian journal of dermatology 2009; 54: 375
- 3 Kienast AK, Hoeger PH. Cutis marmorata telangiectatica congenita: a prospective study of 27 cases and review of the literature with proposal of diagnostic criteria. Clin Exp Dermatol 2009; 34: 319-323
- 4 del Boz González J, Serrano Martín MM, Vera Casaño Á. Cutis marmorata telangiectásica congénita. Revisión de 33 casos. An Pediatr (Barc) 2008; 69: 557-564
- 5 Devillers AC, de Waard-van der Spek FB, Oranje AP. Cutis marmorata telangiectatica congenita: clinical features in 35 cases. Arch Dermatol 1999; 135: 34-38
- 6 Pehr K, Moroz B. Cutis Marmorata Telangiectatica Congenita: Long-Term Follow-up, Review of the Literature, and Report of a Case in Conjunction with Congenital Hypothyroidism. Pediatric dermatology 1993; 10: 6-11
- 7 Weilepp AE, Eichenfield LF. Association of glaucoma with cutis marmorata telangiectatica congenita: a localized anatomic malformation. Journal of the American Academy of Dermatology 1996; 35: 276
- 8 Martínez-Glez V, Romanelli V, Mori MA et al. Macrocephaly-capillary malformation: Analysis of 13 patients and review of the diagnostic criteria. American Journal of Medical Genetics Part A 2010; 152: 3101-3106
Korrespondenzadresse
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Literatur
- 1 Amitai DB, Fichman S, Merlob P et al. Cutis marmorata telangiectatica congenita: clinical findings in 85 patients. Pediatr Dermatol 2000; 17: 100-104
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- 7 Weilepp AE, Eichenfield LF. Association of glaucoma with cutis marmorata telangiectatica congenita: a localized anatomic malformation. Journal of the American Academy of Dermatology 1996; 35: 276
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