Krankenhaushygiene up2date 2012; 07(02): 75-76
DOI: 10.1055/s-0032-1310043
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ZVK: 25 Prozent der Kathetertage nicht benutzt

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Publication Date:
27 June 2012 (online)

Zentralvenöse Katheter (ZVK) sind aus der modernen operativen und Intensivmedizin nicht mehr wegzudenken. Dem Nutzen steht ein Infektionsrisiko entgegen, das mit jedem Anwendungstag für den einzelnen Patienten ansteigt. Tejedor et al untersuchten in Ihrer retrospektiven Beobachtungsstudie, wie häufig nicht mehr benötigte peripher eingeführte zentrale Katheter (PICC) und andere zentralvenöse Katheter auf peripheren Stationen anzutreffen waren. Zudem wurde anhand einer Liste mit im Vorfeld definierten Kriterien für jeden Tag festgelegt, ob ein zentralvenöser Katheter gerechtfertigt war oder nicht.

Untersucht wurden 89 Patienten mit 146 Kathetern auf einer internistisch-chirurgischen und 2 internistischen Stationen eines Klinikums der Maximalversorgung in den USA. Es fanden sich 82 PICC, 22 Subclavia-, 38 Jugularis- und 4 Femoraliskatheter. Von insgesamt 1433 ZVK-Tagen wurden die Katheter an 361 Tagen (25,2 %) nicht genutzt. Bei der Mehrzahl der Patienten wurde der Katheter für mindestens einen Tag (62,9 %), in 46,1 % der Fälle für mindestens 2 Tage nicht genutzt. An 603 Tagen wurden zentrale Katheter ausschließlich zur Gabe antimikrobieller Substanzen verwendet. Bezogen auf alle Patienten fanden sich im Mittel 4,1 ± 6,6 Ruhetage (Mittelwert ± Standardabweichung), in der Gruppe der Patienten mit wenigstens 1 Ruhetag ergaben sich durchschnittlich 6,4 ± 7,3 Ruhetage. PICC und andere zentralvenöse Katheter unterschieden sich bezüglich der Gesamtzahl der Ruhetage nicht voneinander. In der Gruppe der Patienten mit PICC war die Gabe von Antiinfektiva jedoch statistisch signifikant häufiger der einzige Grund für das Vorhandensein eines Katheters (8,5 ± 9,6 Tage vs. 1,6 ± 2,6 Tage, p = 0.0013). Unter den 89 Patienten hatten 72 (80,9 %) an wenigstens einem Tag einen peripheren venösen Zugang mit einer durchschnittlichen Liegedauer von 7,4 ± 8,3 Tagen. Die Autoren folgern, dass ein statistisch signifikanter Anteil der zentralvenösen Kathetertage medizinisch nicht gerechtfertigt war.

Einschränkend muss festgestellt werden, dass die Daten nur in einem einzigen Klinikum erhoben wurden. Zudem unterscheidet sich die medizinische Praxis hinsichtlich der Anwendungsrate der untersuchten Katheter in Deutschland im Vergleich mit den USA, da PICC hierzulande wenig verbreitet sind.

Fazit: Ein Viertel der Kathetertage auf peripheren Stationen entfiel in der vorliegenden Studie auf ruhende Katheter und an 603 Tagen war ausschließlich die Gabe von Antiinfektiva der Grund für das Einliegen eines zentralvenösen Katheters. Letztere können in den allermeisten Fällen auch über periphere venöse Zugänge appliziert werden. Damit ergibt sich ein bemerkenswertes Potenzial zur Reduktion der Anwendungsdauer zentraler Katheter. Die Empfehlung gängiger Leitlinien, die Indikation für Gefäßkatheter täglich zu überprüfen und nicht mehr benötigte Katheter umgehend zu entfernen, wird durch diese Studie untermauert.

Dr. Patrick Weißgerber, Tübingen