Neuroradiologie Scan 2012; 02(03): 171
DOI: 10.1055/s-0032-1309939
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Endovaskuläres Coiling senkt bei rupturierten zerebralen Aneurysmen das Epilepsierisiko

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Publication Date:
15 July 2012 (online)

Die Versorgung von Subarachnoidalblutungen (SAB) mit neurochirurgischem Clipping nach rupturiertem zerebralem Aneurysma ist in der Folge mit einem hohen Epilepsierisiko behaftet. Einige Studien mit endovaskulärer Coil-Embolisation in dieser Indikation zeigten deutlich geringere Anfallsraten in der Nachbeobachtung, waren jedoch nicht randomisiert. Im Rahmen der randomisierten multizentrischen ISAT-Studie (ISAT = International Subarachnoid Aneurysm Trial) untersuchten deshalb die englische Wissenschaftlerin Y. Hart aus Newcastle und Mitarbeiter aus anderen Zentren prospektiv das Kurz- und Langzeit-Epilepsierisiko beider Behandlungsmethoden.

Das Epilepsierisiko innerhalb 1 Jahres nach chirurgischer Clipping-Therapie von SAB wird mit 5 bis 7 % angegeben, in vereinzelten Studien sogar bis zu 35 %. Eine bessere Einschätzung des Risikos wäre aber besonders wichtig für Fahrzeugführer und Piloten bzw. für Unternehmen, die diese beschäftigen. Endovaskuläres Coiling als neuere und schonendere Behandlungsmethode könnte hier zu besseren Ergebnissen führen, was aber noch überprüft werden muss. Die große multizentrische und randomisierte ISAT-Studie bot Gelegenheit dazu, die Epilepsieraten beider Methoden im Kurz- und Langzeit-Verlauf prospektiv zu vergleichen.

Eingeschlossen wurden 2143 Patienten mit SAB nach rupturiertem zerebralem Aneurysma aus 43 internationalen Zentren im Zeitraum zwischen 1994 und 2002. Davon wurden 1073 mit endovaskulärem Clipping und 1070 mit neurochirurgischem Coiling versorgt. Prospektiv wurden in diesem Zeitraum alle Patienten, die nach Randomisierung einen Krampfanfall erlitten, zu folgenden Zeitpunkten identifiziert:

  • prätherapeutisch,

  • posttherapeutisch,

  • vor Entlassung,

  • 1 Jahr nach Entlassung und

  • danach jährlich.

Insgesamt erlitten 243 Patienten (10,9 %) nach Randomisierung einen Krampfanfall, davon 89 (8,3 %) aus der Coiling-Gruppe und 146 (13,6 %) aus der Clipping-Gruppe (p = 0,014). Das Epilepsierisiko betrug in der Coiling-Gruppe 1 Jahr nach Entlassung 3,3 % und nach 5 Jahren 6,4 %. Entsprechende Werte der Clipping-Gruppe waren 5,2 % und 9,6 %. Nach 2 und 14 Jahren war dieser Unterschied zugunsten der Coiling-Gruppe signifikant (p = 0,005 bzw. p = 0,013).

Neben der neurochirurgischen Methode mit einer Hazard-Ratio (HR) von 1,65 ergaben sich folgende weitere prädiktive Risikofaktoren:

  • jüngeres Alter (HR = 1,54),

  • verzögerte ischämisch bedingte neurologische Ausfälle (HR = 2,10) sowie

  • thromboembolische Komplikationen (HR = 5,08).

In beiden Gruppen erwies sich auch die Aneurysma-Lokalisation im Bereich der A. cerebri media als prädiktiver Risikofaktor (HR = 2,23). Die Anfallswahrscheinlichkeit betrug 6,1 % in der Coiling-Gruppe und 11,5 % in der Clipping-Gruppe.